Abū Musʿab az-Zarqāwī
Bemerkung: Dieser Artikel ist im wesentlichen aus Presseinformationen entstanden. Die meisten hier dargelegten Informationen sind nicht vollständig gesichert. Ferner ist auf Grund aktueller Entwicklungen ständig mit Änderungen zu rechnen.
Abū Mus'ab al-Zarqāwī (* 30. Oktober 1966 in Zarqa, Jordanien), arab. أبو مصعب الزرقاوي, ist mutmaßliches Mitglied der Terrororganisation Al-Qaida und soll sich bis vor kurzem in Falludscha, Irak aufgehalten haben.
Weitere Schreibweisen, die im deutschen Sprachraum verwendet werden, sind al-Sarkawi, al-Zarkawi, al-Zargawi. Er besitzt mehrere Aliasnamen, darunter sind bisher bekannt: Ahmad Fadil Al-Khalailah, Abu Ahmad, Abu Muhammad, Sakr Abu Suwayd. Er besitzt einen jordanischen Pass mit der Nummer Z264958.
Bis 1990
Zarqāwīs bürgerlicher Name lautet Ahmad Nazzāl al-Chalaila. Er ist das Kind palästinensischer Flüchtlinge. Der Name Zarqāwī bezieht sich auf seinen Geburtsort. Zarqāwī gehört dem Stamm der Beni Hassan in Jordanien an. Er wuchs in Armut auf und hat sieben Schwestern und zwei Brüder. Sein Vater war traditioneller Heiler und seine Mutter litt an Leukämie. Im Alter von 17 Jahren verließ er die Schule und begann stark zu trinken. Laut vagen Berichten aus jordanischen Geheimdienstkreisen war Zarqāwī in den 1980er Jahren kurzzeitig im Gefängnis. Ihm wurde sexuelle Belästigung vorgeworfen. Im Herbst 1989 hatte Zarqāwī kurzzeitig gegen die sowjetischen Besatzer in Khost in Afghanistan gekämpft. Da zu diesem Zeitpunkt die sowjetischen Truppen bereits aus Afghanistan abzogen, wurde er Berichterstatter für ein islamistisches Mitteilungsblatt, al-Bunyān al-Marsūs.
1990 bis 2003
1992 kehrte er zurück nach Zarqa und schloss sich der islamistischen Gruppe Bai'at al-Imām (Loyalität dem Islam) an. 1993 wurde Zarqāwī verhaftet und verbrachte sieben Jahre im Gefängnis. Ihm wurden vorgeworfen, er wolle die Monarchie abschaffen und dafür einen islamischen Gottesstaat bilden. Im Gefängnis wurde er ein gefürchteter Anführer unter den Insassen.
Bei seiner Freilassung im März 1999 im Rahmen einer Amnestie für politische Gefangene in Jordanien reiste er nach Peschawar in Pakistan. Zu diesem Zeitpunkt soll Zarqāwī noch von einem normalen Leben geträumt haben. Gemäß der Aussage eines Mithäftlings, Mr. Hami, hatte er mindestens zwei Kinder und wollte einen Gemüseladen eröffnen. Zarqāwī nahm seine Mutter mit nach Peschawar. Noch in Pakistan lief sein Visum aus; zeitgleich wurde er in Jordanien verdächtigt, in einem misslungenen Anschlag gegen eine christliche Einrichtung verwickelt zu sein. Im Februar 2000 starb seine Mutter an Leukämie. Angeblich war ihr letzter Wunsch, dass ihr Sohn im Kampf sterbe und nicht gefangen genommen werde.
Im Juni 2000 überquerte Zarqāwī alleine die Grenze nach Afghanistan. Später im Jahr 2000 soll er nach amerikanischen Geheimdienstberichten in Herat ein Trainingslager der Al-Qaida geleitet haben. Dort nahm er auch seinen neuen Namen Abū Mus'ab al-Zarqāwī an.
Im Untergrund knüpfte er ein Netzwerk namens Al-Tawhīd, das möglicherweise auch in Deutschland Anschläge plante.
2001 wurde er in Abwesenheit in Jordanien wegen Terroranschlägen zum Tode verurteilt. Im Jahre 2001 hielt sich Zarqāwī wohl einige Monate im Iran auf, um von dort aus die Kämpfer von Al-Tawhīd zu kommandieren.
Nach Angaben aus US-Kreisen floh Zarqāwī im Mai 2002 von Afghanistan in den Irak, um dort medizinische Hilfe zu erhalten. Ihm wurde angeblich ein Bein amputiert und durch eine Prothese ersetzt. Dies ist allerdings umstritten und mittlerweile gehen Geheimdienstkreise wieder davon aus, dass er keine Prothese hat.
Am 9. September 2002 reiste er nach jordanischen Angaben illegal nach Jordanien über die syrische Grenze ein.
Im Oktober 2002 ermordete er angeblich den US-Diplomaten Lawrence Foley in Amman, Jordanien.
Zur Zeit ist er der Statthalter von Al-Qaida im Irak und dort für mehrere Terroranschläge und Ermordungen von Geiseln verantwortlich, u.a. die Enthauptung des Amerikaners Nicholas Berg und des Südkoreaners Kim Sun Il.
Für die USA gilt Zarqāwī derzeit als Staatsfeind Nummer 1 und wird mit einem Kopfgeld von momentan 25 Millionen US-Dollar gesucht. Damit hat er den gleichen Kopfpreis wie einst Saddam Hussein. Nur auf Osama Bin Laden ist mit 50 Millionen US-Dollar ein noch höheres Kopfgeld ausgesetzt.
Vor den Vereinten Nationen beschuldigte der amerikanische Aussminister Colin Powell am 5. Februar 2003 Zarqāwī des Mordes.
Historie ab 2004
Anfang April 2004 wird der Italiener Fabrizio Quattrocchi im Irak als erste westliche Geisel ermordet.
Am 11. Mai 2004 wird im Internet ein Video veröffentlicht, das die Enthauptung des US-Amerikaners Nicholas Berg zeigt. Das Video ist mit der Botschaft versehen: Abū Mus'ab al-Zarqāwī schlachtet einen Amerikaner.
Am 28. Juni 2004 wurde Zarqāwīs angebliche Verhaftung gemeldet, die dann wieder dementiert wurde. Am 1. Juli 2004 fand zum vierten mal in vier Wochen eine gezielte Tötungsaktion gegen Zarqāwī statt, indem ein Haus bombardiert wurde, wobei nach Augenzeugenberichten vier Menschen getötet und mehr als 10 verletzt wurden.
Am 17. Juli 2004 bekannte Zarqāwī sich zu dem Mordanschlag auf den irakischen Justizminister Malik Dohan al Hassan, den dieser überlebte, sowie zu einem Selbstmordanschlag auf ein Rekrutierungsbüro in Mahmudiyya südlich von Bagdad, bei dem nach Krankenhausangaben zwei Menschen getötet und 47 verletzt wurden.
Der Stellvertreter von Zarqāwī, Abu Anas al-Schami, wurde am 17. September 2004 von einer Rakete getötet.
Am 20. September 2004 enthauptete Zarqāwī anscheinend eine weitere Geisel, den Amerikaner Eugene Armstrong, vor laufender Kamera. Am 21. September 2004 wurde auch die zweite Geisel, der Amerikaner Jack Hensley, ermordet. Der Brite Kenneth Bigley, die dritte Geisel, wurde am 8. Oktober ebenfalls vor laufender Kamera geköpft, nachdem er eine Mitteilung verlesen hatte.
Am 14. Oktober 2004 starteten US-amerikanische Truppen mit Spezialeinheiten der irakischen Armee gegen die irakische Stadt Falludscha einen Großangriff, da vermutet wurde, dass sich Zarqāwī und seine Kämpfer dort versteckt hielten. Die Truppen forderten die Herausgabe des Terroristen und drohten mit der Eroberung der Stadt. Bereits in den Tagen zuvor hatten mehrere Luftbombardments auf vermutete Aufenthaltsorte von Zarqāwī stattgefunden. Dabei starben mehrere Menschen.
Am 17. Oktober 2004 wurde auf einer Internetseite von der Gruppe um Zarqāwī bekannt gegeben, dass er sich Al-Qaida zugehörig fühle und dass er den Befehlen von Osama bin Laden Folge leisten wolle. Zugleich wurden Anschläge auf ausländische Tanklastwagen angekündigt. Seit der veröffentlichten Zugehörigkeit zu Al-Qaida tritt die Gruppe unter dem neuen Namen Qā'idat al-Dschihād fī Bilād ar-Rāfidain ("Basis des Dschihad im Zweistromland") auf. Zuvor hatte sie sich at-Tawhīd wa al-Dschihād ("Monotheismus und Dschihad") genannt.
Am 24. Oktober 2004 bekannte sich Zarqāwī zum Massenmord an 49 irakischen Rekruten an der Straße von Badra nach Mandali. Alle Rekruten wurden durch einen Kopfschuss getötet, nachdem sie auf dem Weg in den Heimaturlaub mit ihren Kleinbussen in einen Hinterhalt geraten waren. Die Gruppe um den Terroristen veröffentlichte eine Botschaft, in der es u.a. heißt: "Den Söhnen von Qā'idat al-Dschihād fī Bilād ar-Rāfidain gelang es, die stinkenden Köpfe von 48 Leuten zu ernten, die zur so genannten irakischen Nationalgarde gehörten." Am 25. Oktober 2004 wurde nach Berichten der US-Armee ein führendes Mitglied seiner Gruppe und enger Vertrauter Zarqāwīs bei einer Razzia durch US-Militärs in Falludscha festgenommen. Bereits Tage später wurde eine weitere Geisel, der Japaner Shosei Koda, genommen. Die japanische Regierung erfüllte auch hier die Forderungen der Gruppe um Zarqāwī nicht. Koda ist nach ersten Medienberichten am 29. Oktober ebenfalls enthauptet worden.
In einer im Internet veröffentlichten Erklärung der Gruppe bekannte sich der Topterrorist zu den Anschlägen auf Polizeistationen in den Städten Haklanija und Haditha nordwestlich von Bagdad. Dort waren am 7. November 2004 22 Polizisten exekutiert worden. Am 8. November 2004 veröffentlichte Zarqāwī auf einer arabischen Internetseite einen Aufruf zum Dschihad mit folgendem Wortlaut (zitiert von Spiegel online): "Oh, Volk, der Krieg hat begonnen und der Aufruf zum Dschihad (Heiliger Krieg) ist gemacht worden. Trotz der Höllenqualen, die wir leiden, bei Gott, die Feinde werden nur Dinge sehen, die ihnen Schaden zufügen... Lasst uns ihnen widersetzen mit unserer ganzen Kraft." Es wird vermutet, dass dies mit der Großoffensive der US-Militärs gegen Falludscha zusammenhängt. Bei dieser Großoffensive, bei der Falludscha laut Militärkreisen vollständig abgeriegelt wurde, ist es, gemäß der Aussage von US-Heereskommandeur Thomas Metz vom 10. November 2004, Zarqāwī gelungen, die Stadt unbemerkt zu verlassen. Nach Presseinformationen halten es Landeskenner vor Ort für möglich und wahrscheinlich, dass Zarqāwī in die irakische Stadt Mossul geflüchtet ist. Nach amerikanischen Militärangaben fand man in Falludscha das Haus, in dem sich Zarqāwī aufgehalten hatte, sowie Notizen und Anweisungen von ihm. Ferner wird berichtet, dass er eine sehr gute Führungsstruktur besessen haben soll, die nach dem Einmarsch weitestgehend zerstört wurde. Außerdem wurden Videoaufnahmen der toten Geiseln und ihre Kleidung dort gefunden.
In einem Bericht der deutschen Tageszeitung "Tagesspiegel" vom 12. Dezember 2004 werden Elemente eines 6-stündigen Interviews mit einem kurdischen Gefolgsmann von Zarqāwī wiedergegeben. Sein Name wird mit Fathallah F. angegeben; der Mann soll sich zum Zeitpunkt des Interviews in Kirkuk aufgehalten haben und von den Amerikanern mit Hilfe der Kronzeugenregelung verhört worden sein. Danach plant oder plante Zarqāwī einen Anschlag, der noch größer als jener vom 11. September 2001 in New York sein sollte. Dies gab Zarqāwī gegenüber Fathallah F. in Falludscha vor dem Einmarsch der Amerikaner bekannt. Angeblich hat er dies auch im Jahre 2004 bereits in Jordanien versucht. Dort wurden mehrere Gefolgsleute Zarqāwīs zusammen mit mindestens 20 Tonnen Chemikalien und Sprengstoff von der jordanischen Polizei verhaftet. Es wird vermutet, dass einer solcher Anschlag in Amman zu bis zu 80000 Toten hätte führen können. Eventuell plant Zarqāwī auch eine sog. schmutzige Bombe, also eine konventionelle Bombe, vermischt mit radioaktivem Material.
Zarqāwī hat angeblich ein Kopfgeld auf den irakischen Premierminister Ijad Allawi in Höhe von 230.000 Euro ausgesetzt. Dies wurde von der al-Walid-Brigade im Internet veröffentlicht. Diese Gruppe gehört nach eigenen Angaben zu Zarqāwīs Gruppe al-Tawhid al-Dschihad (jetzt Qā'idat al-Dschihād fī Bilād ar-Rāfidain, s.o.).
Am Kinn soll Zarqāwī eine Narbe haben, auf seiner linken Hand sind angeblich mehrere Punkte eintätowiert. Es ist nicht ganz sicher, ob er Links- oder Rechtshänder ist. Er gilt als Experte für chemische und biologische Kampfstoffe.
Siehe auch: Osama bin Laden