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Differentialrechnung

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Die Differential- bzw. Differenzialrechnung ist ein Teilgebiet der Mathematik. Die Differentialrechnung ist eng verwandt mit der Integralrechnung, mit der sie unter der Bezeichnung Infinitesimalrechnung zusammengefasst wird, und ist ein wesentlicher Bestandteil der Analysis.

Das zentrale Konzept der Differentialrechnung ist die Ableitung einer Funktion. Die Ableitung ist der Proportionalitätsfaktor zwischen verschwindend kleinen (infinitesimalen) Änderungen des Eingabewertes und den daraus resultierenden, ebenfalls infinitesimalen Änderungen des Funktionswertes. Existiert ein solcher Proportionalitätsfaktor, so nennt man die Funktion differenzierbar.

Dieser Artikel erklärt außerdem die Begriffe Differenzenquotient, Differentialquotient, Differentiation, stetig differenzierbar, glatt, partielle Ableitung, totale Ableitung.

Einleitung

Der Grundbegriff der Differentialrechnung ist die Ableitung einer Funktion.

In geometrischer Sprache ist die Ableitung eine verallgemeinerte Steigung. Der geometrische Begriff Steigung ist urprünglich nur für lineare Funktionen definiert, deren Funktionsgraph eine Gerade ist. Die Ableitung einer beliebigen Funktion definiert man als die Steigung einer Tangente, die man an den Funktionsgraphen anlegt - wobei dieser Graph in der Regel an verschiedenen Stellen verschiedene Tangenten hat.

In arithmetischer Sprache gibt die Ableitung einer Funktion xf(x) an, um wieviel sich ein Funktionswert f(x) ändert, wenn sich x um einen "infinitesimal" kleinen Betrag dx ändert.

In einer klassischen physikalischen Anwendung liefert die Ableitung des Orts nach der Zeit die Momentangeschwindigkeit eines Teilchens.

Die Aufgabenstellung der Differentialrechnung war als Tangentenproblem seit der Antike bekannt. Der naheliegende Lösungsansatz war die Approximation der Tangente als Sekante über einem endlichen ("endlich" heißt hier: größer als Null), aber beliebig kleinen Intervall. Die technische Schwierigkeit bestand darin, mit einer solchen infinitesimal kleinen Intervallbreite rechnen zu lernen. Ende des 17. Jahrhunderts gelang es Isaac Newton und Gottfried Wilhelm Leibniz, widerspruchsfrei funktionierende Kalküle zu entwickeln (zur Entdeckungsgeschichte und zum Prioritätsstreit siehe den Artikel Infinitesimalrechnung). Seit dem späten 19ten Jahrhundert (Augustin Louis Cauchy) wird die Ableitung in der heute üblichen, logisch strengen Weise als Grenzwert von Sekantensteigungen ("Differenzenquotienten") definiert.

Definition

Hinführung

Ausgangspunkt für die Definition der Ableitung ist die Näherung der Tangentensteigung durch eine Sekantensteigung. Gesucht sei die Steigung einer Funktion xf(x) in einem Punkt x0. Man berechnet zunächst die Steigung der Sekante an f über einem endlichen Intervall :

Sekantensteigung = .

Die Sekantensteigung ist also der Quotient zweier Differenzen; sie wird deshalb auch Differenzenquotient genannt.

Mit der Kurznotation y für f(x) kann man abgekürzt

Sekantensteigung =

schreiben.

Ableitung einer Funktion

Differenzenquotienten sind aus dem täglichen Leben wohlbekannt, zum Beispiel als Durchschnittsgeschwindkeit:

"auf der Fahrt von Augsburg nach Flensburg war ich um 9h43 (x0) am Kreuz Biebelried (Tageskilometerstand f(x0)=198 km); um 11h04 (x0x) war ich am Dreieck Hattenbach (Tageskilometerstand f(x0x)=341 km); in 1h21' (Δx) habe ich somit 143 km (Δy) zurückgelegt; meine Durchschnittsgeschwindigkeit auf dieser Teilstrecke betrug somit 143km/1h21' = 105,9 km/h (Δyx)."

Um eine Tangentensteigung (im genannten Anwendungsbeispiel also eine Momentangeschwindigkeit) zu berechnen, muss man die beiden Punkte, durch die die Sekante gezogen wird, immer weiter aneinander rücken. Dabei gehen sowohl Δx als auch Δy gegen Null; der Quotient Δyx aber bleibt im Normalfall endlich. Auf diesem Grenzübergang beruht die folgende Definition:

Differenzierbarkeit und Ableitung in einem Punkt: Formale Definition und Notation

Eine Funktion einer Variablen x heißt differenzierbar an der Stelle x0, falls der Grenzwert

existiert. Dieser Grenzwert heißt Differentialquotient oder Ableitung von f nach x an der Stelle x0 und wird als

oder oder

notiert.

Die Terme dx und dy heißen Differentiale. Sie stellen infinitesimal kleine Zahlenwerte dar (vergleiche Einleitung); in manchen Anwendungen (Kettenregel, Integration mancher Differentialgleichungen, Integration durch Substitution) rechnet man mit ihnen fast wie mit "normalen" Variablen. Ein Differential ist auch Teil der üblichen Notation für Integrale.

Die Notation einer Ableitung als Quotient zweier Differentiale wurde von Leibniz eingeführt; die Notation mit Apostroph () geht auf Newton zurück, der einen Punkt über die abgeleitete Größe setzte, was in der Physik für Zeitableitungen bis heute üblich geblieben ist.

Die Ableitung wurde hier für reelle Zahlen eingeführt. Für Differenzierbarkeit von komplexen Funktionen siehe den Artikel Komplexe Differenzierbarkeit.

Ableitung als eine Funktion

Eine Funktion ist genau dann differenzierbar, wenn sie an jeder Stelle ihres Definitionsbereichs differenzierbar ist (wenn also an jedem Punkt des Graphen von f eine eindeutige Tangente existiert).

Die Funktion der Differentialquotienten an allen Stellen von f nennt man die Ableitungsfunktion - oder kurz Ableitung - von f. (x0) nennt man die Ableitung von f an der Stelle x0. Sie entspricht der Steigung des Graphen der Funktion an der Stelle x0.

Ist die Ableitung stetig, dann heißt f stetig differenzierbar. Eine differenzierbare Funktion ist immer stetig. Die Umkehrung gilt jedoch überraschender Weise überhaupt nicht. Noch Anfang des 19. Jahrhunderts war man überzeugt, dass eine stetige Funktion höchstens an wenigen Stellen nicht differenzierbar sein kann (wie die Betragsfunktion). Tatsächlich gibt es Funktionen, die überall stetig, aber nirgendswo differenzierbar sind (beispielsweise die Koch-Kurve). Der erste Mathematiker, der so eine Funktion konstruierte, war Bernhard Bolzano. 1861 erschien die erste Veröffentlichung mit so einer Funktion, geschrieben von Karl Weierstraß.

Berechnung von Ableitungen

siehe dazu den Artikel: Tabelle von Ableitungs- und Stammfunktionen

Wenn man die Ableitung einer Funktion berechnet, sagt man, man differenziert diese Funktion; diese Tätigkeit heißt Differentiation.

Um die Ableitung elementarer Funktionen (z. B. xn, sin(x), ...) zu berechnen, hält man sich eng an die oben angegebene Definition, berechnet explizit einen Differenzenquotient und lässt dann Δ'x gegen Null gehen. Allerdings vollzieht der typische Mathematikanwender diese Berechnung nur ein paar wenige Male in seinem Leben nach; später kennt er die Ableitungen der wichtigsten elementaren Funktionen auswendig und schlägt Ableitungen nicht ganz so geläufiger Funktionen in einem Tabellenwerk (z. B. Bronstein-Semendjajew) nach.

Ableitungen zusammengesetzter Funktionen (z. B. sin(2x), x2exp(-x2), ...) führt man mit Hilfe von Ableitungsregeln (siehe unten) auf die Differentiation elementarer Funktionen zurück.

Beispiel für die elementare Berechnung einer Ableitungsfunktion

Gesucht sei die Ableitung von . Dann berechnet man den Differenzenquotienten als

und erhält im Limes Δx→0 die Ableitung

Beispiel für eine nicht differenzierbare Funktion

f(x) = |x| ist an der Stelle 0 nicht differenzierbar, denn es gilt:

Wenn x > 0 gilt f(x)= x und damit

und wenn x < 0 gilt f(x) = -x und damit

Da der linkseitige und der rechtsseitige Grenzwert nicht übereinstimmen, existiert kein beidseitiger Grenzwert. f ist somit an der betrachteten Stelle nicht differenzierbar (an allen anderen Stellen aber sehr wohl!).

Datei:Abs x.PNG

Betrachtet man den Graphen von f, so kommt man zu der Erkenntnis, dass der Begriff der Differenzierbarkeit anschaulich bedeutet, dass der zugehörige Graph keine "Knicke" enthält.

Beispiel für eine nicht stetig differenzierbare Funktion

Beachte: Selbst wenn f überall differenzierbar ist, muss die Ableitung nicht stetig sein.

Datei:X2cos1 x.PNG

Zum Beispiel ist die Funktion in jedem Punkt differenzierbar, aber die Ableitung ist im Punkt 0 nicht stetig.

Ableitungsregeln

Mit den folgenden Regeln kann man die Ableitung zusammengesetzter Funktionen auf Ableitungen einfacherer Funktionen zurückführen. Seien f, g und h (im Definitionsbereich) differenzierbare, reelle Funktionen, n und a reelle Zahlen, dann gilt:

konstante Funktion:
Potenzregel: , falls n ≠ 0
Summenregel:
Differenzregel:
Faktorregel:
Produktregel:
Quotientenregel:
Kettenregel:
Umkehrregel: Ist f eine, an der Stelle x0 differenzierbare, bijektive Funktion mit f '(x0)≠0, und ihre Umkehrfunktion f -1 bei f(x0) differenzierbar, dann gilt:

(Spiegelt man einen Punkt P des Graphen von f an der 1. Mediane und erhält damit P* auf f -1, so ist die Steigung von f -1 in P* der Kehrwert der Steigung von f in P)

Ableitung der Potenzfunktion: Um abzuleiten, erinnert man sich, dass Potenzen mit reellen Exponenten auf dem Umweg über die Exponentialfunktion definiert sind: . Anwendung der Kettenregel und - für die innere Ableitung - der Produktregel ergibt
.

Mehrfache Ableitungen, Glattheit

Ist die Ableitung einer Funktion f wiederum differenzierbar, so lässt sich die zweite Ableitung von f als Ableitung der ersten definieren. Auf dieselbe Weise können dann auch dritte, vierte, etc. Ableitungen definiert werden. Eine Funktion kann dementsprechend einfach differenzierbar, zweifach differenzierbar, etc. sein. Eine beliebig oft differenzierbare Funktion wird glatte Funktion genannt. Jede analytische Funktion ist glatt, aber nicht umgekehrt, wie das im Artikel Taylorreihe gegebene Beispiel einer nicht analytischen glatten Funktion zeigt.

Mehrfache Ableitungen können auf drei verschiedene Weisen geschrieben werden:

, , ...

Naheliegenderweise wird die Multi-Apostroph-Schreibweise bei niedrigen, die eine oder andere Zahlen-Schreibweise bei hohen Ableitungen bevorzugt. Für die formale Bezeichnung beliebiger Ableitungen f(i) (zum Beispiel für das Rechnen mit Taylorreihen) legt man außerdem fest, dass f(1)=f´ und f(0)=f.

Die zweite Ableitung kann geometrisch als die Krümmung eines Graphen interpretiert werden.

Die zweite Ableitung hat zahlreiche physikalische Anwendungen. Zum Beispiel ist die erste Ableitung des Orts s(t) nach der Zeit t die Momentangeschwindigkeit, die zweite Ableitung die Beschleunigung. Das Newtonsche Bewegungsgesetz

verknüpft die Beschleunigung a eines Körpers mit seiner Masse m und der auf ihn einwirkenden Kraft F. Das Grundproblem der Mechanik lautet deshalb, aus einer gegebenen Beschleunigung auf die Ortsfunktion eines Körpers zurückzuschließen. Diese Aufgabe, eine Umkehrung der zweifachen Differentiation, hat die mathematische Gestalt einer Differentialgleichung zweiter Ordnung; die mathematische Schwierigkeit dieses Problems rührt daher, dass Ort, Geschwindigkeit und Beschleunigung Vektoren sind, die im allgemeinen nicht in die gleiche Richtung zeigen, und dass die Kraft - je nach Anwendungsfall - von der Zeit t oder/und vom Ort s abhängen kann.

Wenn Politiker sich erfreut über den "Rückgang des Anstiegs der Arbeitslosenzahl" äußern, dann stellen sie auf die zweite Ableitung (Änderung des Anstiegs) ab, um die unangenehme Aussage der ersten Ableitung (Anstieg der Arbeitslosenzahl) zu relativieren.

Anwendung bei der Kurvendiskussion

Bei der Untersuchung eines Funktionsgraphen auf seine Eigenschaften (Kurvendiskussion) spielen die Ableitungsfunktionen eine entscheidende Rolle, da sie die Steigung des Graphen beschreiben. Dies sei am Beispiel der Funktion mit der Gleichung

erläutert. Die Abbildung zeigt den Verlauf von f(x), f '(x) und f ''(x).

Datei:Einekurvendiskussion.PNG

Waagerechte Tangenten

Eine Steigung 0, d.h. f '(x)=0, kennzeichnet eine waagerechte Tangente bei f(x). Dies kann einen Hochpunkt (lokales Maximum), einen Tiefpunkt (lokales Minimum) oder einen Sattelpunkt bedeuten. Im Beispiel ist

f '(x) wird 0 bei x=1 und x=3.

Die zweite Ableitung f ''(x) beschreibt die Steigung von f '(x), also die Änderung der Steigung von f(x). Ist f ''(x)>0, so ändert sich f '(x) von negativen zu positiven Werten, also liegt ein Tiefpunkt von f(x) vor. Im Falle f ''(x)<0 ändert sich die Steigung vom positiven zu negativen Werten, das bedeutet eine Hochpunkt von f(x). Im Beispiel ist f ''(1) = -2 und f ''(3) = 2.

Wendepunkte

Ist f ''(x)=0, so hat f '(x) hier eine waagerechte Tangente und die Steigung von f(x) ändert sich an dieser Stelle nicht. Wenn f '(x) hier einen Hoch- oder Tiefpunkt besitzt (also f '''(x) hier nicht 0 ist), dann bedeutet das einen Wendepunkt von f(x). Im Beispiel ist

und wird 0 bei x=2. Zugleich ist

und daher ungleich 0.

Sattelpunkte

Einen Wendepunkt mit zugleich waagerechter Tangente nennt man einen Sattelpunkt. Für ihn gilt demnach f '(x)=0 und f ''(x)=0, wie im Beispiel der Funktion mit der Gleichung

an der Stelle x=0.

Datei:Xhoch3.PNG

Allerdings ist das kein hinreichendes Kriterium, es kann auch f '(x)=0 und f ''(x)=0 werden, ohne dass ein Wendepunkt auftritt, wie im Beispiel

Datei:Xhoch4.PNG

Erst wenn f ''' nicht 0 ist, ist ein Wendepunkt erwiesen.

Eine vollständige Kurvendiskussion umfasst weitere Untersuchungen, siehe Kurvendiskussion.


Beispiel für angewandte Differentialrechnung

Datei:Neokl.png

In der Mikroökonomie werden beispielweise verschiedene Arten von Produktionsfunktionen analysiert, um daraus Erkenntnisse für makroökonomische Zusammenhänge zu gewinnen. Hier ist vor allem das typische Verhalten einer Produktionsfunktion von Interesse: Wie reagiert die abhängige Variable Output y (produzierte Menge eines Gutes), wenn der Input x (Produktionsfaktor) um eine (infinitesimal) kleine Einheit erhöht wird?

Ein Grundtyp einer Produktionsfunktion ist etwa die neoklassische Produktionsfunktion. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass der Output bei jedem zusätzlich Input steigt, dass aber die Zuwächse abnehmend sind. So kann man die Produktionsfaktoren in einem Betrieb grob in Arbeit und Kapital einteilen. Es sei beispielsweise für einen Betrieb die Produktionsfunktion

maßgebend. Die erste Ableitung dieser Funktion ergibt unter Anwendung der Kettenregel

.

Da der Wurzelausdruck der ersten Ableitung nur positiv werden kann, sieht man, dass der Ertrag bei jedem zusätzlichen Input steigt. Die zweite Ableitung ergibt

.

Sie wird für alle Inputs negativ, also fallen die Zuwächse. Man könnte also sagen, das bei steigendem Input der Output unterproportional steigt.

Ableitungen von mehrdimensionalen Funktionen

Alle vorigen Ausführungen legten eine Funktion in einer Variablen (also eine -Funktion) zu Grunde. Funktionen, die Vektoren auf Vektoren oder Vektoren auf Zahlen, können ebenfalls eine Ableitung. Allerdings ist eine Tangente an die Funktion in diesen Fällen nicht mehr eindeutig bestimmt, da es viele verschiedene Richtungen gibt. Hier ist also eine Erweiterung des bisherigen Ableitungsbegriffs notwendig.

Die Partielle Ableitung

Wir betrachten zunächst eine Funktion, die von geht. Ein Beispiel ist die Temperaturfunktion: Wir messen in Abhängigkeit vom Ort die Temperatur in unserem Zimmer, um zu beurteilen, wie effektiv die Heizung ist. Bewegen wir das Termometer in eine bestimmte Richtung, bemerken wir eine Veränderung der Temperatur. Diese ist die sogenannte Richtungsableitung. Die Richtungsableitungen in spezielle Richtungen, nämlich die der Koordinatenachsen, nennt man auch die partiellen Ableitungen.

Insgesamt lassen sich für eine Funktion in Variablen insgesamt partielle Ableitungen errechnen:

Die einzelnen partiellen Ableitungen einer Funktion lassen sich auch gebündelt als Nablavektor anschreiben.

Totale Differenzierbarkeit

Eine Funktion heißt in einem Punkt total differenzierbar, falls eine lineare Abbildung existiert, so dass

.

Für den eindimensionalen Fall stimmt diese Definition mit der oben angegebenen überein. Die lineare Abbildung ist bei Existenz eindeutig bestimmt, hängt also insbesondere nicht von der verwendeten Norm ab. Die Tangente wird also durch die Linearisierung der Funktion abstrahiert.

Zwischen den partiellen Ableitungen und der totalen Ableitung besteht folgender Zusammenhang: Existieren in alle partiellen Ableitungen und sind diese dort sogar stetig, dann ist die Funktion in sogar total differenzierbar.

Wichtige Sätze

Der Fundamentalsatz der Analysis

Die wesentliche Leistung von Leibniz war die Erkenntnis, dass Integration und Differentiation zusammenhängen. Diese formulierte er im Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung, auch Fundamentalsatz der Analysis genannt. Er besagt: Ist ein Intervall, eine stetige Funktion und ein beliebiger Punkt, so ist die Funktion

stetig differenzierbar, und ihre Ableitung ist .

Hiermit ist also eine Anleitung zum Integrieren gegeben: Wir suchen eine Funktion, deren Ableitung der Integrand ist. Dann gilt:

.

Weitere Sätze

  • Mittelwertsatz der Differentialrechnung: Es sei eine Funktion, die auf dem abgeschlossenen Intervall (mit a < b) definiert und stetig ist. Außerdem sei die Funktion f im offenen Intervall differenzierbar. Unter diesen Voraussetzungen gibt es mindestens ein , sodass gilt.
  • Satz von Schwarz: Die Differentiationsreihenfolge ist bei der Berechnung von partiellen Ableitungen höherer Ordnung unerheblich.
  • Satz von der impliziten Funktion: Funktionsgleichungen sind lösbar, falls die Jacobi-Matrix bezüglich bestimmter Variablen invertierbar ist.

Verallgemeinerung: die Differentialform

In der Differentialgeometrie werden gekrümmte Flächen untersucht. Hierzu wird der Begriff der Differentialform benötigt.

Differentialgleichungen

Die wichtigste Anwendung der Differentialrechnung neben dem Bestimmen von Maxima und Minima ist in der mathematischen Modellierung physikalischer Vorgänge. Wachstum, Bewegung oder Kräfte haben alle mit Ableitungen zu tun, ihre formelhafte Beschreibung muss also Differentiale enthalten. Typischerweise führt dies auf Gleichungen, in denen Ableitungen einer unbekannten Funktion auftauchen, eben genau Differentialgleichungen.


Literatur

  • Schulbücher:
    • Differentialrechnung ist ein zentraler Unterrichtsgegenstand in der Sekundarstufe II und wird somit in allen Mathe-Lehrbüchern behandelt.
  • Lehrbücher für Studierende der Mathematik und benachbarter Fächer (Physik, Informatik):
    • Richard Courant: Vorlesungen über Differential- und Integralrechnung 1, 2, Springer, 1. Aufl. 1928, 4. Aufl. 1971
    • Otto Forster: Analysis 1, 2, 4. Auflage, 1983, Vieweg Verlag
    • Konrad Königsberger: Analysis 1, 2, 3. Auflage, 1995, Springer Verlag
  • Lehrbücher für Studierende mit Nebenfach/Grundlagenfach Mathematik (Ingenieure, Wirtschaftswissenschaftler, ...):
    • Rainer Ansorge und Hans Joachim Oberle: Mathematik für Ingenieure, Band 1, 3. Auflage, 2000, Wiley-VCH