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Ethin

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Strukturformel und Kalottenmodell
Datei:Ethin.jpg Kalottenmodell des Ethin
Eigenschaften
Name Ethin
Summenformel C2H2
CAS-Nummer 74-86-2
Eigenschaften
Molmasse 26,04 g/mol
Dichte 1,165 g/l
Schmelzpunkt -80,8 °C
Siedepunkt -84 °C (Sublimierung)
Dampfdruck 44000 hPa (20 °C)
Sicherheitshinweise
R- und S-Sätze R: 5-6-12
S: (2-)9-16-33
MAK nicht festgelegt

Soweit möglich und gebräuchlich, wurden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Normbedingungen.

Ethin (veraltet auch Acetylen oder in der Schweiz Azetylen) ist ein farbloses Gas mit der Summenformel C2H2. Es ist der einfachste Vertreter aus der homologen Reihe der Alkine. Das Molekül ist aufgrund der sp-Hybridisierung der Kohlenstoffatome linear gebaut.

Geschichte

Ethin wurde 1836 von Edmund Davy entdeckt als er Kaliumtarat mit Holzkohle erhitzte um Kalium herzustellen, er schrieb seine Beobachtungen jedoch jediglich in sein Laborjournal. 1863 wurde Ethin zum ersten Mal von Friedrich Wöhler aus Calciumcarbid hergestellt. Marcellin Berthelot konnte im selben Jahr Ethin aus den Elementen Kohlen- und Wasserstoff herstellen. 1881 wurde Ethanal von Kutscheroff zum ersten Mal aus dem Ethin hergestellt. Die Carbidlampe, welche Ethin als Brenngas verwendet, wurde im Jahr 1902 erstmals in Duluth (Minnesota) patentiert.

Um 1930 entwickelte sich in Deutschland die Reppe-Chemie (Ethin-Chemie), da Walter Reppe die Explosionsgefahr unter Druck gelagertem Ethins minimieren konnte. Die Reppe-Chemie umfasste hauptsächlich 4 Reaktionen des Ethins, die er allesamt zugänglich machte: die Vinylierung, die Cyclisierung, die Ethinylierung und die Carbonylierung des Ethins, die alle bei höheren Drücken ablaufen. Ethin wurde in der organischen Synthese jedoch nach dem Zweiten Weltkrieg vom Ethen weitesgehend verdrängt, weil Ethin teurer herzustellen ist, während Ethen bei industriellen Prozessen in Massen anfällt, seitdem sich die Petrochemie nach dem Zweiten Weltkrieg auf das Erdöl stützt. Dennoch ist es immernoch für eine nicht unbedeutende Anzahl von Synthesen wichtig.

Giulio Natta polymerisierte Ethin 1958 zum ersten Mal zu Polyethin, das der erste Halbleiterpolymer war, er ist jedoch luftunbeständig. Alan Heeger und Alan MacDiarmid aus den USA, sowie der Japaner Hideki Shirakawa zeigten 1976 dass es bei einer Dotierung des Polyethins mit Oxidationsmitteln zu einer sehr starken Anstieg der elektrischen Leitfähigkeit kommt, die drei Wissenschaftler erhielten im Jahr 2000 den Chemienobelpreis für ihre Arbeit bei der Entwicklung elektrisch leitfähiger Polymere.

Eigenschaften und Gefahren

In reinem Zustand ist Ethin geruchlos. Aus Carbid hergestelltes Ethin hat oft einen unangenehmen, leicht knoblauchähnlichen Geruch, der von Verunreinigungen herrührt; meistens handelt es sich dabei um Phosphan, Ammoniak und Schwefelwasserstoff, die bei der technischen Herstellung aus Carbiden mitentstehen. In einem Liter Wasser sind nur 16,6 g Ethin löslich, in Alkohol und Aceton dagegen ist es sehr gut löslich. Die gute Löslichkeit in Aceton wird ausgenutzt, um Ethin in Stahlflaschen abzufüllen. Die Flaschen sind mit Kieselgur gefüllt, die mit Aceton gesättigt sind. In einem Liter Aceton lösen sich bei 12,4 bar 350 g Ethin. Diese Maßnahme ist notwendig, weil reines Ethin beim Komprimieren explodiert, wenn der Druck 100 kPa übersteigt, und in Wasserstoff und Ruß zerfällt.

F+

Der Flammpunkt liegt bei -136 °C, die Zündtemperatur bei 305 °C. Der Heizwert ist 56.490 kJ/Nm³. Ethin verbrennt an der Luft mit leuchtender, stark rußender Flamme, die Flamme wird bis zu 1.900 °C heiß, bei der Verbrennung mit reinem Sauerstoff sogar bis zu 3.000 °C, dieses Ethin-Sauerstoff-Gemisch nennt man auch Ethin-Knallgas.

Ethin ist hochentzündlich, jedoch im reinem Zustand ungiftig. Zwischen einem Luftvolumenanteil von 2,5 bis 82 Prozent bildet es explosive Gemische. Ethin kann über Inhalation aufgenommen werden und führt zu Schwindel und Teilnahmslosigkeit. Eine Maximale Arbeitsplatz-Konzentration ist jedoch nicht festgelegt.

Vorkommen und Herstellung

Ethin hat auf der Erde kein natürliches Vorkommen, in der Atmosphäre des Jupiters sowie in interstellarer Materie wurde es allerdings schon nachgewiesen.

Die jährlich Weltproduktion lag 1998 bei 122.000 Tonnen. Grosstechnisch wird Ethin mittels Hochtemperaturpyrolyse von leichten oder mittleren Erdölfraktionen oder Erdgas bei 2.000 °C hergestellt. Nach der Pyrolyse wird das entstandene Gasgemisch schnell unter 200 °C abgekühlt (gequencht) um weitere Zersetzung zu vermeiden. Man erhält dann ein Ethin-Ethen-Gemisch aus dem das Ethin fraktioniert wird. Die Wärmeübertragung kann verschieden erfolgen, das modernste Verfahren ist die Wasserstoff-Lichtbogen-Pyrolyse, ein älteres aber noch häufig Verfahren ist die Lichtbogen-Pyrolyse.

Ethin entsteht bei der Reaktion von Carbiden mit Wasser. Dieses Verfahren wird vor allem in Laboren und zum Beispiel in der Carbidlampe benutzt.

Die direkte Herstellung aus Wasserstoff und Kohlenstoff ist technisch unbedeutend. Sie erfolgt im Lichtbogen bei ungefähr 2.500 °C.

Weiter wird Ethen, das Erdölverarbeitung anfällt, zu Ethin dehydriert. Außerdem entsteht es bei der unvollständigen Verbrennung von Methan, dieses Verfahren ist aber nicht wirtschaftlich.

Verwendung

Ungefähr 80 Prozent des Ethins wird für die organische Synthese verwendet. Durch Addition von Halogenwasserstoffen werden Vinylhalogenide und Polyvinylhalogenide, zum Beispiel Vinylchlorid oder Polyvinylchlorid hergestellt. Durch Addition von Essigsäure wird Vinylacetat und Polyvinylacetat hergestellt, durch Addition von Alkohol Vinylether und Polyvinylether. Außerdem werden Cyclooctatetraen, Acrylsäure, Essigsäure, 1,3- sowie 1,4-Butandiol, Propargylalkohol, 2-Butin-1,4-diol, Vinylethin, Bernsteinsäure, Neopren, Chloropren, Vinylester, Polyvinylester, höhere Alkohole, und Monochlorethansäure aus Ethin synthetisiert. Besonders die hergestellten Polymere sind von industrieller Bedeutung. Seltener wird aus Ethin Benzol, Butadien, Ethanol, Acrylnitril und Polyacrylnitril, Vinylhalogenide, Acrylsäure und Ethanal hergestellt.

Der aus Ethin gewonnene Acetylenruß wird als Kautschukzusatz bei der Herstellung von schwarzem Gummi oder zur Produktion von Druckerschwärze sowie in Batterien eingesetzt. Aufgrund der hohen Bindungsenergie der Dreifachbindung wurde Ethin auch zu Beleuchtungszwecken (Carbidlampe) verwendet und wird heutzutage häufig als Dissousgas zum autogenen Schweißen und Schneiden verwendet. Im Handel wird es in gelben Flaschen verkauft. Bis in die 1950er Jahre wurde reines Ethin in 60% Mischung, dieses wird auch Narcylen genannt, als Narkosemittel verwendet, als es jedoch zu Explosionen kam, wurde es nicht mehr verwendet. In der industriellen Terpen-Synthese, die vor allem als Duft- und Aromastoffe verwendet werden, spielt die Ethinylierung eine Rolle, schon im Grundschritt für alle Terpen-Synthesen wird Ethin mit Aceton in Gegenwart einer Base zum 3-Butin-2-ol ethinyliert, auch in weiteren höheren Schritten findet sich die Ethinylierung immer wieder.

Reaktionen

Ethin löst sich in Wasser zu einer sehr schwachen Säure.
In ammoniokalischen Lösung reagiert es unter Bildung von Acetyliden, Metallacetylide sind extrem schlagempfindlich und explodieren leicht. So reagiert Ethin in einer Silbernitrat-Lösung zu Silberacetylid.
Bei hohen Druck zerfällt Ethin zu Ruß und Wasserstoff.
Es kann zu Ethen und schließlich zu Ethan hydriert werden.
Ethin reagiert mit Chlor zu Kohlenstoff und Chlorwasserstoff.
Halogene lassen sich aber auch addieren: so entsteht bei Addition mit Chlor erst Dichlorethen und bei erneuter Addition Tetrachlorethan. Die Addition von Halogen an Ethin erfolgt aber langsamer als beim Ethen. Nach dem gleichen Reaktionsmechansismus kann es nuch auch Brom entfärben. Auch in einer Kaliumpermanganat-Lösung reagiert es, hier läuft die Reaktion aber wesentlich schneller ab, da es sich um keine Additionsreaktion handelt, sondern um eine Redox-Reaktion, und Ethin ein gutes Reduktionsmittel ist. Die Carbide lassen sich deshalb als Salze des Ethins auffassen, weil Ethin die Kohlenstoffatome bei der Redoxreaktion wie folgt reagieren:
Mit Halogenwasserstoffen können Vinylhalogenide hergestellt werden. So reagiert Ethin mit Chlorwasserstoff zu Vinylchlorid.
Datei:Ethin-Ethanal.png
Es kann zu mithilfe eines Katalysators zu Vinylalkohol hydratisiert werden, welches zu Ethanal umgewandelt werden kann.
Bei Temperaturen über 400 °C findet die Pyrolyse des Ethins statt, es entsteht durch Cyclisierung Benzol und auch durch Dimerisation Vinylethin. Bei der Pyrolyse über 900 °C entsteht hauptsächlich Ruß.
Datei:Ethin-Cycloctatetraen.png
Es kann auch zum Beispiel zum Cyclooctatetraen cyclisiert werden, die Cyclisierung von 4 Ethinmolekülen kann aber auch zum Styrol erfolgen.
Datei:Ethin-Polyethin.png
Beim Erhitzen an Ziegler-Natta-Katalysatoren polymerisiert Ethin zu Polyethin (im Bild trans-Polyethin). An Kupfer-Katalysatoren kann es zum Cupren polymerisieren.
Bei der Vinylierung des Ethin geht die Kohlenstoffdreifachbindung in eine Zweifachbindung über, so können zum Beispiel Alkohole und Carbonsäuren an Ethin addiert werden. Bei der Ethinylierung bleibt die Kohlenstoffdreifachbindung erhalten. Bei der Carbonylierung wird Ethin mit Kohlenmonoxid an Katalysatoren zu ungesättigten Carbonsäuren umgesetzt.

Literatur

  • Paul Hölemann und Rolf Hasselmann:Die Anreicherung von Phosphor- und Schwefelverunreinigungen in Acetylen-Flaschen. Westdt. Verl. (1959), ISBN B0000BJHNR
  • Paul Hölemann und Rolf Hasselmann:Die Abhängigkeit des Volumens gesättigter Acetylen-Aceton-Lösungen von Temperatur und Konzentration. Westdt. Verl. (1959), ISBN B0000BJHNP
  • Paul Hölemann und Rolf Hasselmann:Bestimmung des Dampfdruckes und der Verdampfungswärme von flüssigem Acetylen. Westdt. Verl. (1959), ISBN B0000BJHNT
  • Paul Hölemann und Rolf Hasselmann:Die Druckabhängigkeit der Zündgrenzen von Acetylen-Sauerstoffgemischen. Westdt. Verl. (1961), ISBN B0000BJHNW