Zum Inhalt springen

Fremdenfeindlichkeit

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 4. Dezember 2007 um 11:35 Uhr durch Jürgen Engel (Diskussion | Beiträge) (Wurzeln: Reihenfolge dem Text angepasst.). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die Xenophobie (griechisch ξενοφοβία – Fremdenangst, Fremdenfeindlichkeit, Kompositum aus ξένος, xénos − der „Fremde“, der „Gast“ und φόβος, phóbos − „Furcht“, „Angst“, „Schrecken“) bezeichnet die Scheu oder Furcht vor dem Fremden. Xenophobie ist eine ablehnende Einstellung und Verhaltensweise gegenüber anderen Menschen und Gruppen, die vermeintlich oder real fremd sind (z. B. durch fremde Herkunft, Kultur, Sprache oder Religion). Sie kann sich durch Furcht, Meidung, Geringschätzung, Spott oder Feindseligkeit ausdrücken, die bis hin zur Gewalt reicht. Teilweise wird der „Fremde“ als Quelle unvorhersehbarer Gefahren gescheut.

Der Begriff Xenophobie steht im Gegensatz zur Xenophilie (Fremdenfreundlichkeit) und in einem gewissen Spannungsverhältnis zum Exotismus, einer Art naiven, quasi voyeuristischen Xenophilie, mit welcher er gewisse konstituierende Merkmale gemein hat, z. B. das Postulat der eigenen, meist kulturellen Überlegenheit.

Wurzeln

Xenophobie hat biologische ebenso wie kulturelle und ökonomische Wurzeln:

  • Biologisch: Tierarten verteidigen das eigene „Territorium“ gegen Eindringlinge. Inwieweit es sich bei Xenophobie des Menschen um biologische Determinanten, durch Sozialisation erworbenes Verhalten bzw. in engem Rahmen freie Entscheidungen handelt, ist umstritten. Was im konkreten Fall als "fremd" wahrgenommen (und abgelehnt) wird, hängt allerdings nachweislich in erster Linie von historisch-kulturellen Faktoren ab.
  • Kulturell: Alles soziale Handeln ist kulturell überformt, d. h. kollektive Distanz und Feindseligkeit ist erworbene Grundstimmung (siehe auch Mentalität einer Gesellschaft). So sind Stammesgesellschaften, aber auch ländliche Gesellschaften mit Grundbesitzerstrukturen, deren Traditionen stark auf fixierten Regeln beruhen, Neubürgern gegenüber eher zurückhaltend bis ablehnend eingestellt; handeltreibende Kulturen (wie das antike Griechenland – vgl. Homer, Herodot oder Aischylos) eher vorurteilsarm. Auch die vorherrschende Religion hat nachweislich großen Einfluss auf die beobachtbare Haltung gegenüber Fremden. Ein vergleichbar langsamer sozialer Wandel begünstigt xenophobe Reaktionen. Nach Pierre Bourdieu steigt mit der Komplexität der Gesellschaft die Möglichkeit, Xenophobie zu verringern.
  • Ökonomisch: Das Eindringen fremder Waren in Gestalt von neuartigen Techniken kann ebenso wie das Auftreten von in einer bestimmten Kultur unbekannten Kauf- oder Fachleuten Furcht erwecken und Fremdenscheu hervorbringen.

Formen

Auf einigen Inseln hat sich im Zuge einer xenophoben Entwicklung, in der das Moment der Furcht hervorsticht, der so genannte politische Nativismus entwickelt. Der Nativismus betont die angebliche Überlegenheit der eigenen Herkunft und ethnischen Zugehörigkeit gegenüber dem „nur Zugezogenen“, Fremden. Dies ist ebenso ein Forschungsgebiet für Politikwissenschaftler wie für Ethnologen wie die Frage, warum extrem feindselige, gewalttätige Ethnien neben sehr aufgeschlossenen, friedlichen Völkern aus der gleichen Herkunft entstehen und koexistieren konnten (Beispiel der historischen nordamerikanischen Indianervölker).

Xenophobie äußert sich in weniger dramatischen Fällen als Kommunikationsverweigerung, neuzeitliche Extremformen waren Religionshass (wie der ältere Antisemitismus), Nationalhass oder Homophobie.

Zum Rassismus besteht insofern eine Verwandtschaft, als rassistische Propaganda xenophobe Haltungen aufzunehmen und zu verstärken sucht. Allerdings sind Rassismus und Xenophobie nicht gleichzusetzen. So wurden im rassistischen deutschen Nationalsozialismus einheimische „Nichtarier“ (z. B. Juden) beispielsweise viel schlechter behandelt als ausländische „Arier“ (z. B. Skandinavier und andere Nord- und Westeuropäer).

Ethologische Erklärungsmodelle

Der Ethologe Irenäus Eibl-Eibesfeldt deutet die Abwehr des Fremden bzw. als Fremd empfundenen sowie die sich historisch unterschiedlich darstellende Abgrenzung von Gruppen als anthropologisches Erfordernis zur Aufrechterhaltung einer stablisierenden Gruppennorm. [1]Normen machten "das Verhalten vorraussehbar, tragen Ordnung in die Gemeinschaft und vermitteln damit Sicherheit" [2] Eibesfeldt verweist auf die normbildenden Funktionen vieler, herkömmlich eher dem kulturellen Rassismus zuzuordnender Faktoren hin:

"Die Gruppennorm äußert sich in Sprache, Brauchtum, Kleidung, Körperschmuck und vielen anderen Alltäglichkeiten. Die materielle wie gesitige Kultur ist nach ihr ausgerichtet. Kultur erweist sich hier prägend und legt uns als zweite Natur insofern fest, als uns auch der Schatz tradierten Brauchtums nicht allzuviel Bewegungsfreiheit lässt." [3]

Verweise

Interne Verweise

Literatur

  1. Irenäus Eibl-Eibesfeldt: Die Biologie des menschlichen Verhaltens - Grundriß der Humanethologie, Vierkirchen 2004, Blank Media, ISBN 3937501010, Seite 409 ff. und 443
  2. Irenäus Eibl-Eibesfeldt: Die Biologie des menschlichen Verhaltens - Grundriß der Humanethologie, Vierkirchen 2004, Blank Media, ISBN 3937501010, Seite 409
  3. Irenäus Eibl-Eibesfeldt: Die Biologie des menschlichen Verhaltens - Grundriß der Humanethologie, Vierkirchen 2004, Blank Media, ISBN 3937501010, Seite 409