Pornografie
Pornografie bzw. Pornographie (bedeutet eigentlich Hurenschrift; von lat.: porna = ein von Huren aufgeführtes Schauspiel im alten Rom, oder altgriech.: porne = Dirne, pornos = Hurer, porneia = Unzucht + altgriech.: graphein = schreiben) ist die direkte Darstellung der menschlichen Sexualität, wobei die Geschlechtsorgane in ihrer sexuellen Aktivität betont werden.

Vorrangige Absicht ist es dabei, den Konsument pornografischer Schriften, Tonträger, Bilder oder Filme sexuell zu erregen. Im Gegensatz zur Erotik beschränkt sich Pornografie in den meisten Fällen auf die reine Darstellung der Geschlechtsteile respektive des Geschlechtsaktes, die Grenzen zwischen den beiden Bereichen sind jedoch fließend.
Rechtslage
Definition
Was als Pornografie empfunden wird, ist umstritten und von der persönlichen Einstellung des Einzelnen und seinen weltanschaulichen Vorstellungen abhängig. Letztere werden wiederum von der kulturellen Umgebung entscheidend mitgeprägt.
In Deutschlands rechtlichem Sinn als "pornografisch" eingestuft werden Schriften, Tonträger und Bilder meistens dann, wenn sie die von den allgemeinen gesellschaftlichen Wertvorstellungen gezogenen Grenzen des sexuellen Anstands eindeutig überschreiten. Der Gesetzgeber geht bei Pornografie also von Obszönität aus (Lex Heinze).
Verbreitung
Die Verbreitung von Pornografie (in Form von pornografischen Schriften, Bildern, Tonträgern, Filmen und Videos) unterlag zu verschiedenen Zeiten der staatlichen Zensur. Wegen des in Art. 5 Abs. 1 GG verankerten Verbots der Vorzensur ist die Verbreitung von Pornografie grundsätzlich nicht verboten, sondern nur aus Gründen des Jugendschutzes eingeschränkt.
Erlaubt ist die Verbreitung sog. einfacher Pornografie (also von Pornografie, die nicht zur harten Pornografie zählt), wenn der Konsument mindestens 18 Jahre alt ist. Lediglich "zur Sorge für die Person Berechtigte", in der Regel also die Eltern, dürfen Minderjährigen pornografische Schriften überlassen (Erzieherprivileg), sofern sie dadurch ihre Erziehungspflicht nicht gröblich verletzen.
Pornografie darf nur an Orten angeboten und beworben werden, die Kindern und Jugendlichen nicht zugänglich sind (Sexshops, Erwachsenenvideotheken, Verkauf von entsprechendem Material nur "unter dem Ladentisch" an Erwachsene). Die Rechtslage ist in anderen Ländern unterschiedlich.
Fernsehen
Pornografie darf in Deutschland nicht im frei empfangbaren Fernsehen gezeigt werden. Eine modifizierte Ausnahme bieten Bezahlfernsehsender wie Premiere. Da nach § 3 Abs. 4 Nr. 10 des Staatsvertrags über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag JMStV) pornografische Sendungen als unzulässige Angebote qualifiziert sind, werden in Bezahlfernsehsendern bislang regelmäßig nur Produktionen ausgestrahlt, die im Zusammenhang mit pornografischen Filmaufnahmen durch eine zweite Kamera mitgeschnitten worden sind. Das bedeutet, dass die Darsteller am Pornoset zwar zu sehen (und zu hören) sind, die Nahaufnahmen von sexuellen Handlungen aber entweder unterbleiben oder nur angedeutet sind. Die Nutzung solcher Bezahlfernsehprogramme setzt einen entsprechenden Altersnachweis (ab 18 Jahren) des Kunden voraus.
Ein Problem für den deutschen Jugendschutz stellen frei empfangbare Sender aus Ländern dar, in denen Pornografie im Fernsehen nicht verboten ist, vor allem aus Spanien und Italien, deren Sendegebiet durch das Satellitenfernsehen aus technischen Gründen zwangsläufig und quasi unverhinderbar auch Deutschland umfasst.
Harte Pornografie
Bestimmte Arten von Pornografie unterliegen in Deutschland einem generellen Verbreitungsverbot. Die sog. harten Pornografie darf weder verbreitet noch einem anderen auf sonstige Weise zugänglich gemacht werden; dabei wird nicht unterschieden, ob die Darstellungen ein wahres oder ein fiktives Geschehen wiedergeben. Zur harten Pornografie gehören pornografische Darstellungen, die
- Gewalttätigkeiten oder sexuelle Handlungen von Menschen mit Tieren zeigen, also z.B. Vergewaltigungen oder Zoophilie (§ 184a StGB)) oder
- den sexuellen Missbrauch von Kindern, also einer Person unter 14 Jahren, zum Inhalt haben (Kinderpornografie, § 184b StGB).
Besitz von Kinderpornografie
Wer sich Kinderpornografie beschafft, die ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, bereitet dadurch einen Markt und trägt mittelbar zum Missbrauch von Kindern bei. Daher ist seit 1993 in Deutschland auch der Besitz von Kinderpornografie, die einen tatsächlichen Missbrauch zeigt, strafbar. Intention des Gesetzgebers war es auch, professionellen Händlern beizukommen, die sich stets damit herausgeredet haben, ihre Video- oder ihre Magazinsammlung sei nicht zur Verbreitung bestimmt, sondern diene nur dem privaten Konsum.
Seit 1997 ist ebenfalls der Besitz von Kinderpornografie verboten, die ein wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt.
Tatwerkzeug zum Kindesmissbrauch
Außerdem ist es nach § 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB strafbar, "auf ein Kind durch Vorzeigen pornographischer Abbildungen oder Darstellungen, durch Abspielen von Tonträgern pornographischen Inhalts oder durch entsprechende Reden" einzuwirken.
Kritik
Von feministischer Seite (Andrea Dworkin, Alice Schwarzer etc.) kritisiert wird Pornografie, wo Frauen als passives Objekt männlicher sexueller Begierden statt als aktives Subjekt dargestellt werden. Diese Art Pornografie soll mit der von Schwarzer initiierten PorNO-Kampagne bekämpft werden. Ebenfalls mit Besorgnis wird die Darstellung von Frauen als stets sexwillige Personen betrachtet, die mit jedermann und sofort sexuelle Beziehungen eingehen wollen. Pornographie stelle Sexualität realitätsfern dar und "macht so die Sexualität kaputt" (Schwarzer).
Umgekehrt wird aber auch der Mann Lustobjekt der Frau. Ferner übersieht diese oft universell formulierte Kritik an der Pornografie die enorme Bandbreite pornografischer Angebote, sowohl innerhalb heterosexuell orientierer Pornografie als auch was homo-, bi- oder transsexuelle Pornografie betrifft. Die These, dass Pornografie generell patriarchale Machtstrukturen darstelle und installiere, ist deshalb eher unwahrscheinlich und zugunsten einer differenzierteren Analyse und Kritik pornografischer Darstellungsstrategien von ausgelebter Sexualität zu ersetzen. So konstatiert die amerikanische Queertheoretikerin Gayle Rubin, dass die feministische Kritik an Pornografie traditionelle normative Vorstellungen von Sexualität reproduziert, nach denen - gleich einem Dominoeffekt - jegliche Toleranz gegenüber mehr oder weniger von der Norm abweichenden Sexualitätsformen zu katastrophalen gesellschaftlichen Wirkungen führt.
Einige Wissenschaftler vertreten die Ansicht, dass ein Zusammenhang zwischen Pornografie und strafbaren sexuellen Handlungen bestehe. Unter Anderem Malamuth, Addison und Koss veröffentlichten 2000 im Annual Review of Sex Research eine Studie, in der sie einen solchen Zusammenhang feststellen. Sie heben desweiteren hervor, dass Männer mit aggressivem Potenzial anders auf Pornografie reagierten als die übrigen Männer. Henner Ertel hingegen konnte 1990 einen Zusammenhang zwischen Pornografie und erhöhter Gewaltbereitschaft nicht feststellen (Henner Ertel u.a. Erotika und Pornographie. Repräsentative Befragung und psychologische Langzeitstudie zu Konsum und Wirkung. Psychologie Verlags Union, 1990. 528 Seiten.).
Auch auf Kinder kann nach jüngsten Studien der Zugang zu Pornografie eine negative Wirkung haben. Laut einer Untersuchung der Organisation Young Media Australia ist in den letzten Jahren die Anzahl der Fälle drastisch gestiegen, in denen Kinder unter 10 sexuelle Gewalt ausübten. In 90 % der Fälle gaben die Kinder an, mit Internet-Pornografie in Berührung gekommen zu sein, und ein Viertel der Kinder benutzte das Internet ausschließlich zu diesem Zweck. ([1]) Ursache und Wirkung sind durch solche Studien allerdings nicht unterscheidbar. Ein Problem ist jedoch die zunehmenden Fälle von Pornografiesucht, gefördert insbesondere durch die Anonymität des Internets.
Pornografische Medien
Verbreitung im Internet
Das Internet hat zur starken Verbreitung kostenloser pornografischer Texte von Hobby-Autoren beigetragen. In Diskussionsforen, etwa im Usenet, stellen Autoren, meist unter Pseudonym, anderen Interessenten ihre Werke vor. In der Regel gestatten sie die nichtkommerzielle Weiterverbreitung des unveränderten Textes mit Autorenangabe.
Es gibt Projekte, die anfingen, die so veröffentlichten Texte zu sammeln. Später entstanden daraus große Internet-Gemeinschaften für pornografische Texte, bei denen Autoren dann auch direkt veröffentlichen konnten.
Anbieter, die kein Adult Verification System (AVS) verwenden, machen sich dabei nach deutschem Recht strafbar. Öffentliche Sammlungen, die harte Pornografie enthalten, sind auch mit AVS strafbar.
Codes
Um dem Leser die Möglichkeit zu geben, sich schnell einen Überblick zu verschaffen, ob ein vorliegender pornografischer Text seinem Geschmack entspricht, wurden in den entsprechenden Foren im Internet so genannte story codes (engl. für „Geschichts-Kodes“) eingeführt. Diese Codes sind englischsprachige Abkürzungen. Sie werden im Abschnitt nach dem Titel aufgeführt und umreißen die beteiligten Personen und sexuellen Handlungen. Es gibt einen weit ausgearbeiteten Standard an Codes.
Besonders bei Texten, die umstrittene sexuelle Praktiken beinhalten, werden diese Codes als Warnhinweise von Autoren ernst genommen, und seine Leser nicht richtig zu warnen, wird allgemein als grob unfreundlich empfunden.
Siehe auch
Literatur
- Bremme, Bettina: Sexualität im Zerrspiegel. Die Debatte um Pornographie; Münster 1990
- Dworkin, Andrea: Pornographie. Männer beherrschen Frauen; Frankfurt am Main, 1987; ISBN 3922670156 (englisch: Pornography: Men possessing women; New York 1979)
- Faulstich, Werner: Die Kultur der Pornographie: Kleine Einführung in Geschichte, Medien, Ästhetik, Markt und Bedeutung; Bardowick: Wissenschaftler-Verlag, 1994; ISBN 3-89153-028-5
- Rosenbaum, Heidi: Formen der Familie. Frankfurt 1980
- Rückert, Corinna: Die neue Lust der Frauen. Vom entspannten Umgang mit der Pornographie; Hamburg: Rowohlt, 2004; ISBN 3-499-61686-6
- Rückert, Corinna: Frauenpornographie - Pornographie von Frauen für Frauen. Eine kulturwissenschaftliche Studie (Dissertation); Frankfurt am Main: Peter Lang (Europäischer Verlag der Wissenschaften), 2002; ISBN 3-6313-6630-2
- Rubin, Gayle S.: Sex denken. In: Andreas Kraß: Queer Denken; Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2003; S. 31-79; ISBN 3-518-12248-7
Weblinks
- Pornografie
- Pornografie im Internet - ein Fall für die Zensur???
- Pornografie und Jugendschutz - Forschungsergebnisse und Analysen zum Thema
- Nadine Strossen: Zur Verteidigung der Pornografie
- Pornografie - aus feministischer Sicht
- Paragrafen zu Pornografie: 184, 184 a-c StGB - Neu mit Wirkung vom 1.4.2004 (und weitere)
- Shuttle-Bus von Sodom nach Gomorra. Reportage über die internationale Erotikfachmesse Venus - Süddeutsche Zeitung