Studentenverbindung
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- Verhalten der Studentenverbindungen gegenüber dem Dritten Reich unter Einbeziehung aller internen und externen Quellen.
- Situation in Österreich.
- Weitere Lücken siehe Diskussionsseite.

Eine Studentenverbindung oder auch Studentenkorporation ist ein relativ enger Zusammenschluss einer Gruppe von derzeitigen und ehemaligen Studenten an einer Hochschule oder Fachhochschule, der sich an alten studentischen Traditionen orientiert. Im engeren Sinne nennt man so nur studentische Zusammenschlüsse im deutschsprachigen Raum oder an deutschsprachigen Universitäten ab 1800. Im weiteren Sinne werden damit auch vergleichbare studentische Zusammenschlüsse in anderen Ländern bezeichnet.
In Deutschland sind etwa 2-3% aller Studenten Mitglied einer Verbindung. Obwohl genaue Zahlen schwer zu ermitteln sind, kann man davon ausgehen, dass sich 170.000 bis 200.000 studierende oder berufstätige Personen in Deutschland und Österreich als "Verbindungsstudenten" bezeichnen.
Definition
Studentenverbindungen sind Vereine - eingetragen oder nicht - mit folgenden gemeinsamen Merkmalen:
- Basisdemokratie : Verbindungen treffen ihre internen Entscheidungen basisdemokratisch auf verschiedenen Arten von Zusammenkünften der Mitglieder (Conventsprinzip).
- Probephase : Neue Mitglieder durchlaufen eine ein- bis zweisemestrige oder, je nach Bund, längere, "Fuchsenzeit" zum gegenseitigen Kennenlernen mit eingeschränkten Rechten und Pflichten.
- Generationen-Verbund (Lebensbund): Auch nach dem Studium bleiben die Mitglieder ihrer Verbindung lebenslang verbunden und unterstützen sie.
- Geselligkeit: Die gemeinsamen Freizeitaktivitäten werden teilweise in bestimmten traditionellen Formen durchgeführt.
- Charakterbildung: Die Rechte und Aufgaben jedes Mitglieds dienen dem Einüben von individueller und sozialer Verantwortung.
Diese Merkmale werden von allen Verbindungsarten als unaufgebbar betrachtet und unterscheiden sie von anderen studentischen Vereinigungen oder politischen Zweckgemeinschaften. Hinzu kommen einige traditionelle Merkmale, die nur einen Teil der Verbindungen kennzeichnen:
- Fester Treffpunkt: Die meisten Verbindungen besitzen ein eigenes Haus (Korporationshaus) zum Treffen und Wohnen. Andere treffen sich regelmäßig in öffentlichen oder gemieteten Versammlungsräumen (in Deutschland meist Konstante, in Österreich meist Studentenbude genannt).
- Farben ("Couleur"): Die Mitglieder der meisten Verbindungen tragen bestimmte äußere Abzeichen in festgelegten Farben, um ihre Zusammengehörigkeit zu zeigen.
- Männerbünde: Die meisten Verbindungen nehmen nur Männer auf, andere auch Frauen, manche nur Frauen. Die Anzahl der Damenverbindungen nimmt zu.
- Akademisches Fechten: Das akademische Fechten mit scharfen Waffen ("Mensur") ist in einigen Verbindungsarten Pflicht, in anderen freigestellt. Die meisten Verbindungen sind nichtschlagend.
Der Artikel stellt die Arten, den Aufbau, die Aktivitäten und die Geschichte vor allem der deutschen Verbindungen dar. Auch die Kritik am Verbindungswesen und einzelnen Verbindungsarten kommt zur Sprache.
Verbindungsarten
Vielfalt und Unterschiede sind bei dieser traditionellen studentischen Gemeinschaftsform außerordentlich groß. Am häufigsten findet man an Universitäten heute
sowie zahllose sonstige Arten. Diese unterscheiden sich vor allem durch ihre Prinzipien und spezifischen Gebräuche. Aber trotz aller Vielfalt treten bestimmte Formen besonders häufig auf (siehe Tabelle):
Verbindungsform | Dachverband / -verbände | Anzahl der Verbindungen |
Katholische Studentenverbindungen (farbentragend) | CV, ÖCV, TCV | 200 |
Corps | KSCV, WSC | 161 |
Burschenschaften | DB, NDB | 141 |
Katholische Studentenvereine (nicht farbentragend, farbenführend) | KV, UV, ÖKV | 126 |
Landsmannschaften | CC, ÖLTC | 73 |
Andere christliche Studentenverbindungen | Schwarzburgbund, Wingolf, Wartburg-Kartell | 61 |
Sängerschaften (fakultativ schlagend) und musische Verbindungen (nichtschlagend) | Weimarer CC und SV | 44 |
Akademische Turnvereine | ATB, ATBÖ | 41 |
Turnerschaften | CC und MK | 34 |
Akademisch-Technische Verbindungen | MWR, Hütte | 8 |
Bemerkung: Hier sind nicht alle Dachverbände und keine dachverbandsfreien Verbindungen berücksichtigt.
In der Liste der Dachverbände von Studentenverbindungen werden die erloschenen und heute noch aktiven Dachverbände aufgelistet und ihre Merkmale gekennzeichnet.
Der Aufbau der Studentenverbindungen
Die Aktivitas und das Conventsprinzip
Eine Verbindung gliedert sich in studierende und berufstätige Mitglieder. Die Aktivitas ist die Organisationsform der studierenden Mitglieder, meist ohne Rechtsform. Sie treffen ihre Entscheidungen demokratisch in „Conventen“, bei Corps etwa dem Corpsburschen-Convent (CC). Sie wählen dort in jedem Semester einen Vorstand - die Chargia, die sich meist aus drei "Chargierten" zusammmensetzt - und den "Fuxmajor", der für die Neulinge (Füxe) verantwortlich ist. Alle Amtsinhaber können jederzeit - auch spontan - abgewählt werden. Mit dieser Basisdemokratie ist ein Anspruch auf Autonomie verbunden: Man weigert sich, für innere Belange Anweisungen von staatlichen Stellen, Parteien oder Universitätsbehörden entgegen zu nehmen oder sich in staatliche Strukturen eingliedern zu lassen.
Beim Eintritt in eine Verbindung macht der Student eine Probezeit durch. Als Fux oder "Fuchs" bezeichnet (weibliche Studenten heißen meist ebenso, seltener "Fee" oder "Fähe"), kann er/sie die Verbindung mit weniger Rechten, aber auch weniger Pflichten unverbindlich kennenlernen. Man wird mit den Traditionen und Werten seiner Verbindung vertraut gemacht und lernt befreundete Verbindungen kennen. Das dauert ein bis zwei Semester und endet mit der "Burschung" (auch "Rezeption" etc.), womit man "Bursche" (Vollmitglied) wird. Dieser übernimmt für zwei bis drei Semester die Hauptverantwortung des Aktivenlebens: Ämter (Chargen), Gastgeberrolle bei Veranstaltungen, Leitung verschiedener Convente oder Repräsentationspflichten bei Besuchen. In dieser Zeit werden in „schlagenden“ Verbindungen die Mensuren gefochten (siehe unten). - Die restlichen zwei Drittel seines Studiums ist der Verbindungsstudent jedoch Inaktiver und kann sich auf seinen Studienabschluss konzentrieren, ohne Ämter und weitere Pflichten übernehmen oder Mensuren schlagen zu müssen.
Alte Herren und der Lebensbund
Ehemalige Studenten heißen unabhängig von ihrem Lebensalter "Alter Herr" oder „Hohe Dame“. Sie bilden gemeinsam die Altherrenschaft (Hohedamenschaft). Das sind meist eingetragene Vereine (e.V.). Für die Aufnahme ist eine gesicherte Lebensstellung Voraussetzung. Alte Herren haben zwar aufgrund von Familie und Beruf am wenigsten Zeit, können den Bund aber finanziell unterstützen: durch Jahresbeitrag und Spenden, vor allem aber durch den Unterhalt des Korporationshauses. Besonders Engagierte können auch Ämter im Altherrenverband und im Dachverband übernehmen.
Alte Herren und aktive Studenten treffen sich auf Veranstaltungen des eigenen Bundes (z.B. anlässlich des Stiftungsfestes) oder bei Tagungen des jeweiligen Dachverbandes (z.B. dem Burschentag). Das Lebensbund-Prinzip bedeutet eine lebenslange Verpflichtung, für alle Mitglieder der eigenen Verbindung einzustehen.
Dachverbände
Die meisten Studentenverbindungen sind in Dachverbänden zusammengeschlossen, deren Zweck es ist, die vereinbarten Ziele und Prinzipien gemeinsam zu erreichen. Dazu gibt es verschiedene Arten: Manche Dachverbände sind lockere Zusammenschlüsse, die ihren Einzelverbindungen weitreichende Freiheiten lassen. Andere dienen hauptsächlich der Wahrung gemeinsamer, demokratisch festgelegter Prinzipien. Wieder andere verstehen sich als ein großer Bund mit Dependancen in verschiedenen Universitätsstädten. Daneben gibt es "freie Verbindungen", die keinem Dachverband angehören.
Viele deutsche Dachverbände haben sich wiederum zu zwei übergeordneten Interessenvertretungen vereint: Der Convent Deutscher Korporationsverbände (CDK) umfasst die Aktivenverbände von 11 Korporationsverbänden und damit etwa 200 Studentenverbindungen mit etwa 4.000 Studenten. Nicht Mitglied im CDK sind die beiden Corps-Verbände (KSCV und WSC), die Deutsche Burschenschaft (DB) und der Coburger Convent (CC). Auch die katholischen Verbände sind keine Mitglieder, kooperieren aber mit dem CDK.
Im Convent Deutscher Akademikerverbände (CDA) fanden sich die Altherrenschaften von 15 Korporationsverbänden, darunter auch die DB und der CC zusammen. Er vertritt etwa 500 Altherrenschaften mit etwa 50.000 Mitgliedern.
Zum Europäischen Kartellverband (EKV) gehören die katholischen Korporationsverbände CV, KV, RKDB, TCV, der UV sowie nicht-deutsche Korporationsverbände.
(Siehe auch: Liste der Dachverbände von Studentenverbindungen)
Geschichte
Der folgende Abschnitt enthält eine Kurzfassung der Geschichte der Studentenverbindungen, für eine ausführliche Beschreibung, siehe den
Hauptartikel Geschichte der Studentenverbindungen.
Vorgeschichte
Mit den ersten Universitäten entstanden auch Zusammenschlüsse von Studenten. Diese entwickelten bestimmte Formen, die als frühe Vorläufer heutiger Verbindungstraditionen anzusehen sind.
Weitere Informationen zu den nicht mehr existenten Verbindungstypen findet man unter:
Geschichte der heutigen Verbindungen
Studentenverbindungen im heutigen Sinne entwickelten sich an deutschsprachigen Universitäten seit etwa 1800. Sie übernahmen einzelne Elemente der älteren Formen studentischer Zusammenschlüsse und entwickelten sie weiter.
Nach dem Verbot der Studentenorden bildeten sich neue Formen, sogenannte Corps. Sie schufen die ersten Verbindungen heutigen Typs. Neu an ihnen war, dass sie sich an jeder einzelnen Universität zu Senioren-Conventen (SC) zusammenschlossen und ein studentisches Gesetzeswerk erstellten, das für alle Studenten der Universität verbindlich war: den SC-Comment. Das Streben nach Verbindlichkeit und demokratischen Strukturen mit dem Anspruch auf positive Beeinflussung des Studentenlebens und der Landesentwicklung legte den Grundstein für die Entwicklung der für den deutschen Sprachraum typischen Studentenverbindungen.
Innerhalb der frühen Corps regten sich bald Bestrebungen, die landsmannschaftliche Gliederung der Studenten an den Universitäten abzuschaffen und alle Studenten („Burschen“) in einer einheitlichen "Burschenschaft" zusammenzuführen. Auch in der Politik sollte die Kleinstaaterei zugunsten eines vereinten Deutschlands abgeschafft werden. Am 12. Juni 1815 gründete sich so in Jena die sogenannte Urburschenschaft. Der burschenschaftliche Gedanke griff dann von Jena ausgehend schnell um sich. Bei einem Treffen von etwa 500 Studenten auf der Wartburg am 18. Oktober 1817 gründete sich die Allgemeine Deutsche Burschenschaft.
Die Burschenschaften waren von Anfang an politische Organisationen mit politischen Forderungen: vor allem nach demokratischen Reformen und Deutschlands Einigung. Die Corps dagegen verstanden sich als Zusammenschlüsse zur gemeinsamen Regelung des studentischen Lebens.
Nach einem politischen Mord wurden alle selbstverwalteten studentischen Zusammenschlüsse verboten. Diese Karlsbader Beschlüsse galten bis 1848. Mit der Zeit ließen die Burschenschaften einige Reformforderungen bezüglich der studentischen Kultur fallen und passten sich teilweise der älteren Corpstradition an.
Schon vor den Revolutionen von 1848 bildeten sich die ersten betont christlichen Studentenverbindungen. Denn viele Studenten vermissten das christlich-religiöse Element und wollten es zum Bestandteil ihres traditionellen Gemeinschaftslebens machen. Sie waren auch die ersten, die das studentische Fechten zur Austragung von Ehrenhändeln für sich ablehnten. 1836 verzichtete die erste Studentenverbindung auf Duell und Mensur. Das war damals geradezu revolutionär.
Zugleich bildete sich im Umfeld der politischen Emanzipation des Bürgertums die sogenannte "Progressbewegung" an den Hochschulen, die die studentischen Traditionen abschaffen oder an die bürgerliche Kultur der Zeit anpassen wollte. Aus ihnen bildeten sich teilweise heute noch existierende Turnerschaften, Sängerschaften und eine neue Art von Landsmannschaften.
1848 wurden die Karlsbader Beschlüsse aufgehoben. Aus verbotenen "Untergrundorganisationen" unbotsamer Jugendlicher wurden Zusammenschlüsse der akademischen Elite der Nation. Die Burschenschafterfarben Schwarz-Rot-Gold wurden sogar zu den Farben des Deutschen Bundes erklärt.
An den Gymnasien und Oberrealschulen formierten sich Schülerverbindungen.
Selbst für die Söhne regierender Adelshäuser wurde es nun opportun, in einer Studentenverbindung zu sein. Dafür kamen allerdings nur nach bestimmten Kriterien ausgewählte Corps in Frage.
Die Gründung des Deutschen Reiches im Jahre 1871 erfüllte einige Forderungen des Bürgertums, besonders der Burschenschaftsbewegung: vor allem die Einheit Deutschlands und eine gemeinsame Reichsverfassung. Allgemeine Menschen- und Bürgerrechte wie das freie Wahlrecht, Versammlungs- und Redefreiheit blieben aber weiterhin stark eingeschränkt. Das Kaiserreich wurde vom Großbürgertum und Adel beherrscht und geprägt. Deren politische Ziele glichen sich stark an. Die Verbindungsstudenten gehörten nun zur etablierten Führungsschicht und stützten diese.
Von Anfang an hatte das aufstrebende Bürgertum Europas, besonders seine akademische Elite großen Anteil an Verbreitung und Verschärfung einer christlichen, anti-aufklärerischen und nationalistischen Judenfeindlichkeit. Dieser Antisemitismus war nicht auf eine Parteizugehörigkeit begrenzt. Er fand vor allem in rechtsgerichteten Parteien Eingang, wurde aber auch von liberalen oder sozialen Politikern vertreten. Diese Entwicklung wurde von vielen Studenten und ihren Verbindungen aktiv und passiv mitgetragen. Schon seit 1817 hatten einige Verbindungen Juden ausgegrenzt. Nach und nach stoppten die meisten Dachverbände seit 1880 die Neuaufnahme jüdischer Mitglieder. Das fand bei einigen Mitgliedern Widerspruch, aber kaum wirklichen Widerstand.
Daraufhin gründeten sich jüdische Studentenverbindungen. Viele dieser Verbindungen vertraten ein ähnlich deutschnationales Weltbild wie ihre „arischen“ Vorbilder. Neben den jüdischen Studentenverbindungen, die sich zum deutschen Patriotismus bekannten, gab es auch zionistische Verbindungen. Diese verknüpften studentische Traditionen mit zionistischer Ideologie. Jüdische Studentenverbindungen legten großen Wert darauf, sich durch besonderen Eifer in Mensur und Duell als den anderen Verbindungen gleichwertig zu erweisen.
Um 1900 wurden schrittweise Frauen zum regulären Universitätsstudium zugelassen. Schon 1899 bildeten sich die ersten Zusammenschlüsse von Studentinnen, von denen einige verbindungsähnlichen Charakter hatten.
Der Erste Weltkrieg beendete diese "alte Burschenherrlichkeit". Alle gesunden jungen Männer mussten in den Krieg. Viele Verbindungen mussten suspendieren. Manche erholten sich nicht mehr davon. Vor allem Damenverbindungen wurden nach 1918 nicht wieder aktiviert. Dennoch bejahte die überwiegende Mehrheit der Verbindungen den Krieg als Dienst "für's Vaterland" und trugen ihn mit.
Nach dem Ersten Weltkrieg kehrten die meisten Studenten wieder an die Universitäten zurück, wo sie ihre Traditionen neu aufleben ließen. Die Studentenverbindungen - auch die eigentlich unpolitischen - bekannten sich weiterhin zu konservativen und nationalen Ideen und hatten einen Zulauf wie nie zuvor.
Verbindungen bildeten keine Parteien und schlossen sich insgesamt keiner Parteilinie an. Parteipolitische Aktivitäten blieben Sache des Einzelnen. Aber ein großer Teil propagierte von nun an die republikfeindliche Konservative Revolution. Davon traten viele später der Partei Hitlers, der NSDAP bei.
Die 1930er Jahre waren dann von immer stärkerer Auseinandersetzung mit und Angleichung an die Ideen des konkurrierenden "Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes" (NSDStB) geprägt.
Hitlers Machtergreifung wurde von vielen Studenten begeistert begrüßt, auch wenn sie nicht zur NSDAP gehörten. Die ersten Gewaltmaßnahmen gegen Kommunisten, Sozialdemokraten und Juden wurden von vielen Verbindungen gutgeheißen. Ab 1934 wurde aber unübersehbar, dass sie Studentenorganisationen nicht von der Gleichschaltungspolitik ausnehmen würden. Traditionelle Organisationsformen wurden als „reaktionär“, „spießig“ und „ewiggestrig“ diffamiert. Zwischen 1934 und 1936 hatten sich die Studentenverbindungen entweder selbst aufgelöst oder waren zwangsaufgelöst worden. Im Krieg seit 1939 konnten sich lokal einige Verbindungen heimlich neugründen, Veranstaltungen in Couleur abhalten und sogar Mensuren fechten.
Eine Reihe von Verbindungsstudenten machten Karriere in Hitlers Partei und Staat. Andere beteiligten sich an Widerstandsversuchen. Sie gehörten zum inneren Führungskreis der Attentäter des 20. Juli 1944, zum Kreisauer Kreis, zur Bekennenden Kirche oder starben als Einzelkämpfer in Gestapohaft.
Ab etwa 1947 versuchten sich einige Studentenverbindungen in Westdeutschland und Österreich wiederzugründen. Bis 1950 hatten sie konkrete Formen angenommen. 1953 wurde die Mensur für straffrei erklärt.
Nach und nach gaben viele Dachverbände auch Schuldeingeständnisse zu ihrem Verhalten im "Dritten Reich" ab: zunächst christlich orientierte Verbindungen wie der Schwarzburgbund, die sich dabei an die Kirchen anlehnten. Jüdische Studentenverbindungen haben sich bis heute nicht wieder gegründet, ein ausgewanderter jüdischer Dachverband existiert aber immer noch in New York.
In der DDR blieben Studentenverbindungen verboten. Erst seit 1980 gründeten sich an einigen Universitätsstandorten Studentenverbindungen neu, meist unter dem Deckmantel historischer oder Fechtvereine und unter strenger Beobachtung durch das Ministerium für Staatssicherheit (siehe Rudelsburger Allianz).
Ab 1970 wurden neue Universitäten und Gesamthochschulen gegründet. Hier fanden neue Verbindungsangebote an interessierte Studenten ein fruchtbares, zum Teil aber auch ablehnendes Feld. Denn an der seit 1965 aufkommenden Studentenbewegung hatten die deutschen Studentenverbindungen kaum Anteil.
Die Verbindungen mussten infolge dieser neuen Tatsachen zunächst einen relativ starken Rückgang des Anteils an Korporierten und der absoluten Mitgliedszahlen hinnehmen. Viele Verbindungen mussten sich vertagen. Einige, die bisher nur Männer aufnahmen, versuchten sich durch die Aufnahme von Studentinnen zu stabilisieren. Das gelang in vielen Fällen. Die rückläufige Entwicklung kam erst ab 1980 zum Stillstand. Seit etwa 1985 ist wieder eine Zunahme an neuen Mitgliedern zu beobachten. Viele Verbindungen, die seit 1970 vertagt wurden, haben ihren Aktivenbetrieb wieder aufgenommen.
Nach der Wende von 1989 wurde es auch auf dem Gebiet der ehemaligen DDR wieder möglich, die Studentenverbindungen an den Universitäten neu zu beleben. Viele Verbindungen verlegten ihren Sitz aus dem Westen erneut an alte Heimatuniversitäten. Es kam dabei zu Wiedergründungen und einigen Neugründungen. Teilweise wurden auch neue Universitätsstädte für Verbindungen erschlossen.
Mittlerweile gibt es auch Bestrebungen auf europäischer Ebene mit Studentenverbindungen in anderen Ländern zusammen zu arbeiten. Ein Beispiel hierfür die der Europäische Kartellverband. Einen anderer Ansatz wurde mit dem im November 2002 in Würzburg abgehaltenen ersten Weltkorporationstag verfolgt. Es handelte sich dabei um ein Treffen von Studentenverbindungen aus aller Welt, der mit einer gemeinsamen Entschließung endete (Vgl.: [1]).
Seit der Unabhängigkeit der baltischen Staaten hat sich auch eine rege Zusammenarbeit zwischen den deutsch-baltischen Verbindungen in Deutschland und den nach deutschem Vorbild gegründeten estnischen und lettischen Verbindungen ergeben.
Obwohl heute noch einige Verbindungen (vorwiegend in der Deutschen Burschenschaft) aufgrund ihrer "Verbundenheit mit dem deutschen Volk" nur ethnische Deutsche als Mitglieder aufnehmen, hatten die meisten Verbindungen - teilweise schon seit dem 19. Jahrhundert - ganz selbstverständlich auch ausländische Mitglieder.
Äußere Erkennungszeichen
Aus der Geschichte waren die Erkennungszeichen (Zirkel - eine handwerkliche Tradition) und die Feiern besonders an die Freimaurer angelehnt.
Alle Studentenverbindungen haben eines oder mehrere der folgenden äußeren Erkennungszeichen.
Die Farben
Hauptartikel: Couleur
Als farbentragend werden Studentenverbindungen bezeichnet, deren Mitglieder (zumindest bei offiziellen Veranstaltungen) ein Band und eine Kopfbedeckung (Studentenmütze auch Kopfcouleur genannt) in den Farben ihrer Verbindung (Couleur) tragen.
Daneben existieren seit 1857 sogenannte farbenführende Verbindungen, deren Mitglieder keine Couleur tragen. Die Farben dieser Verbindungen finden sich dann häufig in dem Wichs und in Couleurgegenständen wie z.B. den so genannten Zipfeln. Manche nicht-farbentragende Verbindungen in Süddeutschland und in Österreicht tragen allerdings ein Band aber keine Studentenmütze.
Einige Studentenverbindungen tragen weder Farben, noch führen sie Farben. Diese Verbindungen werden als schwarze Verbindungen bezeichnet.
Der Zirkel
Hauptartikel: Zirkel (Studentenverbindung)
Der Zirkel ist eine monogrammartige Verschlingung von Buchstaben, gefolgt von einem Ausrufezeichen und enthält in der Regel die Anfangsbuchstaben des Verbindungsnamens und des Wahlspruches der Verbindung. Oft finden sich auch (alternativ oder zusätzlich) die Anfangsbuchstaben von "libertas vita carior" (lvc), "vivat, crescat, floreat" (vcf) bzw. "vivat circulus fratrum (Verbindungsname)" im Zirkel.
Das Wappen
Hauptartikel: Studentenwappen
Das Studentenwappen ist eine nicht streng den heraldischen Regeln folgende Form der Wappen und kam um das Jahr 1800 in Gebrauch. Meist wird das Schild durch ein Kreuz in vier Felder geteilt. Beliebte Elemente sind die Farben der Verbindung, das Bundeszeichen, der Zirkel (Studentenverbindung), Hinweise auf die Universitätsstadt, regionale heraldische Elemente sowie weitere Symbole für Freundschaft und Ewigkeit, die teils aus dem Freimaurertum, teils direkt aus der Antike übernommen wurden.
Die Fahne
Die meisten Studentenverbindungen haben eine Fahne in ihren Farben. Diese wird während des Semester am Korporationshaus gehißt. Daneben haben Studentenverbindungen oft noch eine Prunkfahne oder -standarte, die neben den Farben der Verbindung häufig das Wappen, den Namen der Verbindung und den Wahlspruch aufweist.
Gesellschaftliches Leben und Feiern
Gesellschaftliche Veranstaltungen und Feiern aller Art sind seit jeher bei Studenten sehr beliebt. Weit entfernt von Eltern und Familie, ausgestattet mit einer mehr oder weniger großen Geldmenge und mit viel Zeit zur freien Verfügung konnte der Student schon immer seinen Lieblingsbeschäftigungen mehr Zeit einräumen, als das im Elternhaus der Fall gewesen wäre. Gastronomie war deshalb in Universitätsstädten schon immer ein wichtiger Erwerbszweig, der Verzehr alkoholischer Getränke eine tägliche Beschäftigung der meisten Studenten. Und da das Trinken nur in Gesellschaft richtig Spaß macht, bildeten sich im Laufe der Zeit auch speziell studentische Formen gesellschaftlicher Veranstaltungen, bei denen noch im frühen 19. Jahrhundert Essen, Trinken und Rauchen gleich wichtige Bestandteile bildeten. Traditionelle Bezeichnungen dafür sind Kneipe und Kommers, aber auch heute in Vergessenheit geratene Begriffe wie "Hospicium" oder "Kränzchen".
Ursprünglich stellten studentische Veranstaltungen Verballhornungen von freimaurerischen und auch universitären Riten dar (die Kneipe entstand nach dem Bild der Vorlesung). Über die Zeit kamen so immer mehr Neuerungen in studentisches Brauchtum; als einige Landesfürsten den Alkoholgenuß verboten, konterten Studentenverbindungen mit Trinkzwang und Biercomment. Die Persiflierung von Riten machte dabei auch vor den Verbindungen selbst nicht halt; so entstand der "Bierjunge" als Verballhornung des studentischen Duells und der Mensur.
Einige dieser Formen haben sich bis heute weiterentwickelt und werden in zeitgemäßem Rahmen auch weiterhin gepflegt. So hat nahezu jede Verbindung alle oder mehrere der folgenden Veranstaltungen in ihrem Semesterprogramm:
- Kneipe: Dies ist eine traditionelle Feier, die in einem festgelegten Rahmen (Kneip-Comment) gestaltet wird. Es werden Reden gehalten und Lieder gesungen sowie meist Bier getrunken. Typischer Brauch auf einer Kneipe ist das Reiben eines Schoppensalamanders.
- Kommers: Dies ist die festliche und repräsentative Form der studentischen Kneipe. Kommerse finden typischerweise anlässlich von Stiftungsfesten, Stadt- oder Universitätsjubiläen statt. Auf Kommersen wird zu besonderen Anlässen ein "Landesvater gestochen", bei den meisten Verbindungen aber nur alle fünf Jahre einmal.
- Stiftungsfest: Dies ist die Feier aus Anlass des Jahrestages der Gründung einer Studentenverbindung. Gesellschaftlicher Höhepunkt eines Stiftungsfestes ist der Stiftungsfestball.
- Kongress/Verbandsfest: Dies ist die meist jährlich oder alle zwei Jahre stattfindende zentrale Veranstaltung eines Dachverbandes mit Arbeitssitzungen (Kongress) und gesellschaftlichen Bestandteilen (meist als Kommers).
Darüber hinaus gibt es weitere Veranstaltungen, die primär auf die jeweiligen Schwerpunkte der Studentenverbindung ausgerichtet sind. So veranstalten Burschenschaften und wissenschaftliche Studentenverbindungen eine Reihe von wissenschaftlichen Abenden, musische Verbindungen Gesangsabende oder Konzerte, sportlich orientierte Verbindungen (wie Akademische Segelvereine oder Ruderverbindungen) sportliche Aktivitäten und christliche Studentenverbindungen religiöse Feiern. Natürlich kommen bei jungen Leuten auch moderne Formen zwangloser Feste nicht zu kurz. Das kann in kleinem, fast privaten Rahmen - natürlich meistens mit Damen - stattfinden, aber auch in größerem Stil. Mittlerweile ist es üblich, dass viele Verbindungen zumindest einmal im Jahr die studentische Öffentlichkeit zu einer großen Party einladen, die dann mit mehreren hundert Teilnehmern gefeiert wird. Das praktisch allen Verbindungen zumindest in Deutschland zu Verfügung stehende Korporationshaus eröffnet dabei umfangreiche gestalterische Möglichkeiten.
Gesellschaftspolitisches Engagement
Obwohl viele Studentenverbindungen ihre Mitglieder zum bewussten und verantwortlichen politischen Denken ermutigen, werden sie als Organisation selbst nur indirekt politisch aktiv.
Ausnahmen sind die Burschenschaften, die in der Deutschen Burschenschaft und Neuen Deutschen Burschenschaft organisiert sind. Sie waren aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte schon immer politisch aktiv. Andere Verbände hingegen verneinen jede allgemeinpolitische Aktivität ihrer Mitgliedsverbindungen. So sind die beiden Corps-Verbände sowohl nach außen als auch bezüglich ihrer Mitglieder absolut neutral.
Der Begriff des Vaterlands spielt für einige Studentenverbindungen eine große Rolle. Seine historisch bedingte Bejahung vertreten neben vielen Burschenschaften auch die Vereine Deutscher Studenten in Deutschland und Österreich. Diese definieren "Vaterland" aber unterschiedlich. Einige nennen "Deutschland" eine kulturelle Einheit, die nicht mit den Grenzen der Bundesrepublik Deutschland identisch ist, sondern auch Österreich, teilweise sogar die Gebiete östlich der Oder-Neiße-Linie umfasst (siehe dazu Deutschland (Begriffsklärung), Großdeutschland).
Dementsprechend ist auch die Möglichkeit des Beitritts von Ausländern recht unterschiedlich geregelt. Die meisten Verbindungen nehmen Menschen jeder Staatsangehörigkeit auf. Manche machen die Mitgliedschaft von einer Verbundenheit zum Vaterland des jeweiligen Mitglieds abhängig. Einige verlangen die Zugehörigkeit zum deutschen Volk, andere die deutsche bzw. österreichische Staatsbürgerschaft von ihren Mitgliedern.
Tatsächlich sind heute Menschen aus praktisch allen Kontinenten Mitglieder in deutschen Studentenverbindungen: vor allem aus West-, Nord- und Osteuropa, den Mittelmeerländern, allen Teilen Amerikas, aber auch aus Afrika und Ostasien.
Studentenverbindungen in Liechtenstein, Österreich und der Schweiz
Liechtenstein
In Liechtenstein gibt es eine katholische (Ferial-)Verbindung, die LAV Rheinmark, in der sich liechtensteinische Studenten zusammenfinden, wenn sie in den Ferien von ihrem Universitätsort in ihr Heimatland zurückkommen. In Liechtenstein selbst gibt es keine Universität.
Österreich
Die Studentenverbindungen in Österreich sind im Großen und Ganzen mit den Verbindungen in Deutschland vergleichbar. Die gesellschaftspolitische Relevanz ist (war) allerdings größer. So entstammen fast alle Bundeskanzler der ersten Republik katholischen CV-Verbindungen. Engelbert Dollfuß, Begründer der austrofaschistischen Diktatur, war zum Zeitpunkt seiner Ermordung Philistersenior seiner Studentenverbindung KÖHV Franco Bavaria (Wien). Posthum wurde ihm von allen Verbindungen des Österreichischen Cartellverbands (ÖCV) die Ehrenmitgliedschaft (Bandphilister h.c.) verliehen.
Die Verbindungen Österreichs sind politisch insgesamt deutlich konservativer als jene in Deutschland. Außerdem sind sie untereinander tief in katholische und schlagende Verbindungen gespalten. Gemeinsame Auftritte bei universitären oder allgemein gesellschaftlichen Veranstaltungen sind dort nach wie vor undenkbar. Die aggressive Ablehnung fand ihren traurigen Höhepunkt in der Ermordung eines katholischen Grazer Studenten Anfang des 20. Jahrhunderts. Sie hat sich heute in ein "nicht einmal ignorieren" gewandelt.
Manche Korporationsverbände wie der Cartellverband oder der nicht-farbentragende Kartellverband koexistieren als deutsche und österreichische Verbände, weisen aber gemeinsame Wurzeln und teilweise sogar eine gemeinsame Geschichte auf. Partiell kann bei den schlagenden, nationalen österreichischen Verbindungen eine besondere Verbundenheit mit Deutschland festgestellt werden.
Ungewöhnlich ausgeprägt ist in Österreich das Schülerkorporationswesen. Der größte Verband von Mittelschulverbindungen ist der Mittelschüler Kartell Verband (MKV). Österreichische Mittelschulverbindungen bezeichnen sich größtenteils auch als "Studentenverbindung".
Schweiz
Das Korporationswesen in der Schweiz ähnelt dem in Deutschland und Österreich, allerdings mit einem Unterschied: Die drei großen Dachverbände "Schweizerischer Zofingerverein (Zofingia)", "Studentenverbindung Helvetia" und der "Schweizerischer Studentenverein (StV)", dem deutschen CV nahestehend, wurden von Anfang an als Dachverband gegründet und entstanden nicht aus Zusammenschlüssen einzelner Verbindungen. Daneben gehörten ihnen von Anfang an Verbindungen an Universitäten und Schülerverbindungen an. Letztere sind in der Schweiz weitaus häufiger anzutreffen als in Deutschland. Zudem waren alle drei Verbände ebenfalls von Anfang an politische Vereine (Siehe auch Schweizerischer Studentenverein).
(Für Studentenverbindungen in anderen Ländern siehe: Studentenverbindungen in nicht-deutschsprachigen Ländern)
Kritik am Verbindungswesen
Studentenverbindungen werden in der Gesellschaft verschieden wahrgenommen. Ihre Traditionen sind diverser Kritik ausgesetzt und treffen zum Teil auf Ablehnung, sei es wegen ihrer Herkunft, sei es wegen ihres heutigen Erscheinungsbildes. Dabei geht es oft um besonders augenfällige Merkmale, die immer wieder Anstoß erregen. Einige seien hier kritisch erörtert.
Kritik an Einzelmerkmalen
Das Verhältnis zu Frauen
Obwohl viele Verbindungen seit den 70er Jahren auch Frauen aufnehmen, sind Studentinnen in der korporierten Szene oft stark unterrepräsentiert. Der Anteil an reinen Damenverbindungen nimmt in letzter Zeit stetig zu. Dennoch ist der Frauenanteil in Verbindungen weiterhin sehr gering.
Sie werden deshalb von Kritikern als ausgrenzend und frauenfeindlich bezeichnet. Dies begründet sich zum Teil wegen verschiedenen besonders wahrgenommenen Verbindungstraditionen.
Der aufstiegsfördernde Zusammenhalt
Kritiker bezeichnen das Lebensbund-Prinzip von Studentenverbindungen oft als System von Seilschaften. Statt eigener Leistung seien die dort aufgebauten Beziehungen maßgeblich für die spätere Karriere eines Mitglieds. Korporierte entgegnen, ohne erbrachte Leistung könne heute niemand mehr bestehen; und ohne von der Leistungsfähigkeit des Anderen überzeugt zu sein, könne es sich auch niemand erlauben, diesen in eine Position zu hieven. So dient die Gemeinschaft in Studentenverbindungen nur zum Kennenlernen und dem Aufbau von "Netzwerken", auf die man später zugreifen kann. Diese Funktion gibt es aber genauso im nichtakademischen Bereich, etwa in Vereinen, Gewerkschaften, Parteien, da auch dort Kontakte geknüpft und langlebige Beziehungen zum gegenseitigen Vorteil aufgebaut werden können; die Ausrichtung von Studentenverbindungen gezielt auf Akademiker und damit die gewünschte Zielgruppe prädestinieren sie dabei besonders für diese Art des Aufbaus von Beziehungsnetzwerken. Aber neben den Studentenverbindungen bilden sich heute zunehmend wieder Studenteninitiativen, die das so genannte "Networking" ausdrücklich zum Ziel erklärt haben.
Doch Akademiker stellen auch nach eigenem Anspruch die geistige Elite des Volkes dar, so dass ihnen eine besondere Verantwortung für den wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt zukommt und von ihnen erwartet wird. Das universitäre Prinzip des freien Zugangs zum Wissen für alle weckt bei vielen Kritikern Misstrauen gegen jede Form der Abschottung, die als elitär aufgefasst wird. Auch dass die Bindung zwischen den Generationen die Abkehr vom Fehlverhalten Alter Herren erschwert oder verhindert, ist ein häufiger, nicht von der Hand zu weisender Kritikpunkt.
Die hierarchische Struktur
Die eingeschränkten Rechte und Pflichten der "Füchse" während ihrer Probezeit werden häufig als Zeichen einer hierarchischen, autoritären Struktur gesehen, die demokratischen Ansprüchen widerspreche.
Verbindungen verweisen dagegen auf das bürgerliche- und Vereinsrecht, das antidemokratische Strukturen nicht zulasse. Zwar seien Neumitglieder im Burschenconvent (BC) noch nicht zugelassen, hätten aber im Allgemeinen Convent (AC) volles Stimmrecht und entschieden dort über die meisten Interna mit. Sie stellen auch das Gleichheitsideal heraus, das etwa im Duzen der Bundesgeschwister zum Ausdruck komme.
Zudem übernehmen die Mitglieder direkt nach dieser Probezeit die Führungspositionen in der jeweiligen Verbindung und sind dabei auch älteren Mitgliedern gegenüber weisungsberechtigt. Das typische Merkmal einer hierarchischen Struktur - das langsame Anwachsen der eigenen Befugnisse - ist also nicht vorhanden.
Die Ideale
Viele politische Verbindungen und Burschenschaften vertreten seit ihren Anfängen einen bestimmten Wertekanon, der oft mit Dreiklängen wie „Ehre, Freiheit, Vaterland“ oder - je nach Gewichtung und Rangfolge - „Freiheit, Ehre, Vaterland“ umschrieben wird.
Einige dieser Werte werden heute weder als eindeutig empfunden noch allgemein geteilt. Sie sind seit dem ungeheuren Missbrauch des NS-Regimes für manche nicht mehr ungebrochen verwendbar. Gerade "Ehre" erscheint vielen vor dem geschichtlichen Hintergrund überholt, da sie auf einer Abgrenzung von anderen und dem Zusammenhalt und dem Wirken einer fragwürdigen Elite basiere. Hier wirkt die historische Herkunft aus der voraufklärerischen, adelig-ritterlichen "Satisfaktion" nach. Das betrifft vor allem schlagende, besonders in der Deutschen Burschenschaft organisierte Verbindungen.
Kritiker übersehen oft, dass viele Verbindungen ihrerseits den Begriff einer besonderen "studentischen Ehre" ablehnen und Dreiklänge wie "Gott, Freiheit, Vaterland" (Schwarzburgbund) oder "Religion, Wissenschaft, Freundschaft" (KV) verwenden. Zu Mißverständnissen führt besonders, daß das Bekenntnis zum "Vaterland" von Seiten der Verbindungen heute das Eintreten für den Staat Bundesrepublik Deutschland mit seiner freiheitlichen und demokratischen Grundordnung oder das Bekenntnis zu einer "Vereinigung Europas in Freiheit" (DB) bezeichnet. Daher ist für die Außenwahrnehmung nicht unerheblich, in welcher Weise Verbindungen ihre Werte aktiv vertreten.
Der Nationalismus
Der Begriff „Vaterland“ wird von einigen politisch aktiven Verbindungen, von denen viele Bünde der Deutschen Burschenschaft sind, völkisch, deutschnational, revisionistisch bis fremdenfeindlich aufgefasst. Die Deutsche Burschenschaft bot in der Vergangenheit gelegentlich Anhängern von großdeutschen Positionen und nationalistischen Ideen ein Forum. Zusammen mit anderen Institutionen aus dem rechtsradikalen Spektrum wurden Veranstaltungen zu politisch zweifelhaften Themen organisiert.
Kritiker nehmen deshalb manchmal alle Verbindungen als konservativ bis reaktionär und nationalistisch mit fließenden Übergängen zum Rechtsradikalismus wahr. Die große Mehrheit der Korporierten lehnt radikale Tendenzen jedoch ab. Das breite Spektrum von Studentenverbindungen sieht sich überwiegend politisch neutral und betont seine Treue zum Grundgesetz, die es aus dem Patria-Prinzip ableitet.
Diese Kritiker werfen diesem Teil der Verbindungslandschaft aber vor, sich nicht ausreichend von verfassungswidrigen Tendenzen in den Reihen der Deutschen Burschenschaft abzugrenzen. Die politisch neutrale Selbsteinstellung überlasse politisch rechts exponierten Verbindungen die politische Außenwirkung. Außerdem werfen sie den Verbindungen der Deutschen Burschenschaft vor, die betreffenden Burschenschaften weiterhin im eigenen Dachverband zu dulden.
Verfassungswidrigkeit
Vier Verbindungen innerhalb der Deutschen Burschenschaft (DB) werden von den Landesämtern für Verfassungsschutz beobachtet: die "Danubia" München, "Teutonia" Regensburg, "Frankonia" Erlangen und "Germania" Hamburg.
Seit 2001 müssen Bewerber für den Staatsdienst in Bayern ihre Mitgliedschaft bei der Burschenschaft Danubia München offenbaren.
Die Traditionspflege
Viele Verbindungen passen ihre alten Strukturen, Rituale und Gepflogenheiten kaum der Aktualität an. Das sehen Kritiker oft als Bestätigung für das "ewiggestrige Gedankengut" der Korporierten. Doch diese möchten bewusst die oft über 100 Jahre alten Traditionen behalten und auf diese Weise ihre Identität wahren und pflegen. So konnten sich Studentenverbindungen nach den Karlsbader Beschlüsse oder dem "Dritten Reich" aus ihrer Tradition heraus wiedergründen. Selbst in der Zeit des SED-Regimes in der DDR nahmen Studenten zu den alten akademischen Traditionen Zuflucht, um der kommunistischen Einheitskultur zu entfliehen.
Dennoch trifft der Traditionalismus vieler Verbindungen auf Kritik, weil er ein veraltetes Weltbild kultiviere und sich nicht neuen gesellschaftlichen Herausforderungen stelle.
Introvertiertheit
Studentenverbindungen sind oft sehr stark mit den eigenen Belangen befasst und innenbezogen. Sie schotten sich gegenüber kritischen Einblicken von außen ab und stellen sich der Öffentlichkeit nicht genügend dar, so dass Außenstehende geradezu eingeladen werden, Vorurteile wie ein angebliches "Elite"-Denken zu bilden. Dies liegt auch an der relativ geringen Präsenz von Studentenverbindungen auf gesellschaftlich relevanten Kongressen, Aktionen und in den Medien außerhalb des eigenen Spektrums.
Der Alkohol
In der Zeit, in der Alkohol in einigen deutschen Staaten verboten war, gaben sich Studentenverbindungen eigene "Trinkordnungen", die teilweise bis heute fortbestehen. Das gemeinsame Trinken wird etwa auf Kneipen oftmals als selbstverständlich erachtet. Vor allem Bier wird dort oft in großen Mengen konsumiert. Eine Trinkpflicht besteht jedoch im Prinzip nicht, wird von Beteiligten aber zuweilen als Gruppenzwang erfahren.
Progressivere Studentenverbindungen lassen heute aber durchaus alkoholfreie Getränke zu. Einige Verbindungen haben sich dem Mäßigkeitsprinzip verschrieben, das dem zügellosen Alkoholmissbrauch einen Riegel vorschieben soll.
Weiterführende Informationen
Literatur
Brauchtum
- Friedhelm Golücke, Bernhard Grün, Christoph Vogel: Die Fuxenstunde, Allgemeiner Teil. 4., völlig überarbeitete Auflage, SH-Verlag, 1996, ISBN 3894980109 - Für Mitglieder einer Korporation gedachtes Ausbildungsbuch mit vielen Informationen zu Studentenverbindungen in Gegenwart und Geschichte, herausgegeben von der GDS.
- Peter Krause: O alte Burschenherrlichkeit - Die Studenten und ihr Brauchtum, 5. bearb. Auflage, Graz, 1997, ISBN 3222124787
- Raimund Lang: Ergo cantemus - Texte und Materialien zum Studentenlied, GDS-Archiv für Hochschulgeschichte und Studentengeschichte, Beiheft 13, SH-Verlag, Köln, 2001, ISBN 3894981121
Geschichte
- Harm-Hinrich Brandt und Mathias Stickler: Der Burschen Herrlichkeit - Geschichte und Gegenwart des studentischen Korporationswesens, Historia Academica Bd. 36, Würzburg, 1998, ISBN 3-930877-30-9
- Paulgerhard Gladen: Gaudeamus igitur - Die studentischen Verbindungen einst und jetzt, München, Callwey, 1988, ISBN 3-7667-0912-7
- Robert Paschke: Studentenhistorisches Lexikon, GDS-Archiv für Hochschulgeschichte und Studentengeschichte, Beiheft 9, Köln, 1999, ISBN 3894980729
Für weitere studentengeschichtliche Literatur, siehe: Geschichte der Studentenverbindungen.
Verzeichnisse
- Ernst-Günter Glienke: Civis Academicus 2005-2006, Handbuch der deutschen, österreichichen und schweizerischen Korporationen und studentischen Vereinigungen an Universitäten und Hochschulen sowie Schülerverbindungen, Redaktion: Ernst Thomas, SH-Verlag, 2004, ISBN 3894981490. - Detaillierte Liste (mit Kurzvorstellungen) aller existierenden Studentenverbindungen deutscher Prägung. Ein Eintrag im "Civis" zählt teilweise in der sehr heterogenen Welt der Studentenverbindungen als Unterscheidungsmerkmal, ob eine Gesellschaft als Verbindung oder sonstiger Verein gelten kann; herausgegeben von der GDS.
- Hartmut H. Jess: S.C.C. 2000 (Specimen Corporationum Cognitarum) - Das Lexikon der Verbindungen, CD-ROM, SH-Verlag, 2000. - Auf dieser CD-ROM sind die Daten von 12.000 Verbindungen und Vereinen zusammengestellt.
Kritisches
- Diana Auth, Alexandra Kurth: "Männerbündische Burschenherrlichkeit. Forschungslage und historischer Rückblick", in: Christoph Butterwegge / Gudrun Hentges (Hrsg.), Alte und Neue Rechte an den Hochschulen, Agenda-Verlag, Münster, 1999, ISBN 3896880608
- Ludwig Elm, Dietrich Heither, Gerhard Schäfer (Hg.): Füxe Burschen Alte, Herren - Studentische Korporationen vom Wartburgfest bis heute, Papyrossa-Verlag, Köln, 1993, ISBN 3-89438-050-0
- Dietrich Heither, Gerhard Schäfer: Studentenverbindungen zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus, in: Jens Mecklenburg (Hrsg.), Handbuch Deutscher Rechtsextremismus, Berlin, 1996, ISBN 3885205858
Belletristik
- Walter Bloem: Der krasse Fuchs, Roman, Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1911 mit einem Nachwort von Holger Zinn, SH-Verlag 2001, ISBN 3894981083
- Walter Bloem: Kommödiantinnen, Roman, Ullstein, Berlin 1914
- Walter Bloem: Brüderlichkeit, Roman, H. Fikentscher, Leipzig, 1922
Wikilinks
- Geschichte der Studentenverbindungen
- Liste der Dachverbände von Studentenverbindungen
- Liste verbindungsstudentischer Begriffe
- Studentenverbindungen in nicht-deutschsprachigen Ländern
Weblinks
- Arbeitskreis der Studentenhistoriker Informationen zum Arbeitskreis und zur allgemeinen Studentengeschichte, Links und Meldungen
- Cousin: Couleurstudentische Informationen Informations-Portal über Studentenverbindungen aller Art
- «Es ist natürlich etwas anderes, wenn man weiß, der andere war auch aktiv» Artikel von Peter Schmitt aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung
- Gemeinschaft für deutsche Studentengeschichte e.V. Aktuelle Meldungen, Termine, Studenten-Kurier, Arbeitskreise und vieles mehr
- Tradition mit Zukunft Plattform zur Förderung des couleurstudentischen Austauschs, unter anderem mit vielfach durchsuchbarem Verbindungs-/Dachverbandsverzeichnis
- Wohnen im Verbindungshaus: Die Bruderschaft Artikel aus der Wirtschaftswoche; Verschiedene Sichtweisen zu Corps, Burschenschaften, ihren Villen und Traditionen
Verbindungskritische Links
- Linkliste des fzs zu verbindungskritischen Readern
- "Zum deutschnationalen Korporationswesen in Österreich" Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands
- Texte über Verbindungen Sammlung der Stuttgarter Burschenschaft Hilaritas von online erschienenen Texten (1995-2001)