Patentanwalt (Deutschland)
Ein Patentanwalt berät und vertritt Mandanten auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes, welches Patente, Gebrauchsmuster, Geschmacksmuster (Designschutz), Marken, Arbeitnehmererfinderrecht, Halbleiterschutzrecht, Typografieschutzrecht, Sortenschutzrecht und Lizenzverträge umfasst.
Mit ihrem abgeschlossenen naturwissenschaftlichen oder technischen Hochschulstudium und ihrer juristischen Zusatzausbildung sind sie berechtigt, Dritte vor dem Deutschen Patent- und Markenamt und dem Bundespatentgericht in Sachen des gewerblichen Rechtsschutzes sowie vor dem Bundesgerichtshof (BGH) im Patentnichtigkeitsberufungsverfahren (§ 111 Abs. 4 PatG) zu vertreten. In Verfahren vor den Landgerichten, den Oberlandesgerichten sowie dem BGH ist ihnen auf Antrag das Wort zu gestatten (§ 4 PatAnwO). Patentanwälte sind ferner berechtigt, in Angelegenheiten, welche die Technik bereichernde Leistungen betreffen, andere zu beraten und Dritten gegenüber zu vertreten
In der Patentanwaltsordnung sind die Rechte und Pflichten des Patentanwalts und die Voraussetzungen zur Zulassung festgelegt.
Patentanwälte tragen vor Gericht eine schwarze Robe mit einem Besatz aus stahlblauer Seide.
Historie
Alsbald nach Gründung des Kaiserlichen Patentamtes im Mai 1877 stellte sich heraus, daß für die komplexen, technischen Sachverhalte im Patentwesen besonders qualifizierte Fachleute benötigt werden, die neben den juristischen Fragen auch in der Lage waren, die technischen Zusammenhänge der Erfindungen zu verstehen. Als Folge davon trat am 21. Mai 1900 das Gesetz betreffend die Patentanwälte in Kraft, nach dem eine Liste der besonders befähigten Personen beim Patentamt geführt wurde. Im Dritten Reich wurde Ende 1938 mit der Sechsten Verordnung zum Reichsbürgergesetz den jüdischen Patentanwälten die Berufsausübung untersagt.
Organ der Rechtspflege
Der Patentanwalt ist - wie auch ein Rechtsanwalt - unabhängiges Organ der Rechtspflege. Dies bedeutet, dass der Patentanwalt nicht nur seinem Mandanten verpflichtet ist, sondern auch die Rechtsordnung achten muss. So darf der Patentanwalt zum Beispiel vor Gericht nicht die Unwahrheit vortragen. Er darf auch nicht tätig werden, wenn er wegen desselben Streitgegenstands bereits die Gegenpartei vertritt oder vertreten hat. Das Patentanwalt-Mandantenverhältnis ist verfassungsrechtlich privilegiert, d. h. der Staat kann den Patentanwalt nicht zwingen, Dritten über Mandantengespräche zu berichten.
Ausbildung
Die Ausbildung zum Patentanwalt ist in Deutschland formal durch die Patentanwaltsordnung (PAO) und die Patentanwaltsausbildungs- und -prüfungsordnung geregelt. Voraussetzung für die Ausbildung zum Patentanwalt ist danach zunächst ein erfolgreicher Abschluss eines naturwissenschaftlichen (z.B. Chemie, Physik, Biologie etc.) oder technischen Studiums (z.B. Elektrotechnik, Maschinenbau, Architektur, Metallurgie etc.) an einer wissenschaftlichen Hochschule. Darüber hinaus muss ein Patentanwaltsbewerber vor Beginn der Patentanwaltsausbildung seine praktisch-technische Berufserfahrung durch eine einjährige berufliche Tätigkeit nachweisen. In der Praxis geht der Arbeit als Patentanwalt aber je nach künftigem Tätigkeitsschwerpunkt oftmals eine mehrjährige Forschungsarbeit, z.B. im Rahmen einer Dissertation, voraus.
Es gibt zwei verschiedene Wege der Patentanwaltsausbildung. Die lange Patentanwaltsausbildung (§ 172 PAO) dauert bei bestandener Prüfung für die Zulassung als Vertreter vor dem Europäischen Patentamt 8 Jahre, sonst 10 Jahre. Die kurze Patentanwaltsausbildung dauert 34 Monate und beginnt mit einem mindestens 26-monatigen Praktikum bei einem Patentanwalt oder einem in der Industrie tätigen Patentassessor, gefolgt von einem achtmonatigen Ausbildungsabschnitt beim Deutschen Patent- und Markenamt und beim Bundespatentgericht in München. Der Patentanwaltsbewerber muss weiterhin an der Fakultät für Rechtswissenschaften der FernUniversität in Hagen ein zweijähriges Fernstudium im Allgemeinen Recht absolvieren oder an einer anderen rechtswissenschaftlichen Fakultät das 1. juristische Staatsexamen ablegen, um die erforderlichen juristischen Kenntnisse nachzuweisen. Am Schluss der Ausbildung erfolgt eine Prüfung, nach deren Bestehen der Titel Patentassessor verliehen wird, und der Voraussetzung zur Beantragung einer Eintragung in die Liste der Patentanwälte ist.
Berufstätigkeit
Um freiberuflich Mandanten beraten und vor den nationalen deutschen Behörden und Gerichten für den gewerblichen Rechtsschutz vertreten zu dürfen, muss ein Patentassessor in die Liste der Patentanwälte eingetragen sein, die beim Deutschen Patent- und Markenamt geführt wird. Hierzu muss der Patentassessor sich als Organ der Rechtspflege vereidigen lassen und eine Kanzlei einrichten. Auch der Eintritt in eine bestehende Kanzlei kann das Erfordernis der Einrichtung einer Kanzlei erfüllen.
Die Zulassung als deutscher Patentanwalt berechtigt außderdem zur Vertretung vor dem Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt in Alicante, Spanien (HABM/OHIM) sowie der World Intellectual Property Organization in Genf (WIPO).
Es gibt außerdem eine unabhängige andere Ausbildung zu einem anderen Beruf, nämlich dem des "zugelassenen Vertreter vor dem EPA". Diese Berufsgruppe ist zur Vertretung von Mandanten vor dem Europäischen Patentamt berechtigt. Die Zulassung zur Prüfung als (engl.) "European Patent Attorney" bezeichneten Vertreters erfordert zumindest einen technischen oder naturwissenschaftlichen Abschluss und eine dreijährige Tätigkeit unter Aufsicht eines zugelassen Europäischen Vertreters.
Die Zulassung als deutscher Patentanwalt berechtigt allerdings nicht zur Vertretung vor dem Europäischen Patentamt. Ein dort zugelassener (engl.) European Patent Attorney ist andererseits - im Gegensatz zum deutschen Patentanwalt - nicht zur Vertretung vor den deutschen nationalen Behörden, DPMA und Bundessortenamt, und der EU-Behörde Europäischen Amt für Marken und Geschmacksmuster berechtigt. Vor den nationalen Behörden ist - wie bereits ausgeführt - der deutsche Patentanwalt (und der deutsche Rechtsanwalt) vertretungsberechtigt. Auch vor dem HABM darf der deutsche Patentanwalt - wie Patentanwälte anderer Staaten auch - ebenfalls seine Mandantschaft vertreten.
Dem zugelassenen Vertreter erlaubt das Rechtsberatungsgesetz natürlich das Europäische Patentrecht betreffend auch in Deutschland tätig zu werden. Art 134(5) EPÜ regelt insbesondere, dass nationale (u.a. deutsche) Behörden diese Berechtigung nur im Einzelfall in Anwendung der zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erlassenen Rechtsvorschriften entziehen dürfen.
Für Deutschland erteilte europäische Patente fallen - mit Ausnahme des Einspruchs und Einspruchsbeschwerdeverfahrens - unter die Zuständigkeit der nationalen Behörden. Das Einspruchsverfahren und das Einspruchsbeschwerdeverfahren ist jedoch noch beim EPA angesiedelt.