Martin Hohmann
Martin Hohmann (* 4. Februar 1948 in Fulda) ist ein deutscher Politiker. Öffentlich bekannt wurde er durch seine als antisemitisch kritisierte Rede zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 2003. Infolge dieser Rede wurde er als erster Abgeordneter aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ausgeschlossen und später auch aus seiner Partei, der CDU.
Ausbildung und Beruf
Nach dem Abitur 1967 leistete Hohmann zunächst bis 1969 seinen Wehrdienst ab, aus dem er als Reserveoffizier ausschied. Anschließend absolvierte er ein Studium der Rechtswissenschaften in Frankfurt am Main, welches er 1976 mit dem ersten und 1979 mit dem zweiten juristischen Staatsexamen beendete. Von 1980 bis 1984 war er beim Bundeskriminalamt in Wiesbaden tätig, zuletzt als Kriminaloberrat in der Abteilung Terrorismus.
Familie
Hohmann ist verheiratet und hat drei Kinder.
Partei
Er trat 1980 in die CDU ein und gehörte hier ab 1990 dem Vorstand des CDU-Kreisverbandes Fulda an. Der CDU-Landesverband Hessen hat am 20. Juli 2004 beschlossen, ihn aus der Partei auszuschließen. Die Berufung beim Bundesparteigericht scheiterte ebenfalls.
Abgeordneter
Seit 1998 ist er Mitglied des Deutschen Bundestages. Mit 54,0 % der Stimmen wurde er im Wahlkreises 132 (Fulda), dem ehemaligen Wahlkreis von Alfred Dregger direkt gewählt. Seit seinem Ausschluss aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion am 14. November 2003 ist er fraktionslos.
Öffentliche Ämter
Von 1984 bis 1998 war er hauptamtlicher Bürgermeister der Gemeinde Neuhof.
Die Hohmann-Affäre
Der Anlass
Am 3. Oktober 2003 hielt Hohmann in Neuhof eine Rede zum Tag der Deutschen Einheit. Darin monierte er, "dass man als Deutscher in Deutschland keine Vorzugsbehandlung" genieße und stellte die Frage, ob es nicht sinnvoll sei, die Zahlungen an die EU sowie die Entschädigungszahlungen an ehemalige Zwangsarbeiter während des NS-Regimes und an die jüdischen Opfer des Holocaust angesichts der schlechten Wirtschaftslage zu verringern.
Um das Argument zu entkräften, dies sei aus historischen und moralischen Gründen nicht möglich, diskutierte er anschließend den Begriff "Tätervolk" in Zusammenhang mit "den Deutschen" während der Nazi-Zeit einerseits und "den Juden" während der Oktoberrevolution und der Zeit des Stalinismus andererseits. Er berief sich dabei auf Thesen des Universitätsbibliothekars Johannes Rogalla von Bieberstein und Henry Fords, der ein bekennender Antisemit gewesen war. Nach diesen Thesen, so Hohmann, könnte man "mit einer gewissen Berechtigung ... nach der 'Täterschaft' der Juden fragen" und diese "mit einiger Berechtigung als 'Tätervolk' bezeichnen". Damit würde man nur "der gleichen Logik folgen, mit der man Deutsche als Tätervolk bezeichnet". Im weiteren Verlauf traf Hohmann die Feststellung, der Begriff "Tätervolk" und der damit verbundene Vorwurf der "Kollektivschuld" sei sowohl "den Juden" als auch "den Deutschen" gegenüber absurd und unangebracht. Da wahre Tätervolk des 20. Jahrhunderts, so Hohmann, seinen die "Gottlosen" und ihre Ideologien gewesen.
Zitate aus Hohmanns Rede
Die folgenden Passagen aus der Rede brachten Hohmann den Vorwurf des Antisemitismus ein:
- Die Schuld von Vorfahren an diesem Menschheitsverbrechen hat fast zu einer neuen Selbstdefinition der Deutschen geführt. Trotz der allseitigen Beteuerungen, dass es Kollektivschuld nicht gebe, trotz nuancierter Wortneuschöpfungen wie "Kollektivverantwortung" oder "Kollektivscham": Im Kern bleibt der Vorwurf: die Deutschen sind das "Tätervolk".
- Auf diesem Hintergrund stelle ich die provozierende Frage: Gibt es auch beim jüdischen Volk, das wir ausschließlich in der Opferrolle wahrnehmen, eine dunkle Seite in der neueren Geschichte oder waren Juden ausschließlich die Opfer, die Leidtragenden?
- Meine Damen und Herren, es wird Sie überraschen, daß der amerikanische Autokönig Henry Ford 1920 ein Buch mit dem Titel "The International Jew" herausgegeben hat. (...) Darin prangert Ford die Juden generalisierend als "Weltbolschewisten" an. Er vermeinte, einen "alljüdischen Stempel auf dem roten Rußland" ausmachen zu können wo damals die bolschewistische Revolution tobte. Er bezeichnete die Juden in "hervorragendem Maße" als "Revolutionsmacher". (...) Ford brachte in seinem Buch eine angebliche "Wesensgleichheit" von Judentum und Kommunismus bzw. Bolschewismus zum Ausdruck. Wie kommt Ford zu seinen Thesen, die für unsere Ohren der NS-Propaganda vom "jüdischen Bolschewismus" ähneln?
- Mit einer gewissen Berechtigung könnte man im Hinblick auf die Millionen Toten dieser ersten Revolutionsphase nach der "Täterschaft" der Juden fragen. Juden waren in großer Anzahl sowohl in der Führungsebene als auch bei den Tscheka-Erschießungskommandos aktiv. Daher könnte man Juden mit einiger Berechtigung als "Tätervolk" bezeichnen. Das mag erschreckend klingen. Es würde aber der gleichen Logik folgen, mit der man Deutsche als Tätervolk bezeichnet.
- Daher sind weder "die Deutschen", noch "die Juden" ein Tätervolk. Mit vollem Recht aber kann man sagen: Die Gottlosen mit ihren gottlosen Ideologien, sie waren das Tätervolk des letzten, blutigen Jahrhunderts.
Hohmanns Argumentation
Anders als in den Medien zunächst berichtet, bezeichnete Hohmann die Juden in seiner Rede tatsächlich nicht explizit als Tätervolk, stellte aber gleichwohl fest, dass man sie unter gewissen Voraussetzungen so nennen könnte und listete dafür eine ganze Reihe von Gründen auf. Diese Auflistung macht einen Großteil der Rede aus. Seine Argumentation ähnelt dem Muster eines klassischen Syllogismus', und lässt sich als Dreischritt wie folgt zusammenfassen:
- Den Deutschen werde wegen der nationalsozialistischen Verbrechen der Vorwurf gemacht, ein "Tätervolk" zu sein.
- Juden hätten während der bolschewistischen Revolution vergleichbare Verbrechen begangen, ohne ein "Tätervolk" genannt zu werden
- Da man die Juden trotz vergleichbarer Verbrechen nicht als "Tätervolk" bezeichnen könne, sei diese Bezeichnung auch gegenüber den Deutschen unangebracht.
Von Kritikern wird Hohmann vorgeworfen, er verfolgte in seiner Rede zusätzlich eine verborgene Argumentation, welche antisemitische Stereotypen verbreitet, von denen er sich nur zum Schein distanziere. Diese verborgene Argumentation folgt einem Vierschritt:
- Zunächst fragt er: Wie kommt Ford zu seinen Thesen, die für unsere Ohren der NS-Propaganda vom "jüdischen Bolschewismus" ähneln?
- Der folgende Teil der Rede Hohmanns führt umfangreich Argumente bzw. Scheinargumente auf, welche erkennbar machen, dass Hohmann die Sichtweise von Ford für stichhaltig hält.
- Danach erläutert Hohmann: Wir müssen genauer hinschauen. Die Juden, die sich dem Bolschewismus und der Revolution verschrieben hatten, hatten zuvor ihre religiösen Bindungen gekappt.
- Zum Schluss seiner Rede macht Hohmann im Unterschied zu Ford deutlich, dass er nicht Juden für gefährlich hält, sondern ganz allgemein Gottlosigkeit und "gottlose Ideologien".
Die Ausführlichkeit, mit der Hohmann Argumente gegen Juden anführt, sowie seine Weigerung, sich von Fords Thesen zu distanzieren, wird von Kritikern als Ausdruck antisemitistischen Denkens betrachtet.
Die Folgen
Von Hohmanns 120 Zuhörern, zumeist Mitglieder des CDU-Ortsverbands Neuhof, zeigte sich niemand über seine Äußerungen irritiert. In der Öffentlichkeit blieb die Rede zunächst unbeachtet. Erst nachdem der CDU-Ortsverband Neuhof sie auf seine Internetseite gestellt hatte, erschien am 27. Oktober 2003 ein kritischer Artikel der Journalistin Andrea Livnat in dem Online-Magazin Hagalil.com [1]. Darin heißt es:
- Martin Hohmann sagt in seiner Rede nichts Verbotenes, er hetzt nicht mit verfassungsfeindlichen Parolen. Seine Argumentation ist wesentlich raffinierter und perfider. Bestreitet er letztendlich, dass die "Juden" als Kollektiv ein "Tätervolk" seien, so zählt er doch zuvor genau dafür "Beweise" auf. Durch die Gegenüberstellung von Nationalsozialismus und Bolschewismus bzw. von Deutschen und Juden als "Tätervolk" wird der Holocaust verharmlost, die "Schuld" des nationalsozialistischen Deutschland relativiert und schließlich antisemitische Argumentationen der übelsten Sorte aufgewärmt und neu serviert. Juden sind wahlweise die Drahtzieher von Bolschewismus, Kommunismus, Sozialismus, Kapitalismus, je nachdem, wie es der Sprecher eben braucht.
Erst dieser Artikel machte die Medien und die breite Öffentlichkeit auf die Rede aufmerksam. Hohmann geriet sofort bundesweit unter heftige Kritik sowohl von Seiten der Medien als auch von Politikern anderer Parteien und schließlich auch der CDU.
Die allgemeine Kritik
Die Kritik an Hohmann richtet sich darauf, dass seine Argumentation schon deshalb falsch und tendenziell antisemitisch sei, weil ihre Prämissen nicht stimmten. Die zentralen Argumente gegen Hohmanns Ansichten lauteten wie folgt:
- In der Debatte um die deutsche Verantwortung für den Holocaust, spiele der Begriff "Tätervolk" überhaupt keine Rolle. Hohmann habe damit einen Popanz aufgebaut, der vom Kern der Debatte ablenke.
- Die Gleichsetzung zwischen dem Beitrag einzelner Juden zum Bolschewismus und dem Beitrag einer Mehrheit der Deutschen zum Nationalsozialismus, sei völlig unverhältnismäßig, verzerre die historischen Tatsachen und stelle an sich ein bekanntes antisemitisches Klischee dar. Sie weisen darauf hin, dass weder Lenin noch Stalin Juden waren, dass Stalin bereits vor Beginn der großen Terrorwelle der 30er Jahre Parteifunktionäre jüdischer Herkunft wie Trotzki aus allen Führungspositionen verdrängt habe.
- Die gleichwertige Absolution sowohl der Juden als auch der Deutschen vom Vorwurf der "Täterschaft" laufe im Kern auf eine Relativierung und Verharmlosung der nationalsozialistischen Verbrechen hinaus, was eine übliche Vorgehensweise von Antisemiten sei. Hohmanns Argumentation deckten sich mit den umstrittenen Thesen von Prof. Ernst Nolte, die von der großen Mehrheit der deutschen Geschichtswissenschaftler bereits Mitte der 80er Jahre im Historikerstreit zurückgewiesen worden sei.
Kritische Stimmen von Historikern
Der Historiker Prof. Ulrich Herbert von der Universität Freiburg im Breisgau kam nach der Analyse von Hohmanns Rede zu folgendem Urteil:
- Was er macht, ist eine Entlastungsargumentation. Die Deutschen müssten sich von der Vergangenheit endlich befreien. Sie müssten diese Schmach des Begriffes Tätervolk ablegen. Und das tut er dadurch, dass er sagt, er würde ja auch andere nicht als Tätervolk bezeichnen, obwohl sie es ja genauso verdient hätten wie die Deutschen. Er geht dann auf die Juden ein durch eine historisch falsche und mitunter abstruse Gleichsetzung von Judentum und Bolschewismus und greift dadurch das zentrale Gedankengut des nationalsozialistischen Antisemitismus auf, der genau mit dieser Verbindung - Judentum und Bolschewismus - den Holocaust begründet und legitimiert hat.[2]
Im gleichen Sinne argumentierte Prof. Wolfgang Benz, der Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung in Berlin. Er verwies angesichts von Hohmanns Behauptung, man könne wegen der Beteiligung einzelner Juden an Erschießungskommandos der Tscheka die Juden insgesamt "mit einiger Berechtigung als Tätervolk bezeichnen" auf die gleichlautende Argumentation der antisemitische Nazi-Propaganda:
- Das ist Goebbels pur, das kann man nicht anders sagen. Mit dem Stereotyp des jüdischen Bolschewismus haben die Nationalsozialisten Propaganda gemacht. Mit denselben Vorwürfen, die in der Rede von Herrn Hohmann als Tatsachenbericht vorkommen. [3]
Der Historiker Jörg Baberowski von der Berliner Humboldt-Universität warf Hohmann vor, die Gründe unterschlagen zu haben, warum relativ gesehen, viele Juden auf Seiten der Revolution gegen das zaristische Regime gestanden hatten: weil sie in Russland eine diskriminierte und verfolgte Minderheit waren, die seit Anfang der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts immer wieder staatlich geduldeten oder sogar propagierten Pogromen ausgesetzt waren. Baberowski machte aber auch deutlich, dass innerhalb der jüdischen Bevölkerung Russlands die Bolschewiki wiederum eine verschwindend kleine Minderheit dargestellt haben, eine Minderheit zudem, die sich ausdrücklich weder ethnisch noch religiös als Juden bezeichnet habe.
Aus diesem Grund machte auch Benz Hohmann den Vorwurf, er habe sich die nazistische Definition der Juden als Volk, nicht als Religionsgemeinschaft, zu eigen gemacht, und sie in seiner Argumentation mit den nationalsozialistischen Tätern auf eine Stufe gestellt.
Atheisten wie der Marburger Prof. Hans Schauer verwahrten sich zudem gegen Hohmanns generellen Vorwurf, die "Gottlosen" aller Couleurs seien das "Tätervolk", das für die Katastrophen des 20. Jahrhunderts verantwortlich sei.
Reaktionen in der CDU
Auch Kritiker aus seiner eigenen Partei wie Jürgen Rüttgers und Heiner Geißler warfen Hohmann daher vor, er habe sich antisemitischer Vorurteile bedient und diese damit verstärkt. Sie forderten daher seinen Ausschluss aus Fraktion und Partei.
Hohmann wies den Zuspruch von antisemitischer Seite, die er nach seiner Rede erhielt, zwar zurück, weigerte sich aber, die zumindest missverständlichen Passagen seiner Rede eindeutig zurück zu nehmen. In der ZDF-Sendung "Frontal 21" sagte er:
- Eine Entschuldigung wäre, glaube ich, ein Signal, dass die Tatsachen nicht stimmen, die ich angeführt habe. Die Tatsachen sind aber richtig. Auch in der Geschichte des jüdischen Volkes gibt es dunkle Flecken. Ein solcher Fleck war die Beteiligung von vielen Juden an der bolschewistischen Revolution 1917; dadurch sind viele Menschen zu Tode gekommen. Das will ich aber nicht als Vorwurf sagen - das sage ich nur als Feststellung.
Diese Haltung Hohmanns führte schließlich zu seinem Ausschluss aus der CDU-Bundestagsfraktion und aus der Partei.
Fraktionsausschluss
Die CDU-Bundesvorsitzende Angela Merkel maßregelte Hohmann am 3. November 2003, hielt jedoch weitergehende Konsequenzen zunächst nicht für nötig, sofern Hohmann sich nicht erneut im Sinne seiner kritisierten Rede äußere. Wegen der fortgesetzten öffentlichen Diskussion beantragte sie eine Woche später schließlich doch seinen Ausschluss aus der Bundestagsfraktion von CDU und CSU und kündigte auch an, seinen Ausschluss aus der CDU zu betreiben.
Nachdem die Parteispitze der CDU in Bezug auf Hohmann zunächst keine weiteren Konsequenzen ziehen wollte, übernahm sie am 10. November 2003 die Position Merkels. Am 14. November 2003 beschloss die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hohmann auszuschließen. Mit 78 % stimmten zwar mehr Abgeordnete für den Antrag als die erforderlichen zwei Drittel, jedoch weniger als erwartet. Es war der erste Fraktionsausschluss eines Unions-Abgeordneten in der Geschichte des Deutschen Bundestages.
Parteiausschluss
Die hessische CDU leitete am 21. November ein parteiliches Untersuchungsverfahren gegen Hohmann ein, das am 20. Juli 2004 zu seinem Parteiausschluss führte. Hohmann, so die Begründung des Parteigerichts, habe "schuldhaft und erheblich gegen die Grundsätze und die Ordnung der Partei verstoßen". Er habe in einer Rede "Judentum und Bolschewismus argumentativ verknüpft" und damit ein "anstößiges Klischee verwendet", das schon von den Nazis zur Rechtfertigung des Holocaust verwendet worden sei. Zudem habe sich Hohmann "nicht eindeutig" von der Rede distanziert und seiner Partei somit "schweren Schaden" zugefügt. Hohmann kündigte an, gegen das Urteil des Parteigerichts Rechtsmittel einzulegen.
Unterstützung für Hohmann
Nach dem Bekanntwerden seiner Rede erntete Hohmann nicht nur Kritik, sondern fand auch Zustimmung, besonders in den Internetforen seiner Partei und verschiedener Medien. Auch mehrere prominente Unions-Politiker nahmen Hohmann in Schutz, darunter der CSU-Bundestagsabgeordnete Norbert Geis, der ehemalige Berliner Innensenator Heinrich Lummer, der CDU-Fraktionschef im sächsischen Landtag, Fritz Hähle sowie der frühere ZDF-Journalist und Autor der umstrittenen Junge Freiheit Fritz Schenk. Der ehemalige SED-Funktionär Fritz Schenk, später SPD-, heute CDU-Mitglied, rief die "Initiative Kritische Solidarität mit Martin Hohmann" ins Leben. Zudem initiierte er eine Anzeigenkampagne in der FAZ und anderen deutschen Tageszeitungen, in der ein Verbleib Hohmanns in Partei und Fraktion gefordert wurde. Zu den Unterzeichnern des Appells gehörten u.a. der liberal-konservative Historiker Prof. Arnulf Baring und der rechte Münchner Groß-Verleger Herbert Fleissner (CSU), der u.a. die Werke des als Holocaust-Leugner verurteilten Autors David Irving herausgibt. Nicht alle Unterzeichner - so etwa Baring - verteidigten Hohmanns Rede, sahen aber sein verfassungsmäßiges Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt.
Ungeachtet der Kritik von Seiten zahlreicher Fachhistoriker sprach die CDU-Bundestagsabgeordnete Vera Lengsfeld in Interviews mit der Wochenzeitung Junge Freiheit und dem Nachrichtenmagazin Focus von einer "Medienkampagne" gegen Hohmann.
Vereinzelt erhielt Hohmann sogar Lob von jüdischer Seite. Moishe Friedmann, der sich selbst als orthodoxer Oberrabbiner bezeichnet und wegen seiner Leugnung des Existenzrechts Israels höchst umstritten ist, forderte den Bundestag auf, Hohmann zu rehabilitieren [4]. Der wegen seines Werks "Die Holocaust-Industrie" gleichfalls umstrittene Autor Norman Finkelstein fand nichts an der Rede auszusetzen [5].
Anfang 2005 plante der Kreisverband Nordvorpommern der Jungen Union, bei einer Veranstaltung Hohmann einzuladen, jedoch musste diese auf parteiinternen Druck rückgängig gemacht werden. Der JU-Kreisvorsitzende musste daraufhin zurücktreten.
Hohmann und Günzel
Eine Fortsetzung erfuhr die Affäre Anfang November 2003, als Hohmann dem ZDF-Magazin "Frontal 21" einen Brief von Brigadegeneral Reinhard Günzel präsentierte. Der Kommandeur des Kommandos Spezialkräfte (KSK) zollte Hohmann darin auf Bundeswehr-Briefpapier Beifall für seine Rede. Da der General damit gegen das für die Bundeswehr geltende politische Neutralitätsgebot verstoßen hatte, wurde er am 4. November 2003 von Bundesverteidigungsminister Peter Struck umgehend in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Hohmann entschuldigte sich später bei Günzel damit, der Reporter habe ihm versprochen, er wolle den Brief nicht namentlich in der Sendung präsentieren und positiv über Hohmann berichten.
Keine Ermittlungen gegen Hohmann
Die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Fulda lehnte am 5. Februar 2004 die Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen Hohmann ab. Seine Rede habe ihrer Auffassung nach keine Volksverhetzung im Sinne von § 130 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB dargestellt, da weder das Tatbestandsmerkmal des "Aufstachelns zum Hass" noch das des "Angriffs auf die Menschenwürde anderer" gegeben sei.
Literatur
- Fritz Schenk: Der Fall Hohmann. Die Dokumentation, München 2004
Der Junge Freiheit Autor Schenk ist Initiator einer Solidaritätskampagne für Martin Hohmann.
- Michael Wildt: »Gemeinnutz geht vor Eigennutz.« Ein kurzer Nachtrag zur Hohmann-Rede, in: Mittelweg 36, 13. Jg., 2004, Heft 1, S. 88-92. Gekürzte Fassung online unter: http://www.taz.de/pt/2004/03/03/a0191.nf/text
- Alfred Schobert: Eliten-Antisemitismus in Nazi-Kontinuität [6]
Alfred Schobert ist Mitarbeiter beim Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung (DISS)
Siehe auch
Weblinks
- Internetbeitrag, der die Hohmann-Rede publik machte
- Vollständige Rede von Martin Hohmann am 3.Oktober 2003
- www.handelsblatt.com Erklärung Martin Hohmanns gegenüber der CDU/CSU-Bundestagsfraktion anlässlich des Antrags der Fraktionsvorsitzenden Merkel, ihn aus der Fraktion auszuschließen
- Zur ZDF-Sendung "frontal 21"
- Studie der FH Fulda mit Auswertung von über 1000 Presseartikeln um die umstrittene "Tätervolk"-Rede
- Kritik aus atheistischer Sicht
- Internetauftritt der Verteidiger Hohmanns
- Beispiel einer neonazistischen Website, die Hohmann unterstützt (siehe "Gedicht" "Avanti - Anti")
Personendaten | |
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NAME | Hohmann, Martin |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker |
GEBURTSDATUM | 4. Februar 1948 |
GEBURTSORT | Fulda |