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Holocaustleugnung

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Die Holocaustleugnung ist das Leugnen bzw. Verharmlosen des Holocaust (bzw. der Shoah), eines beispiellosen Völkermordes in Deutschland und in den von Deutschland im Zweiten Weltkrieg besetzten Gebieten während der Zeit des Nationalsozialismus 1933-45.

Der Begriff Holocaust (auch Holokaust, von griech. ὁλοκαυτεῖν „ein Brandopfer darbringen“, wörtlich „vollständig verbrennen“) bezeichnet im engeren Sinne den während der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland und in den von ihm besetzten Ländern verübten Genozid an den europäischen Juden. Im weiteren Sinn zählt dazu auch die systematische Ermordung von Angehörigen anderer gesellschaftlicher, religiöser, ethnischer oder eugenischer Gruppen etwa der Behinderten, Sinti und Roma, der polnischen Intellektuellen, der Zeugen Jehovas oder der Homosexuellen. Seit einigen Jahren wird der Begriff Holocaust zunehmend auch auf andere Formen von Massen- oder Völkermord angewendet.

Der Begriff Holocaust für den Völkermord durch die Nationalsozialisten etablierte sich in Deutschland 1979 nach der Ausstrahlung des gleichnamigen Fernsehfilms über das Schicksal der jüdischen Familie Weiss im Dritten Reich.

Allgemeines

Geschichtsrevisionisten, oder treffender: Holocaustleugner, versuchen den Holocaust des Dritten Reichs als Phantasieprodukt einer groß angelegten Verschwörung darzustellen und vermeintlich Widersprüchliches aufzudecken. In diesem Kontext steht das Schlagwort der Auschwitzlüge.

Der Begriff Holocaustleugnung umfasst das Bestreiten, Verharmlosen oder Ignorieren aller Verbrechen in den Konzentrations- und Vernichtungslagern der Nationalsozialisten.

Rechtliche Grundlagen

Ein Vergleich der Gesetzestexte zeigt klar, dass nur in den deutschen und österreichischen Bestimmungen von Holocaust bzw. Nationalsozialismus die Rede ist. Die österreichische Bestimmung stammt von 1947, die schweizerische von 1995. Die Schweiz besass vorher keine Bestimmung, welche den hier beschriebenen Tatbestand unter Strafe stellte.

Deutsches Strafgesetzbuch

In Deutschland wird Holocaustleugnung als strafbar definiert durch:

In § 130 Absatz 3 StGB heißt es:

Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 220 a Abs. 1 (=Völkermord) bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.

Auch wenn es zu keiner Anklage oder Verurteilung eines Täters kommt, besteht aufgrund dieser Bestimmungen für die deutschen Strafgerichte die Möglichkeit, Medien, die den Holocaust leugnen, bundesweit zu beschlagnahmen oder einzuziehen.

Außerdem können holocaustleugnende Medien von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien in die Liste jugendgefährdender Schriften aufgenommen werden, so dass sie Personen unter 18 Jahren nicht mehr zugänglich gemacht werden dürfen.

Schweizerisches Strafgesetzbuch

§ 261bis, von 1995:

(...) wer öffentlich durch Wort, Schrift, Bild, Gebärden, Tätlichkeiten oder in anderer Weise eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise herabsetzt oder diskriminiert oder aus einem dieser Gründe Völkermord oder andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlost oder zu rechtfertigen sucht, (...) wird mit Gefängnis oder mit Busse bestraft.

Österreichisches Verbotsgesetz

Nach § 3h Verbotsgesetz von 1947 wird mit Freiheitsstrafe zwischen einem und 20 Jahren bestraft, wer öffentlich den nationalsozialistischen Völkermord oder andere nationalsozialistische Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlost, gutheißt oder zu rechtfertigen sucht.

Der Begriff „Auschwitzlüge“

Es gibt kaum ein anderes Themengebiet, das außergewöhnlich präzise Bezeichnungen und Fachausdrücke erzwingt und in welchem einem dennoch immer wieder das Wort sprichwörtlich im Mund umgedreht wird, wie es im Zusammenhang mit dem Begriff „Auschwitzlüge“ durch die Holocaustleugner geschieht. Wenn Gerichte jemanden wegen des „Verbreitens der Auschwitzlüge“ verurteilen, wird das von Holocaustleugnern gern so gedeutet, als wären sie für eine richtige Darstellung des Holocausts angeklagt worden und, weil der Holocaust eine Lüge sei, prompt bestraft worden. Die Leugner haben sich des Begriffes einfach bemächtigt und verwenden ihn absichtlich in der Öffentlichkeit in der Hoffnung, so noch mehr Verwirrung und Zweifel zu entfachen. Es empfiehlt sich daher häufig, hinter Fachwörtern zu dem Thema im Idealfall gleich deren Bedeutung anzugeben.

Im fachlichen Sprachgebrauch steht der Begriff Auschwitzlüge ausschließlich für das Leugnen des Holocaust.

Der Begriff „Auschwitzlüge“ geht auf den ehemaligen SS-Sonderführer in der Pflanzenschutzanstalt Rajsko (nahe beim Konzentrationslager Auschwitz), Thies Christophersen (1918-1997) zurück. Christophersen veröffentlichte 1973 eine gleichnamige Broschüre, in welcher er behauptete, dass es Menschenmord in Auschwitz nie gegeben habe, er müsse es ja wissen, da er in der fraglichen Zeit in der Nähe stationiert war.

Veröffentlichungen der Holocaustleugner

Dem Pamphlet von Christophersen folgte 1974 eine Veröffentlichung von Richard Harwood unter dem Titel Did Six Million Really Die? The Truth at Last (dt. Titel: „Starben wirklich 6 Millionen?“), es handelte sich hierbei in weiten Teilen um eine Abschrift aus dem 1969 von E. L. Anderson herausgegebenen Bandes The Myth of the Six Million. Nach dem Zweiten Weltkrieg ergoss sich eine wahre Flut an Schriften über Westdeutschland, deren einzige Absicht das Infragestellen des Holocaust war:

  • Paul Rassinier (1906 - 1967): „Die Lüge des Odysseus“ (1950),
  • Robert Faurisson (* 1929): „Es gab keine Gaskammern“ (dt. 1978),
  • Arthur Butz (* 1945) „The Hoax of the Twentieth Century“ (1976) (dt. Titel: „Der Jahrhundertbetrug“)
  • Wilhelm Stäglich (* 1916): „Der Auschwitz-Mythos“ (1979),
  • Udo Walendy (* 1927; Herausgeber der Zeitschrift Historische Tatsachen, in der wiederholt der Holocaust geleugnet wird),
  • Ditlieb Felderer (* 1942; Herausgeber der mit obszönen, antisemitischen Karikaturen versehenen Zeitschrift „Jewish Information Bulletin“).
  • Ernst Zündel (* 1939: Inhaber des Samisdat-Verlages in Toronto / Kanada, der mit zahlreichen holocaustleugnenden Schriften sowie einigen Filmen, u.a. dem Film „Ein Deutscher und ein Jude besuchen Auschwitz“ in Erscheinung getreten ist),
  • Fred A. Leuchter (* 1943), Verfasser des „Leuchter-Reports“ (1988), der den Nachweis erbringen wollte, dass die Gaskammern von Auschwitz keine gewesen sind,
  • Germar Rudolf (* 1964), der in seinem „Gutachten über die Bildung und Nachweisbarkeit von Cyanidverbindungen in den Gaskammern von Auschwitz“ (1991) behauptet, in den Gaskammern sei keine Blausäure nachweisbar und deshalb auch kein Zyklon B zum Einsatz gekommen. Rudolf tritt unter zahlreichen Pseudonymen auf, u. a. „Ernst Gauss“.
  • Hellmut Diwald (1929 - 1993), behauptete in seinem Buch „Geschichte der Deutschen“ (1978), bei den im Konzentrationslager Dachau installierten Gaskammern würde es sich um Attrappen handeln, zu deren Bau das amerikanische Militär nach der Befreiung inhaftierte SS-Angehörige gezwungen hätte. Auch die Zahl der Toten im KZ Auschwitz-Birkenau wäre wesentlich geringer gewesen.

Andere Personen, die in der Öffentlichkeit mit holocaustleugnenden Thesen aufgetreten sind:

Die Auflistung benennt Personen, die mit ihren Aktivitäten den deutschsprachigen Raum stark zu beeinflussen versuchen. Zu weiteren Personen siehe: http://www.idgr.de/_inhalt/leugner.php

Viele der genannten Personen sind – im In- wie im Ausland – wegen Holocaustleugnung vor Gericht gestellt und bestraft worden. Der letzte größere Prozess in dieser Sache wurde 1996 vom britischen Autor David Irving ausgelöst. Die amerikanische Wissenschaftlerin Deborah Lipstadt bezeichnete Irving als „einen der gefährlichsten Holocaustleugner“, woraufhin Irving in Großbritannien eine Verleumdungsklage gegen Lipstadt anstrengte. In diesem Prozess wurden noch einmal die Fakten des Holocaust zusammengetragen und von einem Gericht bewertet. David Irving verlor den Prozess im Jahr 2000. Er wird im Verdikt des Londoner High Court als Lügner, als Rassist und als Antisemit bezeichnet.

Motivation

Man könnte annehmen, dass der Holocaust maßgeblich von denen geleugnet wird, die sich aktiv am Mordgeschehen beteiligt oder als Mitwisser eine Schuld auf sich geladen haben. Wie man anhand der Geburtsjahre erkennen kann, waren mit Ausnahme von Christophersen, Stäglich, Rassinier und Remer zahlreiche Holocaustleugner im Zweiten Weltkrieg jedoch noch Kinder oder Jugendliche oder sie waren noch gar nicht geboren. Eine Mitwisserschaft oder persönliche Verstrickung in die Verbrechen kann ihnen daher nicht angelastet werden. Sie streiten also für eine Sache, für die sie nicht zur Verantwortung gezogen werden und von der sie so viel oder so wenig wissen wie die restliche Nachkriegsgeneration.

Die Motivation, den Holocaust zu leugnen, ist maßgeblich

  1. getragen von der Unglaublichkeit des Völkermordes sowohl in Durchführung als auch Umfang, („weil nicht sein kann, was nicht sein darf“);
  2. daneben aber auch geprägt von der Absicht, den Nationalsozialismus rein zu waschen und als politisches Modell wieder gesellschaftsfähig zu machen, sowie
  3. initiiert durch den Gedanken, man werde einer Kollektivschuld mit den nationalsozialistischen Verbrechern unterworfen, die man nur durch das Leugnen abschütteln könne.

Holocaust-Leugner sind keine Antisemiten

Der amerikanische Intellektuelle und Linguist Noam Chomsky unterschrieb 1979 auf eine Bitte des französischen Linken Serge Thion hin eine Petition für die Meinungsäusserungsfreiheit des französischen Holocaustleugners Robert Faurisson. Obwohl Chomsky den Holocaust und andere Unmenschlichkeiten aufs Schärfste verurteilt, wurde er von einigen Medien in die Ecke der Holocaustleugner und Antisemiten gestellt. Er ist trotzdem ein Gegner der strafrechtlichen Verfolgung des Holocaust-Leugnens. In einer Replik auf Vorwürfe, er würde Holocaust-Leugner unterstützen, schrieb er:

In diesem Zusammenhang möchte ich etwas anderes bemerken: Sogar das Leugnen des Holocaust würde nicht beweisen, dass eine Person antisemitisch eingestellt ist. Ich nehme an, dass dieser Punkt auch nicht strittig ist. Denn wenn eine Person von der modernen Geschichte keine Kenntnis hat und man dieser Person vom Holocaust erzählt, würde sie sicher bestreiten, dass Menschen in der Lage wären, solche Ungeheurlichkeiten zu vollbringen. In diesem Falle würde man auch nicht davon ausgehen, dass die Person ein Antisemit sei. [1], [2]

Damit will Chomsky aufzeigen, dass Holocaust-Leugner in erster Linie keine Antisemiten sind, sondern dass sie lediglich an der historischen, wissenschaftlichen Wahrheit nicht interessiert sind. Diese Argumentation ist auf den ersten Blick erschütternd, weil sie die Leugner vom Antisemitismus, den man ihnen häufig vorwirft, freispricht. Tatsächlich wird Chomsky für diese Äusserungen heute noch kritisiert.

Ausgangspunkte der Holocaustleugnung

Das Hauptargument in der Holocaustleugnung ist die Behauptung, es gebe für die Verbrechen in den Konzentrations- und Vernichtungslagern keine Beweise. Insbesondere fehle auch jeder schriftliche Befehl zu einer Vernichtung der Juden. Richtig ist, dass auf der Wannseekonferenz vom 20. Januar 1942 zwar die „Endlösung der Judenfrage“ beschieden worden ist, darüber aber keine schriftlichen Erkenntnisse vorliegen. Doch gibt es zahlreiche andere Dokumente – bis hin zu Lieferzertifikaten über den Einkauf von Unmengen an Zyklon B – anhand derer sehr genau rekonstruiert werden kann, was in den Lagern passiert ist. In mehreren Gerichtsprozessen wurden diese Beweise ausgewertet und durch zahlreiche Zeugenaussagen ergänzt.

Ein weiterer Punkt, an dem Holocaustleugner gern den Hebel ansetzen, ist die Tatsache, dass die Opferzahlen nur geschätzt werden können. Nach dem Krieg wurde mit entsprechenden Schätzungen ziemlich fahrlässig umgegangen. So wurde ursprünglich angenommen, allein in Auschwitz seien 6 Millionen Juden ermordet worden. Diese Zahl musste später korrigiert werden: In Auschwitz waren es etwas über 1,1 Millionen Menschen, im gesamten Reichsgebiet sowie in den besetzten Gebieten insgesamt ca. 6 Millionen. 1990 sah sich die Museumsleitung des KZ Auschwitz aufgrund der neuen Erkenntnisse veranlasst, die Gedenkplatten, die die falsche Opferzahlen auswiesen, zu entfernen, was die Holocaustleugner triumphierend zur Kenntnis nahmen.

Auch gutgemeinte Aktionen wie Rekonstruktionen von Gaskammern, Genickschussanlagen, Krankenstationen (in denen die Häftlinge mit Phenolinjektionen umgebracht wurden) sowie die Restaurierung von verwitterten Aufschriften auf KZ-Einrichtungen, deren Ziel das Gedenken an das grausame Geschehen ist, wurden zum Spielball von Holocaustleugnern, behaupteten diese doch, die alten Anlagen hätten gar nicht existiert und die Restaurierungen und Rekonstruktionen seien erst nach dem Krieg völlig neu geschaffen worden.

Argumentationsmuster

Die Argumentationsmuster der Holocaustleugner sind vielfältig und haben über die Zeit eine Veränderung erfahren:

  • Der Holocaust sei eine Erfindung der Juden beziehungsweise der Alliierten, um Deutschland erpressbar zu halten und dem „internationalen Weltjudentum“ Geld in die Kasse zu spülen.
  • Insbesondere die alliierten Truppen hätten selbst zahlreiche Verbrechen verübt und beabsichtigten mit dem Vorwurf des Völkermords, ihre eigenen Taten zu vertuschen.
  • Zyklon B sei nur als Insektizid gegen die Überträger des Gelbfiebers oder zum Desinfizieren von Kleidung verwendet worden, wenn es doch Todesfälle dadurch gegeben habe, seien diese aber nur versehentlich passiert. Die meisten KZ-Häftlinge seien an Unterernährung, Gelbfieber und Tuberkulose gestorben. Gezielte Tötungen durch Erschießen seien nur in wenigen, „berechtigten“ Fällen erfolgt.
  • Vorhandenes Fotomaterial über die Einrichtungen der Lager sowie die Vernichtung und Verbrennung der Opfer seien Fälschungen und Fotomontagen.

Hatten die älteren Jahrgänge unter den Holocaustleugnern wie Christophersen, Stäglich, Remer, Rassinier u.a. noch die Strategie verfolgt, durch einfaches Behaupten ihren Argumenten Tragfähigkeit zu verleihen in dem Sinne: „Wir können nicht glauben, was da passiert ist und deshalb ist der Vorwurf des Völkermords unglaubwürdig“, so haben sich die Argumentationslinien der jüngeren Holocaustleugner verschoben: Sie sagen: „Wir würden ja gerne glauben, aber aus unserer Sicht lässt das die Faktenlage nicht zu.“ Hierbei bedienen sie sich des Instruments der Geschichtsklitterung, das heißt Sachverhalte und Zitate werden zwar richtig erwähnt, aber durch eine andere Zusammensetzung oder Auslassung wesentlicher Passagen inhaltlich verzerrt – bis hin zum Gegenteil dessen, was ursprünglich gemeint war.

Quellen der Holocaustleugner

Die eigentliche „Quelle“ sind vor allem die Holocaustleugner selbst und ihre wiederkehrenden Versuche, darzustellen, dass der Holocaust, wie er wissenschaftlich beschrieben wurde, nicht stattgefunden hat. Im übrigen dienten anfänglich die erwähnten Veröffentlichungen von Christophersen, Harwood, Rassinier, Walendy und Stäglich als Quellen, die permanent in späteren Büchern und Beiträgen zitiert wurden. Als solche hatten diese Traktate jedoch bald ausgedient, denn sie fußten im wesentlichen nur auf unbelegbaren Behauptungen. In den 80er Jahren kam in der Branche des holocaustleugnenden Revisionismus die Einsicht auf, dass es von Vorteil wäre, sich einen wissenschaftlichen Anstrich zu geben. Eine wissenschaftliche Verbrämung der eigenen Behauptungen sollte den Eindruck von Seriosität vermitteln und zugleich einen Kontrapunkt gegenüber der Wissenschaft über den Holocaust bilden. Eine Schrift mit dem Titel „Gutachten über die Bildung und Nachweisbarkeit von Cyanidverbindungen in den Gaskammern von Auschwitz“ (Germar Rudolf) klingt seriöser als eine Veröffentlichung namens „Die Auschwitzlüge“ und besitzt so ein größeres Potential, in die öffentliche Diskussion zu geraten mit dem Ziel, Zweifel am Holocaust zu erzeugen.

In Folge entstand eine wahre Flut von Publikationen, die zunächst als Aufsätze in revisionistischen Zeitschriften oder als Bücher, später im Internet veröffentlicht wurden – wo sie bis heute noch abrufbar sind – und die sich durch zweierlei auszeichnen: Erstens: Sie sind randvoll gespickt mit Fußnoten und Zitaten. Und zweitens: Da die seriöse Wissenschaft über den Holocaust den Argumenten der Holocaustleugner keine Grundlage bietet, zitieren Holocaustleugner sich immer wieder gegenseitig. Wer eine solche Schrift liest, muss wissen, dass er argumentativ permanent im Kreis herumgeführt wird, da der eine Leugner stets den anderen Leugner als Quelle benennt. In vielen Fällen ist das für einen Laien nicht einmal erkennbar: Als Beispiel mag „Manfred Köhler“ herhalten, der in vielen seiner Werke stets „Ernst Gauss“ zitiert, ebenso wie umgekehrt „Ernst Gauss“ große Stücke auf „Manfred Köhler“ hält. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat ermittelt, dass die Namen Pseudonyme sind. Hinter beiden Pseudonymen verbirgt sich Germar Rudolf, der schätzungsweise über noch 10 weitere Alibi-Namen verfügt. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass andere Holocaustleugner es Germar Rudolf gleichtun und sie sich in ihren Arbeiten auf Fantasiepersonen berufen.

Versionsgeschichte

Die Versionsgeschichte des Wikipedia-Artikels Holocaust liefert eine Reihe von Beispielen für Bearbeitungen, die wenn auch nicht immer als Leugnung, so doch als Relativierung des Holocaust oder seines Umfanges interpretiert werden könnten. Aktuelle Beispiele in diesem Zusammenhang (die Änderungen erscheinen rot):

Mediale Verbreitung

Kaum eine andere Gruppe unter den nicht unbedingt mit der Informationstechnik vertrauten Personen, Einrichtungen oder Gruppierungen hat so schnell die Möglichkeiten und die Bedeutung des Internets erfasst, wie die Holocaustleugner. Wurden bis in die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts ihre Gedanken noch im wesentlichen durch Printmedien verbreitet und gesellte sich mit der Videotechnik das entsprechende Filmmaterial hinzu, standen die 90er Jahre ganz unter dem Zeichen der Verbreitung über das World Wide Web. Die Holocaustleugner verstanden es, sich in den Suchmaschinen stets an die oberste Stelle zu platzieren. Eine Untersuchung der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien aus dem Jahr 1999 wies nach, dass bei den einschlägigen Suchmaschinen, gab man Begriffe wie „KZ Auschwitz“, „Gaskammer“, „Judenvernichtung“, „Vergasung“, ja sogar „Wannseekonferenz“ ein, an den obersten zwanzig Stellen (manchmal noch darüber hinaus) ausschließlich Internetseiten von Holocaustleugnern angezeigt wurden. Durch diesen Hinweis sensibilisiert verfahren die deutschen Suchmaschinen mittlerweile nach anderen Suchmustern.

Umgang mit Kritikern

Hin und wieder kommt es vor, dass eine Person aus den Reihen der Holocaustleugner einen Bewusstseinswandel durchlebt. So geschehen ist dies mit dem Chemiker Jean-Claude Pressac. Seine Untersuchung „Auschwitz: Technique and operation of the gas chambers“ stand ursprünglich in der Absicht, die Angaben über den Völkermord zu widerlegen. Im Zeitraum von zehn Jahren hatte Pressac Material – Korrespondenzen, Baupläne, Kostenvoranschläge und Gesprächsprotokolle – gesammelt und ausgewertet. Am Ende seiner nach bester wissenschaftlicher Methode durchgeführten Untersuchung entstand durchaus eine „Revision“ (Neue Betrachtung) der Holocaustforschung, – eine Revision dahingehend nämlich, dass Pressac nicht nur die Behauptungen der Holocaustleugner widerlegte, sondern darüber hinaus wertvolle Erkenntnisse über die Technik des Massenmordes durch die Nazis lieferte. In dem Nachfolgebuch „Les Crématoires d'Auschwitz“ (Paris 1993; dt. „Die Krematorien von Auschwitz“, München 1994) untersuchte er ebenso akribisch die Funktionsweise der Krematorien. Pressacs Veröffentlichungen stemmten sich die Holocaustleugner mit aller Macht entgegen. Mit zahlreichen Schriften versuchten sie, Pressacs Erkenntnisse in Zweifel zu ziehen.

Im übrigen verfahren Holocaustleugner im Umgang mit ihren Kritikern nicht einhellig. Die Bandbreite reicht von hasserfüllten Drohungen bis hin zu dem Trick, die Argumente und Widerlegungen der Kritiker für ihre eigene Sache einzuspannen, indem mittels Klitterung die kritische Auseinandersetzung so geformt wird, dass sie passt. Die Verfasser werden regelmäßig weder informiert, dass diese Texte verwendet werden, noch wird eine Genehmigung zur Veröffentlichung eingeholt. So finden sich manche Kritiker unversehens auf der Liste der „Bei uns veröffentlichten bereits folgende Autoren“ wieder.

Ausblick

Die zahlreichen, auch international geführten Prozesse gegen Holocaustleugner haben dazu geführt, dass sie als Personen nicht mehr so häufig in Erscheinung treten können. Manche von ihnen sind abgetaucht (z.B. Honsik, Graf, Rudolf). Manche von ihnen haben sogar Einreiseverbot in die USA (z.B. Zündel, Rudolf).

Das heißt aber nicht, dass damit der Geschichtsrevisionismus und die Holocaustleugnung aus der Welt wären. Die Kommunikation über das Internet und die Verbreitung holocaustleugnender Schriften hierüber besteht nach wie vor. Und sie wird intensiviert. Wir stehen in einer Zeit, in der nun auch der letzte Zeuge der Gaskammern von Auschwitz und anderen Lagern versterben wird. Aber die Holocaustleugnung hat die „Enkelkindergeneration“ erreicht und wird von ihr fortgeführt. Dass unter den Jüngsten im Augenblick nur Germar Rudolf (Jahrgang 1964) aktiv ist, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele andere junge Menschen der Beeinflussung von Holocaustleugnern ausgesetzt waren und noch sind. Die rechtsextremistischen und neonazistischen Veranstaltungen, auf denen die Leugner Vorträge und Reden gehalten haben, waren nicht nur von Kriegsveteranen besucht. Das jüngste Gründungsmitglied des „Vereins zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten“, den Horst Mahler ins Leben gerufen hat, ist der Neonazi Frank Rennicke (Jahrgang 1965).

Germar Rudolf hat Bilanz gezogen: Er meint zwar, es gebe kaum Aussichten, dass die derzeitigen Revisionisten ihre Anerkennung erfahren werden (zumindest zu Lebzeiten nicht), aber die Zukunft des Revisionismus sieht er wörtlich „rosig“. In dem Zeitablauf wittert er eine Chance. Historischen Ereignissen, die weit in der Vergangenheit liegen, begegnet man häufig etwas unbedächtiger und dass heute schon vereinzelt, aber immer wieder die Auffassung vertreten wird, über den Zweiten Weltkrieg „müsse mal langsam Gras wachsen“, ist bekannt. Je weiter die Verbrechen der Nationalsozialisten in die Ferne rücken, um so größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass Holocaustleugner ihr Handwerk fortführen und ausdehnen.

Relativierung des Holocaust

Manche Angehörige oder Mitläufer des rechtsextremen und neonazistischen Spektrums bedienen sich einer Strategie der Relativierung des Holocaust. Beispielhaft hierfür stehen Begriffe wie:

  • "Bombenholocaust" (für die Bombardierung deutscher Städte im Zweiten Weltkrieg),
  • "Holocaust am deutschen Volk" bzw. „Vertreibungsholocaust“ (für die Vertreibung der Deutschen aus den ehemaligen ostdeutschen Gebieten und dem Sudetenland).

Mit dem Vereinnahmen des Begriffs für andere, mit dem Holocaust nicht gleichzusetzenden Sachverhalte wird das Ziel verfolgt, die Singularität des unter dem Dritten Reich begangenen Völkermords in Abrede zu stellen. Es wird eine angebliche Vergleichbarkeit der verschiedenen Sachverhalte im Sinne eines „die anderen waren ja genauso schlimm“ konstruiert, mit der „Aufrechnung“ betrieben wird: Die Deutschen sollen als die eigentlichen Opfer des Zweiten Weltkriegs dargestellt werden (Täter-Opfer-Umkehr).

Auch die in rechtsextremen Kreisen zu findende Bezeichnung der Einwanderungspolitik als "Völkermord am deutschen Volk" gehört zur Argumentationsstrategie der Relativierung des Holocaust.

Literatur

Antworten auf die „Auschwitzlüge“

  • Jean-Claude Pressac: Auschwitz: Technique and operation of the gas chambers. (Beate Klarsfeld Foundation 1989) – Wissenschaftliche Untersuchung der Methoden zum Völkermord (und Widerlegung des Leuchter-Reports)
  • Jean-Claude Pressac: Die Krematorien von Auschwitz. Die Technik des Massenmordes. ISBN 3-492-03689-9
  • Wolfgang Benz (Hrsg.): Dimensionen des Völkermords. Die Zahl der Opfer des Nationalsozialismus., München 1991.
  • Markus Tiedemann: „In Auschwitz wurde niemand vergast.“ 60 rechtsradikale Lügen und wie man sie widerlegt. ISBN 3-570-20990-3

Literatur über die Holocaust-Leugner

  • Deborah Lipstadt: Leugnen des Holocaust. Rechtsextremismus mit Methode. Reinbek bei Hamburg 1996. ISBN 3-499-60101-X
  • Brigitte Bailer-Galanda u.a. (Hg.): Die Auschwitzleugner. Berlin 1997. ISBN 3885206005
  • Thomas Wandres: Die Strafbarkeit des Auschwitz-Leugnens. Berlin 2000. ISBN 3428100557
  • Richard J. Evans: Der Geschichtsfälscher. Holocaust und historische Wahrheit im David Irving Prozess. Frankfurt/M. 2001. ISBN 359336770X
  • Jürgen Zarusky: Leugnung des Holocaust. Die antisemitische Strategie nach Auschwitz. Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften Aktuell – Amtliches Mitteilungsblatt. Jahrestagung 9./10. Nov.1999, Marburg. Auch als Internet-Veröffentlichung (pdf-Dokument) erhältlich.
  • Martin Finkenberger/Horst Junginger (Hrsg.): Im Dienste der Lügen. Herbert Grabert (1901-1978) und seine Verlage. Aschaffenburg : Alibri-Verl., 2004. ISBN 3932710762.
  • Lipstadt, Deborah E.: Leugnen des Holocaust. Rechtsextremismus mit Methode. Reinbek bei Hamburg 1996. ISBN 3-499-60101-X
  • Bastian, Till: Auschwitz und die "Auschwitz-Lüge". Massenmord und Geschichtsfälschung. München 1997. ISBN 3-406-43155-0