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Islamische Revolutionsgarde

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Die Iranische Revolutionsgarde bzw. meist in der Mehrzahl die Iranischen Revolutionsgarden (persisch سپاه پاسداران انقلاب اسلامی Sepāh-e Pāsdārān-e Enghelāb-e Islāmi, wörtlich: Armee der Wächter der Islamischen Revolution) sind eine iranische Militärorganisation. Von Ruhollah Chomeini am 5. Mai 1979 gegründet, entwickelten sie sich zu einem wichtigen Akteur während des Ersten Golfkriegs (1980–1988).

Die Quds-Einheit ist Teil der Revolutionswächter.

Das Korps hatte im Jahr 2005 100.000 Mann Landstreitkräfte und 20.000 Mann Seestreitkraft. Geführt werden die Revolutionsgarden von Generalmajor Jahja Rahim Safawi (englische Transliteration: Yahya Rahim Safavi).

Im Englischen lautet die Bezeichnung für die Pasdaran vollständig Islamic Revolution Guards Corps, abgekürzt IRGC.

Geschichte

Bei ihrer Gründung hatten die Iranische Revolutionsgarden eine Größe von 10.000 Mann, die bis gegen Ende des Ersten Golfkrieges 1988 auf bis zu 300.000 Mann (nach anderen Quellen auf bis zu 500.000) anstieg. Seitdem sank ihre Mannschaftsstärke wieder.

Die Aufgaben und die Bedeutung für die Politik

Der Oberbefehlshaber der Revolutionswächter wird stets vom Obersten Rechtsgelehrten (derzeit Seyyed Ali Chamene'i) ernannt. Die Al-Quds-Einheit ist ihm auch direkt unterstellt, ihr Kommandeur (derzeit - Stand: Frühjahr 2007 - Brigadegeneral Qassem Soleimani) nur ihm verantwortlich. Vielen gelten die Garden daher auch als "Staat im Staate", da sie der Kontrolle durch Regierung und Parlament in wesentlichen Bereichen entzogen sind, obgleich sie ursprünglich als ein Volksheer gedacht sein sollten, ähnlich dem Vietcong oder auch der schweizerischen Armee.

Die Sepah-e Pasdaran haben ihrem offiziellen Statut zufolge im Kern folgende Aufgaben:

  • den Schutz der Islamischen Republik und ihrer territorialen Integrität gegen ausländische Feinde
  • Bekämpfung von Verschwörungen innerer Feinde bzw. die Gewährleistung der inneren Sicherheit in Fällen von Aufständen oder Unruhen
  • Bewachung von Politikern und strategischen Zentren im Iran
  • Bekämpfung des Rauschgiftschmuggels

Die bekannteste Untergruppe der Revolutionsgarden ist die Freiwilligenmiliz Basitschi-e Mostasafan, die im 1. Golfkrieg zehntausende von Toten bei Selbstmordkommandos hinnahm und heute in erster Linie der Unterdrückung der Opposition dient.

Die Revolutionsgarden wurde u.a. bei den Unruhen in Ghazwin 1994, in Islamshahr 1995 und gegen streikende Ölindustrie-Arbeiter im Januar 1997 eingesetzt [1]. Seit geraumer Zeit werden sie von den USA bezichtigt, vornehmlich schiitische Aufständische im Irak mit modernen Waffen auszurüsten, die auch gegen US-Truppen eingesetzt werden.

Festsetzung britischer Marinesoldaten im März 2007

Am 23. März waren im Mündungsgebiet des Schatt el-Arab 15 britische Marineangehörige von iranischen Revolutionsgarden festgenommen worden. Es wurde ihnen vorgeworfen, in iranische Hohheitsgewässer eingedrungen zu sein; von britischer Seite wurde dies bestritten. Beobachter sahen dies als Reaktion auf die Weigerung der Koalitionstruppen im Irak, fünf im Irak festgesetzte Iraner freizulassen, aber auch als Machtdemonstration just einen Tag vor einer neuerlichen Sitzung des Weltsicherheitsrats, bei der über eine Verschärfung der Sanktionen gegen Teheran wegen seines Atomprogramms beraten werden sollte. Nach zwei Wochen wurde die "Gefangenenkrise" glimpflich gelöst; die britischen Marinesoldaten wurden - offiziell ohne Gegenleistung - freigelassen und von Mahmud Ahmadinedschad Anfang April persönlich verabschiedet. „Sie wurden begnadigt“, verkündete er: „Wir nehmen eine menschliche Haltung ein, keine materialistische oder politisierte." Die Pasdaran-Offiziere, die sie in Gewahrsam genommen hatten, wurden mit Auszeichnungen bedacht [2].

Das Verhältnis zur regulären Armee

Zusammen mit der regulären Armee, die über rund 420.000 Soldaten verfügen soll, sind die Pasdaran einem gemeinsamen Generalstab unterstellt; gleichwohl werden den beiden Teilstreitkräften erhebliche Rivalitäten nachgesagt, zumal die Revolutionsgarden in vielen Belangen als privilegiert angesehen werden können. So sollen sie allein über das gesamte Raketenarsenal verfügen; darüber hinaus kontrollieren sie z.B. wichtige - sogar zivile - Flughäfen des Iran nicht nur militärisch und polizeilich, sondern auch kommerziell.

Der Einfluss in der Regierung von Präsident Ahmadinedschad

Heute sind im Kabinett von Präsident Mahmūd Ahmadī-Nežād 13 der 21 Minister ehemalige Kommandanten der Revolutionsgarden; dazu gehört auch das Geheimdienstministerium. Er selbst erreichte ebenfalls den Rang eines Kommandanten. 80 der 290 der Abgeordneten des Majlis (deutsche Transskription: Madschlis), des iranischen Parlaments, waren oder sind Angehörige des IRGC.

"Die Revolutionsgarden entwickeln sich rasch zum herausragendsten Akteur im Iran", zitierte die "Washington Post" Karim Sadjadpour vom US-Think-Tank Carnegie Endowment for International Peace. "Sie spielen eine zunehmend aktive Rolle auf der heimischen politischen Bühne, verfügen über enorme wirtschaftliche Mittel und Interessen, sie spielen eine Schlüsselrolle beim Atomprogramm und sie sind im Wesentlichen verantwortlich für die iranischen Aktivitäten im Irak und im Libanon." Über eine enge Zusammenarbeit der Pasdaran mit der Hisbollah bestehen in der Tat weithin kaum Zweifel (vgl. Libanonkrieg 2006). Das IRGC soll ab 1982 auch maßgeblich bei der Gründung der "Partei Gottes" mitgewirkt haben [3]. Auch Iran-freundliche Elemente in eigentlich sunnitischen Organisationen wie der palästinensischen Hamas sollen Unterstützung von den Revolutionsgarden erhalten.

August 2007: Einstufung durch die USA als "Terrororganisation"

Mitte August 2007 stuften die USA die Revolutionsgarden offiziell als "speziell für weltweite Einsätze bestimmte Terrororganisation" (Specially Designated Global Terrorist; SDGT) ein, was es den Vereinigten Staaten ermöglicht, die Operationen und Finanzen der Organisation ins Visier zu nehmen. US-Amtsträger begründeten dies einem Bericht der "Washington Post" zufolge mit dem zunehmenden Engagement der Garden im Irak [4] und in Afghanistan (wo ein schädlicher Einfluss des Iran vom afghanischen Präsidenten Hamid Karzai selbst allerdings entschieden bestritten wird [5]; vgl. [6]) und mit deren Unterstützung für Extremisten im gesamten Nahen Osten. Hintergrund der Entscheidung sei demnach der Druck des Kongresses auf die US-Regierung, eine härtere Haltung gegenüber Teheran einzunehmen sowie die Enttäuschung angesichts der Wirkungslosigkeit der UN-Resolutionen zum Atomprogramm des Iran.

Das Ungewöhnliche daran ist, dass erstmals eine reguläre staatliche militärische Einheit im Rahmen der Executive Order 13224 [7], die US-Präsident Bush nach dem 11. September 2001 erließ, zum Ziel des so genannten Kriegs gegen den Terror erklärt wird [8]. Diese präsidiale Anweisung verfolgt u.a. die Absicht, die Mittelbeschaffung von einschlägigen Terrorgruppen wie El-Kaida zu behindern und sie von ihren Symphatisanten bzw. Ressourcen abzuschneiden (u.a. durch Beschlagnahme von Eigentum und Sperrung von Konten); sie wurde bisher allerdings nur auf nichtstaatliche Organisationen angewendet (2001 waren es zunächst 189; zurzeit sind es 42).

US-Beamte bekundeten laut "New York Times", die treibende Kraft hinter der avisierten Einstufung der Revolutionsgarden sei US-Außenminsterin Condoleezza Rice; sie hätten jedoch keine Auskunft darüber gegeben, ob auch der Nationale Sicherheitsrat und das Pentagon die Maßnahme unterstützten. Nach Einschätzung des Blattes will Rice damit Zeit für diplomatische Anstrengungen gewinnen und die Falken in der US-Regierung, insbesondere Vizepräsident Dick Cheney, besänftigen, die seit geraumer Zeit auch militärische Schritte gegen den Iran in Betracht gezogen wissen wollen [9].

Der Schritt gilt Beobachtern als Zeichen für wachsende Spannungen zwischen Teheran und Washington. Das Vorgehen der US-Regierung werde "unsere Bemühungen zur Lösung der nuklearen Frage erheblich erschweren", erläuterte dazu Joseph Cirincione, ein Fachmann für nukleare Proliferation am Center for American Progress. In der Tat scheinen die völker- und kriegsrechtlichen Konsequenzen unabsehbar; so würden damit Teile regulärer staatlicher Streitkräfte im Falle einer Auseinandersetzung - nach US-Diktion - indirekt gfs. zu unlawful combatants (etwa: "unrechtmäßigen Kämpfern"); unter dieses Etikett fielen dann auch Staatschef Chamenei und dessen Präsident Ahmadinedschad.

Iranische Reaktionen

Ein Sprecher des iranischen Außenministeriums wies die Berichte von US-Medien umgehend als "Propaganda" zurück [10]: "Derartige Berichte bewegen sich im Rahmen der psychologisch-propagandistischen Kriegsführung durch US-Staatsmänner gegen die Islamische Republik Iran und ermangeln jeglicher Professionalität." Abschließende Kommentare seien nicht möglich, da noch keine offizielle Stellungnahme von US-Seite vorliege: "Wenn dem so ist [dass die Revolutionsgarden auf die Liste der Terrororganisationen gesetzt werden], ist das nichts Neues und im Widerspruch zu gesetzlichen und juristischen Bestimmungen; das wäre als Bericht für den Papierkorb anzusehen", meldete die staatliche Nachrichtenagentur IRNA am 15. August 2007.

Beobachter befürchteten allerdings, die USA könnten mit dem Schritt, der angeblich offiziell vor der Sitzung des Weltsicherheitsrats im September 2007 bekanntgegeben werden soll, kriegerische Maßnahmen gegen den Iran einleiten [11]. Das vermuten offenbar auch die Betroffenen.

Der Kommandeur der Pasdaran, Jahja Rahim Safawi, unterstrich, sein Land sei auf Angriffe seitens der USA vorbereitet. "Wir haben Boden-Luft-Raketensysteme, die die Länge und die Breite des Persischen Golfs sowie des Golfs von Oman abdecken", sagte er dem Sender Dscham-e Dscham laut Spiegel Online. Die Revolutionsgarden verfügten über modernste Ausrüstung, so zum Beispiel Artillerie, die Panzer der USA und Israels zerstören könne [12].

"Die westlichen Mächte müssen wissen, dass der Iran zu einer Regionalmacht [im Nahen Osten] geworden ist und dass die Schaffung von Sicherheit in der Region unmöglich ist, ohne die Rechte des Iran zu achten", zitierte ergänzend die IRNA Generalmajor Safawi [13].

In einer von der iranischen Nachrichtenagentur Mehr veröffentlichten Stellungnahme verurteilte das IRGC die Vorhaben der USA als "wertlose Beschlüsse", die auf "haltlosen Vorwänden" beruhten und zum Ziel hätten, "diese heilige Institution zu beschädigen." Jene, die von der "materiellen Welt verzaubert" seien, wollten die "Tiefe der spirituellen Macht und eisernen Entschlossenheit der hingebungsvollen Mitglieder der Revolutionsgarden nicht wahrhaben", die in den "religiösen Überzeugungen des Volkes" wurzelten. Sie würden "den endgültigen Sieg der Kinder des Islam über den weltweiten Unglauben erleben", hieß es in dem Statement der Garden.

Abgrenzung der EU

Jens Mester, Sprecher der Europäischen Kommission, sagte der Agence France-Presse, dass die EU Organisationen üblicherweise erst nach einem Beschluss der Vereinten Nationen auf ihre Terrorliste setze. Er hob hervor, dass die Europäische Union solche Entscheidungen unabhängig von den USA treffe [14].

Auswirkungen und Folgen

Das vermeintliche Tauwetter zwischen dem Iran und den Vereinigten Staaten, dass einige nach einem Treffen von hochrangigen Vertretern beider Seiten bei einem Gipfel in Bagdad am 28. Mai 2007 ausgemacht haben wollten (es war das erste seit der Islamischen Revolution 1979), dürfte damit endgültig beendet sein, bevor es überhaupt begonnen hat. Analytiker warnten jedoch schon damals vor einer Überschätzung der Möglichkeiten einer Annäherung zwischen Teheran und Washington [15]. Unter Umständen wird durch den Schritt der US-Regierung (der in Teheran als schwere Provokation empfunden werden muss, auch wenn das Regime abwiegelt) die Verhärtung der Fronten insbesondere auch im Atomstreit unumkehrbar, die Zuspitzung des "kalten" zu einem "heißen" Krieg durchaus wahrscheinlicher.

Literatur

Siehe auch

Quellen

  1. Das Justizwesen und Strafrecht der IRI, 1998
  2. Gefangene Soldaten: Ahmadinedschad wünscht gute Heimreise (Focus.de, 4. April 2007)
  3. Stichwort: Wer sind die Revolutionären Garden? (Deutsche Welle, 16. August 2007)
  4. [Werden aus Feinden Freunde? Der irakische Regierungschef Nuri al-Maliki in Teheran] (Deutsche Welle, 9. August 2007)
  5. Bush, Karzai break on Iran (AFP, 8. Juni 2007)
  6. Iran will stand by Afghan nation: Ahmadinejad ("Tehran Times", 15. August 2007)
  7. Executive Order 13224 (US-Außenministerium)
  8. Von der Fehlerverlässlichkeit von Antiterrorlisten (Telepolis, 12.04.2007)
  9. U.S. Weighing Terrorist Label for Iran Guards (NYT, 15. August 2007)
  10. Iran dismisses US media report on IRGC as propaganda (IRNA, 15. August 2007)
  11. Thomas Pany: Iranischer Staatsterror? (Telepolis, 17. August 2007)
  12. Philipp Wittrock: USA drohen Irans Elitekämpfern - Sorge vor militärischer Eskalation (Spiegel Online, 16. August 2007)
  13. West has to accept Iran's influence, power and rights in Mideast, Safavi (IRNA, 16. August 2007)
  14. Iran guards reject US terror list (BBC, 16. August 2007)
  15. Roger Hardy: Iran and the US: A new Cold War? (BBC, 1. Juni 2007)

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