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Antifa

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Der Begriff Antifa ist ein etwa seit Anfang der 1980er Jahre verbreitetes Akronym des Wortes Antifaschismus und bezeichnet je nach Zusammenhang eine oder mehrere linke, linksradikale und/oder autonome Gruppierungen oder Organisationen, die sich in ihrem Verständnis von Antifaschismus das Ziel gesetzt haben, Nationalismus und Rassismus zu bekämpfen. Dies geschieht unter anderem häufig mit besonders betonter Ablehnung von Antisemitismus und völkischer Ideologie (vgl. auch Völkische Bewegung). Dabei spielt oft auch der Widerstand gegen den Nationalsozialismus relativierende oder rechtfertigende geschichtsrevisionistische Tendenzen eine bedeutende Rolle.

Verschiedene Antifa-Gruppen, insbesondere aus dem Umfeld der Autonomen-Szene, stehen in Deutschland unter Beobachtung der Verfassungsschutzbehörden, weil sie nach deren Meinung in ihrer Arbeit gegen Faschismus linksextremistische Ziele propagieren. Die Antifa-Bewegung wird von verschiedenen Seiten sowohl in ihrem theoretischen Ansatz als auch ihrem Auftreten aufgrund ihres verwendeten Faschismus- und Rassismusbegriffes, sowie ihres diskursbestimmten Verhältnisses zur Gewaltanwendung kritisch bewertet.

Ursprung

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Altes Logo der antifaschistischen Aktion

Der Begriff und die Idee der Antifaschistischen Aktion kamen ursprünglich aus Italien, wo Gegner von Mussolini als "Antifaschisten" bezeichnet wurden. In Deutschland gab es seit 1923 die "Antifaschistische Aktion" als Teilbereich des Rotfrontkämpferbundes. Ihr Ziel war es, gegen den aufstrebenden Faschismus zu kämpfen. Anfänglich kamen die Mitglieder der Antifaschistischen Aktion nur aus der kommunistischen, später aus allen sozialistischen Parteien und Organisationen. Die Antifaschistischen Aktion sah ihre Aufgabe weniger darin, den revolutionären Kampf zu führen, sondern sie wollte in erster Linie - trotz aller Kritik an den Strukturen der Weimarer Republik - die bisher erkämpften emanzipatorischen Errungenschaften dieser Republik vor einem „Rückfall in die Barbarei“ durch den Faschismus schützen. Nach der Machtergreifung Adolf Hitlers verschwand der Begriff ab 1933 zunehmend und wurde nur noch vereinzelt vom kommunistischen Widerstand verwendet.

Als historisches Beispiel für den Widerstand der Antifaschistischen Aktion zu Beginn der Diktatur des Nationalsozialismus siehe auch unter Mössinger Generalstreik.

Neugründungen

In den 1980er Jahren gründeten sich im Gebiet der alten Bundesrepublik aus der Hausbesetzer- und Autonomen-Bewegung heraus sogenannte Antifa-Gruppen. Diese sollten zunächst vor allem eigene Projekte und potenzielle Opfer von Neonazi-Attacken vor rechtsextremer Gewalt schützen. Es wurde auch versucht, geplante Aktivitäten von Parteien und Organisationen, die von der Antifa dem rechtsextremen Lager zugeordnet werden, zu verhindern und zu stören – wie zum Beispiel NPD-Parteitage und andere Aufmärsche diverser dem Nationalsozialismus nahestehender Gruppen. Die Antifa arbeitet dabei, beispielsweise bei Informationsbeschaffung und Informationsaustausch, teilweise mit traditionellen antifaschistischen Organisationen wie etwa der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) zusammen.

Der Antifaschismus war allerdings (noch) nicht der Aktionsschwerpunkt der Autonomen-Bewegung. Die einzelnen antifaschistischen Gruppen sahen sich aber in der Tradition der Antifaschistischen Aktion der 20er Jahre und des antifaschistischen Widerstands zur Zeit des Nationalsozialismus.

Logo der Antifaschistischen Aktion

Auf Grund eines von Seiten der Antifa befürchteten Wiedererstarkens des Nationalismus und der rechtsextremen Gewalt nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurden diese Ansätze durch Teile der linken Szene intensiviert. Insbesondere innerhalb der Autonomen-Bewegung entwickelte sich der Antifaschimus zum Hauptaktionsfeld. Im Verlauf der 1990er Jahre entstandenen daher sowohl in den alten als auch den neuen Bundesländern Antifa-Gruppen. Angestoßen wurde diese Entwicklung durch die Gründung der „Autonomen Antifa [M]“ 1990 in Göttingen. Die neu gegründeten Gruppen sahen ihren Aktionsschwerpunkt im Antifaschismus. Im Jahr 1992 organisierte sich ein Teil dieser Gruppen in der Antifaschistische Aktion/Bundesweite Organisation (AA/BO). Zu dieser gehörten neben der Autonomen Antifa [M] in Göttingen unter anderem auch die Antifaschistische Aktion Berlin. Obwohl die AA/BO sich im April 2001 auflöste, hinterließ sie sowohl in den neuen als auch in den alten Bundesländern feste Strukturen von antifaschistischen Organisationen.

In den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts zeigten sich Spaltungstendenzen innerhalb der Antifa-Bewegung. Der Riss verläuft zwischen den sogenannten Antideutschen und den sogenannten „Anti-Imps“ (Kurzform von Antiimperialisten). Es geht bei diesem Konflikt primär um die Positionierung zum Nahostkonflikt. Dabei bezichtigen sich die unterschiedlichen Strömungen gegenseitig des Antisemitismus bzw. der Islamophobie. Beispiele hierfür sind die Spaltungen der Göttinger Autonomen Antifa [M] Mitte 2004 und der Antifaschistischen Aktion Berlin.

Seit etwa Ende 2005 ist jedoch wieder ein Rückgang der Spaltung zu beobachten: Sowohl radikale Antideutsche als auch Antiimps haben innerhalb der Antifabewegung massiv an Bedeutung verloren. Die meisten Antifa-Gruppen definieren sich inzwischen als weder eindeutig antideutsch noch antiimperialistisch, sondern meist als undogmatisch.

Aktivitäten

Bei den durchgeführten Aktionen handelt es sich teilweise um Recherchen, Aufklärung, Dokumentation und Verbreitung von Informationen über rechtsextreme und rechtskonservative Strömungen (siehe Neue Rechte) als auch Verbindungen zwischen ihnen im nationalen und internationalen Zusammenhang. Des Weiteren spielt die teilweise gewalttätige Durchführung von Demonstrationen eine wichtige Rolle (zum Beispiel gegen spezielle Geschäfte, Jugendclubs oder Kneipen der rechten Szene oder in Form von Gegenveranstaltungen zu Aufmärschen von rechten Parteien oder Organisationen, wie etwa der NPD). Antifa-Gruppen arbeiten dabei manchmal in Bündnissen auch mit Organisationen und Personen aus anderen politischen Bereichen, die vom Umfeld der Linkspartei über Gewerkschaften bis hin zu christlich orientierten Basisgruppen reichen, zusammen.

In der Zusammenarbeit mit spezifisch antirassistischen Gruppen und Flüchtlingsinitiativen besteht ein weiterer Schwerpunkt der heutigen Antifa-Arbeit in der Aufklärung über gesellschaftliche Strukturen, die eine Diskriminierung von sozialen Minderheiten in den modernen Industriegesellschaften begünstigen sollen. Dabei setzt sich die Antifa aktiv für eine Ausweitung der Rechte von Asylbewerbern und allgemein von ausländischen Flüchtlingen, Behinderten und weiteren oft marginalisierten, von rassistischen oder anderen Vorurteilen betroffenen Randgruppen ein. Beispielsweise sind Antifa-Gruppen beteiligt an der Kampagne "kein mensch ist illegal", bei der sie in Einzelfällen auch von Abschiebung bedrohten Flüchtlingen zum „Untertauchen“ verhelfen.

Insbesondere autonome Antifa-Gruppen befürworten, je nach Eskalationsphase, auch militant-gewaltsame Aktionsformen gegen Neonazis. Sie schließen somit gegebenenfalls auch illegale, in ihrem eigenen Verständnis jedoch legitime Mittel im Kampf gegen aus ihrer Sicht "faschistische und faschistoide Tendenzen" nicht aus. Insbesondere wird zu Blockaden gegen Demonstrationen, Kundgebungen, Tagungen oder Parteitage von aus ihrer Sicht rechtsextremen, nationalistischen oder vorgeblich tendenziell rassistischen und antisemitischen Parteien und Organisationen aufgerufen, deren Durchführung die Verhinderung oder zumindest Störung derartiger Veranstaltungen zum Ziel haben. Betroffen von solchen Aktionen sind vor allem Versammlungen der NPD, der DVU, der Republikaner oder diverser sogenannter Freier Kameradschaften. Des Weiteren können auch Veranstaltungen der Neuen Rechten, der Landsmannschaften der Vertriebenenverbände und bisweilen auch derjenigen neokonservativen Kreise, denen von der Antifa eine Scharnierfunktion zwischen Konservativismus und Rechtsextremismus vorgeworfen wird, Ziele von Antifa-Aktivitäten sein. Gelegentlich kommt es dabei zu Straßenschlachten zwischen Mitgliedern der autonomen Antifa und der Polizei oder Anhängern der entsprechenden Gruppen und Organisationen. Vereinzelt verüben Mitglieder der autonomen Antifa-Bewegung auch Sabotage-Anschläge gegen Einrichtungen der entsprechend bekämpften Szene.

Ein neuer Arbeitszweig in der Antifa-Szene ist die sogenannte „Daten-Antifa“ oder „virtuelle Antifa“. Diese Gruppen „hacken“ als ihnen rechtsextrem geltende Webseiten [1], Online-Shops und Foren, was manchmal bis zu deren Außerbetriebsetzung führen kann, oder sie recherchieren teilweise vertrauliche Daten der rechten Szene, die dann oftmals veröffentlicht werden.

Politische Inhalte

Es existiert zwar eine gewisse Vernetzung unter den Gruppierungen, dennoch handelt es sich bei der Antifa nicht um ein homogenes Gebilde. Tatsächlich ist die Ablehnung von Faschismus, Rassismus und Nationalismus oft nur der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich die unterschiedlichen Gruppierungen, häufig sogar die Mitglieder innerhalb einer Gruppierung einigen können.

Größtenteils wird die bestehende staatlich-politische Gesellschaftsorganisation – zumal in der Bundesrepublik und vergleichbaren von den Antifa-Gruppen als vom Kapitalismus dominierten Staaten betrachteten nördlichen Hemisphäre – kritisch bis ablehnend gesehen, da sie den Faschismus erst möglich mache. Dabei wird oft der „Triple Oppression“-Ansatz als Fundament dieser These angeführt. Von der jeweiligen Weltanschauung der beteiligten Gruppen abhängig, wird das Spektrum der Ansichten und Ziele teilweise auch stark erweitert. Vor allem rückt im Verständnis der Antifa, ähnlich wie bei der marxistischen Faschismusdefinition, der Kapitalismus als Ursache von Faschismus, aber ebenso Sexismus und Rassismus, als weitere Formen von Unterdrückung und Ausbeutung ins Visier antifaschistischer Gruppierungen.

Antifaschistische Zeitungen

Deutschland

International

Kritik an der heutigen Antifa

Die Antifa-Bewegung wird von unterschiedlicher Seite [2] sowohl in ihrem theoretischen Ansatz als auch ihrem praktischen Auftreten kritisch bewertet. Jedoch überragt politisch motivierte Kritik aus dem rechtskonservativen und neofaschistischen Lager.

  • von Rechtskonservativen wird oft kritisiert, dass faschistische und rassistische Tendenzen bis in die politische Mitte der Gesellschaft hinein angesprochen werden. Bei den Kritisierten handelt es sich oftmals um Prominente Vertreter aus Politik und Wirtschaft.
  • der rechtskonservative Extremismusforscher Hans-Helmuth Knütter kommentiert, dass häufig die Kritik an Faschismus und Neofaschismus mit einer Kritik an der kapitalistischen Wirtschaftsweise kombiniert wird.
  • Der Doktorand von Knütter Claus Wolfschlag kritisiert sogenannte "Outing-Aktionen", welche durch Öffentlichmachung der politischen Vergangenheit von NS-Kriegsverbrechern oder Politikern, denen geistige Nähe zu faschistischen Gedankengut bzw. anonymes Wirken für neofaschistische Ziele und Organisationen unterstellt wird.
  • Häufige und breite Kritik findet die Nichtanerkennung, von Teilen der Antifabewegung, des Gewaltmonopols des Staates. Innerhalb der Antifa wird die Anwendung von Gewalt breit und detailliert diskutiert. Im Mittelpunkt stehen hierbei Fragen zu generellem Gewaltverzicht, die Beteiligung an Aktionen zivilen Ungehorsams (Sitzblockaden), die Anwendung gegen Sachen und die sehr kontrovers diskutierte Anwendung von körperlicher Gewalt gegen Personen.

Vom Bundesamt für Verfassungsschutz werden viele „Antifa“-Gruppen zur gewaltbereiten linksextremen Szene gezählt und stehen daher unter Beobachtung. Das Vorgehen sei durch die lose Organisationsstruktur vielfältig und unterschiedlich ausgeprägt.[3]

Situation in anderen Ländern

Gruppen mit starkem Bezug zum deutschen Vorbild

Gruppen, die sich selbst auch als "Antifaschistische Aktion" bezeichnen, (meist unter dem Akronym AFA) gibt es in Irland, den Niederlanden, Dänemark, Schweden, der Tschechischen Republik, der Slowakei, Serbien, Italien und Spanien. Es gibt zum Teil erhebliche Unterschiede in Organisationsgrad und -form sowie politischer Ausrichtung. Gruppen in mittel- und osteuropäischen Ländern beziehen sich in der Regel ausdrücklich auf anarchistische Ideen, begreifen ihren Kampf gleichzeitig auch als antistaatlich und antibolschewistisch. Währenddessen beziehen sich Gruppen in Spanien und Italien auch auf kommunistische Traditionen.

Literatur

Literatur

  • Jeannette Michelmann, Die Aktivisten der ersten Stunde : die Antifa 1945 in der sowjetischen Besatzungszone zwischen Besatzungsmacht und Exil-KPD, Diss, Jena 2001 Volltext online

Literatur der Antifa-Szene

Literatur der Extremismus-Forschung und des Verfassungsschutzes

  • Manfred Agethen/ Eckhard Jesse/ Ehrhart Neubert (Hg.): Der missbrauchte Antifaschismus. DDR-Staatsdoktrin und Lebenslüge der deutschen Linken, Freiburg i.B. 2002
  • Matthias Mletzko: Gewaltdiskurse und Gewalthandeln militanter Szenen – Unterschiede am Beispiel „Antifa“ und „Anti-Antifa“ Teil 1 in Kriminalistik Nr. 8/9 2001, S. 543 - 548, und Teil 2 in Kriminalistik Nr. 10 2001, S. 639 - 644 (Volltext online).

Quellen

  1. [1]
  2. Der große Radikalinski-Schwindel - Zur Kritik der Antifa
  3. Bundesverfassungsschutzbericht 2004