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Deutsche Physik

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Mit dem Begriff "Arische Physik", oft auch "Deutsche Physik" genannt, bezeichnet man eine nationalsozialistisch geprägte Tendenz unter deutschen Physikern in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Der konstruierte Gegensatz war die so genannte "Jüdische Physik". Deutsche Physik ist auch der Titel eines Lehrbuches von Lenard.

Wie der Name schon vermuten lässt, ist diese Strömung rassistisch, insbesondere antisemitisch geprägt.

Ausgangspunkt der Strömung war die Auseinandersetzung mit den neuen Theorien der Physik, insbesondere der Allgemeinen Relativitätstheorie und der Quantenmechanik. Die Anhänger der "arischen Physik" lehnten diese ab, wobei sie aber die neuen Theorien nicht nur mit wissenschaftlichen Methoden zu widerlegen, sondern auch deren geistige Väter zu diffamieren versuchten. Die Tatsache, dass viele der geistigen Väter jüdischen Glaubens bzw. Abstammung waren, z.B. Albert Einstein, Max Born und Wolfgang Pauli, verleitete dazu, diese Theorien als jüdische Physik zu bezeichnen und im Sinne der nationalsozialistischen Rassenideologie abzuwerten.

Führende Vertreter der "arischen Physik" waren Johannes Stark und Philipp Lenard, beide Nobelpreisträger. Der Kern der "Arischen Physik" war nach Lenard, dass Wissenschaft durch "Rasse oder Blut" bestimmt wäre und verschiedene Nationen auch verschiedene Wissenschaft machen würden. In der Argumentation gegen die "jüdische Physik" spielte die angebliche "Unanschaulichkeit" und "Kopflastigkeit" der neuen Theorien eine große Rolle. Zwar ist es falsch, von einem Streit zwischen Experimentalphysik und Theoretischer Physik zu sprechen; im 20. Jahrhundert verschob sich das Gewicht der Physik allerdings eindeutig in Richtung (durch Experimente überprüfte) Theorie, während man vorher durchaus mit "Darauflosexperimentieren" etwas Wichtiges entdecken konnte. Relativitätstheorie und Quantenmechanik waren außerdem keine leichten Theorien und wurden von den Deutschen Physikern als "typisch jüdisch" "erkannt".

Wissenschaftler, die die neuen Theorien entwickelten und vertraten, aber nicht jüdischer Herkunft waren, wurden als "weiße Juden" oder "Gesinnungsjuden" beschimpft. Prominentes Opfer war Werner Heisenberg, der dadurch nicht auf den Lehrstuhl Arnold Sommerfelds in München nachfolgen koannte.

Weil die theoriefeindliche "Arische Physik" zu "unpraktikabel" war, wurde sie bereits 1937 von den Nazis selbst abgelehnt und war damit sogar bei den Nazis gescheitert. Persönliche und politische Kämpfe taten ein übriges. Es kam zu einem Machtverlust der Vertreter der "Arischen Physik" innerhalb des Systems. Spätestens die Entdeckung der Kernspaltung und deren technische Nutzung machte die Anwendung der neuen Theorien zwingend notwendig und den Streit obsolet. Heisenberg wurde wichtigster Mitarbeiter am deutschen Uranprojekt.

Literatur

  • Werner Heisenberg, Deutsche und Jüdische Physik (Herausgeber Helmut Rechenberg) München 1992, ISBN 3-492-11676-0