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Todesstrafe

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Todesstrafe ist die durch das Gesetz erlaubte Tötung eines Menschen als Strafe für ein von ihm begangenes oder zu verantwortendes Verbrechen. Sie wird durch die Hinrichtung vollstreckt. Die Todesstrafe wird in einigen Ländern noch heute bei Mord und bei Geheimnisverrat durch Beamte oder Militärangehörige verhängt. In einigen Ländern kann die Todesstrafe auch für weitere Delikte ausgesprochen werden (zum Beispiel Entführung in einigen Staaten der USA); in wenigen Ländern wie China, Saudi-Arabien oder Iran kann sogar eine breite Palette weniger schwerwiegender Delikte mit dem Tod bestraft werden.

Eine Todesstrafe im eigentlichen Sinn kann nur durch dazu bevollmächtigte staatliche Organe ausgesprochen werden. Extralegale Tötungen, etwa durch Lynchjustiz, werden nicht als Todesstrafe bezeichnet; auch dann nicht, wenn sie aufgrund der tatsächlichen oder vermuteten Beteiligung des Getöteten an einem Verbrechen erfolgen.

Argumentation

Eines der stärksten Argumente, das für die Todesstrafe angeführt wird, ist der Gedanke der Sühne. Wurde die Todesstrafe verhängt, weil der Täter ein Leben ausgelöscht hat, so empfinden dies einige als einzig akzeptable Vergeltung. Desweiteren erhoffen sich die Befürworter der Todesstrafe einen gewissen Abschreckungseffekt, der potenzielle Täter von der Begehung einer schweren Straftat abhalten soll. Gegner argumentieren, dies rechtfertige keine so grausame Strafe und des weiteren: keine von einem Menschen begangene Tötung darf von einem Staat, der ja von Menschen geschaffen wurde, wiederholt werden. Rache sei Ausdruck von Schlechtigkeit.

Allerdings kann im Sinn von Gerechtigkeit ein Mensch nicht für die potenziellen Taten anderer Menschen, sondern nur für seine eigenen Taten bestraft werden, wodurch dieses Argument von vielen nicht anerkannt wird. Zudem konnte der Abschreckungseffekt durch die Todesstrafe in Studien nie ausreichend belegt werden. Es gibt vielmehr die Überlegung, dass die Todesstrafe durch ihre Gewalthaftigkeit eher zu einer Verrohung führen und daher die Hemmschwelle für Gewalttaten sogar senken könnte. Das Argument der Abschreckung wird auch deshalb als unlogisch betrachtet, weil ein Mörder während der Planung kaum mit der späteren Entdeckung seiner Tat rechnet. Kritiker der Todesstrafe führen an, dass der Staat durch sein Handeln eine Vorbildfunktion hat. Ein weiteres Argument lautet, dass sich der Staat nicht auf die Stufe des Verbrechers stellen soll.

Während Befürworter der Todesstrafe den Staat als Vollstrecker der Gerechtigkeit sehen, meinen diejenigen, die die Todesstrafe ablehnen, Staaten seien künstliche Gebilde, die nie gut genug funktionieren, um den Tod von Menschen verantworten zu können. Weder die Polizei noch das Justizsystem arbeiten vollkommen fehlerfrei.

Subjektive Eindrücke können den Ausgang von Gerichtsverfahren entscheiden. Insbesondere wenn ein Gerichtsverfahren emotionalisiert ist. Richter wollen oftmals dem auf ihnen lastenden Druck entgehen, indem sie durch ein hartes Vorgehen überzeugen, und bilden dadurch eine Grundlage für Fehlurteile.

Ein weiteres Argument von Befürwortern der Todesstrafe ist, dass ein Hingerichteter keine weiteren Verbrechen mehr begehen kann, während eine mögliche Flucht bei Haftstrafen oder eine verfrühte Haftentlassung durch Fehlgutachten weitere Straftaten ermöglichen. Allerdings sitzen auch zum Tode Verurteilte in vielen Staaten oft Jahre, wenn nicht Jahrzehnte im Gefängnis ("Todeszelle") und haben in jener Zeit ähnliche Fluchtchancen wie nicht zum Tode Verurteilte. Durch eine Sicherungsverwahrung ist die Bevölkerung in vielen Staaten, etwa in Deutschland, zudem auch nach Haftende vor schweren Straftätern geschützt.

Auch wenn dies von vielen als unmoralisch abgelehnt wird, führen einige Befürworter der Todesstrafe mögliche Kostenersparnisse durch eine Todesstrafe an. In Staaten wie den USA zeigte sich jedoch, dass die Kosten in einem Prozess, der mit der Todesstrafe endet, im Schnitt höher sind. Dies hängt einerseits mit den Fixkosten der Hinrichtung und den zugehörigen Vorbereitungen zusammen, vor allem aber mit hohen Prozesskosten, die durch eine erhöhte Vorsicht bei den Ermittlungen entstehen. Diese ist geboten, um das Risiko von Fehlurteilen zu vermindern.

Die Tatsache, dass eine Hinrichtung nicht mehr rückgängig zu machen ist, ist eines der stärksten Argumente gegen die Todesstrafe. Zahlen von Amnesty International belegen, dass seit 1900 in den USA mindestens 450 Menschen zum Tode verurteilt worden sind, deren Unschuld später bewiesen wurde. Bei einigen wurde erst posthum die Unschuld festgestellt. Seit der Wiedereinführung der Todesstrafe konnte im US-Bundesstaat Illinois bei mehr zum Tod Verurteilten die Unschuld bewiesen werden als Straftäter hingerichtet wurden. Der scheidende Gouverneur George Ryan wandelte daraufhin im Jahre 2003 die Strafe aller 167 Todeskandidaten in Illinois in lebenslange Haft um. Zudem gilt in Illinois seit Januar 2000 ein Moratorium.

Über die Einführung bzw. die Abschaffung der Todesstrafe wird in vielen Ländern der Welt - zumeist während diversen Wahlkämpfen - heftig diskutiert.

Europäische Menschenrechtskonvention

Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) sah in Artikel 2 die Todesstrafe zunächst als gerechtfertigte Strafe an. Nach und nach änderte sich aber die öffentliche Meinung und der Europarat wurde ein entschiedener Kämpfer gegen die Todesstrafe. 1983 wurde deshalb das 6. Fakultativprotokoll der EMRK zur Abschaffung der Todesstrafe in Friedenszeiten aufgelegt. Deutschland ist der Konvention 1989 beigetreten. Mit dem 13. Fakultativprotokoll der EMRK wurde schließlich 2002 auch die Todesstrafe in Kriegszeiten als abgeschafft erklärt. Diesem Fakultativprotokoll ist auch Deutschland beigetreten (Ratifikation: Juli 2004). Sämtliche Staaten des Europarats haben die Todesstrafe de jure oder de facto inzwischen vollständig abgeschafft. Außer Russland sind alle 46 Mitgliedsstaaten des Europarats dem Protokoll Nr. 6 beigetreten und haben die Todesstrafe damit abgeschafft. Seit 1997 hat es auf dem Gebiet des Europarats keine Hinrichtung mehr gegeben, lediglich Weißrussland vollstreckt die Todesstrafe weiterhin.

Geschichte

Die erste bekannte Gesetzgebung, welche die Todesstrafe vorsah, war der Codex Hammurapi. Im Altertum und im Mittelalter war die Todesstrafe für viele Straftaten vorgesehen und spielt durch die Kreuzigung von Jesus Christus eine wichtige, allerdings ambivalente Rolle in der christlichen Religion. Während das Oströmische Reich die Zahl der Hinrichtungen seit etwa dem 8. Jahrhundert aus christlichen Erwägungen reduzierte und durch das Abschneiden von Nasen oder Ohren ersetzte, wurde im Westen, ebenso aus christlichen Erwägungen, die Todesstrafe für einen unverzichtbaren Bestandteil des Rechtswesens gehalten.

Viele alte Kulturen kannten nur die Geldstrafe, evtl. die Versklavung und die Todesstrafe, aber keine Gefängnisstrafe.

Üblich war in früheren Zeiten die öffentliche Hinrichtung zur moralischen Erbauung der Zuschauer. Oft ging der Hinrichtung auch Folter voraus, da diese eine übliche Verhörmethode war. Während der Aufklärung gab es Bemühungen, die Todesstrafe abzuschaffen (Cesare Beccaria) oder wenigstens humaner zu gestalten (Guillotine).

Deutschland

Unmittelbar nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde am 29. März 1933 das Reichsgesetz über Verhängung und Vollzug der Todesstrafe erlassen. Durch zahlreiche Verordnungen, unter anderem die Verordnung gegen Volksschädlinge vom 5. September 1939, wurde die Zahl der mit der Todesstrafe zu ahndenden Straftaten immer weiter erhöht. Ab 1944 konnte die Todesstrafe für jedes beliebige Delikt verhängt werden, als Maßstab galt nur noch das „gesunde Volksempfinden“. Bezeichnend ist ein Zitat Hitlers von 1942: Nach 10 Jahren Zuchthaus ist der Mensch sowieso für die Volksgemeinschaft verloren. Solchen Kerl steckt man entweder in ein Konzentrationslager oder tötet ihn. In letzter Zeit ist das letztere wichtiger, um der Abschreckung willen.

Nach der amtlichen Statistik wurden zwischen 1933 und 1945 16.560 Todesurteile gefällt, davon wurden etwa 12.000 vollstreckt. 664 Todesurteile erfolgten vor Kriegsbeginn, 15.896 während des 2. Weltkrieges. Allein der Volksgerichtshof verhängte 5.243 Todesurteile. Außerdem wurden zusätzlich etwa 20.000 Todesurteile von Kriegsgerichten ausgesprochen. Besonders nach dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler durch den Kreis um Claus Graf Schenk von Stauffenberg wurden viele Todesurteile ausgesprochen und vollstreckt.

Die meisten Urteile wurden durch das Fallbeil vollstreckt. Aber auch Erhängen war üblich, insbesondere bei Fällen von Landesverrat und wenn Massenhinrichtungen anstanden. Besonders viele Hinrichtungen fanden im Zuchthaus Plötzensee statt, bis zu 142 an einem Tag. Der bekannteste und meistbeschäftigte Scharfrichter im Dritten Reich war Johann Reichhart.

Bundesrepublik

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die letzten Todesstrafen im Gebiet der späteren Bundesrepublik zwischen 1946 und 1949 im Rahmen der Nürnberger Prozesse gegen ehemalige Nazi-Größen wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vollstreckt (Holocaust); außerdem gab es mehrere Todesurteile gegen andere Straftäter.

Einige in der englischen, französischen und US-amerikanischen Besatzungszone verabschiedete Landesverfassungen (Baden, Bayern, Bremen, Hessen und Rheinland-Pfalz) ließen die Todesstrafe noch zu, und in Rheinland-Pfalz wurden zwischen 1947 und 1949 auch noch Todesurteile verhängt, jedoch trotz bereits angeschaffter Guillotine nicht mehr vollstreckt. In West-Berlin, das wegen des Vier-Mächte-Status bis 1990 nicht in den Geltungsbereich des Grundgesetzes einbezogen war, wurde vom 11. auf den 12. Mai 1949 als Letzter der 24jährige Raubmörder Berthold Wehmeyer hingerichtet. Am 20. Januar 1951 trat in West-Berlin das Gesetz über die Abschaffung der Todesstrafe in Kraft, bestehende Todesurteile wurden schon vorher in lebenslange Haftstrafen umgewandelt.

Mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1949 wurde die Todesstrafe durch Art. 102 des Grundgesetzes (GG) abgeschafft. Den entsprechenden Antrag im Parlamentarischen Rat stellte Friedrich Wilhelm Wagner (SPD). Entgegenstehende Bestimmungen in den genannten Landesverfassungen wurden damit unwirksam und in der Folge meistens (Artikel 47 der bayerischen Verfassung zum Beispiel durch Volksentscheid vom 8. Februar 1998), wenn auch nicht immer (vgl. Paragraph 21 der hessischen Landesverfassung von 1946) ausdrücklich aufgehoben. Nach heutiger Auslegung des Grundgesetzes durch das Bundesverfassungsgericht ergibt sich das Verbot der Todesstrafe auch aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG (Menschenwürde). Der zum Tode Verurteilte würde zum Objekt degradiert werden und seiner Freiheitsrechte völlig beraubt.


SBZ und DDR

In der SBZ gab es von 1945 bis zur Staatsgründung 121 Todesurteile durch deutsche Behörden, von denen 47 vollstreckt wurden (in einem weiteren Fall ist die Vollstreckung noch nicht geklärt). Seit der Staatsgründung gab es 227 rechtskräftige Todesurteile, davon wurden 166 vollstreckt.

Hinsichtlich der – in den 1940ern und 1950ern gefällten und durch Erschießen vollstreckten – Todesurteile der sowjetischen Besatzungsmacht, gibt es keine seriösen Schätzungen. Es wird sich jedoch um einge Hundert gehandelt haben; wobei zu beachten ist, dass zwischen 1947 und Januar 1950 die Todesstrafe in der UdSSR abgeschafft war, so dass auch in der SBZ erlassene Urteile in lebenslängliche oder 25- jährige Haft umgewandelt wurden.

In der DDR wurde die Todesstrafe offiziell erst 1987 abgeschafft - als "Gastgeschenk" für den geplanten Staatsbesuch von Erich Honecker in Bonn. Die Abschaffung wurde – im Rahmen einer umfassenden Amnestie – mit Beschluss des Staatsrates der DDR am 17. Juli 1987 verkündet. Im Dezember des gleichen Jahres wurde dieser Beschluss durch ein von der Volkskammer verabschiedetes Gesetz umgesetzt.

Die Todesstrafe konnte in der DDR bei Mord und Kriegsverbrechen, aber auch bei Spionage, Sabotage und ‚konterrevolutionären Verbrechen ‘ verhängt werden. Durchgeführt wurden die Hinrichtungen zunächst durch Enthauptung mit der Guillotine, ab 1966 durch einen „unerwarteten Nahschuss“ in das Genick vollstreckt.

Bis 1960 fanden die Hinrichtungen zum überwiegenden Teil in Dresden, aber auch in Brandenburg und Frankfurt/Oder statt. Das Dresdener Fallbeil war im Dritten Reich im Innenhof des Landgerichts Münchner Platz zum Einsatz gekommen, dann kurz vor Kriegsende in einem vollgelaufenen Steinbruch in der Nähe von Kamenz in der Westlausitz versenkt, nach Kriegsende geborgen und wieder hergerichtet worden. Seit 1960 fanden alle Hinrichtungen zentral im Leipziger Gefängnis in der Alfred-Kästner-Straße statt.

Seit den 1970ern wurde die Todesstrafe nur noch in seltenen Fällen verhängt - fast ausschließlich in Spionagefällen. Das letzte Todesurteil wurde 1981 am MfS-Offizier Dr. Werner Teske vollstreckt, letzte zivile Todesstrafe am Kindermörder Erwin Hagedorn aus Eberswalde am 15. September 1972.

Auffällig ist die mühsame Geheimhaltung der Hinrichtungen in der gesamten Zeit. Selbst bei offen verkündeten Todesurteilen in Schauprozessen wurde die Strafe stets in aller Heimlichkeit vollstreckt. In den Totenscheinen erschien auch in solchen Fällen als Todesursache meist nur "Herzversagen". Die Hinrichtungen kamen erst nach der Wende ans Licht.

Seit dem 16. Jahrhundert gab es in Österreich Bemühungen, die Todesstrafe einzuschränken oder abzuschaffen. Erste Erfolge gab es im 18. Jahrhundert, als mit der "verschärften Todesstrafe" besonders grausame Formen, wie etwa das Rädern, abgeschafft wurden.

Zwischen 1787 und 1795 wurde die Todesstrafe aus wirtschaftlichen Überlegungen abgeschafft. Man setzte die Sträflinge stattdessen zur Zwangsarbeit ein. 1795 wurde sie jedoch wieder für Hochverrat, 1803 auch für andere schwere Verbrechen wieder eingeführt. Die Strafrechtsreform von 1871 sah die Todesstrafe nur noch für Mord vor.

Während des ersten Weltkriegs galt ein Notverordnungsrecht der Regierung, und die Todesstrafe wurde wieder für andere Delikte angewandt, bis nach der Errichtung der ersten Republik 1919 die Todesstrafe für ordentliche Verfahren abgeschafft wurde. Die diktatorische Regierung von Engelbert Dollfuß griff 1934 nach dem Ausbruch der Februarkämpfe auf das nie formell abgeschaffte Notverordnungsrecht zurück und führte die Todesstrafe für zahlreiche Delikte wieder ein. Ab dem Anschluss Österreichs 1938 wurde die Rechtslage ähnlich wie im Dritten Reich.

In der zweiten Republik war die Todesstrafe zunächst für schwere Delikte vorgesehen, wurde 1950 jedoch für ordentliche Verfahren abgeschafft, 1968 auch für standrechtliche Verfahren. Die letzte Hinrichtung fand am 24. März 1950 im Straflandesgericht Wien statt.

Die letzte Hinrichtung in Schweden fand in Stockholm am 23. Dezember 1910 an einem Raubmörder statt. Nach diesen Datum ausgesprochene Todesstrafen wurden nicht mehr ausgeführt. 1921 wurde die Todesstrafe in Friedenszeiten abgeschafft. Im Zuge der Verfassungsreform 1973 wurde die Todesstrafe dann endgültig abgeschafft.

Die letzte hingerichtete Frau war Anna Månsdotter im Jahre 1890.

Weitere Länder

Zur USA siehe eigenen Artikel: Todesstrafe in den USA

Die Schweiz schaffte das entsprechende Gesetz 1942 ab, doch im Militärstrafrecht hielt sich die Todesstrafe bis 1992.

Weitere Abschaffungsdaten:

Aktuelle Situation

Die Todesstrafe wurde in allen europäischen Ländern (mit Ausnahme Weißrusslands), seit kurzem auch in der Türkei, abgeschafft und wird dort von breiten Gesellschaftsschichten nicht mehr akzeptiert. Die einzigen Industrieländer, die immer noch die Todesstrafe verhängen und vollstrecken, sind China, Japan, Südkorea, Taiwan und die USA. Trotzdem flammen immer wieder hitzige Diskussionen über eine Wiedereinführung auf, vor allem im Zusammenhang mit Sexualverbrechen.

Gegenwärtig ist nach Angaben von Amnesty International (AI) die Todesstrafe in 112 Ländern de jure oder de facto abgeschafft - in 76 ist sie per Gesetz verboten, in 15 Ländern ist sie mit Ausnahmen (z. B. bei Kriegsverbrechen) ausgesetzt, in 21 Ländern wurde seit 10 Jahren kein Todesurteil mehr vollstreckt. Anwendung findet die Todesstrafe noch in 83 Ländern. Dies sind in alphabetischer Reihenfolge (Stand 1.1.2003):

Ägypten, Äquatorialguinea, Äthiopien, Afghanistan, Algerien, Antigua und Barbuda, Bahamas, Bahrain, Bangladesch, Barbados, Belize, Benin, Botswana, Burundi, Volksrepublik China, Dominikanische Republik, Eritrea, Gabun, Ghana, Guatemala, Guinea, Guyana, Indien, Indonesien, Irak, Iran, Jamaika, Japan, Jemen, Jordanien, Kamerun, Kasachstan, Katar, Kirgisistan, Kenia, Komoren, Demokratische Republik Kongo, Nordkorea, Südkorea, Kuba, Kuwait, Laos, Lesotho, Libanon, Liberia, Libyen, Malawi, Malaysia, Marokko, Mauretanien, Mongolei, Myanmar, Nigeria, Oman, Pakistan, Palästinensische Autonomiegebiete, Philippinen, Ruanda, Sambia, Saudi Arabien, Sierra Leone, Simbabwe, Singapur, Somalia, St. Kitts und Nevis, St. Lucia, St. Vincent und die Grenadinen, Sudan, Swasiland, Syrien, Tadschikistan, Taiwan, Tansania, Thailand, Trinidad und Tobago, Tschad, Tunesien, Uganda, USA, Usbekistan, Vereinigte Arabische Emirate, Vietnam, Weißrussland.

Circa 90% von weltweit 3.048 Hinrichtungen pro Jahr entfielen 2001 auf nur vier Staaten: China mit 2468 Hinrichtungen (geschätzte Zahl, da offiziell von China nie bekannt gegeben), gefolgt von Iran (139), Saudi-Arabien (79) und den USA (66).

China

Nach einer Enthüllung im März 2004 von Chen Zhonglin, einem Abgeordneten des Volkskongresses und Direktor des Rechtsinstituts der Südwest-Universität in Chongqing, soll die offizielle Zahl der Hinrichtungen in China bei knapp 10.000 pro Jahr liegen. Da die Hinrichtungen in China innerhalb von einer Woche vollstreckt werden, ist anzunehmen, dass es viele Fehlurteile gibt, die somit nie aufgedeckt werden können. Dabei werden auch so genannte "Gerichtsbusse" eingesetzt, in denen direkt am Ort des Geschehens ein mutmaßlicher Täter verurteilt und mit einer Giftspritze hingerichtet werden kann - ohne ordentliche Beweisaufnahme, Recht auf anwaltlicher Verteidigung, Hauptverhandlung oder die Möglichkeit Rechtsmittel einzulegen. Todesurteile werden in China bei 68 Delikten ausgesprochen, darunter fällt auch das Fälschen von Mehrwertsteuerbelegen.

Todesurteile werden in China traditionell vor Feiertagen und oft auch öffentlich (z.B. in Stadien) vollstreckt, um ein Durchgreifen des Staates zu demonstrieren.

Libyen

Staatschef Muammar al-Gaddafi hat bereits mehrfach angekündigt, dass Libyen die Todesstrafe abschaffen wolle. Bisher ist dies allerdings noch nicht geschehen, so dass die Todesstrafe in Libyen weiterhin für eine Vielzahl von Delikten verhängt werden kann, unter anderem für Drogen- und Alkoholhandel. Hinrichtungen werden bei Zivilisten durch Erhängen, bei Militärangehörigen durch Erschießung vollstreckt. Einige Exekutionen wurden im Fernsehen übertragen, die meisten finden jedoch unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt. Genaue Zahlen sind nicht bekannt.

Internationales Aufsehen erregten die im Mai 2004 ausgesprochenen Todesurteile gegen ausländische Staatsangehörige im sogenannten HIV-Prozess.

Kritiker der Todesstrafe

Literatur

  • Christan Boulanger (Hrsg.): Zur Aktualität der Todesstrafe, interdisziplinäre und globale Perspektiven. 2. Auflage. Berlin-Verlag 2002. ISBN 3-8305-0277-X
  • Richard J. Evans: Rituale der Vergeltung: Die Todesstrafe in der deutschen Geschichte 1532 - 1987. Kindler-Verlag 2001. ISBN 3-463-40400-1
  • Karl Bruno Leder: Todesstrafe: Ursprung, Geschichte, Opfer. Verlag Meyster 1980. ISBN 3-7057-2009-0
  • Frank Müller: Streitfall Todesstrafe. Patmos-Verlag 1998. ISBN 3-491-72380-9

Filme zum Thema

Siehe auch