Bundesversammlung (Deutschland)
Die Bundesversammlung ist ein Verfassungsorgan der Bundesrepublik Deutschland, dessen einzige Aufgabe es ist, den Bundespräsidenten zu wählen.[1] Die Bundesversammlung stärkt das föderale Element der Wahl des Bundespräsidenten.[2]
Mitglieder der Bundesversammlung
Die Bundesversammlung besteht aus den Mitgliedern des Deutschen Bundestages und ebenso vielen Vertretern der Volksvertretungen der Länder, die im Verhältnis der Stärke der Fraktionen durch die 16 Volksvertretungen gewählt werden. Diese Vertreter müssen nicht Mitglieder in den Volksvertretungen sein, regelmäßig werden ehemalige Politiker, Prominente, Sportler und Künstler in die Bundesversammlung entsandt.
Die Bundesversammlungen waren bisher die größten parlamentarischen Versammlungen der Bundesrepublik Deutschland.
Die Mitglieder der Bundesversammlung genießen von dem Zeitpunkt, an dem sie ihre Wahl zum Mitglied der Bundesversammlung annehmen, aufgrund des Bundespräsidentenwahlgesetzes bis zum Ende des Zusammentritts der Bundesversammlung Immunität, Indemnität und Kündigungsschutz wie die Mitglieder des Bundestages.[3] Über die Aufhebung der Immunität entscheidet der Immunitätsausschuss des Deutschen Bundestages.[4] Seit dem 12. Juli 2007 ist die bisherige Praxis im Bundespräsidentenwahlgesetz festgeschrieben.[5] Am 2. April 2004 erfolgte durch Beschluss des Bundestags die Aufhebung der Immunität des Berliner Mitglieds Peter Strieder[6], am 29. April 2004 die des Baden-Württembergers Walter Döring[7].
50 % Bundestagsabgeordnete |
50 % von den Landtagen gewählte Vertreter |
Zusammentritt und Ablauf der Wahl
Die Bundesversammlung tritt alle fünf Jahre zusammen, es sei denn, die Amtszeit des Staatsoberhaupts endet vorzeitig – durch Tod, Rücktritt, Aufgabe der deutschen Staatsangehörigkeit, Verlust des Wahlrechts oder die Amtsenthebung durch das Bundesverfassungsgericht. Ort und Zeitpunkt des Zusammentritts der Bundesversammlung, bestimmt der Präsident des Deutschen Bundestages.[8] Verfassung und politische Wirklichkeit lassen ihm aber keinen allzu großen Spielraum. Das Grundgesetz bestimmt, dass die Bundesversammlung spätestens 30 Tage vor dem Ende der Amtszeit des Bundespräsidenten zusammentreten muss.[9] Bisher wurden stets Tagungstermine festgesetzt, die zwei bis sechs Wochen vor dieser äußersten Frist lagen. Wurde die Amtszeit vorzeitig beendet, so muss sie spätestens 30 Tage nach diesem Zeitpunkt zusammentreten.[9]
Seit 1979 ist dies traditionell der 23. Mai, der Tag der Verkündung des Grundgesetzes (23. Mai 1949). Seit sich Bundestagspräsident Karl Carstens in der Vorbereitung der 7. Bundesversammlung 1979 für den „Verfassungstag“, den 23. Mai, entschied, ist auch von seinen Nachfolgern an diesem besonderen Tag für die folgenden Bundesversammlungen 1984, 1989, 1994, 1999 und 2004 festgehalten worden, so dass sich von der Begründung einer Tradition sprechen lässt. Infolgedessen fand die 11. Bundesversammlung am 50. Jahrestag der Verkündung des Grundgesetzes statt. Denkbar ist jedoch ein Fall, der zu einer Durchbrechung dieser Tradition zwingen könnte: Bei einer vorzeitigen Erledigung der Amtszeit eines Bundespräsidenten muss die Bundesversammlung spätestens 30 Tage nach diesem Zeitpunkt zusammentreten.[9] Der Bundestagspräsident trifft die Entscheidung über den Wahltermin üblicherweise nach Gesprächen mit den Fraktionsvorsitzenden und im Einvernehmen mit den Mitgliedern des Präsidiums des Bundestages.
Der Bundestagspräsident hat den Vorsitz der Bundesversammlung inne. Er übt das Hausrecht sowie die Polizei- und Ordnungsgewalt aus.[10][11] Es gilt, sofern sich die Bundesversammlung keine eigene Geschäftsordnung gegeben hat, sinngemäß die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages.[12] Die Bundesversammlung konstituiert sich mit der Wahl der Schriftführer. Größtenteils werden dabei die Schriftführer des Bundestages gewählt.
Jedes Mitglied der Bundesversammlung darf Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten vorschlagen. In der Praxis werden in aller Regel jedoch nur die von den Fraktionen im voraus benannten Kandidaten vorgeschlagen.
Die geheime Wahl erfolgt ohne Aussprache. Gewählt ist, wer im ersten oder zweiten Wahlgang die absolute Mehrheit der Stimmen erreicht. Im dritten Wahlgang genügt die relative Mehrheit der Stimmen. Der Präsident des Bundestages erklärt die Bundesversammlung für beendet, wenn der Gewählte die Wahl angenommen hat.
Geschichte der Bundesversammlung
In der Weimarer Republik wurde der Reichspräsident unmittelbar vom Volk gewählt. Nach dem Zweiten Weltkrieg beschloss der Parlamentarische Rat, dass der Bundespräsident nicht mehr direkt vom Volk gewählt wird, sondern durch Mitglieder, die die Bundesversammlung bilden. Auf diese Art wollte man ihm nicht die höchstmögliche Souveranität geben sondern nur einen formales Staatsoberhaupt schaffen.
Die erste Bundesversammlung fand am 12. September 1949 in Bonn statt. Von 1954 bis 1969 tagte sie in der Ostpreußenhalle auf dem Messegelände unter dem Berliner Funkturm. Dabei kam es zu regelmäßigen Protesten der DDR-Regierung. Am 5. März 1969 ließ die Sowjetunion während der Bundesversammlung mehrere MiG-21-Jagdflugzeuge mit Überschallgeschwindigkeit über West-Berlin fliegen. Von 1974 bis 1989 fand die Bundesversammlung in der Beethovenhalle in Bonn statt. Seit 1994 wird sie im Berliner Reichstagsgebäude durchgeführt.
Die letzte Zusammenkunft der Bundesversammlung war am 23. Mai 2004, in der Horst Köhler zum neuen Bundespräsidenten mit 604 von 1205 Stimmen gewählt wurde.
Vorläufige Sitzverteilung der 13. Bundesversammlung
Nach der Landtagswahl in Bremen 2007 ergibt sich folgende vorläufige Sitzverteilung für die Bundesversammlung:
Partei | Sitze | Sitze in % |
---|---|---|
Insgesamt | 1228 | 100,0 % |
CDU/CSU | 531 | 43,2 % |
SPD | 419 (−1) | 34,1 % (- 0,1 %) |
FDP | 95 | 7,7 % |
Grüne | 91–92 (+1) | 7,4 % (+ 0,1 %) |
Die Linke. | 85–86 | 7,0 % |
NPD | 3 | 0,3 % |
DVU | 1 | 0,1 % |
SSW | 1 | 0,1 % |
Parteilos | 1 | 0,1 % |
In Berlin muss ein Sitz unter Grünen und Linkspartei ausgelost werden, da beide gleich stark sind.
Siehe auch
- Politisches System Deutschlands
- Bundesversammlung (Begriffsklärung), Bundesversammlung (Österreich), Bundesversammlung (Schweiz)
- Liste der Mitglieder der 12. Bundesversammlung (Deutschland)
Weblinks
- Informationen des Deutschen Bundestages über die Bundesversammlung
- Aktuelle Zusammensetzung der Bundesversammlung bei wahlrecht.de
- Bundesgesetz über die Bundespräsidentenwahl im Wortlaut
Einzelnachweise
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- ↑ Hans-Peter Schneider: Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland: Ein Handbuch. de Gruyter, 1989, ISBN 3-11-011077-6. S. 111
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- ↑ Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung (BGBl. I S. 1326)
- ↑ Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung, BT-Drs. 15/2879 sowie BT-Plenarprotokoll 15/103 02.04.2004 S. 9336 D-9337A
- ↑ Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung, BT-Drs. 15/3007 sowie BT-Plenarprotokoll 15/105 29.04.2004 S. 9542A-B
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- ↑ a b c
- ↑ i.V.m.
- ↑ Jarass/Pieroth, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 54 Rn. 5
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