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Varkaus

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Varkauden kaupunki
Wappen Karte
Wappen von Varkaus Lage von Varkaus
Basisdaten
Staat: Finnland Finnland
Landschaft: [[Nordsavo]]
Verwaltungsgemeinschaft: Varkaus
Geographische Lage 62° 19′ N, 27° 55′ O keine Zahl: 23.623 [1]Koordinaten: 62° 19′ N, 27° 55′ O
Fläche: 524,56 km²
davon Binnengewässer: 138,11 km²[2] km²
Einwohner: 23,623[1] ({{{EinwJahr}}} )
Sprache(n): Finnisch
Website: varkaus.fi

[[Kategorie:Gemeinde in Nordsavo]]

Varkaus [ˈvɑrkɑu̯s] ist eine Stadt im Osten Finnlands. Die Industriestadt liegt in der Region Savo zwischen Kuopio und Savonlinna und hat knapp 24.000 Einwohner.

Geografie

Varkaus liegt am Nordrand des Saimaa-Seengebiets in der Landschaft Nordsavo. Nachbargemeinden sind Leppävirta im Norden, Heinävesi im Nordosten, Enonkoski im Südwesten sowie Savonlinna, Rantasalmi und Joroinen im Süden. Kuopio, die größte Stadt Ostfinnlands, liegt 76 km nördlich, die Entfernung zur Hauptstadt Helsinki beträgt 318 km.

Das Stadtzentrum liegt am Nordufer einer Bucht des Seeabschnitts Haukivesi. Varkaus hat Anteil an dem im Haukivesi gelegenen Linnansaari-Nationalpark, in dem die seltene Saimaa-Ringelrobbe vorkommt. Über Kanäle und natürliche Wasserstraßen ist Varkaus mit der weiteren finnischen Seenplatte verbunden. Unmittelbar nördlich des Stadtzentrums beginnt der Unnukka-See, der sich nach Norden hin zum Kallavesi erweitert und so den Seeweg zum Iso-Kalla-Seensystem und der Stadt Kuopio darstellt. Insgesamt nehmen Seen gut mehr als ein Viertel der Stadtfläche von Varkaus ein.

Geschichte

Ursprünglich war das Gebiet von Varkaus von halbnomadischen Samen bewohnt. In dem 1323 zwischen Schweden und Nowgorod geschlossenen Vertrag von Nöteborg wird ein samisches Winterdorf am Siitinselkä-Seenabschnitt erwähnt. Die Etymologie des Namens „Varkaus“ ist unsicher, möglicherweise leitet sich das Toponym vom samischen Wort vuörkä, „Hort, Lager, Versteck“ ab. Darüber hinaus gibt es jedoch noch zahlreiche folkloristische Erklärungen zu der Frage, wie die Stadt zu ihrem Namen kam, denn das Wort varkaus bedeutet im Finnischen „Diebstahl“.

Nach der Errichtung der Burg Olavinlinna in Savonlinna weitete sich gegen Ende des 15. Jahrhunderts die sesshafte finnische Besiedlung nach Varkaus aus. Schon Mitte des 18. Jahrhunderts gab es Bestrebungen, Varkaus die Stadtrechte zu verleihen. Letzten Endes scheiterten die Pläne aber, stattdessen wurde die Stadt Kuopio gegründet. Dafür errichtete die schwedische Marine 1792 einen Stützpunkt der Küstenartillerie in Varkaus. Dieser verschaffte dem Ort wirtschaftlichen Aufschwung, sollte aber nur bis zum Russisch-Schwedischen Krieg 1808-1809 bestehen, in dessen Folge Varkaus wie ganz Finnland an Russland fiel.

Schon in 18. Jahrhundert hatte man die zahlreichen in Varkaus vorhandenen Stromschnellen eingespannt, um Wasserräder und Mühlen anzutreiben. Anfang des 19. Jahrhundert entdeckte man dann Eisenerzvorkommen in den Seen von Savo und begann Eisenhütten zu errichten. Die Industrialisierung von Varkaus begann, als der finnische Senat 1815 dem Freiherren Gustaf Wrede die Erlaubnis erteilte, in Varkaus an der Huruskoski-Stromschnelle einen Hochofen, einen Eisenhammer und eine Esse zu errichten. Es folgten ein Sägewerk im Jahr 1834 und eine Maschinenfabrik 1851. Ebenfalls im 19. Jahrhundert wurden mit der Kanalisierung der finnischen Seen neue Verkehrswege erschlossen. Die Fertigstellung des Taipalekanals im Jahr 1840 schloss Varkaus an das Saimaa-Seensystem an, welches wiederum ab 1856 durch den Saimaakanal mit der Ostsee verbunden war. Varkaus wurde nun zu einem wichtigen Zentrum der Binnenschifffahrt und Werftindustrie.

Die hervorgehobene Bedeutung der Industrie ließ in Varkaus eine starke und selbstbewusste Arbeiterbewegung entstehen. Dies zeigte sich insbesondere im Finnischen Bürgerkrieg. Während die bürgerlichen Weißen den Norden und Nordosten Finnlands rasch sichern konnten, blieb Varkaus als rote Enklave im weißen Hinterland in der Hand der Aufständischen. Die örtliche Rote Garde umfasste rund 1500 Männer, die allerdings über keine 200 Gewehre verfügten. Am 20. Februar führten die Weißen einen Angriff mit 1050 Soldaten, sechs Maschinengewehren und zwei Geschützen. Die Verteidiger leisteten erbitterten Widerstand, mussten sich aber am folgenden Tag mitsamt ihren Familien in die Gebäude der Papierfabrik zurückziehen. Dort ergab sich die Rote Garde schließlich, nachdem die Artillerie die Gebäude in Brand geschossen hatte. Nach dem Gefecht wurden innerhalb von wenigen Tagen 200 Rotgardisten hingerichtet, bevor die militärische Führung eingriff und die Standgerichte verbot.[3]

Ursprünglich hatte das Gebiet von Varkaus zu Leppävirta und Joroinen gehört. 1929 wurde der Marktflecken Varkaus aus diesen Gemeinden gelöst, 1932 machte sich die Kirchengemeinde der Stadt von der Gemeine Leppävirta selbständig. 1962 erhielt der Ort das Stadtrecht. Anfang 2005 verfünffachte sich die Fläche von Varkaus nahezu durch die Eingemeindung der Gemeinde Kangaslampi.

Politik

Varkaus ist als Industriestadt traditionell eine Hochburg der finnischen Linken. Die mit Abstand stärkste Kraft im Stadtrat sind heute die Sozialdemokraten, die 17 der 43 Sitze im Stadtrat stellt, gefolgt von den Christdemokraten mit acht und der Nationalen Sammlungspartei und dem Linksbündnis mit je sechs Sitzen. Die Zentrumspartei, die in den ländlichen Gegenden Finnlands die dominierende Kraft darstellt, spielt dagegen mit nur fünf Sitzen und Wahlergebnissen nur knapp über zehn Prozent in Varkaus nur eine untergeordnete Rolle. Weiterhin stellt der Grüne Bund einen Abgeordneten. Die Kommunistische Partei Finnlands, die in Varkaus lange eine starke Stellung einnahm, trat zwar auch bei den Kommunalwahlen 2004 an, konnte jedoch nurmehr 0,2 % der Stimmen auf sich vereinigen und ist nicht im Stadtrat repräsentiert.

Zusammensetzung des Stadtrats (2005–2008)
Partei Wahlergebnis 2004[4] Sitze
Sozialdemokraten 37,9 % 17
Christdemokraten 18,1 % 8
Nationale Sammlungspartei 14,4 % 6
Linksbündnis 13,7 % 6
Zentrumspartei 11,3 % 5
Grüner Bund 2,5 % 1

Varkaus unterhält Städtepartnerschaften zu folgenden Städten:[5]

Das von Olof Eriksson entworfene Stadtwappen ist seit 1954 in Gebrauch und zeigt im schwarzen Feld aus dem linken unteren Schildrand wachsend einen gebeugten Arm, einen Anker quer emporhaltend, beide gold. Das Wappen symbolisiert die historische Bedeutung der Werftindustrie und der Schifffahrt für Varkaus.

Wirtschaft

Zellstoffwerk der Stora Enso in Varkaus

Varkaus lebt vor allem von der holzverarbeitenden Industrie. In der Stadt finden sich sämtliche Produktionsstufen von der primären Forstwirtschaft über Sägewerke, Zellstoff-, Kartonagen- und Papierfabriken bis hin zu nachgeschalteten Druckerei und Zulieferbetrieben der Chemie- und Maschinenbaubranche.

Der größte private Arbeitgeber ist mit rund 1.400 Beschäftigten der Konzern Stora Enso. Er unterhält in Varkaus ein Sägewerk, das vor allem Fichtenschnittholz für die Möbel- und Bauindustrie herstellt, ein Zellstoffwerk sowie eine Kartonagen-, eine Feinpapier- und eine Druckpapierfabrik. Die in dänischem Besitz befindliche Hartmann-Varkaus Oy betreibt eine Recyclinganlage, die aus Holz- und Papierabfällen vor allem Eierkartons herstellt.

Der Ahlström-Konzern, der die Industriegeschichte von Varkaus seit ihren Anfängen prägte, verkaufte um 1990 die meisten seiner Liegenschaften und Geschäftsbereiche an ausländische Investoren. Der amerikanische Konzern Honeywell erwarb 1992 die Ahlström-Tochter Altim Control Oy, die Labor- und Sensortechnologie vor allem für die Papierindustrie entwickelte. Honeywell beschäftigt an seinem Standort in Varkaus heute rund 400 Personen. Die Boilerproduktion des Ahlströmkonzerns wurde 1995 vom ebenfalls amerikanischen Konzern Foster Wheeler aufgekauft. Das Werk beliefert ebenfalls vor allem die finnische Papierindustrie.

Infrastruktur

Varkaus stellt dank seiner zentralen Lage einen wichtigen Stützpunkt der finnischen Binnenschifffahrt dar. Die Stadt verfügt über drei Häfen, von denen zwei, Akonniemi und Taipale, in Besitz der Stadt sind. Der dritte Hafen auf dem Gelände des Stora Enso Werks ist in Firmenbesitz. Insgesamt wurden im Jahr 2005 417.265 Tonnen umgeschlagen, der ganz überwiegende Teil davon Rohholz und Holzprodukte.

Varkaus ist auch ein bedeutender Verkehrsknotenpunkt für den Straßenverkehr. Die Staatsstraße 5, eine der wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen Finnlands, durchquert auf ihrem Abschnitt zwischen von Mikkeli (88 km südlich) und Kuopio (76 km nördlich) Varkaus und kreuzt sich hier mit der Staatsstraße 23 von Jyväskylä nach Joensuu. Auch die Eisenbahnstrecke von Pieksämäki nach Joensuu führt durch Varkaus. Im Stadtgebiet befinden sich zwei Bahnhöfe, der Hauptbahnhof und der Bahnhof von Kommila.

Der Flughafen Varkaus liegt 16 km südlich der Stadt in der Nachbargemeinde Joroinen. Zur Zeit bestehen keine regelmäßigen Flugverbindungen nach Varkaus, zuletzt hatte zwischen Februar 2006 und März 2007 die Fluggesellschaft Finncomm Airlines den Flughafen Varkaus angeflogen.

Bildung

In Varkaus gibt es zwölf Grundschulen, darunter auch eine schwedischsprachige, und ein Gymnasium (Lukio). Weiterhin gibt es eine Berufsschule mit einem angeschlossenen Institut zur Erwachsenenbildung (Savon ammatti- ja aikuisopisto) mit rund 1500 Schülern. In Varkaus befindet sich auch einer der drei Standorte der Fachhochschule Savonia, die vor allem technische und wirtschaftlich orientierte Studiengänge anbietet. Auf dem Campus in Varkaus studieren rund 700 der insgesamt über 5.000 Studenten der FH.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Die Ahlströminkatu ist das pulsierende Herz der Stadt.
Der Wasserturm der Stadt ist zugleich ein Wohnhaus.

Das Stadtzentrum von Varkaus ist recht gesichtslos und von Industriearchitektur und Arbeitersiedlungen der Vorkriegszeit und ebenso schmucklosen Neubauten geprägt. Die Kirche von Varkaus wurde 1939 nach Plänen von Martti Paalanen in Ziegelbauweise errichtet, nachdem die ältere Holzkirche des Ortes aus dem Jahr 1863 ausgebrannt war. Der funktionalistische Neubau stellt sich nach außen als schmuckloser Quader dar, im Innenraum ist das mehr als 242 m² große Altarfresko Dein Reich komme (Tulkoon Sinun valtakuntasi) von Lennart Segerstråhl sehenswert.

Varkaus unterhält seit 1913 ein professionelles Stadttheater. Im Jahr 2004 wurden die 162 Aufführungen des Theaters von 23.564 Zuschauern gesehen.[6] Die Halle Warkaus-Sali dient als Mehrzweckgebäude für Kulturveranstaltungen und Kongresse.

Zum Kulturangebot von Varkaus zählen ferner sechs Museen. Das städtische Museum von Varkaus ist in einem ehemaligen werkseigenen Hotelgebäude der Fabrik aus dem Jahr 1914 untergebracht. Die Dauerausstellung hat die Stadtgeschichte von Varkaus zum Thema, daneben gibt es wechselnde Sonderausstellungen. Das Kunstmuseum von Varkaus wurde 1956 gegründet und verfügt über eine Sammlung moderner finnischer Kunst vom Anfang des 20. Jahrhunderts bis in die 1960er Jahre. Am Taipale-Kanal liegt das Kanalmuseum von Taipale. Es zeigt die Geschichte des Kanalbaus und der Binnenschifffahrt in Varkaus und Umgebung. Das Arbeiterwohnungsmuseum erinnert an die Industriegeschichte der Stadt. Durch seine Originalität sticht das Museum für mechanische Musik hervor. Das private Museum wird seit 1981 von der deutsch-finnischen Familie Kempf geführt und nennt 170 mechanische Instrumente sein Eigen. Ebenfalls privat ist die Kunstgalerie Väinölä.

Sport

In sportlicher Hinsicht ist Varkaus vor allem für den Bandy-Verein Warkauden Pallo -35 bekannt, der mit 16 Meistertiteln erfolgreichsten Mannschaft der Bandyliiga.

Einzelnachweise

  1. Väestörekisterikeskus (finnisches Bevölkerungsregister); Stand 31. März 2007.
  2. Maanmittauslaitos (finnisches Vermessungsamt)
  3. Anthony F. Upton: Vallankumous Suomessa 1917-1918, II osa. Kirjayhtymä, Helsinki 1981, ISBN 951-26-2022-7, S. 286 f.
  4. Finnisches Justiziministerium: Ergebnis der Kommunalwahlen 2004
  5. Suomen ystävyyskuntasuhteet
  6. Tasku Varkaus (deutsch), S. 11.