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Multiple Sklerose

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Klassifikation nach ICD-10
G35 Multiple Sklerose (Encephalomyelitis disseminata)
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Datei:MRT Bild Multiple Sklerose Läsion.jpg
Die MRT-Aufnahme zeigt multiple Entmarkungsherde im Marklager des Großhirns (helle Flecken)

Die Multiple Sklerose (MS), oder Encephalomyelitis disseminata ist eine entzündliche demyelinisierende Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS). Sie ist neben Epilepsie eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen im jungen Erwachsenenalter und darum von erheblicher sozialmedizinischer Bedeutung. Bei der Multiplen Sklerose treten im Marklager von Gehirn und Rückenmark verstreut multiple entzündliche Entmarkungsherde auf, die vermutlich durch den Angriff körpereigener Abwehrzellen auf die Myelinscheiden der Nervenzellen verursacht werden. Begleitend kommt es aus verschiedenen Gründen zu einer Schädigung der Axone der Nervenzellen (siehe Abschnitt Neuropathologie und Pathophysiologie).

Die Multiple Sklerose kann prinzipiell fast jedes neurologische Symptom verursachen, da die Entzündungsherde, welche für MS charakterisch sind, überall im ZNS auftreten können (siehe 5: Symptome). Kribbelparästhesien, Spastiken, Lähmungen, eine schnelle Ermüdbarkeit (Fatigue) sowie insbesondere Sehstörungen gelten als typisch, sind aber keinesfalls spezifisch oder beweisend für diese Erkrankung. Entgegen der landläufigen Meinung führt die MS nicht zwangsläufig zu schweren Behinderungen. Auch viele Jahre nach Erkrankungsbeginn bleibt die Mehrheit der Patienten noch gehfähig. Multiple Sklerose ist nicht ansteckend und nur selten tödlich.


Epidemiologie

Häufigkeit der MS-Erkrankungen in unterschiedlichen Erdregionen

Prävalenz

Die Multiple Sklerose ist in Mitteleuropa die häufigste entzündliche Erkrankung des Zentralnervensystems. Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer. Nach aktuellen Schätzungen ergibt sich für Deutschland eine Prävalenz von 149 Erkrankten pro 100.000 Einwohner, woraus sich eine Gesamtzahl von etwa 122.000 Erkrankten ergäbe.[1] Andere Schätzungen reichen von 67.000 bis 138.000 erkrankten Patienten in Deutschland.[2] Die hohe Diskepanz erklärt sich aus der vermuteten hohen Anzahl an nicht diagnostizierten Erkrankten. Für Österreich wird eine Prävalenz von 99 Erkrankten pro 100.000 Einwohner angegeben[3], woraus sich dort eine Gesamtzahl von etwa 8150 Erkrankten ergäbe. Für die Gesamtschweiz liegen keine epidemiologischen Untersuchungen vor, für den Kanton Bern wurde jedoch mit 110 Erkrankten pro 100.000 Einwohner eine vergleichbare Prävalenz ermittelt.[4]

Mortalität

Insbesondere bei Patienten, die keine höhergradigen Behinderungen aufweisen, ist die Mortalität nicht wesentlich erhöht.[5] Die Lebenserwartung von Multiple-Sklerose-Patienten liegt nur sechs bis zehn Jahre unter der von Nichterkrankten vergleichbaren Alters[6]. In den letzten Jahrzehnten ist zudem ein deutlicher Rückgang der Sterblichkeit zu verzeichnen.[7]

Geographische Verteilung

Aus Studien, die die Erkrankungshäufigkeit von Menschen, die aus MS-reichen Zonen in MS-arme Zonen übergesiedelt waren (zum Beispiel von Europa nach Südafrika oder von Amerika und Europa nach Israel) untersuchten, ergab sich, dass Menschen, die vor dem 15. Lebensjahr übersiedeln, die Krankheitshäufigkeit des Ziellandes übernahmen. Menschen, die nach dem 15. Lebensjahr übersiedeln, jedoch die Krankheitshäufigkeit ihres Herkunftslandes behalten. Aus diesen Ergebnissen wird geschlossen, dass die Krankheitsanlage zur MS bereits vor dem 15. Lebensjahr entstanden sein muss, auch wenn die Krankheit selbst erst viel später ausbricht.[8]

Umwelt

Das Zusammenleben mit Geschwistern in den ersten sechs Lebensjahren reduziert das Risiko an MS zu erkranken deutlich. Dieser Effekt wird durch die vermehrte gegenseitige Ansteckung von Geschwisterkindern mit Infektionskrankheiten und eine dadurch indirekt verminderte Anfälligkeit für MS erklärt[9]. Gegen die Möglichkeit einer direkten Übertragung der MS sprechen Studien an Adoptiv- und Stiefkindern von MS-Patienten, bei denen keine erhöhte Erkrankungswahrscheinlichkeit nachgewiesen werden konnte[10].

Genetik

Die MS ist keine klassische Erbkrankheit. Momentan wird von einer Kombination von genetischer Disposition und äußeren Faktoren ausgegangen. Bei den Erbfaktoren der MS handelt es sich um polygene Merkmale, das heißt, dass erst mehrere fehlerhafte Gene zusammen ein erhöhtes Erkrankungsrisiko verursachen.

Neben dem bekannten Prädispositionsfaktor HLA-DR2 konnten Variationen im Interleukin-2 Rezeptor-alpha und Interleukin-7 Rezeptor-alpha als weitere Risikogene identifiziert werden[11][12][13]

Zwei in Kanada und Großbritannien durchgeführte Studien ergaben folgende Erkrankungswahrscheinlichkeiten in Abhängigkeit vom Verwandtschaftsgrad [14][15]:

Verwandtschaftsgrad Erkrankungsrisiko
Zwillinge etwa 35 %
Geschwister etwa 4 %
Verwandte 1. Grades etwa 3 %
Verwandte 2. Grades etwa 1 %
Verwandte 3. Grades etwa 0,9 %
In der Bevölkerung etwa 0,2 %

Neuropathologie

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Demyelinisierung bei Multipler Sklerose. In der Markscheidenfärbung nach Klüver-Barrera ist eine deutlich Abblassung im Bereich der Läsion erkennbar (Originalvergrößerung 1:100).
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Demyelinisierung bei Multipler Sklerose. In der immunhistochemischen Färbung für das Makrophagenantigen CD68 markieren sich braungefärbt zahlreiche Makrophagen im Bereich dieser Läsion. Originalvergrößerung 1:100

Neuropathologisch ist die MS durch fokale entzündlich entmarkende Läsionen im ZNS mit unterschiedlich ausgeprägtem Verlust an Axonen und reaktiver Gliose gekennzeichnet. Histologisch wurden von Lassmann und Mitarbeitern vier verschiedene Subtypen definiert, wobei Patienten mit einer primär immunologisch induzierter Entmarkung (Subtypen I und II) und solche mit einer primären Erkrankung der Oligodendrogliazellen, einer sogenannten Oligodendrogliopathie (Subtyp III und IV) unterschieden werden.[16] Die Ursachen der Oligodendrogliopathie sind bisher ungeklärt. Vermutet wird eine primären Störung des Oligodendrozytenstoffwechsels, aber auch eine virale- (z. B. Epstein-Barr-Virus, Humanes Herpesvirus 6) oder bakterielle (z. B. Chlamydien) Infektion werden diskutiert.

Typ Mechanismus
1 primär immunologisch induziert T-Zell (TH1) vermittelte Entzündung mit Aktivierung von Makrophagen
2 primär immunologisch induziert Antikörper-mediiert; zusätzlich Beteiligung des Komplementsystems
3 Oligodendrogliopathie Apoptose von Oligodendrozyten, Verlust von Myelin-assoziiertes Glykoprotein (MAG), Hypoxiezeichen
4 Oligodendrogliopathie Untergang von Oligodendrozyten im periläsionalen Marklager

Möglicherweise führen also verschiedene immunologische Mechanismen zum Verlust der Markscheiden. Die beschriebenen Subtypen treten bei individuellen Patienten relativ homogen auf, was für die Dominanz eines bestimmten pathogenetischen Mechanismus bei einem Patienten spricht. Ob sich im Laufe der Chronifizierung der Erkrankung die Ausprägung der Subtypen ändert, ist noch unklar. Auch wenn eine Bestimmung des Läsionstyps möglicherweise zu einer spezifischen, effektiveren Therapie führen könnte, würde dies eine Biopsie des Gehirns erfordern, was nicht praktikabel erscheint.

Bildgebende Verfahren, wie etwa die Kernspintomographie aber auch neuropathologische Untersuchungen haben seit einigen Jahren die Schädigung von Axonen bei der MS wieder zunehmend in den Vordergrund gerückt. Die Mechanismen, die zu dieser Art von Schäden führen, sind jedoch noch nicht vollständig geklärt.

Pathophysiologie

Die Ätiologie der MS ist unbekannt. Hinsichtlich der Pathogenese existieren verschiedene Theorien. Die vorliegenden Befunde deuten auf eine multifaktorielle Krankheitsentstehung mit Beteiligung von genetischen Faktoren und Umwelteinflüssen. Gesichert ist eine immunvermittelte Schädigung der Myelinschicht der Nervenzellen des Zentralnervensystems und eine Schädigung der Axone von Neuronen. Eine Theorie zu diesem Immunprozeß schlägt folgenden Ablauf vor:

  • Makrophagen und Dendritische Zellen außerhalb des ZNS phagozytieren Eiweißstoffe und präsentieren nach deren Verdau Bestandteile (Peptide) mittels des MHC-II Moleküls auf der Zelloberfläche. Unter diesen aufgenommenen Stoffen befindet sich ein mit einem Bestandteil der Myelinschicht kreuzreagierendes Antigen.
  • Autoreaktive CD-4 T-Helferzellen erkennen das präsentierte Antigen und werden dadurch aktiviert.
  • Die T-Zellen wandern durch die entzündlich veränderte Blut-Hirn-Schranke in das ZNS ein.
  • Dort stoßen sie auf ihr spezifisches Antigen, das Myelin der Oligodendrozyten
  • Daraufhin werden die für eine TH-1 Immunreaktion typischen Botenstoffe Interferon-gamma (IFN-y), TNF-alpha und Interleukin-2 (IL-2) ausgeschüttet. Diese aktivieren Makrophagen und leiten weitere Immunzellen ins ZNS.

Auf der Suche nach dem erstauslösenden Antigen wird die Hypothese einer Infektion in der frühen Kindheit mit einem Erreger, der Kreuzreaktivität mit Proteinbestandteilen des Myelins zentraler Neurone aufweist, diskutiert. In Frage kämen zum Beispiel das Epstein-Barr-Virus, HHV6 oder eine bakterielle Infektion mit Chlamydien. Der Nachweis eines spezifischen Erregers oder einer Immunreaktion auf einen spezifischen Erreger konnte jedoch bisher nicht überzeugend geführt werden.

In der äquatorialen Zone ist die Erkrankungshäufigkeit seltener als in den nördlichen oder südlichen Breiten. Auch wenn die Ursache hierfür letztendlich ungeklärt bleibt, könnten eine genetische Disposition, unterschiedliche Hygienestandards und deren Einfluss auf das Immunsystem[8], klimatische Einflüsse und eine unterschiedliche Ernährung in den verschiedenen Regionen eine Rolle spielen. Möglich scheint auch ein Zusammenhang mit dem Vitamin-D-Stoffwechsel[17]. Da Vitamin D beim Menschen hauptsächlich durch UV-B-Sonneneinstrahlung auf die Haut gebildet wird, könnte der beobachtete Zusammenhang zwischen der Sonnenexposition im Kindesalter und dem Risiko eine MS zu entwickeln[18] in diese Richtung deuten und mit dazu beitragen, den Zusammenhang zwischen MS-Häufigkeit und Äquatornähe zu erklären. Auch als Erklärung für die niedrige Inzidenz der MS bei traditionell lebenden grönländischen Inuit[19] ist deren Vitamin-D-reiche Ernährung[20] als Erklärung herangezogen worden. Tatsächlich ergab eine norwegische Studie, dass nicht nur sommerliche Outdoor-Aktivitäten im Kindesalter, sondern auch drei oder mehr Fischmahlzeiten pro Woche mit einer signifikant niedrigeren Wahrscheinlichkeit später an einer MS zu erkranken verbunden waren.[21]

Symptome

Die ersten Symptome treten meist bei jungen Menschen zwischen dem 15. und 40. Lebensjahr auf. Häufig handelt es sich um Taubheitsgefühle oder Missempfindungen in Fingern und Zehen oder um eine Störung des Sehens, die als milchiger Schleier oder als Verschwommensehen beschrieben wird (Sehnerventzündung). Vor allem zu Erkrankungsbeginn bilden sich die Symptome häufig von selbst wieder zurück.

Im weiteren Verlauf treten neue Symptome auf oder es kommt zum Wiederaufflammen alter Beschwerden. Insbesondere im späteren Verlauf bilden sich die Symptome eines Schubes nur unvollständig zurück, so dass es über die Jahre zu einer Anhäufung und Verschlechterung von Symptomen kommt.

Welches Symptom im einzelnen Schub entsteht, ist abhängig von der betroffenen Region im ZNS. Im Folgenden findet sich eine Übersicht häufiger Symptome bei der MS:

  • Durch Entzündungen des Sehnervs kommt es zu Sehstörungen, die sich als Sehunschärfe oder milchiger Schleier bemerkbar machen können. Zusätzlich kann es beim Bewegen der Augen zu einem drückenden Schmerz an den Augäpfeln kommen.
  • Sensibilitätsstörungen und Missempfindungen (Parästhesien)
  • Auf lange Sicht sind Lähmungserscheinungen (Paresen) der Extremitäten ein sehr häufiges Symptom, welches das Leben der Betroffenen stark beeinträchtigt. Dies ist auch ein wichtiges Kriterium zur Bestimmung des Grades der Behinderung über den EDSS-Wert.
  • Durch Spastik (abnorme unwillkürliche Erhöhung des Muskeltonus) kann die Bewegungsfähigkeit des Patienten weiter eingeschränkt sein.
  • Schmerzen können durch Spastiken und schwere Missempfindungen auftreten. Heftige Schmerzen entstehen auch im Gesicht durch die Trigeminusneuralgie.
  • Probleme in der Bewegungskoordination (Ataxie) und Artikulationsstörungen (Dysarthrie)
  • Störungen der Augenbewegungen: Doppeltsehen und Nystagmen
  • Probleme bei der Kontrolle der Blasen- und Darmfunktion.
  • Sexuelle Funktionsstörungen
  • Schwindel
  • Schluckstörungen (Dysphagie)
  • Psychische Störungen
  • Die auftretende bleierne Müdigkeit (Fatigue-Syndrom) führt dazu, dass Betroffene viel mehr und längere Schlaf- und Ruhepausen benötigen und die Leistungsfähigkeit eingeschränkt sein kann.
  • Lhermitte-Zeichen

Verlaufsformen

Verlaufsformen der Multiplen Sklerose

Die Multiple Sklerose hat unterschiedliche Verlaufsformen. Wichtig für das Verständnis der Erkrankung und der Verlaufsformen ist der Begriff des Schubes. Ein Schub ist definiert als das Auftreten neuer klinischer Symptome, die länger als 24 Stunden anhalten. Typischerweise treten neue Symptome bei der MS subakut, d. h. innerhalb von Stunden bis Tagen, auf. Klinische Symptome, die im Rahmen einer Temperaturerhöhung (Uhthoff-Phänomen)) oder infektassoziiert auftreten oder sich verschlechtern, werden nicht als Schub bezeichnet. Um einen neuen Schub von einem alten abgrenzen zu können, müssen definitionsgemäß mindestens 30 Tage zwischen beiden klinischen Ereignissen liegen. Es wird zwischen folgenden Verlaufsformen unterschieden:

  • Schubförmig remittierende MS, englisch: Relapsing-Remitting Multiple Sclerosis (RRMS)
  • Primär progrediente MS
  • Sekundär progrediente MS

Zu Beginn ist die schubförmige remittierende MS die häufigste Form mit etwa 85 %, nur 15 % der Patienten werden mit der primär progredienten Form diagnostiziert. Im späteren Krankheitsverlauf – nach etwa 10 bis 15 Jahren – geht die MS in etwa der Hälfte der Fälle in die sekundär progrediente Verlaufsform über. Während die neurologischen Defizite beim schubförmigen Verlauf subakut auftreten und mit Abklingen der Entzündung auch die Symptome wieder verschwinden, erfolgt die Verschlechterung der neurologischen Defizite beim primär und sekundär progredienten Verlauf schleichend langsam.

Diagnose

Als Grundlage für die Diagnosestellung dient die vom internationalen MS-Diagnose-Forum überarbeitete Fassung der McDonald-Kriterien [22] vom November 2005.[23][24]

Das Hauptkriterium einer MS-Diagnose ist der klinische Nachweis von Erkrankungszeichen in unterschiedlichen Systemen (wie z. B. Sehnerv und Motorik) und über einen gewissen Zeitraum hinweg. Es wird ausdrücklich betont, dass die Diagnose einer MS nicht gestellt werden darf, wenn die Symptome und pathologischen Befunde von einer anderen Erkrankung besser erklärt werden können. Da die Analyse der auftretenden Symptome häufig keine zweifelsfreie Diagnosestellung zulässt, werden zusätzliche neurologische und radiologische Untersuchungen durchgeführt:

Bildgebende Untersuchungen

In den mittels Magnetresonanztomografie (MRT) gewonnenen Schichtbildern des Gehirns und des Rückenmarks können entzündete und vernarbte Gewebebereiche dargestellt werden; mit Hilfe des Kontrastmittels Gadolinium können akute Krankheitsherde nachgewiesen werden. Die MRT-Untersuchung kann wesentlich zur Diagnose beitragen. Zwar ist nach den McDonald-Kriterien eine Diagnosestellung auch ohne MRT-Bildgebung möglich (bei zwei Schüben und objektivierbaren Funktionsausfällen in mindestens zwei neurologischen Systemen), bei vielen Patienten mit klinischem Erstereignis ist jedoch zur frühen Diagnosestellung ein MRT notwendig. Mit der MRT-Untersuchung können sowohl die räumliche als auch die zeitliche Dissemination der Entzündungsherde in Gehirn und Rückenmark nachgewiesen werden. Typisch für die MS sind balkennahe Entzündungsherde im Marklager des Gehirns. Grund für die Häufigkeit von Herden in dieser Region ist die hohe Dichte von kleinen Venen, aus denen die Entzündungszellen in das Gehirn einwandern. Die McDonald-Kriterien geben genau an, wieviele Entzündungsherde in welcher Region des ZNS nachweisbar sein müssen, um von einem positiven MRT sprechen zu können. Für den Nachweis einer zeitlichen Dissemination mittels MRT müssen neue Entzündungsherde nach einem Zeitraum von mindestens 3 Monaten nach dem klinischen Erstereignis nachgewiesen werden (optional können auch neue Herde nach einem Monat im Vergleich zu einer Referenzaufnahme die zeitliche Dissemination beweisen).

Laborchemische Untersuchungen

Im Blut gibt es keinen für die Multiple-Sklerose-spezifischen Biomarker. Auch gängige Entzündungsparameter wie die Anzahl der weißen Blutkörperchen, die Blutsenkungsgeschwindigkeit oder das C-reaktive Protein sind bei der MS auch während eines Schubereignisses nicht zwangsläufig erhöht.[25] Ob die Serumbestimmung von Antikörpern, die gegen das Myelin-Basisprotein (MBP) oder das Myelin-Oligodendrozyten-Glykoprotein (MOG) gerichtet sind, zur Diagnosestellung beitragen können, wird erforscht.[26][27]

Im Liquor cerebrospinalis hingegen ergibt sich bei über 95 % der Patienten ein pathologischer Befund. Daher ist bei Krankheitsverdacht eine Lumbalpunktion indiziert. Bei 50 % der Patienten findet sich eine leichte Vermehrung lymphozytärer Zellen im Liquor (lymphozytäre Pleozytose). Eine intrathekale Antikörpersynthese mit Nachweis oligoklonaler Banden als Hinweis auf einen chronisch-entzündlichen Prozess im zentralen Nervensystem ist bei über 95 % der Patienten nachweisbar. Die genaue Sensitivität des Tests ist allerdings abhängig vom untersuchenden Labor.[28] Eine intrathekale Synthese von Antikörpern gegen Masern, Röteln und Varizella-Zoster-Viren (MRZ-Reaktion) findet sich bei 89 % der Patienten.[29] Diese Befunde sind typisch, aber nicht spezifisch für die Multiple Sklerose.

Neurophysiologische Untersuchungen

Eine Verlängerung der Latenzzeiten bei der Untersuchung von evozierten Potenzialen (insbesondere visuell und somatosensorisch evozierte Potentiale) weist auf eine gestörte Erregungsleitung im Nerv hin. Bei fortgeschrittener MS kann es auch zu einer Deformierung, Reduktion oder einem Verlust des Potenzials kommen.

Differenzialdiagnose

Die Differenzialdiagnose, also die Abgrenzung der MS gegenüber anderen Erkrankungen, umfasst eine Vielzahl von Erkrankungen. Es wird empfohlen, zumindest bei Erstdiagnose die wichtigsten Differentialdiagnosen auszuschließen. Auch bei Befunden, die nicht in das typische Bild einer MS eingeordnet werden können (beispielsweise eine Pleozytose mit >50 Zellen/µl), sollte eine sorgfältige differentialdiagnostische Abklärung erfolgen. Bedacht werden müssen Autoimmunkrankheiten (wie zum Beispiel der systemische Lupus erythematodes und das Sjögren-Syndrom), die ebenso wie die MS bei Frauen häufiger als bei Männern vorkommen. Der Morbus Behçet, eine weitere immunvermittelte Erkrankung, kommt häufiger bei Patienten aus dem östlichen Mittelmeerraum vor. Hinweise für Infektionskrankheiten (wie beispielsweise die Neuroborreliose, die Neurolues, die Progressive multifokale Leukenzephalopathie, die HIV-bedingte Myelopathie oder die Zystizerkose) können eine entsprechende (Reise-)Anamnese oder eine Immunsuppression sein. Metabolische Erkrankungen (zum Beispiel Perniziöse Anämie und Leukodystrophien) sind ebenso differentialdiagnostisch zu bedenken. Weitere Differentialdiagnosen sind die Neurosarkoidose und vaskuläre Erkrankungen (wie etwa die isolierte Vaskulitis des ZNS).

Medikamentöse Therapie

Obwohl eine Heilung von Multipler Sklerose bis jetzt noch nicht möglich ist, sind einige Medikamente verfügbar, die den Verlauf der MS verlangsamen und die bereits aufgetretenen Symptome lindern können.

Therapie akuter Schübe

Ein Schub ist definiert als klinische Veränderung in einem neurologischen System, die länger als 24 Stunden anhält und mindestens 30 Tage nach dem letzten Schub auftritt. Bei MS-Kranken können grippale Infekte, ein Anstieg der Körpertemperatur (Uhthoff-Phänomen) oder starke psychische Belastungen zu einer vorübergehenden symptomatischen Verschlechterung führen, die unter diesen Umständen nicht behandlungsbedürftig ist.

Die Gabe von hoch dosierten Corticosteroiden kann während eines akuten Schubes die Entzündungsreaktion binnen kürzester Zeit beenden. Folgende Infusionsdosierungen sind – abhängig von der Schwere des Schubs und der Konstitution des Patienten – üblich:

Jeweils einmal täglich:

  • über 5 Tage 500 mg Methylprednisolon
  • oder über 3 Tage 1000 mg Methylprednisolon
  • oder über 5 Tage 1000 mg Methylprednisolon
  • oder über 5 Tage 2000 mg Methylprednisolon (in sehr schweren Fällen).

Da Kortison sehr gut aus dem Magen-Darmtrakt resorbiert wird, kann die Kortisongabe auch in Tablettenform erfolgen und auf etwa drei Wochen ausgedehnt werden, wobei die tägliche Dosis langsam reduziert wird („Ausschleichen“). Sind nach dem Ausschleichen die Auswirkungen eines Schubes noch immer spürbar, soll nach jüngster Empfehlung der deutschen Gesellschaft für Multiple Sklerose eine zweite Kortison-Pulstherapie mit doppelter Dosierung stattfinden. Allerdings gibt es bis jetzt keine studiengestützten Hinweise, dass Kortison den Langzeitverlauf der Krankheit positiv beeinflussen würde. Eine hoch dosierte und längere Kortison-Behandlung – die speziell bei schweren Schüben oftmals notwendig ist – geht häufig mit unangenehmen Nebenwirkungen wie Schlafstörungen, vorübergehender Sehunschärfe und Stimmungsschwankungen einher.

Beim Versagen der Kortisontherapie kann zur Beendigung eines akuten Schubes eine Plasmapherese erwogen werden, diese ist jedoch nur an spezialisierten Zentren möglich, für den Patienten relativ belastend und sehr kostenintensiv.

Langzeittherapie

Der Entwicklung der Langzeittherapeutika liegt die Annahme zugrunde, dass es sich bei MS um eine Autoimmunerkrankung handelt. Die Wirkstoffe versuchen durch Immunsuppression (Unterdrücken des Immunsystems) oder Immunmodulation (Veränderung der Immunreaktion) in das Krankheitsgeschehen einzugreifen. Eine Schwierigkeit bei diesem Wirkprinzip ist, dass eine zu unspezifische Veränderung des Immunsystems zu einer höheren Infektions- und Krebserkrankungsrate führen kann.

Die zur Verfügung stehenden Medikamente können folgende therapeutische Erfolge erzielen, welche die Progression der Behinderung verzögern (gemessen über den so genannten Expanded Disability Status Score (EDSS)) und die Lebensqualität des Patienten verbessern:

  • Verringerung der Schubfrequenz
  • Schübe verlaufen weniger schwer
  • Schutz vor axonalen und neuronalen Schäden

Grundlage der Behandlung im deutschsprachigen Raum ist die aktuelle Therapieempfehlung vom September 2006, der „Multiple Sklerose Therapie Konsensus Gruppe“ (MSTKG), der führende Forscher und spezialisierte behandelnde Ärzte aus Deutschland, Österreich und der Schweiz angehören.[30]

Schubförmiger Verlauf

Grundsätzlich wird eine frühestmögliche Immunmodulatorische Therapie bei der schubförmigen MS angestrebt. Dadurch soll bereits frühzeitig das entzündliche Geschehen und die axonale Schädigung begrenzt werden. Seit 2006 sind die beiden Interferon-Beta Präparate Betraferon® und Avonex® auch zur Behandlung des Clinically isolated Syndrome zugelassen.

Die Therapie wird im Allgemeinen fortgeführt, solange ein positiver Effekt auf die Entwicklung der MS festzustellen ist und keine schwerwiegenden Nebenwirkungen auftreten. Bei der Behandlung mit Interferon-Beta und Natalizumab kann es zur Entstehung von neutralisierenden Antikörpern (NAB) kommen. Während aktuelle Studien (2007) gezeigt haben, dass die Wirksamkeit der Interferone davon nicht beeinträchtigt wird, ist bei Natalizumab davon auszugehen, dass NAB die Effektivität verringern.

Wird der Wechsel auf ein anderes Medikament erwogen, kann dazu je nach Beurteilung des behandelnden Arztes entweder ein anderes Basistherapeutikum oder ein Arzneistoff aus der Gruppe der Eskalationstherapie gewählt werden. In der Eskalationstherapie wird auf Medikamente zurückgegriffen, die nachweislich über eine höhere Wirksamkeit verfügen, jedoch mit einem ungünstigeren Nebenwirkungsprofil und/oder einer begrenzten Therapiedauer belegt sind.

Folgende Medikamente stehen zur Behandlung in Deutschland zur Verfügung. Nicht für alle Präparate konnte in Meta-Analysen ein überzeugender Wirksamkeitsnachweis geführt werden.[31]

Wirkstoff Markenname Publikationen
Basistherapie (nach den Leitlinien der MSTKG)
Interferone Betaferon®, Avonex®, Rebif® [32][33]
Glatirameracetat Copaxone® [34]
Alternativtherapie (z. B. bei Therapieversagen der Basistherapie)
Azathioprin Imurek® [35]
Eskalationstherapie
Natalizumab Antegren® = Tysabri® [36]
Mitoxantron Ralenova® [37]
Cyclophosphamid Endoxan® [38]
Methotrexat Metex 7,5® [39]
Immunglobuline Gamunex® 10 %, Octagam® [40]

Chronisch progrediente Verlaufsformen

Für die Behandlung der sekundär progredienten MS ist nur der Arzneistoff Mitoxantron seit dem Jahr 2002 zugelassen. Die primär progrediente Verlaufsform ist einer Behandlung nur wenig zugänglich. Es ist derzeit kein Medikament für diese Indikation zugelassen. In einigen Fällen werden, nach Abwägung des Risiko-Nutzen-Verhältnisses, Heilversuche mit Mitoxantron oder Cyclophosphamid unternommen.

Symptomatische Therapie

Im weiteren Verlauf der MS entstehen bei Patienten oft Symptome, die zwar nicht ursächlich behandelbar sind, aber durch verschiedene Medikamente gelindert werden können. Zur Behandlung neuropathischen Schmerzen, der chronischen Müdigkeit und Energielosigkeit, der Spastik und des Tremors werden eine Vielzahl von Medikamenten eingesetzt, für deren Wirksamkeit es Evidenz unterschiedlicher Qualität gibt.

Wirkstoff Markenname Publikationen
Behandlung von chronischen neuropathischen Schmerzen[41]
Carbamazepin zum Beispiel Tegretal®
Oxcarbazepin Trileptal®
Gabapentin Neurontin®
Pregabalin Lyrica®
Chronische Müdigkeit und Energielosigkeit (Fatigue-Syndrom)
Acetyl L-Carnitin [42]
Amantadin zum Beispiel PK-Merz ® [43]
Acetylsalicylsäure zum Beispiel Aspirin® [44]
Modafinil Vigil® [45][46]
Pemolin Tradon® [47][48]
Schmerzhafte Muskelstarre (Spastik)[49]
Baclofen zum Beispiel Lioresal®
Diazepam zum Beispiel Valium®
Tizanidin Sirdalud®
Buprenorphin Temgesic®, Subutex®
Tetrahydrocannabinol Dronabinol® / Marinol®
Muskelzittern (Tremor)
Isoniazid zum Beispiel Isozid® [50][51]

Therapien außerhalb der evidenzbasierten Medizin

Etwa die Hälfte aller MS-Patienten versucht neben der evidenzbasiert-medizinischen Therapie ergänzende Behandlungen. Um den Patienten eine kritische Einschätzung dieser Methoden zu ermöglichen, wurde in der Zeitschrift neue horizonte der Multiple Sklerose Gesellschaft Österreich die möglichen Vor- und Nachteile zahlreiche Verfahren ausgeführt.[52] Die folgenden Therapieformen wurden als empfehlenswert bezeichnet, wobei Patienten das gewählte Verfahren jedenfalls mit dem behandelnden Arzt besprechen sollten:

Die folgenden Verfahren wurden ausdrücklich als nicht empfehlenswert bezeichnet:

Einige Vielzahl weiterer alternativer Verfahren werden zur Behandlung der MS diskutiert, jedoch ist keine davon ausreichend untersucht worden. Es fehlen also wissenschaftliche Aussagen über deren Wirksamkeit. Auch hier können erhebliche Nebenwirkungen zu den im Allgemeinen nicht von der Krankenkasse übernommenen Kosten hinzu kommen.

Marktanalyse

Weltweit sind etwa 2,5 Mio. Menschen an Multiple Sklerose erkrankt. Momentan werden im Wesentlichen fünf Medikamente von vier Herstellerfirmen in der immunmodulatorischen Langzeittherapien eingesetzt. Zwischen den Jahren 2004 und 2006 steigerte sich das jährliche Weltmarktvolumen um 15% auf 4,5 Milliarden Euro.[53]; für die Zukunft wird ein jährliches Wachstum im zweistelligen Prozentbereich prognostiziert.

Wirkstoff Handelsname Hersteller Marktanteil 2006
Interferon beta-1b Betaferon® Schering-Plough / Bayer 20 %
Interferon beta-1a Avonex® Biogen Idec 27 %
Interferon beta-1a Rebif® Merck Serono / Pfizer 23 %
Glatirameracetat Copaxone® Sanofi-Aventis 30 %
Natalizumab Tysabri® Biogen Idec / Elan etwa 14.000 Patienten zum Teil in Studien

Die Behandlungskosten pro Patientenjahr liegen für die Interferone und Glatirameracetat bei etwa 15.000 Euro, für Natalizumab bei circa 28.000 Euro. Nachdem die Patente für einige der genannten Wirkstoffe bereits abgelaufen sind oder in den nächsten Jahren auslaufen werden, sind bereits kostengünstigere Generika angekündigt:

Wirkstoff Handelsname Hersteller Kostenreduktion gegenüber dem Original
Interferon beta-1a Biferonex® Biopartners Holdings AG
Glatirameracetat Glatimir® Natco Pharma Indien 60 %

Ausblick

Hauptartikel: Liste von Multiple-Sklerose-Wirkstoffen in der Erprobung

Für die Behandlung der Multiplen Sklerose sind sechs Medikamente zugelassen: drei Beta-Interferone, Glatirameracetat, Mitoxantron und Natalizumab. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Wirkstoffen, die sich in verschiedenen Phasen der Prüfung befinden. In Deutschland werden derzeit für mindestens 17 laufende klinische Studien aktiv Patienten rekrutiert.[54]

Einen wichtigen Schwerpunkt der klinischen Forschung stellt die Weiterentwicklung von immunmodulatorischen Wirkstoffen, die ein Voranschreiten der Behinderung effektiver unterbinden dar. Andere Studien zielen darauf ab, den Anwendungskomfort durch längere Anwendungsintervalle oder eine orale Verabreichung zu erhöhen.[55][56] Die Rolle der autologen Stammzelltransplantation, einer nebenwirkungsreichen aggressiven Behandlung, die darauf abzielt, das gestörte Immunsystem und alle beteiligen Zellen zu eliminieren, um dann durch Reinfusion autologer Stammzellen ein neues, tolerantes Immunsystem zu etablieren, bleibt im Rahmen randomisierter klinischer Studien zu klären.[57] Einen weiteren experimentellen Ansatz stellt der Versuch dar, bereits beeinträchtigte Körperfunktionen mit Hilfe neuroprotektiver Substanzen wiederherzustellen.[58]

Nicht-medikamentöse Therapie

Ernährung

Auch wenn eine Metaanalyse keinen Hinweis auf einen wesentlichen Effekt verschiedener Ernährungsformen auf den Krankheitsverlauf ergab,[59] kann nach Auffassung der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) eine geeignete Ernährung durchaus den Verlauf der MS günstig beeinflussen. Folgende Ernährungsratschläge werden gegeben:[60]

  • Die Kalorienzufuhr sollte ausreichend, aber nicht überschüssig sein, das Erreichen und Halten des „Normalgewichtes“ sei sinnvoll.
  • Die Proteinzufuhr sollte bei etwa 50–80 g/Tag liegen. Ein großer Teil davon sollte durch hochwertiges pflanzliches Eiweiß (zum Beispiel Tofu) beziehungsweise in Eiweißkombinationen (Pellkartoffeln und Quark, Milchreis, Müsli) gedeckt werden
  • Industriell hergestellte, harte, gesättigte Fette und tierische Fette sollten deutlich reduziert werden. Auf verborgene Fette (zum Beispiel in Schokolade, Süßspeisen, Milchreis) sei besonders zu achten.
  • Vier bis maximal 10 Teelöffel (20–50 g) gutes Öl mit vielen mehrfach ungesättigten Fettsäuren (z. B. Sojaöl, Weizenkeimöl, Leinöl usw.) erlauben eine ausreichende Zufuhr an mehrfach ungesättigten, zum Teil essentiellen Fettsäuren.
  • Die tägliche zusätzliche Einnahme von Fischölpräparaten könnte möglicherweise einen positiven Einfluss auf die MS haben; ein eindeutiger Beweis fehlt aber. Trotzdem sollte auf den ernährungsphysiologisch hohen Wert von Fischmahlzeiten verwiesen werden, zumal Meeresfische einen hohen Anteil mehrfachungesättigter Fettsäuren und wertvolles Eiweiß enthalten.
  • Bei den Kohlehydraten sollte der Zuckeranteil niedrig gehalten werden. Nicht raffinierte Getreideprodukte (Vollkornmehl, Vollkornbrot, Naturreis, Haferflocken etc.) sind vorzuziehen.
  • Der Ballaststoffanteil der Nahrung kann durch Obst, Gemüse und Salate vermehrt werden.
  • Der Anteil tierischer Nahrungsmittel sollte eventuell auf zwei- bis dreimal pro Woche eingeschränkt werden und sich auf möglichst mageres Fleisch beschränken oder durch Fischmahlzeiten ersetzt werden. Da die meisten Wurstsorten viel versteckte Fette enthalten, sollten sie besser gemieden werden.
  • Die Ernährung sollte vollwertig sein, industrielle Fertigprodukte sollten nur gelegentlich eingesetzt werden.
  • Bei Osteoporose oder erhöhtem Risiko (Inaktivität, Kortisontherapie) sei die Einnahme von Vitamin D und die vermehrte Zufuhr von Kalzium (z. B. in Form von Milch) anzuraten.

Diäten

Es gibt einige Diäten, von denen ihre Verfasser behaupten, sie hätten den Krankheitsverlauf von MS positiv beeinflusst. Oder wie im Fall von Roger Macdougall sogar dazu geführt, dass nahezu alle Symptome von MS verschwanden.

Theorien dass bestimmte Nahrungsinhaltsstoffe MS hervorrufen können

Physiotherapie

Die physiotherapeutische Behandlung kann Muskelkraft, Ausdauer und Koordination verbessern und so mit dazu beitragen, die Mobilität zu erhalten.[61] Insbesondere Therapieformen auf neurophysiologischer Grundlage kommt eine besondere Bedeutung zu.[62]

Psychologische Betreuung

Eine psychologische Betreuung kann dazu beitragen, sekundär aufgetretene depressive Störungen zu behandeln. Ob mithilfe von kognitivem Training auch kognitive Beeinträchtigungen infolge der Krankheit verbessern werden können, wird in der Forschung untersucht.[63]

Weitere Therapien und Theorien

Prognose

Bislang ist es zu Beginn der Erkrankung kaum möglich, eine Prognose über den weiteren Verlauf zu stellen, was die betroffenen Patienten sehr belastet. In den letzten Jahren wurden einige epidemiologische Studien zur Prognose der Multiplen Sklerose veröffentlicht. Die Ergebnisse waren überwiegend positiv und zeigten, dass die Erkrankung nicht selten weniger schwer als allgemein angenommen verläuft.[64] Basierend auf den Krankheitsverläufen von 1059 Patienten ist von einer Münchener Arbeitsgruppe ein Modell zur Bestimmung des Risikoprofils anhand von Krankheitsverlauf, EDSS-Status, Erkrankungsdauer, Schubfrequenz und Alter entwickelt worden.[65] Wichtig ist die frühe Unterscheidung von gutartigen Verläufen von Verläufen mit vielen Schüben und progredienter Behinderung auch hinsichtlich der Therapieempfehlung. Bei gutartigen Verläufen ist eine immunmodulierende Behandlung nicht indiziert. Hingegen ist bei einem Verlauf mit vielen beeinträchtigenden Schüben in der Frühphase der Erkrankung eine immunmodulierende Therapie zu diskutieren.

Siehe auch

Quellen und weiterführende Informationen

Einzelnachweise

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Literatur

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  • Rudolf M. Schmidt, Frank Hoffmann: Multiple Sklerose. Urban & Fischer, München 2006, ISBN 3-43722-081-0.
  • Ralf Gold, Peter Rieckmann: Pathogenese und Therapie der Multiple Sklerose. Uni-Med, Bremen 2004, ISBN 3-89599-785-4.
  • Volker Limmroth, Oliver Kastrup: Therapieleitfaden Multiple Sklerose. Thieme, Stuttgart 2003, ISBN 3-13-105682-7.
  • Hayo Schipper: „Langzeit-Immuntherapie der Multiplen Sklerose.“ dmv, Münster 2007, ISBN 978-3-936525-37-3.
  • Jean-Pierre Moreau: Aufrecht leben: Eine unglaubliche Weltreise. Synergia, Darmstadt 2006, ISBN 3-9810894-0-5.
  • Vittorio Cavini: Im Rollstuhl durch die Welt. Edition Raetia, Bozen 2006, ISBN 88-7283-269-1.

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