Türkei
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Wahlspruch: Yurtta Sulh, Cihanda Sulh türk., "Frieden in der Heimat, Frieden in der Welt") | |||||
Amtssprache | Türkisch | ||||
Hauptstadt | Ankara | ||||
Staatsform | Säkulare Republik/ parlamentarische Demokratie | ||||
Staatspräsident | Ahmet Necdet Sezer, Amtsantritt am 17.05.2000 | ||||
Premierminister | Recep Tayyip Erdogan(AKP), seit 11.03.2003 | ||||
Parlament | Türkische Große Nationalversammlung (Türkiye Büyük Millet Meclisi/TBMM): eine Kammer, 550 Sitze, Legislaturperiode 5 Jahre | ||||
Fläche | 780.580 km² | ||||
Einwohnerzahl | 70,8 Mio (Stand Mai 2004) | ||||
Bevölkerungsdichte | 87,25 Einwohner pro km² | ||||
Gründung | 29. Oktober 1923 | ||||
Währung | Lira | ||||
Zeitzone | MEZ+1 | ||||
Nationalhymne | İstiklâl Marşı | ||||
Kfz-Kennzeichen | TR | ||||
Internet-TLD | .tr | ||||
Vorwahl | +90 | ||||
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Die Republik Türkei (Türkiye Cumhuriyeti) ist der Nachfolgestaat des Osmanischen Reiches und ging nach dem Ersten Weltkrieg aus diesem hervor. Die Türkei ist eine laizistische Republik. Der Laizismus geht auf den Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk zurück. Atatürk war bestrebt, durch viele gesellschaftliche Reformen die Türkei nach dem Vorbild Europas zu modernisieren.
Die Türkei ist seit 1952 Mitglied der NATO und seit 1963 assoziiertes Mitglied der EU und strebt seit Jahrzehnten eine Vollmitgliedschaft in der Europäischen Union an. Daneben ist die Türkei u.a. Mitglied: Vereinte Nationen (1945) mit Sonderorganisationen; (1952); Europarat (1952); OECD (1948); Organisation Islamische Konferenz (OIC, 1969); EG-Assoziierungs-Abkommen (1963); EU-Zollunion seit dem 1. Januar 1996; assoziiertes Mitglied der WEU (1995-2000)
Umgangssprachlich wurde früher auch das Osmanische Reich als Türkei bezeichnet (entsprechend europäische, asiatische und afrikanische Türkei).
Lage
Die Türkei erstreckt sich geographisch über zwei Kontinente. Der größte Teil des türkischen Staatsgebiets liegt jedoch mit ca. 97 % auf dem asiatischen Kontinent. Lediglich 3 % der Gesamtfläche befinden sich auf dem europäischen Kontinent, was 23.623 km² entspricht. Der europäische Teil der Türkei wird auch als Thrakien bezeichnet und der asiatische Landesteil als Anatolien. Die Türkei bildet somit geographisch eine Schnittstelle zwischen Okzident und Orient.
Die Türkei besitzt einen 7.200 km langen Küstenstreifen. Im Westen der Türkei liegt das Ägäische Meer, im Süden das Mittelmeer und im Norden das Schwarze Meer.
Daneben besitzt die Türkei Landgrenzen zu vielen Nachbarländern, die insgesamt eine Länge von 2.648 km haben. Im Nordwesten grenzt sie an Griechenland (206 km Grenze) und Bulgarien (240 km), im Nordosten an Georgien (252 km), Armenien (268 km), Aserbaidschan (Exklave und autonome Republik Nachitschewan, mit der die Türkei einen 9 km langen Grenzstreifen teilt), im Osten an den Iran (499 km) und im Süden an den Irak (352 km) und Syrien (822 km).
Geographie
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Hauptstadt ist das in Zentralanatolien gelegene Ankara, größte Stadt und zugleich wirtschaftliches und kulturelles Zentrum ist jedoch das am Bosporus gelegene İstanbul, das auf zwei Kontinenten liegt. Weitere wichtige Städte sind İzmir, Diyarbakır, Adana, Bursa, Gaziantep, Konya, Antalya, İzmit (=Kocaeli) und Samsun.
Die Türkei wurde in den letzten Jahren immer wieder von Erdbeben erschüttert. Da eine gewisse chronologische Ost-West-Abfolge der Beben in der Nordtürkei festzustellen ist, geht man davon aus, dass in absehbarer Zeit auch Istanbul von einem großen Beben erschüttert werden wird. Die letzten großen Beben in der Provinz Kocaeli lagen bereits weniger als 100 km von Istanbul entfernt.
Provinzen
Hauptartikel: Liste der türkischen Provinzen
Die Türkei ist in 81 Provinzen gegliedert.
Bevölkerung
Ethnien und Religion
Ethnien
In der Türkei leben die folgenden Nationalitäten: über 70 % Türken Staatsvolk, 20 % Kurden, 2 % Araber, 0,5 % Tscherkessen, 0,5 % Georgier, sowie diverse andere ethnische Gruppen und Nationalitäten (Armenier, Griechen, Assyrer, Bosnier, Albaner, Lasen u.a.).
Beim "Staatsvolk Türken" muss man vorsichtig unterscheiden, da sich in den 75 % auch die turkvölkischen Minderheiten der Türkei befinden; die türkische Regierung unterscheidet diese nicht von den eigentlichen Türken. Das heißt, in diesen "70 %" sind auch die in der Türkei lebenden Krimtataren, Gagausen, Mescheten, Aserbaidschaner, Kasachen, Usbeken und Kirgisen eingeschlossen; einzig die Volksgruppe der Uiguren bekommt von ihnen Minderheitenstatus.
Siehe auch: Türken, Turkvölker
Religion
95,8 % der türkischen Bevölkerung bekennen sich zum Islam. Davon sind etwa 80 % Sunniten, die restlichen 20 % Aleviten. Außerdem leben in der Türkei 125.000 Christen und 23.000 Juden. Das Prinzip des Laizismus schreibt eine strenge Trennung von Religion und Staat vor. Artikel 24 der Verfassung von 1982 beschränkt die Glaubensfreiheit auf das Individuum. Religionsgemeinschaften können aus dem Verfassungsabschnitt keine Rechte geltend machen. Diese Haltung resultiert aus der herrschenden Ideologie des Kemalismus in den türkischen Elite. Es zeigen sich jedoch Tendenzen, dass sich diese Haltung abschwächt.
Die islamischen Einrichtungen werden vom Diyanet Isleri Baskanligi, dem Präsidium für Religionsangelegenheiten verwaltet. Es regelt die Ausbildung der etwa 100.000 Imame und Muezzin, bezahlt und erhält die Moscheen und gibt landesweit den Inhalt der zu haltenden Predigten vor. Ebenso ist es zuständig für die knapp 500 Imame an den türkischen Moscheen in Deutschland.
Muslime sowie Nicht-Muslime erhalten einen entsprechenden Eintrag im Ausweis, z.B. " Moslem", "Christ", "Jude" oder "Atheist".
In der Türkei leben etwa 0,15% Christen, die größte Gruppe davon bilden mit etwa 65.000 Angehörigen die Armenier. Dazu kommen 2000 griechisch-orthodoxe Christen (die überwiegend in Istanbul leben) und 2000 syrisch-katholische Christen. Sie alle fallen ebenso wie Juden unter den 1923 geschlossenen Vertrag von Lausanne, der ihnen Minderheitenschutz gewährt. Dies führte z.B. dazu, dass während des 2. Weltkriegs viele gelehrte Juden Zuflucht in der Türkei fanden. Auch besitzen christliche Gemeinden ihre eigenen Schulen und die orthodoxe Kirche hat ihren offiziellen Sitz immer noch in Istanbul. Ohne irgendwelche Einschränkungen kann die christliche Gemeinde ihren Glaubensweg gehen und wird auch von der Bevölkerung nicht ausgeschlossen.
Nicht unter die Bestimmungen des Vertrags fallen einerseits später zugewanderte Menschen römisch-katholischen und evangelischen Glaubens, andererseits die syrisch-orthodoxen Christen Südostanatoliens (Tur Abdin). Die fast ausschließlich aus Ausländern bestehenden protestantischen und katholischen Gemeinschaften dürfen weder Eigentum erwerben noch offizielle Gemeinden bilden, genau wie alle anderen islamischen Fraktionen oder Sekten. Auch die Mission ist beiderseits verboten.
Bevölkerungswachstum
Seit der Republikgründung im Jahre 1923 wuchs die Bevölkerung der Türkei schnell an. 1960 lebten in der Türkei knapp 28 Millionen Menschen, 2003 waren es knapp 70 Millionen. Wobei sich das Bevölkerungswachstum in den letzten Jahren sehr verlangsamt hat. Während sie 2000 noch 1,7% betrug, wird 2004 von einem Bevölkerungswachstum von 1,13% ausgegangen. Der Rückgang des Bevölkerungswachstums macht sich auch in den Prognosen der Statistiker bemerkbar. Während noch vor einigen Jahren prognostiziert wurde, dass sich die Bevölkerung der Türkei 2020 auf 95 Millionen erhöht, geht das staatliche Institut für Statistik der Türkei (DIE) nun davon aus, dass diese Zahl erst im Jahre 2050 erreicht wird.
Soziales
Der Anteil der städtischen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung beträgt rund 74 %.
Die Lebenserwartung liegt in der Türkei bei 72,08 Jahren, wobei sie bei den Männern bei 69,68 Jahren liegt und bei den Frauen bei 74,61 Jahren.
Im Jahre 2000 waren ungefähr 6 % der Männer und 18 % der Frauen in der Türkei Analphabeten.
Frauenwahlrecht: in der Türkei haben Frauen schon seit 1935 (je nach Quelle auch 1934) das Recht zu wählen - zum Vergleich: Französinnen genießen dieses Recht erst seit 1945 (bzw. 1944) und Schweizerinnen des Halkantons Appenzell-Innerrhoden sogar erst seit 1990.
Sprachen
In der Türkei werden folgende Sprachen verwendet:
- >80 % Türkisch, Amtssprache
- 15 % Kurdisch (einst verboten - nun beinahe voll und ganz anerkannt)
- 2 % Arabisch
- sonstige Sprachen der Minderheiten
Siehe auch: Turksprachen
Kultur
Die heutige türkische Kultur ist durch Einflüsse mehrerer Quellen entstanden. Somit ist sie eine Verschmelzung verschiedener Kulturen. Darunter können die Nomadenkultur, die Kultur im osmanischen Reich, die antiken Kulturen Kleinasiens und die starke europäische Richtung seit der Gründung der Republik gezählt werden.
Als Kulturzentrum der Türkei ist die Stadt Istanbul zu sehen, wobei die Stadt eine Synthese von verschiedenen Kulturen darstellt.
Die Türkei hat eine große Zahl Künstler hervorgebracht. Dazu gehören u. a. der Filmregisseur Yilmaz Güney (Goldene Palme in Cannes für Yol - Der Weg (1982)), die Dichter Orhan Veli und Nazim Hikmet, die Schriftsteller Yaşar Kemal, Orhan Pamuk oder Aziz Nesin. Türkische Popsänger wie Tarkan und Mustafa Sandal waren in letzter Zeit auch im Ausland recht erfolgreich. 2003 siegte die Türkei beim Eurovision Song Contest mit dem Titel Everyway That I Can von Sertab Erener.
Siehe auch: Türkische Literatur, Türkischsprachige Kultur in Deutschland, Liste türkischsprachiger Künstlerinnen und Künstler
Medien
Die türkische Medienlandschaft wird durch zahlreiche staatliche Radio- und TV-Sender und einige Medienkonzerne beherrscht. Die Medienkonzerne unterhalten viele Radio und TV-Sender, daneben auch zahlreiche Tages- und Wochenzeitungen mit vergleichsweise geringer Auflage.
Medienkonzerne: Aydin-Dogan-Gruppe (u.a. größte Tageszeitung Hürriyet, Milliyet, Radikal, Kanal D, CNN-Türk), Dinç-Bilgin-Gruppe (Sabah, ATV, u.a.), Ihlas-Gruppe (Türkiye, TGRT, u.a.), Çukurova-Gruppe (Show-TV, Aksam); Dogus-Gruppe (NTV)
Einflussstärkste und zugleich auflagenstärkste Zeitungen sind Sabah, Hürriyet, Milliyet, Cumhuriyet und Türkiye.
Geschichte
Hauptartikel: Geschichte der Türkei
Zur Zeit der Entstehung der Niagarafälle vor 10.500 Jahren entstand im Südwesten der Türkei die erste bekannte Stadtanlage, Catal Hüyuk. Anatolien (Kleinasien) ist die Wiege einer Vielzahl von Kulturen und Reichen des Altertums. Zu dieser Zeit lebten in Anatolien allerdings noch keine Türken, deren Heimat war Zentralasien. Die Seldschuken waren die erste türkische Dynastie, deren Heere im 11. Jahrhundert Teile Anatoliens eroberten und in der Folge große Teile des Byzantinischen Reiches unterwarfen.
siehe auch: Seldschuken
Die Zeit des Osmanischen Reiches
Hauptartikel: Osmanisches Reich
Nach der Eroberung Konstantinopels im Jahre 1453 herrschten die Nachfolger der Seldschuken, die Osmanen, über große Teile des Nahen Ostens und des Balkans.
Im späten 17. Jahrhundert begann der Niedergang des Osmanischen Reiches, das immer weiter aus seinen europäischen Besitzungen zurückgedrängt wurde. Das ab dem 19. Jahrhundert stark zunehmende Unabhängigkeitsstreben diverser Nationen im Vielvölkerstaat des Osmanischen Reiches, die Besetzung Nordafrikas durch europäische Mächte und schließlich die Niederlage im Ersten Weltkrieg bewirkten seinen endgültigen Verfall.
Siehe auch: Türkenkriege
Der erste Weltkrieg
Im ersten Weltkrieg kämpfte das osmanische Reich an der Seite der Mittelmächte. Während des Krieges kam es 1915 zum Völkermord an den christlichen Armeniern bei dem nach Schätzungen 1,5 Mio. Armenier getötet wurden. Die meisten Opfer des Völkermordes starben durch die Deportation, ohne jegliche Verpflegung, in die syrische Wüste. Die heutige türkische Regierung bestreitet den Völkermord offiziell und versucht auf diplomatischen Wegen, andere Staaten davon abzuhalten, den Völkermord offiziell anzuerkennen. Der Völkermord wird offiziell durch folgende Staaten und Organisationen anerkannt: Frankreich, Italien, Russland, Belgien, die UNO und die EU.
Nach der Niederlage der Mittelmächte verlor das osmanische Reich, infolge des Friedensvertrages von Sèvres, seine noch wenigen verbliebenen Gebiete außerhalb von Anatolien und Thrazien. Darüber hinaus sollten laut Vertrag große Gebiete der heutigen Türkei u.a. an die Griechen und Armenier gehen.
Siehe auch: Erster Weltkrieg, Völkermord an den Armeniern, Jungtürken, Vertrag von Sèvres
Atatürk gründet die türkische Republik
In Folge der Niederlage wurde das osmanische Reich von den europäischen imperialistischen Mächten und Griechen besetzt. Das Bestreben, der Besatzungsmächte, die heutige Türkei aufzuteilen führte zu den Befreiungskriegen die Mustafa Kemal koordinierte. Nach dem Sieg der Türkei konnte sie im am 24. Juli 1923 im Vertrag von Lausanne, die Bestimmungen dem Vertrags von Sèvres revidieren und so den Verlust großer Teile der heutigen Türkei verhindern.
Nach dem alle ausländischen Kräfte aus Anatolien vertrieben wurden rief Mustafa Kemal am 29.Oktober 1923 die Republik aus. Später erhielt er den beinamen Atatürk („Vater aller Türken“) und war der erste Präsident der Republik.
Im laufe seiner Amtszeit führte Atatürk tiefgreifende Reformen durch, die die Türkei in einen modernen, säkularen, weltlichen und am Westen orientierten Staat verwandelten. Die Reformen betraffen tiefgreifende Veränderungen im politischem und gesellschaftlischem System. Unter anderem wurde im Jahre 1922, noch vor der Ausrufung der Republik, das Sultanat abgeschaft und am 29 Oktober 1923 das Kalifat. 1925 wurde im Zuge einer umfassenden "Kleiderreform" das Fez (traditionelles türkische Kopfbedeckung der Männer) verboten. Im selben Jahr wurde die islamische Zeitrechnung durch das westliche Kalender und Zeitrechnung ersetzt. In den folgenden Jahren wurden ganze Rechtssysteme aus europäischen Ländern übernommen und den türkischen Verhältnissen angepasst. 1928 wurde die Säkularisierung ausgerufen und im gleichen Jahr die arabischen Schriftzeichen durch lateinische ersetzt.
siehe auch: Exil in der Türkei 1933–1945, Kleinasiatische Katastrophe
Geschichte der Türkei nach der Atatürk-Ära
1950 wurde das Mehrparteiensystem eingeführt.
Im Jahre 1952 wurde die Türkei gemeinsam mit Griechenland Mitglied in der NATO.
Nach einer sehr instabilen Phase in den 1970er Jahren putschte sich das Militär im Jahre 1980 an die Macht, welche sie mit einer neuen Verfassung 1982 bzw. Wahlen im Jahre 1983 wieder abgab. Ministerpräsident wurde der Wirtschaftsfachmann Turgut Özal, der marktwirtschaftliche Reformen einleitete. Seine Mutterlandspartei vereinigte Technokraten, aber auch islamische Kreise.
Jüngere Geschichte der Türkei
Der Kurden-Konflikt
Die Kurden sind heute eine der größten Volksgruppen ohne eigenen Staat. Ca. 50 % aller Kurden leben in der Türkei. Durch den 1923 geschlossenen Vertrag zwischen der Türkei und den Alliierten des Ersten Weltkriegs verloren die Kurden ihren Status als Minderheit, einen unabhängigen kurdischen Staat hat es zuvor nie gegeben.
Bis vor kurzem betrieb die Türkei eine Assimilierungspolitik gegenüber den Kurden und leugnete kulturelle und ethnische Unterschiede. Aufgrund staatlicher Restriktionen konnte die kurdische Kultur nicht frei ausgelebt werden. Es durfte kein Kurdisch an den Schulen gelehrt werden und auch keine Medien in Kurdisch vertrieben werden. Aus den Schulbüchern, Lexika und Landkarten wurden die Definition über Kurden und ihrer Siedlungsgebiete verbannt. Auch das Benutzen der kurdischen Sprache auf den Ämtern war verboten.
Im Jahre 1978 entstand in dieser Situation die umstrittene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Die PKK ist eine marxistisch-leninistische Gruppe mit Abdullah Öcalan an ihrer Spitze. 1984 begann sie mit ihrem bewaffneten Kampf für ein unabhängiges Kurdistan. Die türkische Regierung bekämpfte die kurdischen Rebellen mit militärischen und politischen Mitteln (z.B. Ausnahmezustand im Osten des Landes). Infolge der bewaffneten Auseinandersetzungen wurden ca. 30.000 Menschen getötet, 3.500 Dörfer wurden zerstört und 3.000.000 Kurden (diese Zahl ist stark umstritten) flüchteten.
Aufgrund des Krieges wurden die bilataralen Beziehungen der Türkei vor allem mit seinen südlichen Nachbarn (Syrien, Irak und Iran) stark belastet. Die Türkei warf diesen Staaten die offene Unterstützung der PKK vor. Unstrittig ist, dass die PKK den Norden des Irak und auch die Staatsgebiete von Syrien und Iran als Rückzugsgebiete benutzte und dort auch Ausbildungscamps unterhielt. Den Höhepunkt fand diese Auseinandersetzung 1999. als auf den Druck der Türkei hin Abdullah Öcalan seinen Aufenthaltsort in Syrien verlassen musste. Auf der Flucht wurde Öcalan Februar 1999 in Kenia von türkischen Geheimdienstlern gefasst und den türkischen Gerichten überstellt. Nachdem der Vorsitzende gefasst wurde, erklärte die PKK einen einseitigen Waffenstillstand.
Im Jahre 2004 sind wieder Kämpfe zwischen der türkischen Regierung und der ehemaligen PKK aufgeflammt. Die PKK änderte April 2002 ihren Namen in KADEK, im November 2003 wiederum in KONGRA-GEL.
Die PKK und ihre Nachfolgeorganisationen werden mittlerweile von vielen Staaten als Terrororganisation eingestuft. Diese Einstufung ist jedoch nicht unumstritten, es gibt auch Stimmen, die sie als eine Befreiungsarmee ansehen.
Im Februar 1994 wurde die gewählte kurdische Parlamentarierin der DEP-Partei (Leyla Zana) wegen unter dem Vorwurf verfassungsfeindlichen Handelns inhaftiert. Und Mitte 2004 wurde sie und 3 weitere inhaftierte DEP-Abgeordneten, nach heftigem Druck von der EU, freigelassen.
Der Zypernkonflikt
1571 - 1878 Osmanische Periode: Eingliederung in das Osmanische Reich, Besiedlung durch Bewohner aus allen Teilen des Osmanischen Reiches.
1878 - 1918 Britische Periode: Das Osmanische Reich verpachtet Zypern an Großbritannien. Da das Osmanische Reich im Ersten Weltkrieg an der Seite der Mittelmächte kämpft, hält sich Großbritannien nicht an die Vereinbarung von 1878 und annektiert 1914 die Insel. 1914 wird Zypern britische Kronkolonie.
1931: Es brechen unter den Zyperngriechen die ersten Unruhen aus, die einen Anschluss an Griechenland (Enosis) fordern.
1955: Die Zyperngriechische Untergrundorganisation EOKA (unter General Grivas) verübt zunächst Anschläge gegen die Briten und dann auch gegen Zyperntürken. 1959 Londoner Abkommen über die Unabhängigkeit Zyperns.
1960: Gründung der Republik Zypern bestehend aus zwei gleichberechtigten Volksgruppen. Schon wenige Jahre später stellt sich heraus, dass Teile der zyperngriechischen Bevölkerung, besonders Präsident und Erzbischof Makarios III., diese Zweistaatlichkeit nicht länger akzeptieren wollen.
1963: Makarios will die Verfassung zugunsten der zyperngriechischen Volksgruppe ändern. Das führt zu innenpolitischen Spannungen. Beginn der Angriffe (Weihnachten 1963) der Zyperngriechen gegen die zyperntürkische Bevölkerung. Anschließend Isolation und Unterdrückung der zyperntürkischen Bevölkerung.
1964: Die Vereinten Nationen entsenden UN-Friedenstruppen, die jedoch das Blutvergießen nicht verhindern können.
1974: Am 15. Juli putschen griechische Offiziere (vom griech. Festland) der zyprischen Nationalgarde gegen Makarios. Das Ziel der Militärjunta ist der Anschluss der Insel an Griechenland. Unter Berufung auf den Garantievertrag interveniert die Türkei am 20. Juli in Zypern.
1975: Die Gespräche zwischen den beiden Volksgruppen über die Zukunft der Insel werden aufgenommen. Der Türkische Bundesstaat von Zypern wird ausgerufen. Die Zypern-Gespräche zwischen den beiden Volksgruppen scheitern ohne nennenswerte Ergebnisse.
1983: Das Parlament der Zyperntürken verabschiedet eine Deklaration über die Selbstbestimmung. Am 15. November 1983 wird die Türkische Republik Nordzypern (TRNZ) proklamiert.
siehe auch: Geschichte_Zyperns
EU-Beitrittsbestrebungen
Seit 1964 ist die Türkei mit der EU assoziiert. Nachdem die EU 1989 einen Antrag der Türkei auf Vollmitgliedschaft abgelehnt hatte, bekam die Türkei am 11. Dezember 1999 offiziell den Beitrittskandidaten-Status zuerkannt. Auf dem Gipfel von Kopenhagen 2002 setzte die EU fest, dass im Dezember 2004 über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen entschieden wird. Dazu muss die Türkei die Kopenhagener Kriterien erfüllen.
Ein wichtiger Grund für diesen Sinneswandel war der Beginn umfassender Reformen. Schon unter Ecevit wurde eine Zivilrechtsreform durchgeführt, die vor allem die rechtliche Stellung der Frau verbesserte.
Die neue Regierung unter der AKP hat gleich zu Beginn ein Paket von Gesetzesänderungen vorgelegt, das u. a. die Abschaffung der Todesstrafe auch in Kriegszeiten, ein Verbot der Folter, das Ende der Straffreiheit für Polizisten, Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit und Maßnahmen gegen die Unterdrückung der kurdischen Minderheit ebenso vorsieht wie den freien Gebrauch der kurdischen Sprache, Kurdischunterricht und kurdische Radio- und Fernsehkanäle.
Ein möglicher EU-Beitritt der Türkei ist in der EU sehr umstritten und neben vielen Befürwortern (z.B. der deutschen Regierung) gibt es auch Staaten mit einer ablehnenden Haltung. Für eine Ablehnung der Türkei als Vollmitglied werden mehrere Gründe angeführt. In wirtschaftlicher Hinsicht bestehen in der Türkei erhebliche Defizite, so dass sich die Frage der Finanzierbarkeit stellt (vor allem im Hinblick auf Landwirtschaftssubventionen). Außerdem bestehen immer noch Defizite in Menschenrechtsfragen, obwohl die gesetzlichen Grundlagen für eine Besserung geschaffen wurden. Viele stellen sich auch die Frage, wo die EU zukünftig enden soll, da die Türkei größtenteils auf dem asiatischen Kontinent liegt. Ein weiterer Grund für die ablehnende Haltung ist die Frage nach der Identität der EU: Manche Beitrittsgegner befürchten, dass durch den Beitritt der islamischen Türkei die Identität der EU als durch christlich-abendländische Traditionen geprägte Gemeinschaft schwinden könnte und somit die gemeinsame Basis für eine weitergehende politische Integration entfalle. Als weitere Gründe werden genannt: die Verwicklung der Türkei in den Zypern-Konflikt, der erst einige Jahre zurückliegende Bürgerkrieg mit der PKK.
Befürworter betonen, dass ein Beitritt zur EU die Demokratie in der Türkei weiter stärken würde und sehen darin einen wirksames Mittel, den islamischen Fundamentalismus weiter zurückzudrängen. Darüber hinaus bestehen politische Zusagen an die Türkei für eine Aufnahme in die EU. Befürworter des Beitritts sehen in der EU auch keinen christlichen Bund, sondern eine Wertegemeinschaft. Demnach verdient die Türkei den Beitritt, wenn sie sich den westlichen Werten verpflichtet fühlt (siehe Kopenhagener Kriterien). Im September 2004 wurde seitens einer Expertengruppe der EU die Feststellung getroffen, dass es in der Türkei heute "keine systematische Folter" mehr gebe. Mit der gleichfalls im September 2004 anstehenden Verabschiedung einer weitgehenden Strafrechtsreform wird die Rechtsstaatlichkeit der Türkei gefestigt. Auch die USA haben den Staaten der EU eine Aufnahme der Türkei mehrmals nahegelegt. Man betrachtet einen möglichen Beitritt aus strategischer Sicht und erhofft sich, durch die Integration in die EU einen geopolitischen Vorteil gegenüber den Anrainerstaaten im Nahen Osten zu erlangen.
Wirtschaft
Die Türkei ist eine gelenkte Volkswirtschaft, die in den letzten Jahren zunehmend dereguliert und privatisiert wurde. Der private Sektor wächst daher stetig und gewinnt zunehmend immer mehr an Bedeutung. Die Textilindustrie ist der wichtigste Industriesektor der Türkei. Textilerzeugnisse stellen zugleich den größten Exportartikel dar.

Die Wirtschaft der Türkei stellt sich als eine Mischung aus einer modernen Industrie und einer wenig entwickelten Landwirtschaft dar. Die dynamische Entwicklung der Wirtschaft wurde in den letzten zehn Jahren immer wieder durch schwere Wirtschaftskrisen (1994, 1999 und 2001) unterbrochen. Die letzte Krise wurde u.a. durch ein steigendes Leistungsbilanzdefizit und ein schwaches Bankensystem ausgelöst. Aufgrund dieser Probleme musste die Regierung die türkische Lira freigeben. Die ausländischen Schulden stiegen daraufhin (in Lira gerechnet) in unbezahlbare Höhen. Resultat war eine der schwersten Rezessionen der türkischen Geschichte.
Die wirtschaftliche Situation der Türkei stellt sich zur Zeit immer noch sehr widersprüchlich dar. Einerseits besteht eine sehr große Kluft zwischen dem industrialisierten Westen (insbesondere den großen Metropolen) und dem agrarisch strukturierten Osten. Diverse Projekte u.a. wie die großen Staudamm-Projekte (GAP-Projekt) sollen den Osten helfen, sich besser zu entwickeln.
Zudem gibt es innerhalb der türkischen Volkswirtschaft erhebliche strukturelle Probleme. So trägt die Landwirtschaft zum BSP lediglich 11,9 % bei, beschäftigt aber 40 % der Arbeitskräfte. Die Industrie trägt 29,6 % zum BSP bei und der Dienstleistungssektor 58,5 %.
Die offiziellen Angaben zum BSP sind insbesondere im Falle der Türkei mit Vorsicht zu genießen. Da ein erheblicher Teil der Wirtschaftsleistung in der Schattenwirtschaft abläuft, kann diese durch die Behörden nicht erfasst werden. Daher dürfte die "wahre" volkswirtschaftliche Leistung der Türkei viel höher sein als die offiziellen Angaben.
Derzeitig konzentriert sich die Wirtschaftspolitik der Regierung auf die Inflationsbekämpfung. Die "chronische Inflation" in der Türkei erreichte zeitweise dreistellige Zahlen (1994/1995 betrug sie 150%), 2003 sank sie inzwischen auf 18,4 %.
Außenwirtschaftlich sucht die Türkei eine engere Einbindung an die EU und zugleich eine stärkere Einflussnahme auf die zentralasiatischen Turkvölker (u.a. Kasachstan, Usbekistan, Turkmenistan).
- Bruttosozialprodukt (je Einwohner): 6.700 Dollar (2003)
- Bruttoinlandsprodukt (BIP in Kaufkraftparität): 455.3 Mrd. $ (2003)
- Anteil am BIP: Landwirtschaft 16 %, Industrie 25 %, Dienstleistungen 59 %
- Erwerbstätigkeit: Landwirtschaft 45,8 %, Industrie 20,5 %, Dienstleistungen 33,7 %
- Arbeitslosigkeit: 9,2 % (offizielle Angaben)
- Inflation: 9,8 % (?) (Dez. 2003) (Jahresziel der Regierung für das Jahr 2004 lautet 12%, welches wahrscheinlich eingehalten wird)
- Wirtschaftswachstum: 7,8%(2002), 5,4%(2003) und 5%(2004, Prognose)
Seit 1996 besteht zwischen der Türkei und der EU, in die 51,6% der Exporte gehen, eine Zollunion.
Politik
Nach der Verfassung aus dem Jahre 1982 ist die Türkei eine parlamentarische Demokratie mit einem relativ mächtigen Präsidenten und einer (offiziell) unabhängigen Justiz.
Das 550 Sitze umfassende Parlament wird alle fünf Jahre neu gewählt. Der Präsident wird für eine Amtsperiode von sieben Jahren vom Parlament gewählt, eine Wiederwahl ist nicht möglich.
Parteien
Die wichtigsten Parteien:
Name | Übersetzung | politische Richtung |
---|---|---|
Adalet ve Kalkınma Partisi (AKP) | Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (derzeitige Regierungspartei) | islamisch-konservativ |
Demokratik Sol Partisi (DSP) | Demokratische Linkspartei | sozialdemokratisch, linksnationalistisch |
Milliyetçi Hareket Partisi (MHP) | Partei der Nationalistischen Bewegung | nationalistisch |
Fazilet Partisi (FP) (mittlerweile verboten) | Tugendpartei | islamistisch |
Anavatan Partisi (ANAP) | Mutterlandspartei | rechtsliberal |
Doğru Yol Partisi (DYP) | Partei des Rechten Weges | konservativ |
Cumhuriyet Halk Partisi (CHP) | Republikanische Volkspartei (Türkei) | sozialdemokratisch, linksnationalistisch |
Demokrasi Halkın Partisi (DEHAP) | Demokratie-Partei des Volkes | kurdische Volkspartei |
Özgürlük ve Dayanışma Partisi (ÖDP) | Freiheit und Solidaritäts-Partei | sozialistisch |
Ergebnis der Parlamentswahlen
Parteien | 1991 | 1995 | 1999 | 2002 |
---|---|---|---|---|
DSP | 11%/7 Sitze | 15%/76 Sitze | 22%/136 Sitze | 1.23%/0 Sitze |
MHP | 17%/62* Sitze | 8%/0 Sitze | 18%/129 Sitze | 8.33%/0 Sitze |
RP/FP/SP** | 17%/62* Sitze | 21%/158 Sitze | 15%/111 Sitze | 2.48%/0 Sitze |
ANAP | 24%/115 Sitze | 20%/132 Sitze | 13%/86 Sitze | 5.10%/0 Sitze |
DYP | 27%/178 Sitze | 19%/135 Sitze | 12%/85 Sitze | 9.55%/0 Sitze |
CHP | 21%/88 Sitze | 11%/49 Sitze | 9%/0 Sitze | 19.42%/177 Sitze |
AKP | - | - | - | 34.41%/365 Sitze |
*1991 gingen die RP und MHP gemeinsam in die Wahl um die 10% zu erreichen ihr gemeinsames Ergebnis ist hier separat für jede Partei aufgeführt
**1998 wurde die RP verboten und an ihre Stelle trat dei FP.
Die Ergebnisse der letzten Wahl: AKP 34.3%, CHP 19.4%, DYP 9.6%, MHP 8.3%, ANAP 5.1%, DSP 1.1%.
Aufgrund der 10%-Hürde schafften DYP, MHP, ANAP und DSP den Einzug ins Parlament nicht. Das schlechte Abschneiden der an der Regierungskoalition beteiligten Parteien DSP, ANAP und MHP lag vor allem in der schweren Wirtschaftskrise, die die Türkei in eine tiefe Rezession stürzte und viele Bevölkerungsgruppen in die Armut trieb.
Zusammensetzung des Parlements (Stand Oktober 2003): AKP (Vors. Recep Tayyip Erdogan) 368 Abgeordnete, CHP (Vors. Deniz Baykal) 175 Abgeordnete, DYP (Vors. Mehmet Agar), 3 Abgeordnete; LDP 1, Unabhängige: 3 Abgeordnete;
Gewerkschaften
Gewerkschaftsbünde Türk-Is (gemäßigt, ca. 2,13 Mio. Mitglieder), DISK (links-orientiert, ca. 0,35 Mio. Mitglieder) Hak-Is (islamistisch, ca. 0,36 Mio. Mitglieder)
Nationalfeiertag
Der Nationalfeiertag am 29. Oktober ("Tag der Republik") erinnert an die Ausrufung der Republik durch Atatürk im Jahre 1923.
Weblinks
- Länderinformationen des Auswärtigen Amtes zur Türkei
- Ausführliche Informationen über die Türkei (auf Deutsch) - Amt für Presse und Information der türkischen Regierung.
- Türkische Impressionen - Marion Burc lebt seit über 10 Jahren in der Region Antalya und schreibt über das Leben in der Türkei aus der Sicht einer Deutschen.
- Aysens Homepage - Eine deutschsprachige Türkin stellt ihr Land vor.
- Türkisches Portal - zweisprachige Internetseite mit umfangreichen Türkeiinformationen.
- "World factbook" - Das "World factbook" der CIA mit Länderinformationen über die Türkei
- All About Turkey - Turkish Ministry of Foreign Affairs
- Çankaya - Official presidential site (in Turkish)
- TBMM - Official parliamentary site (in Turkish)
- Turkey News
- Health Law - Health law (in Turkish)
- Länderinformation Türkei - Spiegel Länderinformation Türkei