Zum Inhalt springen

Bessarabien

Diese Seite befindet sich derzeit im Review-Prozess
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 1. März 2005 um 22:42 Uhr durch 62.246.70.214 (Diskussion) (Russische Expansion 1812: Tippfehler). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Bessarabien (rumänisch "Basarabia", ukrainisch "Бессарабія") in Südosteuropa ist eine historische Landschaft, begrenzt vom Schwarzen Meer im Süden sowie den Flüssen Pruth im Westen und Dnjestr im Osten. Jahrhundertelang war das Land Pufferregion zwischen den Großmächten Österreich, Russland, Türkei. Die Gebietsbezeichnung entstand erst 1812, als das Fürstentum Moldau die Herrschaft an Russland abtrat. Der mehrheitlich von Menschen rumänischer Ethnie bewohnte Landstrich war bis 1917 Gouvernement im Zarenreich, wurde danach bis zum Zweiten Weltkrieg eine östliche Provinz Rumäniens und kam später zur Sowjetunion. Heute liegt das frühere Bessarabien auf dem Staatsgebiet der Ukraine und Moldawiens.

Datei:Bessarabien-Pos.png
Bessarabien in Europa.
Datei:Karte Bessarabien neu.png
Bessarabien 1940.

Name

Der Begriff Bessarabien (rumänisch "Basarabia") leitet sich vom walachischen Fürstengeschlecht Basarab ab, das dort im 13. Jahrhundert und 14. Jahrhundert herrschte, und hat nichts mit "Arabien" zu tun. Ursprünglich galt nur das südliche Drittel des Landes als Terra Bassarabum (lat.). Mit der russischen Übernahme von 1812 dehnte Russland den Begriff Bessarabien auf das gesamte Gebiet zwischen den Flüssen Pruth und Dnjestr aus.

Wappen

Wappen Bessarabiens

Das Wappen Bessarabiens ist der Stierkopf, der oben von einem fünfzackigen Stern, links von einer Rose und rechts von einem Halbmond, umgeben ist.

Der Stierkopf ist das Symbol des Fürstentums Moldau, zu dem Bessarabien bis zu seiner Abtrennung 1812 gehörte. Er deutet auf die dort betriebene Viehzucht hin.


Landesnatur

Geographie

Bessarabien ist ein Landstrich am Schwarzen Meer zwischen den Flüssen Pruth im Westen und Dnjestr im Osten. Es ist Übergangsland zwischen den Karpaten und der osteuropäischen Steppe. Die Fläche betrug bei einer Ausdehnung von ca. 450 km × 100 km rund 45.000 km². Das südliche Drittel gehört heute zur Ukraine. Die nördlichen zwei Drittel sind heute Teil von Moldawien und machen den Hauptteil des Staatsgebietes aus.

Bessarabien lässt sich landschaftlich in drei Zonen unterteilen. Nordbessarabien war als Karpatenausläufer eine leicht bewaldete Hochebene von etwa 400 m über dem Meeresspiegel. Dieser Landesteil war mit Eichen– und Buchenwäldern (moldauisch: Codru) bedeckt, wurde von tiefen Schluchten durchschnitten und stellte die bessarabische Schweiz dar. Mittelbessarabien war ebenfalls mit Wäldern bestanden und ging ab Tighina allmählich in das steppenähnliche Gebiet des Budschak über. Dies war im Süden ein flachwelliges Hügelland mit einer baumfreien Landschaft etwa 200 m über dem Meeresspiegel. Unter mannshohem Steppengras lag fruchtbarer Schwarzerdeboden. Alle Flüsse flossen bei geringem Gefälle in südöstliche Richtung und mündeten ins Schwarze Meer. Im Sommer fielen die kleinen (Steppen-)Flüsse fast trocken. Bessarabien war mit einem Waldbestand 1930 von nur 5 % sehr waldarm.

Klima

Das Klima des Gebietes war kontinental, mit trockenheißen Sommern und kalten Wintern. Im Süden herrschte ein Steppenklima mit geringen Niederschlägen (300 mm), was zu Missernten in der Landwirtschaft führen konnte. Im Norden waren 600 mm Niederschlag üblich.

Landwirtschaft

Bessarabiens Reichtum war der humusreiche, fruchtbare Schwarzerdeboden, der bis zu 1,5 m dicke Schichten bildete. Daraus entwickelte sich eine von Wein-, Mais- und Obstanbau geprägte Landschaft. Als reines Agrarland exportierte Bessarabien vor allem Wein, Früchte, Gemüse, Tabak, Getreide und Wolle. Die Produkte transportierten die Landwirte zur Ausfuhr in die Hafenstadt Odessa (Ukraine). Eine gewerblich industrielle Produktion gab es infolge der Armut an Bodenschätzen nur ansatzweise. Produziert wurde meist nur landwirtschaftliches Gerät.

Verkehr

Die Verkehrsverhältnisse waren ungünstig und behinderten die wirtschaftliche Entwicklung. Die erste Eisenbahnverbindung verband 1871 die Landeshauptstadt Kischinew mit dem russischen Reich. Als Bessarabien 1918 von Sowjetunion nach Rumänien wechselte, wurde das 1.300 km lange Gesamteisenbahnnetz von der russischen Breitspur auf die mitteleuropäische Normalspur umgestellt. Das Straßennetz war ebenso unterentwickelt. 1930 gab es 800 Kilometer befestigte Straße und 7.000 km Naturwege, die als Feldwege nur bei trockenem Wetter befahrbar waren. Der Schiffsverkehr lag größtenteils darnieder, obwohl das Land von den Gewässern Pruth, Dnjestr und Donau umgeben war sowie Anteil am Schwarzen Meer hatte. Den auf 200 km schiffbaren Pruth befuhren 1920 26 Frachtkähne. Der Schiffsverkehr auf dem 700 km schiffbaren Dnjestr war nach 1918 wegen der Grenzlage zwischen Rumänien und der Sowjetunion lahmgelegt.

Siedlungen

Außer der bessarabischen Hauptstadt Kischinew gab es keine bedeutenden Städte. Bessarabien war ein Agrargebiet mit einer mehrheitlich auf dem Lande lebenden Bevölkerung. Die größeren Orte wiesen als Marktgemeinden nur halbstädtischen Charakter auf. Im Gefolge jahrhundertelanger osmanischer Herrschaft gelangte der Typ der orientalischen Basarstadt ins Land. Viele Orte hatten deshalb großangelegte Marktflächen. Einige Ortsnamen im Süden deuten auf die frühere osmanische Herrschaft und tatarisch Besiedlung hin, z. b. Akkerman (türk.: weiße Stadt), Bender (türk.: das Tor) (heute Tighina), Tatarbunar, Tuzla, Kubey, Manuk-Bey.

Orte mit städtischem Charakter waren 1937 (mit Einwohnerzahl):

Die übrigen größeren Orte, wie Orheiu, Kilia, Comrat, Tuzla, Cahul, Leova, Bolgrad und Vlaco waren nur Marktflecken.

Hauptstadt

Die Hauptstadt des neuen russischen Gouvernements Bessarabien war zunächst ab 1812 Tighina. 1818 wurde der Regierungssitz nach Kischinew verlegt, ein bis dahin unbedeutender Marktflecken. Ab 1834 entstand durch einen großzügigen Stadtentwicklungsplan ein imperiales Stadtbild mit breiten und langen Straßen.

Kischinew am Rande des russischen Imperiums genoss keinen guten Ruf im Zarenreich, sondern galt als Strafversetzungslager für Unzufriedene und Aufmüpfige. Der junge russische Nationaldichter Alexander Puschkin war von 1820-23 als Übersetzer nach Kischinew verbannt worden und schrieb über die Stadt:

O Kischinjow, o dunkle Stadt!, Verfluchte Stadt Kischinjow, die Zunge wird nicht müde dich zu beschimpfen.

Bevölkerung

Grafik Ethnische Gruppen 1930

Bei der rumänischen Volkszählung von 1930 hatte Bessarabien ca. 2,8 Millionen Einwohner. Die Bevölkerung bestand aus:

Ethnische Gruppen in Moldawien(Mai 1995)

Wie von der Obrigkeit vorgegeben, bewohnten die Volksgruppen anfangs jeweils eigene Dörfer. Mit der Zeit siedelten sich neue Bewohner in den Dörfern an, ohne auf die Volkszugehörigkeit Rücksicht zu nehmen. Unter den deutschen Kolonisten gab es sogar eine Trennung in evangelisch-lutherische und katholische Siedlungen. Das Verhältnis der verschiedenen Ethnien untereinander war ein friedliches Nachbarschaftsverhältnis, wobei Mischehen aufgrund der unterschiedlichen Sprach- und Religionszugehörigkeiten allerdings selten waren.

Jüdische Bevölkerung

In den größeren Orten gab es einen Anteil von nahezu 40 % jüdischer Bevölkerung, da Bessarabien nach der russischen Übernahme von 1812 ein sog. Ansiedlungsrayon wurde, wo Juden erlaubt war, zu wohnen. Katharina die Große hatte 1791 fast alle russischen Juden gezwungen in die westlichen Provinzen umzusiedeln und so die "Schtetl" gegründet. Auch zogen Juden aus Deutschland und Polen zu, die meist jiddisch sprachen.

Da Bessarabien bis 1835 einen Autonomie-Status hatte, galten dort die sonst normalen russischen Diskriminierungen nicht und viele Juden konnten ohne Sondergenehmigung dort siedeln. Zwar wurden die gesetzlichen Erleichterungen in den folgenden Jahrzehnten geringer, aber bis zur vollständigen Abschaffung der jüdischen Diskriminierung bei der Oktoberrevolution von 1917, gab es dennoch durch die Abseitslage am Rande des russischen Reich einige Vorteile.

Nach der Ermordung des reformorientierten Zaren Alexander II. 1881, wurden mit Zar Alexander III. die alten Beschränkungen wieder eingeführt. Bis auf Bessarabien gab es nun im gesamten russischen Süden Pogrome. Am 6. April 1903 erfolgte dann auch ein Pogrom in Kischinew, der allerdings vom Herausgeber der einzigen Zeitung - Bessarabetz - von Kischinew, bewusst geschürt und der organisiert war. Die Reaktion auf eine Dokumentation dieses Vorfalls war weltweit und auch in Russland selber heftig. So kam es z.B. im Juli 1905 zu einer Petition der US-Regierung an den Zar. Dies hatte allerdings keine Wirkung auf seine Politik. Während des Zweiten Weltkrieges kam es dann unter deutsch-rumänischen Besatzung zu noch wesentlich schlimmeren Vorfällen.

Bulgarische Bevölkerung

Einzelne bulgarische Familien kamen schon Ende des 18. Jahrhunderts als Emigranten nach Südbessarabien, in den Budschak, um Schutz vor den Türken zu finden. Größere Gruppen wanderten nach der russischen Übernahme von 1812 ein und ließen sich im Westen bei der Stadt Bolgrad und auf den von den Tataren verlassenen Gebieten im Süden nieder. 1819 erhielten die 24.000 im Land lebenden Bulgaren eine Selbstverwaltung und den Status als Kolonisten.

Die an der südwestlichen Grenze Bessarabiens angrenzende Dobrudscha war zwischen Bulgarien und Rumänien umstritten, da sowohl Bulgaren als auch Rumänen dort lebten. Die bessarabischen Bulgaren waren von diesem Konflikt, aber auch von der Unabhängigkeitsbewegung Bulgariens von den Osmanen, seit dem Bulgarischen Aprilaufstand 1876, erfasst. Während des Aufstandes kaperte z.B. Khristo Botev, ein in Bessarabien lebender Bulgare ein Dampfschiff auf der Donau und griff mit 200 rumänischen Bulgaren in die Kämpfe gegen die Osmanen ein. Des weiteren erklärte im April 1877 Zar Alexander II. dem Osmanischen Reich den Krieg mit dem Ziel, „die Bulgaren und andere Balkanvölker zu befreien“, was dann zur Unabhängigkeit Rumäniens führte.

Deutsche Bevölkerung

Deutsche Auswanderer, die der Zar 1813 als Kolonisten ins Land rief, lebten in Bessarabien zwischen 1814 – 1940. Sie hatten in 125- jähriger Siedlungszeit die ursprüngliche Zahl von 24 auf über 150 Siedlungen erweitert und die Zahl von etwa 9.000 eingewanderten Personen hatte sich auf 93.000 Personen verzehnfacht. Die anfänglich gewährten Privilegien, darunter die Selbstverwaltung durch das Fürsorgekomitee mit Sitz in Odessa, wurden 1871 mit der Aufhebung des Kolonistenstatus zurückgenommen. Im Herbst 1940 verließen die größtenteils als Landwirte auf eigener Scholle wirtschaftenden Bessarabiendeutschen das Land. Anlass war die Besetzung Bessarabiens durch die Rote Armee im Juni 1940 mit der Einführung des Sowjet-Systems. Nahezu alle Angehörigen der Volksgruppe, darunter auch die Eltern des späteren deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler, schlossen sich einer vom Deutschen Reich organisierten Umsiedlung ins besetzte Polen, mit Zwischenstation im Reich, unter der Devise Heim ins Reich an. Im ostpolnischen Skierbieszów, das die SS zur "Germanisierung" freigeräumt hatte, musste die Familie mit ständigen polnischen Partisanenangriffen zurechtkommen und als letztlich 1944 die Rote Armee anrückte, flohen die Köhlers nach Westen. Wie so viele Bessarabiendeutsche, wurden sie auf ihrem neuen polnischen Hof nicht glücklich und mussten nach dem Krieg wieder von vorne anfangen.

Gagausische Bevölkerung

Heute leben im südlichen Moldawien auf dem Boden des früheren Bessarabien etwa 175.000 christlich-orthodoxe Gagausen in der autonomen Republik Gagausien mit der Hauptstadt Comrat. Sie hatten im 13. Jahrhundert im Gebiet des heutigen Rumäniens einen eigenen Staat, der vom Osmanischen Reich im 15. Jahrhundert erobert wurde. Zwischen 1750 und 1845 wanderten sie von dort in den Budschak, in Ortschaften wie Avdarma, Comrat, Congaz, Tomai und Cismichioi und teilweise weiter auf die Krim. Im Jahr 1906 gründeten sie eine eigene Republik, die allerdings nur 5 Tage bestand hatte.

Kulturdenkmale

In Bessarabien finden sich einige bedeutende Kulturdenkmale, obwohl das Land über Jahrhunderte Durchzugsgebiet vieler Völkerschaften war und infolge kleinbäuerlicher Landwirtschaft kaum wirtschaftliche Ressourcen besaß.

Archäologisch erwähnenswert sind die in Südbessarabien weit verbreiteten Kurgane. Es sind bis zu 40 m hoch aufgeschüttete Grabhügel aus dem 2. bis 4. Jahrtausend v. Chr. Von den beiden 120 km langen und den Römern zugeschriebenen Trajanwällen (Unterer und Oberer) sind noch heute stellenweise fünf Meter hohe Wälle vorhanden. Bedeutende Höhlenkirchen und -klöster entstanden zwischen dem 12. und 17. Jahrhundert und sind an den Ufern der Flüsse Dnjestr und Raut in Fels gehauen. In einem etwa 100 m hohem Fels in Tipovar (Kreis Orhei) sind 19 Höhlen miteinander verbunden und bilden ein Ensemble aus Eremitenzellen, Glockenturm und einer Kirche. In Saharna (Kreis Soroca) findet sich ein Kloster welches Bebauungsspuren bis ins 2. Jahrhundert v. Chr. aufweist, von wo aus die Wasserfälle beobachtet werden können. Neben diesen alten Einrichtungen gibt es weitere aus der tartarischen Zeit im 14. Jahrhundert. So befinden sich in Orheiul Vechi Ruinen, welche mit der Goldenen Horde in Verbindung gebracht werden. Man nimmt an, dass hier die westlichste tatarische Hauptstadt Sheihr-ali-Jedid war.

Bauhistorisch bedeutend ist an der Dnjestr-Mündung zum Schwarzen Meer gelegene mittelalterliche Festung in Akkerman (türk: weiße Stadt), heute Bilhorod-Dnistrowskyj in der Ukraine, in rumänischer Zeit Cetatea Alba (rumän.: weiße Stadt). Weitere Befestigungen errichteten die Fürsten der Moldau gegen Tatareneinfällen am Dnjestr in Hotin, Soroca, Orhei und Tighina.

Geschichte

Frühzeit und Mittelalter

Fürst Neagoe Basarab um 1514

Das älteste Volk auf bessarabischem Gebiet waren die Skythen im 6. Jahrhundert v. Chr. Noch in vorchristlicher Zeit gründeten auch Griechen (s.a. antike grieschiche Stadt Tyras) und Phönizier Kolonien an der Schwarzmeerküste. Ab dem 1. Jahrhundert v. Chr. war Bessarabien Teil des Reiches Dacia. Im 1. Jahrhundert eroberte das Römische Reich Teile des Landes. Ihm wird die Sicherung des Landes durch den Trajanwall zugeschrieben. In der Völkerwanderungszeit zwischen dem 3.-11. Jahrhundert war Bessarabien Durchzugsgebiet von Wandervölkern, darunter Goten, Hunnen, Awaren, Madjaren. Im 13. Jahrhundert ließen sich Tartaren der Goldenen Horde am nördlichen Schwarzmeer nieder. Im Einflussbereich des Osmanischen Reichs war Bessarabien größtenteils zwischen dem 14. und 18. Jahrhundert.

Im Mittelalter waren verschiedene walachische und moldauische Knjas (Fürsten), darunter Negru Vodä Basarab und Ladislas Basarab, recht einflussreich. Sie beherrschten im 13. und 14. Jahrhundert rund 150 Jahre lang das Gebiet. Kontakte unterhielten sie mit der Kiewer Rus, mit Ungarn und Polen.

Osmanische Zeit

Nachdem die Osmanen das von Fürst Stephan dem Großen erbaute Kastell in Akkerman, heute Bilhorod-Dnistrowski (s.a. Oblast Odessa) (1484/85) erobert hatten, war die osmanische Zeit angebrochen. Etwa ab 1511 war ganz Südbessarabien von Sultan Bayezid II. erobert und wurde mit tatarischen Hirten der Nogaier-Horde bevölkert. Sie nannten den Südteil des Landes Budschak, (rum. Bugeac), was Winkel bedeutet und für für die dreieckige Form des Landstücks zwischen Pruth, Dnjestr und Schwarzem Meer steht.

Das Fürstentum Moldau (rumän.: Moldova), zu dem das spätere Bessarabien gehörte, war von 1359-1859 ein tributpflichtiger Vasallenstaat des Osmanischen Reichs. Getreidelieferungen nach Konstantinopel sicherten die innere und äußere Souveränität. Dafür baute der Sultan keine Moscheen in dem Donaufürstentum und gewährte ihm Schutz vor äußeren Feinden, wie dem russischen und österreichischen Expansionsdrang im 18. und 19.Jahrhundert. (siehe auch: Geschichte Rumäniens)

Russische Expansion 1812

Datei:Bessarabien 19.Jahrhundert.jpg
Bessarabien im 19. Jahrhundert

Konsequenz des russischen Expansionsdrangs in Richtung Konstantinopel war der 1806 begonnene 6. russische Türkenkrieg. Während des Krieges siedelten um 1810 russische Truppen Teile der im Budschak nomadisierenden Turkvölker auf die Krim um. 1812 drängte der russische Zar Alexander I. zum Friedensschluss, um sich auf den bevorstehenden Krieg mit Napoleon zu konzentrieren. Im Frieden von Bukarest bekam Russland die östliche Hälfte des Fürstentum Moldau zugesprochen, die westliche blieb weiterhin im Einflussbereich des Osmanischen Reichs. Die Grenze zwischen dem Osmanischen Reich und Russland verlief ab 1812 nicht mehr am Dnjestr, sondern 200 km weiter westlich am Pruth. Im zugesprochenen Gebiet errichtete Russland das Gouvernement Bessarabien, das kleinste des Zarenreichs. Hauptstadt wurde das mittelbessarabische Kischinew (Chişinău).

Rückzug des Osmanischen Reiches (1683-1923) vom Balkan und den Gebieten nördlich des Schwarzen Meeres

Als Russland 1812 Land zwischen den Flüssen Pruth und Dnjestr mit einer Fläche von etwa 45.000 qkm übernahm, dehnte es den ursprünglich nur für den Südteil geltenden Begriff Bessarabien auf das gesamte Gebiet aus. Das Zarenreich wollte eine neue bessarabische Identität stiften, um die eigenen Machtansprüche auf die darin lebenden Rumänen historisch abzusichern. Russland gelangte in den Besitz von 5 Festungen, 17 Städten, 685 Dörfern und 482.000 Menschen. Nach der ersten russischen Volkszählung um 1820 bestand die Bevölkerung aus:

  • 80.000 rumänische Familien
  • 6.000 ruthenische (Ukrainer) Familien
  • 4.000 jüdischen Familien
  • 1.200 lipowanischen (orthodox-russische Sekte) Familien

Die russischen Machthaber griffen anfänglich nicht in das innere Gesellschaftsgefüge ein, erhöhten aber später den Russifizierungsdruck durch Einführung von russisch als Amtssprache und als Schulsprache. Das Land war größtenteils in der Hand von Großgrundbesitzern, den Bojaren. Der Großteil der Bevölkerung blieb kleine Bauern, die für den Eigenbedarf produzierten. Viele flüchteten nach Westen aus Angst vor Einführung der russischen Leibeigenschaft, die zu diesem Zeitpunkt noch bei Zigeunern praktiziert wurde.

Kolonisierung

Nach der russischen Umsiedlung der türkischen Hirten aus dem südlichen Landesteil, dem Budschak, setzte die russische Kolonisation mit systematischer Besiedlung ein. Die russische Krone schickte Werber ins Ausland und warb auch in Russland gezielt Kolonisten mit zugesicherten Privilegien an, wie:

  • Landschenkung
  • zinsloser Kredit
  • Steuerfreiheit auf 10 Jahre
  • Selbstverwaltung
  • Religionsfreiheit
  • Freiheit vom Militärdienst.

Ab 1814 wanderten insgesamt etwa 9.000 deutsche Auswanderer ein, die später die Volksgruppe der Bessarabiendeutschen bildeten. Sie gründeten insgesamt 150 deutsche Siedlungen, hauptsächlich im Steppengebiet des Budschak. (siehe auch Geschichte der Russlanddeutschen) Die russische Krone siedelte unter ähnlichen Bedingungen neben Russen auch weitere Nationalitäten, wie Bulgaren, Ukrainer und Schweizer, an. Da in Bessarabien nicht die sonst üblichen Verbote für Juden in der Landwirtschaft galten, entstanden im Norden 17 Dörfer, wo 1858 mehr als 10.000 Menschen vom Ackerbau lebten und damit in Russland eine geduldete Ausnahme darstellten.

Neben der Urbarmachung des Landes verfolgte Russland mit der Kolonisierung auch das politische Ziel, die Mehrheit der ursprünglich dort lebenden rumänischen Bevölkerung zu verändern. Einwanderer erhielten Privilegien und das beste Land, was ansässigen Rumänen vorenthalten blieb.

1823 wurde Woronzow Generalgouverneur von Noworossia und Bessarabien. 1844 erhielt er zusätzlich die Verantwortung für den Kaukasus, wo in den Muriden-Kriegen von 1834 bis 1859 gegen Imam Schamil ein Schwerpunkt seiner Aufgaben lag. Er starb 1856.

Gebietsabtretungen

Die russische Niederlage im Krimkrieg 1853-1856 führte zum Pariser Frieden von 1856. Als Folge dessen ging ein Teil des 1812 von Russland gewonnenen südlichen Bessarabiens im Bereich der Donaumündung (etwa ein Viertel der Gesamtfläche) mit den Kreisen Cahul, Bolgrod und Ismail wieder zurück ans Fürstentum Moldau. Sieben europäische Staaten übernahmen die Schutzherrschaft über dieses Gebiet, durch das Russland den strategisch wichtigen Zugang zur Donaumündung verlor. Allerdings wurde dieser Teil Bessarabiens durch den Vertrag von Berlin 1878 (siehe Berliner Kongress), durch den der rumänische Staat entstand, wieder russisch.

Rumänische Zwischenkriegszeit nach 1918

Auch im russischen Gouvernement Bessarabien kündigte sich durch Revolten Anfang des 20. Jahrhunderts ein Sturz des Zarenregimes an. Am 22. August 1905 eröffnete die Polizei das Feuer auf 3.000 demonstrierende Landarbeiter in der bessarabischen Hauptstadt Kischinew (Chişinău).

Nach Ausbruch der russischen Revolutionswirren übernahm im November 1917 eine nationale Vollversammlung mit der Bezeichnung Volksrat (Sfatul Ţării) mit Sitz in Kischinew die Regierung. Sie bestand aus 120 Vertretern aus Bessarabien und 10 aus Transnistrien. Als aufgelöste russische Armeeeinheiten von der rumänischen Front plündernd durch Bessarabien zogen und Bolschewiken am 14. Januar 1914 die Hauptstadt besetzt hatten, rief der Landesrat Rumänien um militärischen Beistand an. Die am 16. Januar einmarschierten rumänischen Truppen stellten innerhalb von drei Tagen die Ordnung im Lande wieder her. Am 24. Januar 1918 erklärte sich Bessarabien zunächst als Moldauische Demokratische Republik unabhängig, um im März 1918 bei großer Begeisterung der Bevölkerung eine Teilautonomie und einen bedingten Anschluss an Rumänien für ewige Zeiten zu proklamieren. Am 27. November 1918 erklärte der Sfatul Ţării die bedingungslose Vereinigung mit Rumänien und löste sich auf.

Die völkerrechtliche Anerkennung Bessarabiens als Teil Rumäniens kam 1920 im Vertrag von Versailles zustande. Das Gebiet wurde Rumänien zugesprochen, weil es im Ersten Weltkrieg auf der Seite der Gegner des Deutschen Reiches stand.

Den Verlust Bessarabiens konnte die nach 1918 entstandene Sowjetunion nie verwinden und Stalin beanspruchte das Land weiterhin. Dazu gründete er am Ostufer des Dnjestr 1924 die "Moldauische Autonome Sozialistische Sowjetrepublik" (MASSR).

Anfangs wurde noch die Autonomie Bessarabiens im Rumänischen Staat respektiert, aber mit der Zeit setzte sich die zentralistische und auf Minderheitenrechte verzichtende Politik durch. In der Zwischenkriegszeit von 1918-1940 stagnierte die wirtschaftliche Entwicklung Bessarbiens. Der Rumänisierungsdruck auf Minderheiten, wie die früheren Auswanderer aus Deutschland, Bulgarien, Russland, verstärkte sich. Bessarabien als abgelegene und rückständige Provinz im Osten Rumäniens wurde Strafversetzungsgebiet für rumänische Beamte. Trotzallem war jetzt erstmals für die Mehrheit der Bevölkerung ihre Muttersprache Amtsprache und Schulsprache. Auch konnten durch die Agrarreform von 1920 mit der Enteignung von Großgrundbesitzern (mehr als 100 Hektar) viele Menschen zu eigenem Land gelangen.

Sowjetische Besetzung 1940

Am 28. Juni 1940 besetzte die Rote Armee der Sowjetunion das zu Rumänien gehörende Bessarabien. In einem geheimen Zusatzprotokoll des Deutsch-Sowjetischen Nichtangriffsvertrages von 1939 (Hitler-Stalin-Pakt) hatte das Deutsche Reich der Sowjetunion Bessarabien als Interessengebiet zugestanden.

Am 2. August 1940 teilte der die Sowjetunion Bessarabien und gründete für den Norden und die Mitte des Landes die „Moldauische Sozialistischen Sowjetrepublik“ (MolSSR) und schlug den Süden der „Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik“ (USSR) zu.

Unmittelbar nach der Okkupation kollektivierte die Sowjetunion die Landwirtschaft, löste Großgrundbesitz auf, verteilte Land an landlose Bauern und gründete Sowchosen sowie Kolchosen. Gleichzeitig setzte eine Welle der Repression mit Verhaftungen gegen die Bevölkerung, Deportationen von etwa 25.000 Personen und einer Ansiedlung von Russen, Ukrainern und Weißrussen ein. Diese Politik richtete sich gegen die vermeintlich politische Opposition, wie Gutsbesitzer, Kulaken (Großbauern), Großkaufleute, Parteimitglieder, frühere Weißgardisten. Von der Verfolgung waren nur die Bessarbiendeutschen ausgenommen, die unter dem Schutz des Deutschen Reiches standen und bis November 1940 ausgesiedelt wurden.

Zweiter Weltkrieg und Nachkriegszeit

Am 22.Juni 1941 begann der deutsche Überfall auf die Sowjetunion als das Unternehmen Barbarossa, dem sich auch rumänische Truppen anschlossen. Beim kriegsbedingten Rückzug hinterließen die Sowjets in Bessarabien verbrannte Erde und transportierten alle beweglichen Güter per Bahn nach Russland. Ende Juli 1941 stand das Land nach einjähriger sowjetischer Besatzungszeit wieder unter rumänischer Verwaltung.

Bereits während der militärischen Rückeroberung begingen rumänische Soldaten unter Beteiligung der Bevölkerung Pogrome gegen bessarabische Juden mit tausenden von Toten. Der Hass beruhte wohl teilweise darauf, dass man den Juden ein Paktieren mit den Sowjets vorwarf, die sie 1940 wegen Hitlers antisemitischer Vernichtungspolitik als Befreier sahen. Einige Juden waren zuvor tatsächlich als Politkommissare gegen antisowjetische Elemente in der Bevölkerung vorgegangen. Gleichzeitig gab es Tötungsaktionen der berüchtigten SS- Einsatzgruppen (hier die Einsatzgruppe D) an Juden unter dem Vorwand, sie seien Spione, Saboteure, Kommunisten. Die politische Lösung der Judenfrage war vom rumänischen Diktator Marschall Ion Antonescu jedoch eher durch Vertreibung als durch Vernichtung gewollt. Die jüdische Bevölkerung (ca. 200.000 Personen) kam zunächst in Ghettos oder Auffanglager, um sie 1941/42 bei Todesmärschen in das rumänisch okkupierte Transnistrien zu deportieren.

Datei:Grossangriff Bessarabien 1944.png
Sowjetischer Großangriff August 1944 auf deutsche und rumänische Truppen in Bessarabien

Nach dreijähriger Friedenszeit in Bessarabien war 1944 die deutsch-sowjetische Front bis an die östliche Landesgrenze am Dnjestr wieder herangekommen. Am 20. August 1944 begann die Rote Armee mit etwa 900.000 Soldaten eine groß angelegte Sommeroffensive. In einer Zangenoperation überrannten die Angreifer Bessarabien in fünf Tagen. In Kesselschlachten bei Kischinew und Sarata wurde die nach der Schlacht von Stalingrad neu gebildete 6. deutsche Armee mit ca. 650.000 Soldaten aufgerieben.

Nach dem Krieg verschwand die geografische Bezeichnung Bessarabien für das einstige Gouvernement des russischen Zarenreichs endgültig von der Landkarte. Die Sowjetunion teilte das Gebiet in die Moldauische Sozialistische Sowjetrepublik im Norden und die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik im Süden auf. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 entstanden daraus die unabhängige Republik Moldawien und der süd-östliche Teil wurde in die Ukraine (s.a. Odessa) eingegliedert.

Museum

Literatur

  • George Cioranescu, Bessarabia – Disputed land between east and west, München 1985, ISBN 973-9155-17-0
  • Hannes Hofbauer/Viorel Roman, Bukowina, Bessarabien, Moldawien - Vergessenes Land zwischen Westeuropa, Russland und der Türkei, Wien 1993, ISBN 3-900478-71-6
  • Ion Alexandrescu, A short history of Bessarabia and northern Bucovina, Iaşi, 1994, ISSN 1220-7365
  • Axel Hindemith, Bessarabien im 2. Weltkrieg in Jahrbuch der Deutschen aus Bessarabien, Hannover 2004, ISBN 3-9807392-5-2
  • Ute Schmidt, Die Deutschen aus Bessarabien, Köln 2004, ISBN 3-412-05004-0

Verwandte Themen