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Martin Heidegger

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Martin Heidegger (* 26. September 1889 in Meßkirch; † 26. Mai 1976 in Freiburg im Breisgau) war ein deutscher Philosoph. Er zählt zu den einflussreichsten Philosophen des zwanzigsten Jahrhunderts. Zu den zentralen Bemühungen Heideggers gehört die Destruktion der Metaphysik. Ausgehend von der Phänomenologie und Ontologie interpretiert und kritisiert Heidegger die abendländisch-philosophische Tradition.

Sein bekanntestes Werk ist das 1927 erschienene Sein und Zeit. In dessen erster Hälfte übt Heidegger starke Kritik am kartesischen Subjektivismus und arbeitet in einer fundamental-ontologischen Untersuchung eine neue Ontologie aus. Hierzu wählt er einen hermeneutischen Zugang: indem er nicht von festen Annahmen ausgeht und dann argumentativ fortschreitet, sondern mittels der Phänomenologie aufweist und freilegt möchte er mit überkommenen Traditionen brechen. Der zweite Teil des Buches beschäftigt sich mit grundlegenden Strukturen des Menschseins, wie etwa dem Phänomen des Todes, der Möglichkeit zu Individualität und dem faktisch in die Welt und Geschichte „geworfenen“ Menschen. Von hier nahmen die Existenzphilosophen ihre ersten Anregungen.

Nach Sein und Zeit wird von ihm das Sein als Sein zum zentralen Thema des Denkens erhoben. Heidegger schreibt Seinsgeschichte, in welcher er den geschichtlichen Bezug des Menschen zur Wahrheit interpretiert und einordnet. Dabei zeigt sich die geschichtliche Entwicklung für ihn als überwiegend negativ zu wertender Prozess, der von Seinsverlassenheit – also eines Entzuges von Wahrheit – geprägt ist. Einen Höhepunkt dieser Entwicklung macht Heidegger im Nihilismus und in der planetarisch gewordenen Technik aus. Seine Technikkritik problematisiert dabei einerseits, dass technische Weisen der Weltentdeckung andere Arten des Verstehens verdrängen, andererseits eine Verkehrung der Zweck-Mittel-Relation, die in einer Vernutzung um der Vernutzung Willen mündet und zu einer Zerstörung der natürlichen Umwelt führt.

In einer außergewöhnlich eigenen Interpretation von Hölderlins Gedichten, versucht er den Zustand des modernen Zeitalters als durch das sich entziehende Göttliche geprägt zu denken. In seinem späten Denken wendet sich Heidegger dem modernen Menschen zu, den er als heimatlosen und entwurzelten sieht. Diesem Problem stellt er seine Konstellation der Welt als Geviert von Sterblichen, Göttlichen, Himmel und Erde entgegen.

Heidegger zählt zu den bedeutendsten Philosophen des 20. Jahrhunderts. Eine breite Rezeption findet sich vor allem in Kontinentaleuropa und Ostasien. Zu den von ihm beeinflussten Philosophen gehören unter anderen Jean-Paul Sartre, Emmanuel Levinas, Jacques Derrida, Maurice Merleau-Ponty, Michel Foucault, Hans-Georg Gadamer, Hannah Arendt, sowie Tanabe Hajime und Nishitani Keiji in Japan und Hubert Dreyfus in den USA.

Sein kurzzeitiges Engagement während des Nationalsozialismus ist bis heute Gegenstand kontroverser Debatten.

Leben und Werk

Kindheit und Jugend

Das Mesmerhaus in Meßkirch, in dem Martin Heidegger aufwuchs

Martin Heidegger kommt am 26. September 1889 als erstes Kind der Eheleute Friedrich und Johanna Heidegger in Meßkirch (Baden) zur Welt. 1892 wird seine Schwester Maria geboren, 1894 sein Bruder Friedrich (Fritz). Der Vater ist Fassbindermeister und versieht an der örtlichen katholischen Kirche das Messneramt, die Familie lebt in einfachen, aber wohlgeordneten Verhältnissen. Die tiefgläubigen Eltern bemühen sich trotz knapper Geldmittel um eine möglichst gute Ausbildung ihrer Kinder und lassen darüber hinaus die Söhne schon früh Ministranten werden. Höhere Bildung jenseits der Gemeindeschule scheint unerreichbar, bis der Ortspfarrer 1903 auf die Begabung Martins aufmerksam wird und ihm ein Stipendium für das Konradihaus in Konstanz ermöglicht, einer Schule zur Heranbildung zukünftiger Geistlicher.

Ab 1906 lebt Heidegger am bischöflichen Seminar in Freiburg und absolviert das Gymnasium. Nach seinem Abitur tritt er im September 1909 als Novize in den Jesuitenorden ein, verlässt das Kloster aber wegen Herzbeschwerden schon nach einem Monat wieder. Stattdessen wird er Priesterseminarist und beginnt das Studium der Theologie und Philosophie an der Universität Freiburg. Heidegger veröffentlicht erste Artikel und Kommentare, die geistliche Laufbahn scheint ihm sicher zu sein, bis er 1911 das Theologiestudium aufgibt und die Philosophie mit Mathematik, Geschichte und Naturwissenschaften ergänzt. Da in dieser Zeit vor allem der Neukantianismus und eine allgemeine Ablehnung der Ontologie vorherrschten, ist Heideggers früher Bildungsweg durch seine Bindung an den Katholizismus durchaus atypisch.

Zwei Texte prägen Heidegger in dieser Zeit: Franz Brentanos Schrift „Von der mannigfachen Bedeutung des Seienden nach Aristoteles“ und „Vom Sein. Abriß der Ontologie“ des Freiburger Dogmatikers Carl Braig, bei welchem er auch Vorlesungen hört und woraus ein fruchtbares Spannungsverhältnis zur scholastischen Tradition entsteht. Heidegger urteilt später, dass er ohne seine theologische Herkunft nicht auf seinen Weg des Denkens gebracht worden wäre.[1]

Frühe Schaffenszeit

1913 promoviert Heidegger mit einer Arbeit über Die Lehre vom Urteil im Psychologismus zum Doktor der Philosophie. Schon 1915 folgte seine Habilitation bei Heinrich Rickert über Die Bedeutungs- und Kategorienlehre des Duns Scotus. Johannes Duns Scotus war ein spätmittelalterlicher Philosoph, der das „Seiende als Seiendes“ als das höchste abstrakt Erkennbare bezeichnete, das in allen Dingen liege. Heidegger bezog sich in seiner Habilitation tatsächlich aber auf die Schrift Grammatica Speculativa - später erst Thomas von Erfurt zugeschrieben – ein Traktat darüber, wie kategoriale, also seinsmäßige Differenzierungen sich sprachlich zum Ausdruck bringen lassen. Hier zeigt sich somit schon ein frühes Interesse Heideggers an dem Verhältnis von Sein und Sprache. Als Husserl 1916 an die Universität Freiburg kommt und die Nachfolge Rickerts antritt, wird Heidegger zu seinem engsten Vertrauten. Husserl gewährt ihm Einblicke in seine Forschung und Heidegger hebt rückblickend den Gewinn hervor, den dieses enge Verhältnis für ihn hatte.

1917 heiratete er Elfriede Petri. Im Freiburger KV war Heidegger bis zu seiner Einberufung zum Wehrdienst sehr aktiv und beteiligte sich regelmäßig an den wöchentlichen Treffen. 1915 hielt er dort einen Vortrag über den „Wahrheitsbegriff in der modernen Philosophie“. Ab 1920 wird Heidegger jedoch nicht mehr im KV-Jahrbuch geführt. Um eine außerordentliche Professur in Marburg erhalten zu können, erstellt Heidegger 1922 für Paul Natorp die Skizze eines Aristoteles-Buches, den so genannten Natorp-Bericht. Dieser stellt auch einen Bruch Heideggers mit dem Katholizismus dar. Heidegger bezeichnet seine Philosophie, die hier gerade im Entstehen ist, als ausdrücklich atheistisch und erklärt in einer Fußnote: eine Philosophie die sich als faktische Lebensauslegung verstehe, müsse auch wissen, dass dies eine „Handaufhebung gegen Gott“ bedeute.[2]

Datei:Stamp Hannah Arendt.jpg
Hannah Arendt auf einer Briefmarke, Bundespost 1988

Während einer außerordentlichen Professur in Marburg von 1923 bis 1927 hört auch die junge Hannah Arendt Vorlesungen bei ihm. Sie erinnert sich an die Faszination, die damals von seiner Lehrtätigkeit ausgeht: „Heideggers Ruhm ist älter als die Veröffentlichung von Sein und Zeit (…) Kollegnachschriften [gingen] von Hand zu Hand (…) [und] der Name reiste durch ganz Deutschland wie das Gerücht vom heimlichen König. (…) Das Gerücht, das [die Studierenden] nach Freiburg zu dem Privatdozenten und etwas später nach Marburg lockte, besagte, dass es einen gibt, der die Sache, die Husserl proklamiert hatte, wirklich erreicht.“[3]

Ab 1925/26 verbindet ihn eine leidenschaftliche Liebesbeziehung mit seiner neunzehnjährigen Studentin Hannah Arendt. Heideggers Briefe an Arendt und ihre Notizen betreffend diese Beziehung wurden in ihrem Nachlass gefunden. Aus seiner frühen Korrespondenz geht hervor, welche Vorstellung er von einer universitär gebildeten Frau hatte: „Männliches Fragen lerne Ehrfurcht an schlichter Hingabe; einseitige Beschäftigung lerne Weltweite an der ursprünglichen Ganzheit fraulichen Seins.“ [4] Am 24. April desselben Jahres schreibt er: „Zerrissenheit und Verzweiflung vermag nie so etwas zu zeitigen wie Deine dienende Liebe in meiner Arbeit.“ Die Beziehung ist von einem Ungleichgewicht geprägt: da Heidegger weder seine Stellung noch seine Ehe gefährden möchte, bestimmt er Ort und Zeit der Treffen. Das ganze muß im Geheimen ablaufen und entbehrt nicht konspirativer Elemente. Die Beziehung wird für Heidegger von lebenslanger Bedeutung sein, auch wenn es immer wieder zu langen Zeiten ohne Kontakt kommt, so vor allem von 1933 bis 1945.

1928 wird Heidegger in Freiburg Nachfolger auf Husserls Lehrstuhl, welchen er mit der Vorlesung „Was ist Metaphysik?“ antritt (publiziert 1929). 1927 erscheint sein Aufsehen erregendes Werk Sein und Zeit. Die nun durch die Gesamtausgabe zugänglichen frühen Vorlesungen lassen die Entstehungsgeschichte von Sein und Zeit sehr genau nachvollziehen und es zeigt sich, dass schon erstaunlich früh die für Sein und Zeit wesentlichen Grundgedanken im Werk Heideggers hervortreten. Daneben sorgen seine Vorlesungen sowie ein öffentliches Streitgespräch mit Ernst Cassirer für die Bekanntheit Heideggers (veröffentlicht im Anhang seines Buches Kant oder das Problem der Metaphysik).

Nationalsozialismus

Wie Heideggers Verhältnis zum Nationalsozialismus zu beurteilen ist, wird bis heute heftig diskutiert. Dabei sollen im Folgenden zunächst die historischen Geschehnisse referiert werden. Es folgen einige Aussagen der Zeitgenossen und von Heidegger selbst. Zu letzt werden die Positionen der Forschung zum Thema Heidegger und der Nationalsozialismus dargestellt. Eine abschließende Beurteilung des Themas ist zurzeit jedoch nicht möglich.

Chronik

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, hier war Heidegger von 1933-1934 Rektor

1933 sieht Heidegger in dem politischem Umschwung neue Möglichkeiten zur Veränderung. Heidegger möchte sich einschalten und es scheint ihm geboten die Entwicklung mitzugestalten. Am 21. April 1933 wird Heidegger Rektor der Freiburger Universität. Für das Amt des Rektors wird er von seinem Vorgänger Professor von Möllendorf vorgeschlagen. Möllendorf war Sozialdemokrat und ist einen Tag zuvor vermutlich auf Druck des NS-Regimes zurückgetreten. Während seines Rektorats beteiligt sich Heidegger an Propaganda und Gleichschaltungspolitik der „Bewegung.“

In die NSDAP tritt er am 1. Mai 1933 ein und bleibt dort bis Kriegsende Mitglied. Wichtig ist in diesem Zusammenhang außerdem, dass es für Professoren keinen Zwang zur Parteimitgliedschaft gab, während andere Beamte zum Eintritt in die NSDAP verpflichtet waren. Nach Ende des Krieges tritt auf betreiben Karl Jaspers ein vorübergehendes Lehrverbot in Kraft, das am 26. September 1951 mit Heideggers Emeritierung endet.

In seiner Rektoratsrede, die Heidegger zum Amtsantritt hält, findet sich das Wort von der „Größe und Herrlichkeit dieses Aufbruchs“. Die Rede ist nationalsozialistisch konnotiert und hat bis heute viel Aufsehen erregt: Heidegger fordert darin eine grundlegende Erneuerung der Universität, die mit der Philosophie als Zentrum ihre Ganzheit, ähnlich wie in der Antike, wiedergewinnen soll. Das Verhältnis von Professoren und Studenten soll dem von Führern und Gefolgschaft entsprechen. Er betont die Notwendigkeit der Bindung an die so genannte Volksgemeinschaft und die wichtige Rolle der Universität bei der Ausbildung von kulturellen Führern des Volkes.

Heidegger untersagt zwar als Rektor Bücherverbrennungen an der Universität und die Aufhängung des Judenplakates, andererseits unternimmt er nichts, um die zunehmenden antisemitischen Ressentiments an der Universität einzudämmen. Nach einem fachlichen Streit 1931 mit seinem Kollegen Eduard Baumgarten, denunzierte Heidegger diesen 1933 bei der nationalsozialistischen Professorenschaft.[5]

Inwieweit sich vom Antisemitismus Heideggers sprechen läßt, wird verschieden beurteilt. Neben seiner vorausgegangenen Affäre mit Hannah Arendt hat er weiterhin Kontakt mit anderen Juden und widmet dem Zeitgenossen Max Scheler, dessen Mutter Jüdin ist, sein 1929 erschienenes Buch Kant und das Problem der Metaphysik.

Am 27. April 1934 tritt er vom Amt des Rektors zurück, da seine Vorstellungen weder an der Universität noch bei der Partei genügend Unterstützung finden. Eine Vorlesung, welche unter dem Titel „Der Staat und die Wissenschaft“ geplant ist, wird unvermittelt durch eine solche über Logik ersetzt. Er widmet sich von nun ab nur noch der Lehre und Forschung.

Heidegger selbst berichtet, er sei nach seinem Rücktritt vom Rektorat von der Partei überwacht worden und einige seiner Schriften seien nicht mehr im Handel erhältlich gewesen (z.B. Was ist Metaphysik?) oder nur noch unter der Ladentheke ohne Titelblatt verkauft worden.[6] 1944 wurde er zur Schanzarbeit eingezogen, da er bei der Dreiteilung der Dozentenschaft in Ganz-Entbehrliche, Halb-Entbehrliche und Unentbehrliche in die Gruppe der Ganz-Entbehrlichen fiel.

Die Rezeption von Heideggers Werken ist nach dem Krieg schwer belastet durch seine Verstrickung mit dem nationalsozialistischen Regime während des Rektorats und durch sein späteres Schweigen in der Öffentlichkeit.

Äußerungen

In einem Brief an Hannah Arendt, datiert 1932/33 [7], wehrt sich Heidegger gegen Gerüchte über seine Einstellung zu Juden:

„Die Gerüchte, die dich beunruhigen, sind Verleumdungen […] und üble Nachrede […]“

Er zählt Juden auf, die bei ihm promovieren und sich habilitieren. Er fährt ironisch fort:

„Im Übrigen bin ich heute in Universitätsfragen genauso Antisemit wie vor 10 Jahren und in Marburg, wo ich für den Antisemitismus sogar die Unterstützung von Jacobstal und Friedländer fand. Das hat mit persönlichen Beziehungen zu Juden, (z.B. Husserl, Misch, Cassirer und anderen) nichts zu tun. Und erst recht kann es nicht das Verhältnis zu Dir berühren.“

In einem Brief an Heidegger vom 23. September 1933 schreibt Jaspers, der sich für den Erhalt der authentischen Fassung der Rektoratsrede bedankt:

„… Mein Vertrauen zu Ihrem Philosophieren, das ich seit dem Frühjahr und unseren damaligen Gesprächen in neuer Stärke habe, wird nicht gestört durch Eigenschaften dieser Rede, die zeitgemäß sind, durch etwas darin, was mich ein wenig forciert anmutet und durch Sätze, die mir auch wohl einen hohlen Klang zu haben scheinen. Alles in allem bin ich nur froh, dass jemand so sprechen kann, dass er an die echten Grenzen und Ursprünge rührt.“

In einem Vortrag vor der Tübinger Studentenschaft am 30. November 1933 bekennt sich Heidegger zur Primitivität: „Primitiv sein heißt aus innerem Drang und Trieb dort stehen, wo die Dinge anfangen, primitiv sein, getrieben sein von inneren Kräften. Gerade deshalb, weil der neue Student primitiv ist, hat er die Berufung zur Durchführung des neuen Wissensanspruchs.“[8] Was er allerdings 1935 in seinem Vortrag Der Ursprung des Kunstwerkes, in welchem er die erneuernde und geschichtsgründende Macht der Kunst betont, wieder anders beurteilt. Hier zeigt sich das Primitive zukunftslos, denn „Es vermag nichts weiter aus sich zu entlassen, weil es nichts anderes enthält als das worin es gefangen ist.“[9]

Heidegger äußerte sich nie ausführlich oder eindeutig über seine Parteimitgliedschaft während des Dritten Reichs. In einem Brief an Karl Jaspers Anfang 1950 drückte er seine Scham darüber aus, dass er die Beziehungen während der Zeit des Nationalsozialismus abgebrochen habe.[10]

Datei:EdmundHusserl.jpg
Heideggers Lehrer Edmund Husserl

Widersprüchliche Aussagen gibt es bezüglich Heideggers Verhalten gegenüber Husserl in den 1930er Jahren; Heidegger selbst sprach hier von rein philosophisch-sachlichen Streitigkeiten, die nichts mit 1933 zu tun haben:

„Die Differenzen in sachlicher Hinsicht verschärften sich. Husserl hat anfangs der dreißiger Jahre eine öffentliche Abrechnung mit Max Scheler und mir gehalten deren Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ließ.“[11]

Wegen seines Nichterscheinens bei Husserls Krankenbett und dessen Beisetzung gestand er gegenüber Husserls Ehefrau Malvine Husserl „menschliches Versagen“ ein und bat um Entschuldigung. Als Heideggers Hauptwerk: Sein und Zeit 1941 in der 5. Auflage neu aufgelegt wurde, fehlte die Widmung für Edmund Husserl auf Vorschlag und Wunsch des Verlegers Hermann Niemeyer, hingegen blieb die Fussnote auf Seite 38 bestehen, wo Heidegger seinem Lehrer Husserl seinen Dank ausspricht. Ein möglicher Grund für die Entfernung auf der ersten Seite ist, dass es wohl mit der Widmung an den Juden Edmund Husserl im nationalsozialistischen Deutschland nicht erneut aufgelegt hätte werden können. In der 4. Auflage 1935 sowie in der 6. Auflage 1949 waren die Widmungen vollständig. Dass Heidegger Husserl den Zutritt zu Bibliothek verwehrt habe, ist ein Gerücht. Heidegger selbst weist es scharf als Verleumdung zurück.[12]

Noch 1953 ließ Heidegger über den Nationalsozialismus die Phrase von der „inneren Wahrheit und Größe dieser Bewegung“ erscheinen.[13]. In einem Brief vom 18.3.1968 an Herrn S. Zernach in Jerusalem schreibt Heidegger hierzu:

„… Aus der 1935 gehaltenen und 1953 wörtlich genau veröffentlichen Vorlesung 'Einführung in die Metaphysik' wird immer wieder der eine Satz S. 152 herausgegriffen und das Ganze der Vorlesung übergangen, aus dem hervorgeht, dass meine Stellung zum Nationalsozialismus in jener Zeit bereits eindeutig gegnerisch war. Die verständigen Hörer dieser Vorlesung haben daher auch begriffen, wie der Satz zu verstehen sei. Nur die Spitzel der Partei, die – wie ich wusste – in meiner Vorlesung saßen, verstanden den Satz anders, sollten es auch. Man musste diesen Leuten hie und da einen Brocken zuwerfen, um sich die Freiheit der Lehre und Rede zu bewahren. … Schließlich möchte ich auf meine Nietzsche-Vorlesung verweisen von 1936 bis 1940, die jeder Hörer eindeutig als grundsätzliche kritische Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus verstanden hat.“

Heidegger selbst erklärt nachträglich im September 1966 im Interview mit dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel:

„Ich sah damals keine Alternative. Bei der allgemeinen Verwirrung der Meinungen und der politischen Tendenzen von 32 Parteien galt es, zu einer nationalen und vor allem sozialen Einstellung zu finden, etwas im Sinne des Versuchs von Friedrich Naumann.“[14]

In dem viel beachteten Interview, das auf Heideggers Wunsch erst nach seinem Tod im Mai 1976 veröffentlicht wurde, sagt er im Zusammenhang mit der Deutung der Technik:

„Ich sehe gerade die Aufgabe des Denkens darin, in seinen Grenzen mitzuhelfen, dass der Mensch überhaupt erst ein zureichendes Verhältnis zum Wesen der Technik erlangt. Der Nationalsozialismus ist zwar in die Richtung gegangen; diese Leute aber waren viel zu unbedarft im Denken, um ein wirklich explizites Verhältnis zu dem zu gewinnen, was heute geschieht und seit drei Jahrhunderten unterwegs ist.“

Zur systematischen Vernichtung der europäischen Juden hat Heidegger nach dem Krieg nur einen einzigen Satz gefunden. Ackerbau sei jetzt motorisierte Ernährungsindustrie, „im Wesen dasselbe“ wie die Fabrikation von Leichen in Gaskammern und Vernichtungslagern, dasselbe wie die Blockade und Aushungerung von Ländern, dasselbe wie die Fabrikation von Wasserstoffbomben.[15]

In einem Brief an Jaspers vom 8. April 1950 schreibt Heidegger, dass

von Jahr zu Jahr, je mehr das Bösartige herauskam, auch die Scham wuchs, jemals hier unmittelbar und mittelbar mitgewirkt zu haben.[16]

Beurteilungen

Heideggers Verhältnis zum Nationalsozialismus ist Gegenstand einer breiten Forschungskontroverse. Hierbei werden zwei Aspekte untersucht: erstens inwieweit Heideggers philosophisches Denken in Zusammenhang mit nationalsozialistischer Ideologie steht, zweitens inwieweit die Person Heideggers Nationalsozialist war und wie sich dies von seinem Werk trennen läßt. Dabei lassen sich acht Positionen unterscheiden. In äußerst grober Darstellung lassen sich diese, Dieter Thomä folgend, zusammenfassen als:[17]

  1. Diese Position vollzieht eine strikte Trennung von Person und Werk: Heideggers Denken kann unabhängig von seinen Verwicklungen im Nationalsozialismus angesehen werden. (Rorty[18], Arendt[19])
  2. Heidegger war Vertreter der deutschen Intelligenz, der aus soziologischen und historischen Umständen dem Nationalsozialismus zugeneigt war (Palmier[20], Sluga[21]).
  3. Heideggers Philosophie sei zu jeder Zeit mit dem Nationalsozialismus unverträglich, er habe einen „Privatnationalsozialismus“ vertreten, bzw. stehe in direktem Gegensatz zur NS-Ideologie, es können allenfalls äußere Ähnlichkeiten, wie Gegenerschaft zu Sozialismus und Liberalismus zugestanden werden (Young[22], Pöggeler[23], Fédier[24]).
  4. Es gibt eine Nähe zwischen Heideggers Denken und dem Nationalsozialismus, jedoch muß diese in Abwägunge der Zeit um 1933 und danach untersucht werden, hierbei wird das Problem der Heterogenität von Heideggers Werk betont; Heideggers Werk ist somit 'Steinbruch': einiges ist produktiv und kann aufgegriffen werden (Steiner[25], Schwan[26]).
  5. Das NS-Engagement Heideggers ist einer bestimmten Phase seines Denkens zuzuordnen, die durch die in Sein und Zeit noch nicht gänzlich überwundene Philosophie des Subjekts geschuldet ist. (Derrida[27]) Eine Überwindung wird erst im Spätwerk geleistet. Von hier aus lesend läßt sich Heideggers Philosophie dann auch als exklusiver Beitrag zur Analyse des Nationalsozialismus nutzen: von Bedeutung sind hier der Heideggers Humanismusbrief und der Vortrag Die Frage nach der Technik (Lacoue-Labarthe[28]).
  6. Im Gegensatz zum vorigen Punkt wird nach dieser Lesart Heideggers Sein und Zeit gegen die NS-Ideologie fruchtbar gemacht und hingegen die späten Texte an seine NS-Texte herangerückt (Franzen[29], Habermas[30]). Hierbei wird auch die von Position 5 gerade favorisierte Abwendung vom Subjekt kritisch gesehen, was eine blinde Hingabe an „Geschick“ und eine Abkehr vom Wahrheitsbezug haben kann (Tugendhat[31]).
  7. Es besteht ein starker Bezug von Sein und Zeit und auch der späten Schriften zum NS-Engagement, das Nachdenken über Heidegger hat bei seinem Bezug zum Nationalsozialismus zu verweilen (Rockmore[32]), ebenso in diesem Zusammenhang wird Heidegger als Grundmotiv „Haß auf die Moderne“ unterstellt (Ferry/Renaut[33]).
  8. Äußerste Zuspitzung: Heidegger Philosophie ist „bis in ihre innersten Zellen faschistisch“ (Adorno[34]) und lasse sich nur von der NS-Verstrickung her verstehen (Farias[35]), dabei ist Heidegger stets Philosoph und Nazi (Lévy[36]).

Rainer Thurnher resümiert in seinem Artikel über Heidegger: „Die dokumentierten Appelle und Reden – darunter auch die vieldiskutierte Rektoratsrede – zeigen Heidegger auf einem Niveau, das tief unter dem seiner denkerischen Bemühungen – der vorangegangenen wie der nachfolgenden – liegt.“[37] Den Grund für Heideggers begeistertes Engagement sieht er ein einer „Fehleinschätzung“ des politischen Geschehens.

Nach der Niederlegung des Rektorats lassen sich, so Silvio Vietta, zahlreiche Passagen seiner noch zu NS-Zeiten gehaltenen Vorlesungen als implizite Kritik am Nationalsozialismus erkennen.[38]

Eine antisemitische Haltung attestiert ihm Rüdiger Safranski und betont seine zeitweilige offensichtliche pro-nationalsozialistische Haltung. Heidegger habe andererseits auch jüdische Kollegen in Schutz genommen und antisemitische Protestaktionen von Studenten verhindert. Trotz allem sei er zu jüdischen Kollegen auf Distanz gegangen. Safranski versteht Heideggers Antisemitismus eher im Lichte der Geworfenheit und des Entwurfs, d.h. Heidegger sei wichtig gewesen, wie ein Mensch sich konkret entwirft, nicht welcher Abstammung er sei. Somit wäre Heidegger kein Antisemit, dessen Ansichten im rassistischen Denken wurzeln. Was Heideggers damalige Begeisterung für den Nationalsozialismus betrifft, so kommt Safranski zu dem Urteil, Heidegger habe seine frühe Philosophie auf den Nationalsozialismus projiziert.[39]

Auch Dieter Thomä urteilt, dass nicht von einem biologischen Rassismus Heideggers gesprochen werden kann – schon weil dies mit Heideggers Philosophie im Widerspruch stehe. Zwar treten einzelne antisemitische Äußerungen auf, z.B. die Warnung vor der „Verjudung“ und „Gefährlichen internationalen Verbindungen der Juden“, insgesamt stoße man jedoch auf sich durchkreuzende Diskurse für und gegen den Antisemitismus.[40] Heideggers Begriff des Volkes, der nun ab 1933 verstärkt auftritt, ist dabei nicht durch eine biologisches Privileg ausgezeichnet, sondern durch die Hingabe an ein „Geschick“ (Schicksal). Hierin erfüllt sich für Heidegger die Aufgabe, dass das deutsche Volk „sein eigenes Wesen behalte und rette“, so Heidegger am 10.11.33.[41] Dabei spielt das Prinzip der Führerschaft eine wesentliche Rolle: „Das Wesen der nationalsozialistischen Revolution“, so erläutert Heidegger am 15. August 1934, „besteht darin, daß Adolf Hitler jenen neuen Geist der Gemeinschaft zur gestaltenden Macht einer neuen Ordnung des Volkes erhöht und durchgesetzt hat.“[42] „Der Führer selbst und allein ist die heutige und künftige deutsche Wirklichkeit und ihr Gesetz.“ (Oktober 1933)[43] Dass es nach Ende des Krieges kaum Äußerungen von ihm gibt, erklärt Heidegger selbst damit, dass er sein Denken vor billigen Einwänden ad personam schützen möchte. Hierdurch möchte er Ersatzhandlungen vorbeugen, die statt das Denken den Denkenden angreifen. Ob eine solche Trennung von Person und Denken jedoch möglich ist, ist – zumindest für die Zeit um 1933 – umstritten.[44]

Heideggers Mitgliedschaft in der NSDAP und seine Weigerung, zum Holocaust Stellung zu nehmen, belastete seine Freundschaften u.a. mit Karl Jaspers,Karl Löwith, Hans Jonas, Paul Celan und Hannah Arendt. Arendt nahm 1950 wieder brieflichen und persönlichen Kontakt auf, der erneut mit Unterbrechungen erst mit ihrem Tod endete. Im Text Martin Heidegger ist achtzig Jahre alt bezieht Hannah Arendt zugunsten von Heidegger Stellung.[45] Sie hielt Heidegger neben Jaspers für den größten zeitgenössischen Philosophen, attestierte ihm jedoch 1949 in einem Brief an Jaspers Charakterlosigkeit, in dem Sinne, „daß er buchstäblich keinen hat, bestimmt auch keinen besonders schlechten.“ [46]. Trotzdem stellt sie fest: „Heidegger selbst korrigierte seinen eigenen 'Irrtum' schneller und radikaler als viele derjenigen, die später zu Gericht über ihn saßen.“[47]

1987 flammte mit der Veröffentlichung des Buches Heidegger et le nazisme von Victor Farías eine neue, bis heute nicht abgeschlossene Diskussion auf. Farías veröffentlichte u.a. Mitschriften von Vorlesungen, die eindeutig nationalsozialistisches Gedankengut enthalten. Dabei ist zu bedenken, dass es sich nicht um autorisierte Veröffentlichungen handelt. Das Buch erfuhr jedoch scharfe Kritik, wobei vor allem die mangelnde philosophische Kompetenz des Autors gerügt wird. Dies wirkt sich wiederum disqualifizierend auf die von Farías angestrebte Verknüpfung von Biographie und Philosophie aus.[48]. Der bedeutendste Heidegger-Schüler Hans-Georg Gadamer urteilt entsprechend: „Es ist zu bedauern, daß das Buch von Farías (...) auch seinen Informationen nach gänzlich äußerlich und längst überholt ist und daß es dort, wo es Philosophisches berührt, von grotesker Oberflächlichkeit ist und von Unkenntnis geradezu strotzt.“[49] 1988 erschien das Buch Heidegger – anatomie d'un scandale von François Fédier, der den Untersuchungen von Victor Farías am deutlichsten widersprach. 2005 und 2006 entbrannte dieselbe Diskussion in Frankreich nochmals, diesmal zwischen Emmanuel Faye und François Fédier, die in diesem Zusammenhang auch in einer TV-Diskussion Februar 2007 beim Sender PublicSénat auftraten.[50]

Jürgen Habermas sieht im Werk vor 1933 eher Potentiale für antifaschistischen Widerstand. Derrida hält hingegen die Schriften nach 1945 aufgrund ihrer radikalen Lösung von der traditionellen Metaphysik für antifaschistisch. Trotz allem kritisiert er Heidegger harsch, nicht ohne die Notwendigkeit zu betonen, ihn zu lesen. Medard Boss bezeichnet ihn in seinem Vorwort des Buches Zollikoner Seminare der Gesamtausgabe als den Menschen, der am gründlichsten verleumdet wurde.

Heidegger selbst schrieb: „Wer groß denkt, irrt groß“.

Späte Jahre

Blick auf den Todtnauberg: hier hatte Martin Heidegger eine kleine Hütte, in welcher er viele seiner Bücher schrieb.

Im Rahmen der Entnazifizierung wird Heidegger von der französischen Besatzungskommandantur, basierend auf einem brieflichen Gutachten von Karl Jaspers, welches Forschungsmöglichkeiten fordert, ein Lehrverbot ausgesprochen. 1951 erfolgt die Emeritierung in Freiburg. In den folgenden Jahren lehrte Heidegger weiter, daneben hält er vor allem Vorlesungen und Vorträge. Diese haben großen Zulauf und lösen, wie auch seine Schriften, ein breites Echo aus. Da er sich jedoch oft missverstanden sieht, zieht er es vor, Vorträge eher im kleinen Rahmen zu halten.

1947 wird Heidegger vom Zürcher Psychotherapeuten Medard Boss kontaktiert, woraus eine lebenslange Freundschaft erwächst. Er hält die Zollikoner Seminare im Hause von Medard Boss von 1959 bis 1969, wobei er Schweizer Psychiater in der Daseinsanalytik unterrichtet. In Frankreich verbindet ihn eine enge Freundschaft mit Jean Beaufret. 1955 lernt René Char den deutschen Philosophen Martin Heidegger in Paris kennen. René Char lädt Heidegger mehrfach zu Reisen in die Provence ein. So kam es zu den Seminaren in Le Thor 1966, 1968, 1969 und in Zähringen 1973, einem Austausch der Dichter und Denker (Band 15 der Gesamtausgabe).

Die Wirkung Heideggers ist jedoch nicht nur auf die benachbarten Länder intensiv, sondern weltweit. Zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang auch die zahlreichen Übersetzungen von „Sein und Zeit“, u.a. ins japanische. Auch bei den östlichen Philosophen hinterläßt Heidegger eine dauerhafte Wirkung[51]. Hannah Arendt unterstützt die Herausgabe seines Werkes in den USA. Zum 500-Jahres-Jubiläum der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg 1957 hält er den Festvortrag „Der Satz der Identität“. Neben dem erwähnten „Spiegel“-Interview gibt er auch vereinzelt Fernsehinterviews. Bedeutsam für ihn sind die beiden Reisen nach Griechenland 1962 und 1967, die Reisen nach Italien 1952 und 1963 mit Medard Boss sowie seine wiederholten Ferien in der Lenzerheide bei letzterem. Am 26. Mai 1976 stirbt Heidegger in Freiburg, seinem Wunsch entsprechend wird er am 28. Mai 1976 in seinem Geburtsort Meßkirch beigesetzt.

Heidegger war davon überzeugt, dass die verstehende Aneignung eines denkerischen Werkes sich an dessen Inhalten zu vollziehen hat – die Person des Denkers tritt somit in den Hintergrund. Daher sind biographische Daten äußerst spärlich und vieles ist nur durch Briefe oder Berichte von Zeitgenossen zu erschließen. Heidegger selbst eröffnete eine Vorlesung über Aristoteles einmal mit den Worten: „Aristoteles wurde geboren, arbeitete und starb. Wenden wir uns also seinem Denken zu.“ Es wäre wohl im Sinne Heideggers, dies auch über ihn zu sagen.

Überblick − Heideggers Denkweg

„Denn es ist nicht Heideggers Philosophie – von der man mit Recht fragen kann, ob es sie überhaupt gibt – sondern Heideggers Denken, das so entscheidend die geistige Physiognomie des Jahrhunderts mitbestimmt hat. Dies Denken hat eine nur ihm eigene, bohrende Qualität (…)“[52] So zumindest bringt Hannah Arendt in einer Rede zu Heideggers achtzigstem Geburtstag, dessen besondere Stellung unter den Philosophen des zwanzigsten Jahrhunderts zum Ausdruck. Heidegger selbst hat ebenso daraufhin gewiesen, dass sein Denken nicht als Kanon von Meinungen aufzufassen ist. In hinterlassenen Aufzeichnungen für ein nicht mehr fertig gewordenes Vorwort seiner Gesamtausgabe schreibt Heidegger: „Die Gesamtausgabe soll auf verschiedene Weise zeigen: ein Unterwegs im Wegfeld des sich wandelnden Fragens der mehrdeutigen Seinsfrage. Die Gesamtausgabe soll dadurch anleiten, die Frage aufzunehmen, mitzufragen und vor allem dann fragender zu fragen.“[53]

Die zentrale Stellung des Fragens in Heideggers Werk, hat ihren Grund darin, dass Heidegger die Philosophiegeschichte vor allem als eine Geschichte der Verdeckung der grundsätzlichen Fragen interpretiert. Dabei habe die Philosophie nicht nur die Grundfragen – die Frage nach dem Sein – vergessen, sondern auch die Tatsache, dass sie vergessen hat. Ziel des Fragens ist somit bei Heidegger nicht so sehr eine Antwort zu bekommen, sondern durch das Fragen aufzudecken, was ohne es weiter in Vergessenheit geriete.

Gleichwohl bleibt trotz dieser im Fragen angelegten Offenheit der Zugang zu Heideggers Werk überaus schwierig. Dies liegt nicht zuletzt an Heideggers eigentümlichen, wortschöpferischen Sprache; eine durch ihre Unnachahmlichkeit besonders leicht zu parodierende Diktion. Heideggers Sprache ist – vor allem in Sein und Zeit – gerpägt von Neologismen, außerdem erfindet er Verben (nichten, lichten, wesen) und verdoppelt die Semantik in Konstruktionen wie „das Nichts nichtet“. In seinem Spätwerk kehrt Heidegger zwar von den Neologismen ab, lädt dafür jedoch Worte aus der Alltagssprache semantisch bis zur Unverständlichkeit auf, sodass deren Bedeutung nur noch im Gesamtzusammenhang seiner Abhandlungen zu verstehen ist. Wegen seines Umgangs mit der Sprache wurde Heidegger teilweise scharf angegriffen: am prominentesten ist dabei Theodor W. Adornos polemische Schrift Jargon der Eigentlichkeit.[54] Heidegger spricht diesen Jargon jedoch nicht um seiner selbst willen, sondern er ist vor allem von der Bemühung getragen, sich von der philosophischen Tradition zu lösen und steht so in untrennbaren Zusammenhang zu seinem Inhalt. Für den Leser bedeutet dies, dass dieser sich zunächst das Heideggersche Vokabular aneignen, ja zum Bewohner dieses Diskurses werden muß, wenn er sich anschließend gleichsam von Innen mit dem Heideggerschen Denken beschäftigen möchte. Dolf Sternberger kritisiert genau dies: Auf Heidegger kann man nur mit Heidegger antworten.[55] Der richtige Umgang mit Heideggers Sprache stellt sicherlich einen Mittelweg dar: man sollte seine Sprache ernst nehmen und gleichzeitig die Gefahr vermeiden an Heideggers Sprache zu verfallen, d.h. sie nicht blind übernehmen, ohne sich deren philosophische Inhalte angeeignet zu haben.

Bezüglich Heideggers Werk fällt auf, dass die Anzahl der großen, geschlossenen Abhandlungen, bis auf „Sein und Zeit“ eher gering ist. Es finden sich statt dessen vor allem kleine Abhandlungen und Vorträge – eine Form die Heidegger wohl geeigneter erschien sein Denken zu vermitteln, zumal sie sich systemähnliche Konzeptionen in den Weg stellt. Dass für Heidegger Denken und Philosophieren eine Bewegung vollzieht und dabei einen Weg zurücklegt, zeigt sich an Werktiteln wie Wegmarken, Holzwege und Unterwegs zur Sprache. Denken wird so zum Weg und zur Bewegung, weshalb Otto Pöggeler auch vom Denkweg Heideggers spricht.

Heidegger wurde als Schüler Husserls von dessen phänomenologischer Methode geprägt, die er jedoch in eigener Anverwandlung nutzt. Weiterhin wurde Heidegger beeinflusst von den Vorsokratikern, Platon, Aristoteles, Kant, Kierkegaard, Nietzsche und Dilthey. Außerdem beschäftigte sich Heidegger mit dem ostasiatischen Denken, wobei vor allem Laotse und Zhuangzi zu nennen sind. Dabei ist Heideggers Philosophieren von zwei Spannungsverhältnissen geprägt, aus deren jeweiligem Gegensatz es seine Kraft bezieht: dies ist zum einen die Alltäglichkeit unserer Erfahrungswirklichkeit im Verhältnis zur Philosophie, zum anderen die Aktualität der philosophischen Fragen und ihr Bezug zur Philosophiegeschichte. Heidegger integriert die Philosophiegeschichte in die Entwicklung seines eigenen Denkens und versucht bei ihrer Rekapitulation das freizuglegen, worauf es nach ihm in der Philosophie gerade ankomme: das Sein. Seinem eigenen Denken weist er dabei eine besondere philosophiegeschichtliche Stellung zu, da es gerade das in Vergessenheit geratene wieder freilege.

Philosophie vor Sein und Zeit

Heideggers Werk ist seit den Vorarbeiten zu Sein und Zeit explizit bestimmt von einem Thema, das er Seinsfrage oder Frage nach dem Sinn von Sein nennt. Damit meint er die Bedeutungsklärung des Wortes „Sein“: was meinen wir, wenn wir sagen, etwas „ist“? Wie lässt sich erklären, wodurch etwas ist (und nicht vielmehr nicht ist)? Heidegger zufolge hat dieses Problem eine Dimension, die in der bisherigen Philosophiegeschichte nie zureichend in den Blick gekommen sei. Dies betreffe die gesamte Geschichte der Ontologie (der Lehre vom Sein), auch Aristoteles, der in seiner „Metaphysik“ zwar eine Systematisierung und Kategorisierung verschiedener Weisen gibt, wie wir von „Sein“ sprechen. Aristoteles unterschied beispielsweise Substanz und Akzidenz: erstere ist unabhängig (ein „Träger“ von Eigenschaften), letztere hat nur abhängiges Sein (Eigenschaften, die einen „Träger“ benötigen). Die aristotelischen Analysen beziehen sich nach Heidegger nur auf regionale Differenzen von Seiendem, nicht aber darauf, was es überhaupt heißt, zu sein. Eine Klärung der letzteren Frage könnte erst die Vielheit der Bedeutungen von „Sein“ verständlich machen.

Bereits in Heideggers „Phänomenologischen Interpretationen zu Aristoteles Ontologie und Logik“ (so genannter Natorp-Bericht) findet sich ein mit der „Seinsfrage“ zusammenhängender Gedanke, dessen Intention Heidegger die „Destruktion“ philosophischer Ideen nennt. Methodisch geht es dabei darum, zu „ursprünglichen Motivquellen der Explikation“ vorzudringen, indem sich die Philosophie mit der Methode der Phänomenologie der Welt nähert und nicht etwa entworfene Theorien auf die Welt projiziert.

Sein und Zeit

Für eine Einordnung von Sein und Zeit ist es wichtig zu wissen, dass dieses unter Zeitdruck entstand und außerdem unvollständig blieb: Heidegger hatte seit seiner Habitilation nichts publiziert, sollte aber in Marburg das Ordinariat des abgehenden Nicolai Hartmanns erhalten. Das Ministerium in Berlin verweigerte jedoch die Zustimmung, solange nichts Schriftliches vorlag. Siehe auch den Hauptartikel: Sein und Zeit.

  • Sein und Dasein

Zentrales Thema von Sein und Zeit (erschienen 1927) ist die Seinsfrage, d.h. die Frage nach dem Sinn von Sein. Heideggers Denken führt die phänomenologische Methode seines Lehrers Edmund Husserl umdeutend weiter. Das in Sein und Zeit in Teilen ausgearbeitete Unternehmen nennt Heidegger Existentialontologie. Der Zugang zur Seinsfrage wird in einer Strukturanalyse bewussten Selbst- und Weltverhältnisses versucht, wobei die Abhandlung ontologisch angelegt ist. Um sich auf die in Sein und Zeit gegebene Untersuchung einlassen zu können, ist ein Verständnis der ontologischen Differenz äußerst wichtig. Diese besagt, dass es einen Unterschied zwischen Seiendem (dem entspricht z.B. Materie) und dessen Sein gibt, also wie und was es für uns ist. Jedes Seiende (z.B. Eisen auf einem Holzstock) hat sein entsprechendes Sein (der Hammer). Wenn auch das Sein auf Seiendem basiert, so kann es nicht daraus erklärt werden, denn der Hammer ist mehr als die Summe der einzelnen Elemente. Selbst wenn es eine explikative Theorie mittels Stufenaufbaus gäbe, so müsste man doch immer den Begriff des Hammers schon vorausgesetzt haben um zu wissen woraufhin diese Theorie abzielte. Heidegger unterscheidet nun verschiedene Weisen des Seins:

  • Dinge sind für mich zu Zwecken verwendbar, sie sind zuhandenes Zeug (z.B. ein Hammer)
  • in Abstraktion von diesem zweckhaften Charakter sind sie bloß vorhanden (das Holz und Eisen des Hammers)
  • Menschen jedoch sind „da“, ihre (oder genauer: je meine) Seinsweise nennt Heidegger Dasein.

Der neue Begriff des Daseins als Bezeichnung für den Menschen dient dazu sich von traditionellen Deutungen des Wesens des Menschen (z.B. als animal rationale) abzugrenzen. Das menschliche Dasein ist eine ausgezeichnete Form des Seins: der Mensch ist nicht etwa sein organischer Körper (bloß vorhanden), sondern er ist nur indem er existiert, d.h. sich im Entwurf auf die Zukunft und mit Bezug zu Gegenwart und Vergangenheit zu sich und der Welt verhält. Es ist klar, dass eine solche Bestimmung des Menschen sich grundsätzlich von der eines vorhandenen Gegenstandes unterscheidet: die Seinsart des Menschen als Dasein ist ontologisch etwas anderes als die von etwa Zeug und Materie. Eine Analyse des Daseins soll dann auch den Schlüssel zum Zugang zur Seinsfrage liefern, also zu der Frage nach dem Sinn von Sein. Diese meint nicht so etwas wie den „Sinn des Lebens“, sondern sucht nach Sinn als Verweisung: das die Welt uns sinnvoll erscheint, gründet darauf, dass die Dinge in ihr erkennbare Zusammenhänge, also Sinn, haben – anderenfalls man vor einem unverständlichen Chaos stünde.

Zusätzlich vollzieht Heidegger eine Umstellung von einer allgemeinen Kategorie „Mensch“ auf die erste Person (die Jemeinigkeit) und bricht so mit Traditionen philosophischer Anthropologie. Dadurch unterscheidet er sich auch von den ungefähr zeitgleichen sozialphänomenologischen Entwürfen George Herbert Meads, Helmuth Plessners oder Alfred Schütz′.

Philosophiegeschichtlich führt Heidegger die individualistische Hegel-Kritik Kierkegaards, sowie Nietzsches radikalen Angriff auf die klassische Metaphysik weiter. Zentrale Gedanken von „Sein und Zeit“ sind allerdings eine Aufnahme und Umdeutung aristotelischer Begriffe. Im zentralen Begriff des Seinsverständnisses etwa, lässt sich eine auf die Seinsfrage hin neu ausgerichtete, ontologisierte Abwandlung der dianoetischen Tugend der phronesis aus Aristoteles' Nikomachischer Ethik entdecken.

Heidegger geht in seiner Analyse des Daseins vom alltäglichen Leben aus, wodurch er paradigmatische Vorgaben über das Wesen des Menschen vermeiden möchte. Dabei zeigt sich, so Heidegger, dass in der alltäglichen Art zu sein, das Dasein meist gar nicht es selber ist, sondern gleichsam durch seine kulturellen, sozialen und materiellen Umstände gelebt wird. Hierfür prägt Heidegger die Bezeichnung Man. In seiner Alltäglichkeit ist das Dasein an das Man verfallen, lebt also nicht aus sich selbst heraus, sondern im Rahmen vorgegebener Möglichkeiten, Interpretationen, Denkmuster: „Wir genießen und vergnügen uns, wie man genießt; wir lesen, sehen und urteilen über Literatur und Kunst, wie man urteilt; wir ziehen uns aber auch vom «großen Haufen» zurück, wie man sich zurückzieht;“ Das Man wacht über jede sich hiervon entfernende Ausnahmen: „Alles Ursprüngliche ist über Nacht als längst bekannt geglättet. Alles Erkämpfte wird handlich. Jedes Geheimnis verliert seine Kraft. Die Sorge der Durchschnittlichkeit enthüllt wieder eine wesenhafte Tendenz des Daseins, die wir die Einebnung nennen wollen.“[56]

Um diesem Zustand der Verfallenheit und der Uneigentlichkeit zu entkommen, setzt ihm Heidegger das eigentliche ganze Selbst-sein-können entgegen. Dabei spielt der Tod eine wichtige Rolle, denn das Dasein kann nur dann ganz sein, wenn es sich seiner Sterblichkeit bewusst wird und sein Leben als etwas begreift, das es im Hinblick auf seine Endlichkeit zu gestalten gilt. Diese Beschreibung der Möglichkeit sich selbst zu ergreifen ist es, welche dem frühen Heidegger den Vorwurf des „Heroismus des Selbst vor dem Tode“ einbrachte. Nach der Kehre sieht Heidegger die Möglichkeit des Menschen durch aktives Handeln zu sich selbst und zur Wahrheit zu gelangen kritischer.

  • Zeitlichkeit

Die Absicht Heideggers in Sein und Zeit ist es, zur Seinsfrage zu gelangen, indem er die Zeit als transzendentalen Horizont der Frage nach dem Sein anvisiert. Als erstes zeigt sich, dass ein Verstehen der Dinge in der Welt überhaupt nur auf Grund der dem Dasein eigenen Zeitlichkeit möglich ist: nur weil der Mensch etwa auf die Zukunft gerichtet sind, verstehen er was es mit dem Hammer für eine Bewandtnis hat, nämlich das Hämmern zum Hausbau, zum Wohnen usf. Dabei zeigt sich die Verschränkung von Zeitlichkeit, Verstehen und Besorgen so dicht, dass keines dieser Elemente ohne das andere bestehen kann, ja nicht einmal vorgestellt werden kann. Der letzte der drei Aspekte stellt für Heidegger eine Grundstruktur des Menschseins dar und so bestimmt Heidegger das Dasein als Sorge, denn seine Art zu sein besteht wesentlich darin sich um sein Wohlergehen und das der Anderen zu sorgen – gleichwohl die Sorge bezüglich der Anderen auch „defizitär“ also unterlassend sein kann, oder auch bevormundend.

Heidegger betont, dass beim Begriff der Sorge von Konnotationen wie etwa Besorgnis abzusehen ist, er dient ihm vielmehr dazu den wesentlichen Weltbezug des Menschen zu beschreiben. Sorge und Zeitlichkeit sind die beiden Momente durch welche erst ein sinnvoller Weltbezug für uns möglich ist. Sinnvoll meint, dass es in der Welt Zusammenhänge und Bezüge gibt und somit die Dinge nicht einzeln und bezugslos vorhanden sind. Der Hammer macht nur Sinn in seinem Verweisen auf das zu nagelnde Holz und diese auf das zu bauende Haus. Dabei ist es unmöglich hinter diesen Verweisungzusammenhang (die Zeugganzheit) zurückzugehen: es gibt nicht so etwas wie ein einzelnes Werkzeug. Dies ist auch der Grund, warum Sein und Zeit wesentlich ontologisch angelegt ist: käme in einer Ontologie, wie etwas bei Descartes nur Materie und Geist vor, es ließe sich auf dieser Grundlage kein Hammer konstruieren, da es erstens auf der ebene der Materie keine Mittel-Zweck-Relationen gibt und zweitens es nicht ausreicht zu sagen, der Geist werfe gleichsam wie einen Umhang diese Relation über die Materie auf dass diese als Hammer erscheine: man wäre hierbei wieder von einem einzelnen Zeug ausgegangen, ein einzelnes Zeug ergibt aber noch keinen Sinn, da ihm die Verweisung fehlt.

Während sich diese Analyse der Zeitlichkeit noch in Sein und Zeit findet, gelangt jedoch das Fragment gebliebene Werk nicht bis zu dem Punkt auch die Zeit in Bezug zum Sein zu setzen.

Die Kehre

Innerhalb des Denkweges Martin Heideggers, vollzog sich nach Sein und Zeit ein Umdenken, welches er selbst als Kehre bezeichnet. Heidegger kehrt dabei von seinem fundamentalontologischen Denken ab und wendet sich einem seinsgeschichtlichem Denken zu. Heidegger führt hierzu eine Unterscheidung zwischen Leit- und Grundfrage ein. Dabei bezeichnet Leitfrage das Fragen nach dem Seienden als Seienden und dem Sein des Seienden, wie es Metaphysik und Ontologie seit Platon und Aristoteles tun, während Heidegger mit seiner Formulierung der Grundfrage auf das Sein als solches abzielt. Es geht nach der Kehre nicht mehr um denn Sinn von Sein, oder dessen transzendentalen Auslegungshorizont, sondern darum, wie das Sein sich von sich selbst her sowohl entbirgt als auch verbirgt.

Damit einher geht eine Schwerpunktverlagerung weg von der Fundamentalontologie hin zu einer geschichtlichen Auffassung von Wahrheit. Während also in Sein und Zeit das Sein noch von vom Dasein aus mittels eines transzendentalen und konstitutionstheoretischem Denkschema gefasst wurde, wird nun das Sein von seiner geschichtlich-epochalen Lichtung her gedeutet.[57] Nun war Sein und Zeit noch von der „existenzialen Wahrheit“ die Rede, womit Wahrheit als ein dem Dasein eigenes Existenzial aufgefasst wurde. Dies ändert sich nach der Kehre dahingehend, dass nun Wahrheit vom „Zuwurf des Seins“ und dessen epochal-geschichtlichem Ereignen abhängt. „Indem es das Wort Sinn von Sein zugunsten von Wahrheit des Seins aufgibt, betont das aus 'Sein und Zeit' hervorgegangene Denken künftig mehr die Offenheit des Seins selbst als die Offenheit des Daseins (…) Das bedeutet die 'Kehre', in der das Denken sich immer entschiedener dem Sein als Sein zuwendet.“[58]

Konsequenter Weise denkt Heidegger nicht nur das Entbergen vom Sein her, sondern auch das Verbergen, womit eine Verstellung und Verschließung des Seins kein Fehler des Menschen mehr ist, sondern dem Seinsgeschick selbst zugehört. Dieser entspricht nun lediglich dem schon Entborgenen und nimmt von ihm her das Maß für sein Handeln und Besorgen, was ihn jedoch meist davon abhält einen ursprünglicheren Zugang zum zu seinem eigenen Wesen als dem Entbergen zugehörig zu erfahren. Man erkennt hier außerdem, dass das Verfallen des Menschen nicht mehr wie noch in Sein und Zeit als Flucht vor der Unheimlichkeit der Existenz erklärt wird, sondern vom Sein selbst her.

Dem Offenbarwerden des Seins von ihm selbst her geht Heidegger dann in der Seinsgeschichte nach. Sie handelt von Epochen, denen jeweils mehr oder weniger Seinsvergessenheit zukommt.

Über ein genaues Datum dieses Umdenkens besteht allerdings keine Klarheit. Heidegger selbst war diesbezüglich nicht eindeutig und so erstrecken sich die Vermutungen auf den Zeitraum von 1930 bis 1938.[59] Umstritten ist außerdem die Frage, inwieweit Heideggers eigene Abkehr von Sein und Zeit in diesem Werk, gleichsam organisch, schon angelegt war, oder ob die Kehre auf einen inneren Widerspruch in Heideggers Denken hinweist.

Der Einschätzung Thomäs nach ist ein übertriebenes, verzerrtes Bild beim frühen Heidegger von einem heroischen Aktivismus des Daseins zu sprechen und dem entgegen beim späten Heidegger vom zur Passivität verurteilten Menschen. Dies deshalb, da dieser Vergleich sich an zwei aus dem Gesamtwerk gewaltsam herausgetrennten Aspekten aufhängt, die so in ihrer Vereinzelung bei Heidegger nicht vorkommen.

Philosophie nach der Kehre

Auch der späte Heidegger gibt die phänomenologische Methode Husserls (Maxime: „Zu den Sachen selbst!“) nicht auf, er thematisiert sie jedoch nicht mehr explizit und hat die an Kant angelehnte transzendentale Blickbahn Husserls als ungeeignet verabschiedet, in rechter Weise in das Stellen der Seinsfrage hineinzugelangen. Nach der Kehre führt Heideggers Denken weg von jeder „wissenschaftlichen“ Methodik hin zu einer Besinnung auf das „Sein als solches“ und die „Seinsgeschichte“. Für das Sein führt er den Begriff Ereignis ein. Dieses ist, grob gesagt, dasjenige Geschehen, in dem alles zu dem wird, was es ist. Durch das Ereignis erhält alles seine Eigenheit: es wird „er-eignet“. Das Ereignis ist ebenso für den Bezug des Menschen zur Wahrheit bestimmend. Konnte der Mensch in Sein und Zeit noch durch rechte Einsicht sich die Wahrheit aneignen, so kann er sich nur noch für sie offen halten, wenn sie sich im Ereignis ereignet. Besonders geht es Heidegger dabei darum, wie das Menschsein seine geschichtliche Bestimmtheit erlangt. Die markanteste These der „Kehre“ liegt darin, dass sich der Mensch nicht aus sich selbst verstehen lässt, sondern vom Sein bzw. Ereignis her gedacht werden muss. Im Zentrum steht damit nicht mehr der Mensch, sondern das Sein als ein eigenständiges Geschehen. Dieses „Ereignisdenken“ findet seinen ersten Niederschlag in dem so genannten zweiten Hauptwerk: „Beiträge zur Philosophie – Vom Ereignis“, das zwar in den Jahren 1936 - 1938 entstand, aber erst 1989, zu Heideggers 100. Geburtstag, erschien.

Der späte Heidegger greift auf die ursprünglicheren Quellen der Vorsokratiker zurück, um in einem „Wirbel ursprünglicher Fragen“ noch hinter die logischen und metaphysischen Unterscheidungen, besonders die von Subjekt und Objekt oder von Geist und Körper zurückzugehen. Während in den früheren Schriften dem einzelnen Menschen („Dasein“) eine gleichgewichtige Rolle neben dem Sein zugesprochen wurde, verlagert Heidegger nun das „Menschenwesen“ in ein Geschehen, das aus den vier Momenten „Erde und Himmel, die Göttlichen und die Sterblichen“ als „Geviert“ besteht. Dieses Motiv entfaltet Heidegger auch in der Auseinandersetzung („Erörterung“) besonders vorsokratischer Aphorismen sowie einiger Dichtungen von Stefan George, Georg Trakl und vor allem Friedrich Hölderlin. Aus diesen Erörterungen entsteht Heideggers späte Sprachphilosophie, in der die Sprache „das Haus des Seins“ ist.

Die Wende zur Sprachphilosophie ist eine konsequente Fortsetzung des Motivs einer Destruktion der Philosophiegeschichte, um zu einem ursprünglichen und unverstellten Verständnis des „Seins“ zu gelangen. Die bildliche und an dichterischer Sprache orientierte Ausdrucksweise Heideggers in seinem späten Denken ist ein Versuch, diese Ursprünglichkeitserfahrung sprachlich zu fassen, ohne in die begrifflichen Vorentscheidungen der philosophischen und wissenschaftlichen Tradition zurückzufallen.

Heidegger verwahrt sich gegen die Bezeichnung „Existenzphilosophie“ für sein Denken, gerade von ihm gehen aber die wichtigsten Impulse für diese Richtung der Philosophie aus. Zur Abgrenzung von dieser Philosophierichtung spricht er vom „Seins-Denken“: Das Wesen des Menschen ist „Ek-sistenz“, das heißt „Aus-stand“ ins „Sein“, und nur von der ursprünglichen Erfahrung des „Seins“ her zu verstehen.

Kritik der Metaphysik und Technik

Überblick

Während Metaphysik eigentlich als eine das klassische und antike Denken bestimmende Figur gilt, welche in der Neuzeit in die Krise gerät, verbindet Heidegger mit ihr eine Technikkritik, deren Wesen wiederum historisch angelegt ist. Technik als Phänomen der Moderne und Metaphysik als Überlieferung werden in diesem Ansatz also zusammen gedacht. Kern der Heideggerschen Kritik ist dabei die Aussage, dass das technische Weltverständnis andere Weisen des Verstehens überlagert, und etwa Dinge nur noch als materielle Objekte aufgefasst werden, womit der Mensch jedoch für ihr Sein, z.B. das spezifischen Sein eines Kunstwerkes, unempfänglich wird.

Metaphysik betrifft die bleibenden, theoretischen Prinzipien, während die Technik den praktischen Bezug zur veränderlichen Umwelt des Menschen bestimmt. Hier zeigt sich eine wechselseitige Beziehung: das Denken bestimmt, was praktisch umgesetzt wird und der Praxisbezug bestimmt wiederum die Interpretation der Welt. Beide Richtungen bestimmen sich somit gegenseitig. Jedoch ist es mehr als eine bloße Beeinflussung: jede der beiden Seiten ist konstitutiv für die andere, d.h. ohne Denkbestimmung keine Praxis und ohne Praxis keine Interpretation der Welt.

Während nun die gängige Interpretation in Neuzeit und Moderne, sowie im technischen Zeitalter etwas vollkommen neues sieht, das nur als Bruch mit ehemals Gewesenen zu verstehen ist, verlagert Heidegger den Ursprung der Technik zurück in die Antike. Dies betrifft vor allem den Zeitraum zwischen den Vorsokratikern und der entstehenden Metaphysik bei Platon und Aristoteles. Hier zeigen sich Parallelen zu Nietzsches Denken. Dieser hatte mit Sokrates ein neues Zeitalter aufkommen sehen, das des „sokratisch-theoretischen“ Menschen, dessen Weltbezug nicht mehr unmittelbar, sondern durch eine überwiegend distanziert-theoretische Sicht geprägt ist.

Für Heidegger ist von dort ab der geschichtliche Prozess vor allem negativ zu werten. Er ist geprägt von Seinsvergessenheit, der Herrschaft des Subjekts und des Verlustes der Wahrheit.

Wissenschaft als Art die Welt zu entdecken

Heideggers Betrachtung der Wissenschaft stellt einen ihrer Aspekte besonders hervor: sie ist eine spezifische Art Seiendes zu entdecken. Eigenschaften des wissenschaftlichen Vorgehens sind Rechnen, Vergegenständlichen, Vorstellen und Sicherstellen. Diese prägen ihre Weise des Sehens und Befragens von Naturvorgängen. Berechnet werden Gegen-Stände. Heidegger betont beide Teile des Wortes: was Gegenstand ist, wird gegenüber einem Subjekt zum Objekt. Und nur „was dergestalt Gegenstand wird, ist, gilt als seiend.“[60]

Nur das also, was der Mensch in dieser Form vor sich bringen kann, wird als seiend betrachtet. Der zweite Teil des Begriffs Gegenstand betont das Fest- und Sicherstellen als Methode der Wissenschaft. Hierin zeigt sich ein der Metaphysik nicht unähnliches Bedürfnis einen Urgrund der Erkenntnis zu finden, welcher dann sichergestellt wird. Dadurch wird der Mensch seinerseits „Maß und Mitte des Seienden“[61]. Diese zentrale Stellung des Menschen verstärkt jedoch wiederum die neuzeitliche, mit Descartes einsetzende Subjektivität. So wird nur was vorgestellt, vor den Menschen gestellt werden kann als Weise der Welterschließung anerkannt, während ein ursprünglicher Weltbezug, wie ihn Heidegger bei den Vorsokratikern entdeckt, ins Hintertreffen gerät. Die Vorsokratiker hatten, so Heidegger, in ihrem Weltbezug das Von-sich-her-Sein der Dinge und ihr Sich-selbst-Offenbaren noch integriert.

Technik als Gestell

Gängige Interpretationen der Technik sehen diese allein als Art des praktischen Weltbezuges. Heidegger bringt an dieser Sicht zwei Korrekturen an. Zum einen ist für ihn der in der Technik praktizierte Weltbezug wiederum durch das in der Wissenschaft vorherrschende gegenständliche Denken geprägt. Zum anderen ist die Technik selbst wiederum eine Art Welt und Seiendes zu entdecken. Es ergibt sich somit ein wechselseitiger Bezug der beiden, welchem auch eine geschichtliche Dimension zukommt. Nicht etwa, so Heidegger, geht die Wissenschaft der Technik voraus, sondern „Das für die historische Feststellung Spätere, die moderne Technik, ist hinsichtlich des in ihm waltenden Wesens das geschichtlich Frühere.“[62] Dies meint, dass schon vor der Wissenschaft dasjenige Verhalten zur Welt angelegt ist, welches sich nun erst in Form der Technik äußert: das vorstellende Denken, der gegenständliche Weltbezug.

Technik kann also nicht nur als Mittel für das menschliche Tun verstanden werden, sondern auch als Hervorbringen: sie bringt Dinge zur Erscheinung, die sich nicht von selbst zeigen. Damit hat sie wesentlich Teil am Prozess der Weltentdeckung, sie wird zu einem Mittel Wahrheit zu finden. Soweit jedoch betrifft dies nur eine Seite der Art, wie Technik die Welt entdeckt. Denn, so Heidegger, auf der anderen Seite liefert das technische Weltentdecken die Interpretation über das was mit dem Entdeckten zu tun ist gleich mit: das Entdeckte wird gleichzeitig Objekt der Manipulation. Heidegger sagt, die Technik stellt die Dinge auf ihre Verwendbarkeit. Daher die rede von Technik als Ge-stell. Technik ist ein Herausfordern, das z.B. „an die Natur das Ansinnen stellt Energie zu liefern, die als solche herausgefördert und gespeichert werden kann.“[63]

Damit wird Natur zum „Bestand“, den es zu erschließen und verarbeiten gilt. Einher hiermit geht eine Verkehrung der Zweck-Mittel-Relation, indem das Mittel zum Zweck erhoben wird und der Sinn des Verwirklichens in die Steigerung des Möglichen gehoben wird. In diesem Punkt trifft sich Heideggers Kritik mit anderen technikkritischen Ansätzen. Es wird „die Nutzung eine Vernutzung“, die Technik hat nur noch ihre eigene „Ziellosigkeit zum Ziel.“[64]

Zugleich mit dieser Zweck-Mittel-Verkehrung vollzieht sich eine Verselbstständigung des technischen Prozesses. Zwar findet technisches Handeln „nicht jenseits menschlichen Tuns“ statt, aber es vollzieht sich „nicht nur im Menschen und nicht maßgebend durch ihn.“[65] Der Mensch kommt im wahrsten Sinne des Wortes selber unter die Räder, er wird zum „Besteller des Bestandes“ degradiert. Im äußersten Fall führt dies dazu, dass der Mensch selber zum Bestand wird, als welcher er dann nur noch soweit interessiert, wie er der Sicherung zielloser Möglichkeiten dienbar gemacht werden kann. (Man denke in diesem Zusammenhang z.B. an den Begriff des Humankapitals bzw. engl. „human resources“, an welchen eben diese Perspektivierung, den Menschen nur noch als abzubauende Ressource zu betrachten, kritisiert wird.)

Einerseits wird somit der Mensch zum bloßen Moment des alles umspannenden technischen Prozesses, andererseits geht damit einher ein Bild des Menschen als „Herrn der Erde.“ Jeder Winkel des Planeten ist in die technische Beherrschbarkeit integriert und der Mensch meint überall nur noch sich selbst zu treffen. Allein es geht mit diesem Prozess ein Wahrheitsverlust einher, da der Mensch nicht mehr in seinem ursprünglichen Verhältnis zum Sein steht, als der von der Entbergung Angesprochene. Der Wahrheitsverlust bedeutet also auch einen Selbstverlust. Ob es dem Menschen gelingt wieder zu seinem Wesen zu finden, ist keine Frage des subjektiven Entschlusses, sondern vom „Geschick der Entbergung“ selber abhängig[66]. Die Möglichkeit der Änderung des Seinsverständnisses, weg vom technischen hin zum Seinsdenken, liegt dabei in der Gefahr selber. Heidegger zitiert ein Wort Hölderlins:

Wo aber Gefahr ist, wächst
Das Rettende auch[67]

Dabei bezieht sich Heidegger auf die Dichtung Hölderlins, welche einerseits den Entzug des Göttlichen zur Sprache bringt und die damit einhergehende sinnlose Verindustrialisierung, andererseits die Aufgabe des Dichters darin sieht, die Ankunft eines zukünftigen Gottes (in Gestalt Dionysos-Jesus als ordnend Erlösender) vorzubereiten. Der Ort hierfür muss jedoch aus dem selben erwachsen, das seinerseits die Verwüstung hervorbringt: „Meine Überzeugung ist, dass nur von dem selben Orte aus, an dem die moderne technische Welt entstanden ist, auch eine Umkehrung sich vorbereiten kann, dass sie nicht durch eine Übernahme von Zen-Buddhismus oder anderen östlichen Welterfahrungen geschehen kann. Es bedarf zum Umdenken der Hilfe der europäischen Überlieferung und deren Neuaneignung.“[68]

In einem ZDF Gespräch von 1969 verdeutlicht Heidegger, dass es keine Technikfeindschaft ist, die ihn zu seinen Überlegungen treibt: „Zunächst ist zu sagen, dass ich nicht gegen die Technik bin. Ich habe nie gegen die Technik gesprochen, auch nicht über das so genannte 'dämonische' der Technik, sondern ich versuche das Wesen der Technik zu verstehen.“ Heidegger äußert weiterhin seine Besorgnis über die Entwicklung in der Biotechnologie: „(…) so denke ich an das, was sich heute als Biophysik entwickelt: Dass wir in absehbarer Zeit im Stande sind den Menschen so zu machen, d.h. rein seinem organischen Wesen nach so zu konstruieren, wie man ihn braucht.“[69]

Metaphysik

Wirklich verständlich wird das Wesen der Technik nach Heidegger erst, wenn seine Beziehung zur Metaphysik betrachtet wird. So erweist sich der im technischen Prozess eingeschlagene Irrweg als ein notwendiges Stadium der Seinsgeschichte, durch welchen das abendländische Denken hindurchgehen muss. Was den geschichtlichen Fortgang dabei wesentlich bestimmt, ist das Verhältnis des Menschen zum Sein. Gerade hier zeigt sich jedoch der Mangel des abendländischen Denkens, da es noch nie wirklich das Sein zu denken vermochte, vielmehr ist die Tradition durch eine Geschichte der Verdeckung und Verstellung geprägt. Dies zeigt sich an der Fixierung der Metaphysik auf Seiendes, wodurch die Grundfrage ungefragt bleibt: „Warum ist überhaupt Seiendes und nicht vielmehr Nichts?“[70]

Dabei habe aber die vorsokratische Philosophie dies noch zu denken vermocht, wie Heidegger am Begriff der ἀλἠθεια als Unverborgenheit ausmacht. Metaphysik setzt dann laut Heidegger ein „mit dem Zurückdrängen dieses (prozessualen) Aspekts zugunsten der (vergegenständlichenden) Hinwendung zu demjenigen, was in dieser Entbergung hervortritt, zu seiner bestimmten Gestalt (εἷδος), seinem Aussehen. Was das Seiende ist, erhält den Vorrang über das Sein und das Dass-Sein;“[71] Eine Abwendung vom Prozess des Entbergens und hin zum Seienden erfährt das Denken dann bei Platon, durch dessen Bevorzugung feststehender Ideen und bei Aristoteles, welcher die Essenz anstatt der Existenz in den Mittelpunkt stellt.

Weitere Epochen der Seinsgeschichte zeigen sich bei Descartes und Kant, an deren Ausbildung des modernen Subjektivismus. Eine Vollendung der Metaphysik sieht Heidegger bei Hegel und vor allem Nietzsche. Hierbei ist vor allem interessant, dass Heidegger den angeblichen Zertrümmerer der Metaphysik als deren Vollender hinstellt: denn in Nietzsches Denkfigur des „Willen zur Macht“ erfährt das moderne Subjekt mit seinem Machtstreben die höchste Steigerung. Selbsterhaltung potenziert sich zur Selbststeigerung, der Wille zu Macht zum „Willen zu Mehr-Macht.“[72] Dieser Selbstbezüglichkeit wohnt eine Destruktivität inne, eine ziellose und „bedingungslose Vernutzung des Seienden“, welche in der „Verwüstung der Erde“ resultiert.[73]

Seinsgeschichte

Deutung der Geschichte als Seinsgeschichte

Seinsgeschichte bezeichnet das geschichtliche Verhältnis des Menschen zum Sein. Dabei ist Geschichte nicht mehr der kausal aufeinander bezogene Geschehenszusammenhang, sondern ihr bestimmendes Moment wird die „Wahrheit des Seins.“ Der Bezug des Menschen zum Sein wird nun als geschichtlicher Prozess des Entbergens und Verdeckens interpretiert, wobei sich der Zugriff auf die Wahrheit dem Menschen entzieht: dieser kann sich nur für das Sein, für die Wahrheit offen halten. Seinsgeschichte meint also nicht die Geschichte des Seins – denn dies hat keine Geschichte – sondern die Geschichte des Ent- und Verbergungsprozesses durch welchen sich epochal eine Welt als Bedeutungsganzheit ereignet und vonwoher sich dann bestimmt was wesentlich und was unwesentlich ist.[74] Dabei ist die Geschichte als Seinsgeschichte kein „Prozess“, der von einer zentralen Macht reguliert wäre: nur das Dass – dass die Seinsgeschichte so ist – kann gesagt werden.[75]

Hierbei kommt der Philosophie eine entscheidende Rolle zu, denn sie ist der Ort, an welchem der „Zuwurf des Seins“ zur Sprache kommt und der von ihr denkerisch erfasst wird. Dies darf allerdings nicht dahingehend missverstanden werden, als würde die Philosophie mit ihren theoretisch-metaphysischen Entwürfen die Geschichte hervorbringen: „Daß sich seit Platon das Wirkliche im Lichte von Ideen zeigt, hat Platon nicht gemacht. Der Denker hat nur dem entsprochen, was sich ihm zusprach.“[76] Durch diesen Rekurs auf die Philosophie ist die Seinsgeschichte in ihrem Verlauf wesentlich ein abendländisch-europäisches Ereignis, welches sich jedoch in jüngster Zeit durch die technologische Zivilisation auch global ausbreitet uns somit andere Völker betrifft. In diesem Zusammenhang hat Heidegger sich wiederholt besorgt darüber gezeigt, dass die Technik, durch ihre Faszination die sie auf andere Völker ausübt, diese dazu verleitet ihr Eigenes zu vernachlässigen oder gar über Bord zu werfen. Hieran zeigt sich, dass Heideggers Beschränkung der Seinsgeschichte auf das Abendland nicht als Abwertung anderer Kulturen zu verstehen ist, zumal Heidegger europäische Geschichte überwiegend als Krise interpretiert.[77]

Die Unterteilung der Seinsgeschichte erfolgt in Epochen, wobei Heidegger auf die Etymologie des Wortes Epoché als von griechisch „an sich halten“ verweist: das Sein hält in seinem Zuspruch an den Menschen an sich, es ist also Ver- und Entbergen der Wahrheit zugleich.

Seinsgeschichte ist nun überwiegend Verfallsgeschichte, die von einem frühen Zuspruch des Seins bei den Griechen von zunehmender Seinsverlassenheit geprägt ist und ihre höchste Steigerung in der planetarischen Technik und dem Nihilismus findet. Heideggers Terminus des Seinsgeschicks, hat, durch die Deutung als unabwendbares Schicksal, diesem oft den Vorwurf des Fatalismus eingebracht. Dem lässt sich entgegenhalten, dass das Seinsgeschickt kein ontisches (in der Welt vorkommendes) Schicksal ist, das über die Menschen herrscht, sondern eben ein Seins- und Weltgeschick, wonach das durchschnittliche Verhalten der Menschen in bestimmten Bahnen verlaufen wird. Hierin drückt sich somit lediglich die Tatsache aus, „dass nämlich der Mensch nicht als autonomes Subjekt Geschichte macht, sondern dass er (…) immer auch schon selbst von der Geschichte „gemacht“ ist in dem Sinne, dass er in ein Überlieferungsgeschehen eingebunden ist, über das er nicht einfach disponieren kann, sondern dass ihn in gewisser Weise disponiert.“[78] Schon gar nicht darf man darunter also verstehen, dass alles was dem Menschen im Einzelnen widerfährt, diesem Geschick zu verdanken ist.

Seinsgeschichte und Technik

Heideggers Technikkritik (s.o.) weist viele Parallelen zu anderen Deutungen auf, welche Entfremdung, subjektive Herrschaft, Machtsteigerung und technische Rationalität thematisieren. Allerdings unterscheidet sie sich durch ihre seinsgeschichtliche Interpretation grundlegend von diesen, da sie nicht die Eigenmacht politischer, sozialer und ökonomischer Kräfte als Kernproblem ausmacht, sondern die Ursache im Entbergen des Seins selber sucht. So ist z.B. metaphysisches Denken nicht als Verfehlung des Menschen anzusehen, da es „im Wesen des Seins selbst [liegt], dass es ungedacht bleibt, weil es sich entzieht“[79] Dabei ist es weder so, dass die Erkenntnis im einzelnen Denker aufgeht, noch im Geist einer Epoche oder Kultur, sondern Heidegger gründet das Denken in den Inhalten des Denkens selber, im „Eigentum des Seins, dessen Zuwurf das Denken in seine Entwürfe auffängt.“[80] Damit bleibt für den Menschen nur sich offen zu halten für das was ihm entgegenkommt – nicht etwa geht es mehr darum andere Denkformen zu entwerfen. Andererseits vollzieht sich Seinsgeschichte nur im menschlichen Tun, also in Wissenschaft, Technik, Kunst und Politik: das Sein ist also wiederum auf den Menschen angewiesen, damit sein Wahrheit zur Sprache kommt. Damit ist die Technikkritik Heideggers wesentlich geschichtliche und nicht auf den praktischen Umgang mit Technik im Einzelnen beschränkt. Dem Menschen bleibt innerhalb des geschichtlichen Prozesses zudem eine Möglichkeit ein neues Verhältnis zur Technik zu erlangen.

Ästhetik

Der Ursprung des Kunstwerkes

Zentrale Kategorie in Heideggers Ästhetik ist nicht mehr das Ideal des Klassizismus, die Schönheit, sondern das der Wahrheit: „Im Werk der Kunst hat sich die Wahrheit des Seienden ins Werk gesetzt.“[81], so Heideggers Auffassung, wie er sie in seinem 1935 gehaltenen Vortrag „Der Ursprung des Kunstwerkes“ entfaltet (Holzwege (GA 5)). Schönheit erweist sich jedoch als eine der wesentlichen Weisen wie sich Wahrheit „ins Werk setzt.“

Der Vortrag ist, wie der Titel schon anzeigt, eine „Ursprungs-Theorie“, wobei Ursprung nach Heidegger das meint, woher eine Sache ihr Wesen hat. Wesen bezeichnet das was und wie etwas ist. Bei der Suche nach dem Ursprung zeigt sich jedoch, dass der Künstler nur ist, indem er Kunstwerke hervorbringt, das Kunstwerk aber nur, weil es durch den Künstler gefertigt wurde: „Der Künstler ist der Ursprung des Werkes. Das Werk ist der Ursprung des Künstlers. Keines ist ohne das andere. Beide haben ihren Ursprung in der Kunst.“[82] Somit wird die Frage nach dem Ursprung des Kunstwerkes, zur Frage nach dem Ursprung der Kunst.

Das Dinghafte des Kunstwerkes

Für Heidegger ist ein Kunstwerk nicht etwas Abstraktes, weshalb er äußerst ausführlich die Dinghaftigkeit des Kunstwerkes erläutert. „Die Werke werden verschickt, wie die Kohle aus dem Ruhrgebiet (…) Hölderlins Hymnen waren während des Feldzuges im Tornister mitverpackt, wie das Putzzeug.“[83] Aber das Kunstwerk scheint über dieses Dinghafte hinaus noch etwas mehr zu sein. Zunächst muss aber verstanden werden, was ein Ding ist. Heidegger schlägt drei Interpretationen vor, die er jedoch als unzureichend kritisiert:

  • Ein Dingverständnis, welches im Ding ein aus Substanz und Akzidenzien zusammengesetztes sieht. Hier wird die Struktur der Sprache (Substanz-Kopula-Akzidenz) auf das Ding übertragen, es wird gleichsam „überfallen.“
  • Ein bloß sensuales Dingverständnis, (das Ding „Rückt uns auf den Leib“) welches das Ding als Summe der Sinnesdaten begreift. Heidegger kritisiert hieran, dass niemals Sinnesdaten wahrgenommen werden, sondern „[wir] hören den Sturm im Schornstein pfeifen (…) Wir hören im Haus die Türe schlagen und hören niemals akustische Empfindungen.“[84]
  • Ein Dingverständnis, welches Stoff und Form unterscheidet, also dem „Begriffsschema schlechthin für alle Kunsttheorie und Ästhetik“ folgt.[85] Für Heidegger ist der einzig akzeptable Ort dieses Begriffspaares das Zeug, also Gegenstände des Gebrauchs. Hier wird Stoff in eine Form zwecks Dienlichkeit gebracht, meist ist zudem die Verwendung des Stoffs von der zu erreichenden Form abhängig.

Den ersten beiden Punkten ist gemeinsam, dass es ihnen am richtigen Abstand zum Ding fehlt: erstere Auffassung ist zu theoretisch, die zweite klebt zu sehr an den Sinnesdaten. Bei der dritten Analyse des Zeugs zeigt sich, dass dieses neben Ding und Kunstwerk etwas Drittes ist, da ihm ein Gebrauchswert zukommt. Jedoch wäre es falsch das Ding als ein Zeug abzüglich des Gebrauchswertes zu begreifen.

Vincent van Gogh: Stilleben, Ein Paar Schuhe

Es zeigt sich jedoch ein Zusammenhang von Kunstwerk und Zeug darin, dass beide von Menschenhand angefertigt wurden, welchem nachzugehen ist. Anhand eines Bildes von Van Gogh, welches zwei Bauernschuhe zeigt, gibt Heidegger eine detailreiche Analyse des Zeugs:

Aus der dunklen Öffnung des ausgetretenen Inwendigen des Schuhzeuges starrt die Mühsal der Arbeitsschritte. In der derbgediegenen Schwere des Schuhzeuges ist aufgestaut die Zähigkeit des langsamen Ganges durch die weithin gestreckten und immer gleichen Furchen des Ackers, über dem ein rauer Wind steht. Auf dem Leder liegt das Feuchte und Satte des Bodens. Unter den Sohlen schiebt sich hin die Einsamkeit des Feldweges durch den sinkenden Abend. In dem Schuhzeug schwingt der verschwiegene Zuruf der Erde, ihr stilles Verschenken des reifen Korns und ihr unerklärliches Sichversagen in der öden Brache des winterlichen Feldes. Durch dieses Zeug zieht das klaglose Bangen um die Sicherheit des Brotes, die wortlose Freude des Wiederüberstehens der Not, das Beben in der Ankunft der Geburt und das Zittern in der Umdrohung des Todes. Zur Erde gehört dieses Zeug und in der Welt der Bäuerin ist es behütet.[86]

Es zeigt sich hieran: die Dienlichkeit ist das Sein des Zeugs, sie ruht in der Verlässlichkeit, so ist „Dienlichkeit die Wesensfolge der Verläßlichkeit.“ Sie hält erst die Welt zusammen, d.h. nur im Zeug sind Welt und Erde da. Damit ist das Wesen des Zeugs gefunden – aber nicht durch eine Beschreibung des Zeugs, sondern des Bildes von Van Gogh: „Dieses hat gesprochen. In der Nähe des Werkes sind wir jäh anderswo gewesen, als wir gewöhnlich zu sein pflegen.“ Es ist die „Eröffnung dessen, was das Zeug, die Bauernschuhe, in Wahrheit ist. Dieses Seiende tritt in die Unverborgenheit des Seins heraus. Im Werk ist (…) ein Geschehen der Wahrheit am Werk.“[87] Damit ist jedoch keine Nachahmungstheorie gemeint, denn „mit welchem Wesen welchen Dinges soll denn ein griechischer Tempel übereinstimmen?“[88]

Das Werk und die Wahrheit

Das Beispiel des Tempels ist bewusst gewählt um eine reine Mimesistheorie zu vermeiden. Statt nachzuahmen, ist die Wahrheit im Tempel als etwas Sammelndes im Werke. Der Tempel eröffnet einen Ort für Tod und Geburt, Sieg und Schmach, Ausharren und Verfall, also die Sphäre der menschlichen Welt.

Das Erechtheion auf der Akropolis in Athen.

Durch sein Herausragen in die natürliche Umwelt, die Φὐσις, schafft er zugleich eine Offenheit in der erst Pflanzen, Tiere und andere Naturerscheinungen ihren Ort haben. Er lichtet dieses Worauf und Worin der Mensch sein Wohnen gründet: die Erde. Der Tempel gibt erst das Ganze frei innerhalb dessen das Einzelne begegnen kann. Heidegger denkt also das Ganze nicht als Summe seiner Teile, vielmehr gerade umgekehrt: „Wir kommen dem, was ist eher nahe, wenn wir alles umgekehrt denken (…)“[89] Die Welt ist also nicht eine Anhäufung von Dingen, sie ist kein einzelner Gegenstand, sie ist nur als geschichtliches Geschehen („Welt weltet“) und damit Teil der menschlichen Angelegenheiten. Ihr Gegensatz ist die Erde.

Im Offenhalten der Welt ist das Werk für Heidegger zugleich herstellend: Während im Zeug der Stoff in der Dienlichkeit aufgeht und verschwindet, lässt das Werk den Stoff erst erscheinen: „der Fels kommt zum Tragen und Ruhen und wird so erst Fels (…) der Ton zum Klingen, das Wort zum Sagen.“[90] Dies dadurch, dass das Werk sich zurücknimmt in die Erde, so lässt es „die Erde eine Erde sein.“ Nur in der Kunst kommt so die Erde als das was sie ist zum Erscheinen. Die naturwissenschaftliche Erkenntnis vermag dies nicht zu greifen: „So ist z.B. die Farbe nur im Aufleuchten erfahrbar: Wenn wir sie verständig messend in Schwingungszahlen zerlegen, ist sie fort. Sie zeigt sich nur, wenn sie unentborgen und unerklärt bleibt.“[91] Die Erde hat somit etwas sich verschließendes, das durch das Werk in die Offenheit gebracht wird. Dabei gibt es ein Wechselspiel zwischen Welt und Erde, das Heidegger als Streit bezeichnet: Welt öffnet, Erde verbirgt. Beides sind entgegengesetzte Kräfte, die jedoch aufeinander angewiesen sind, denn die Welt gründet auf der Erde, die Erde wird erst durch die Welt eröffnet.

Im Werk zeigt sich dieser Streit, als ein Geschehen von Wahrheit. Heidegger sieht dabei die Wahrheit als Unverborgenheit im Sinne der griechischen ἀλήθεια. Dieses Entbergen betont das Prozesshafte der Wahrheit: „Unverborgenheit (Wahrheit) das ist nie nur ein vorhandener Zustand, sondern ein Geschehnis.“ Heidegger lehnt ein Wahrheitsverständnis ab, das Wahrheit als Übereinstimmung von Erkenntnis und Sache begreift dies könnte für ihn bloß „Richtigkeit“ anzeigen. Zumal die Übereinstimmungstheorie außerdem voraussetzen, dass überhaupt etwas entborgen sein muss, damit es mit der Erkenntnis übereinstimmen kann. Nur im Geschehen des Entbergens kann Seiendes sein. Im Entbergen ragt das Seiende in eine Lichtung hinaus (Vgl. SZ: der Mensch als Lichtung des Seins). Allerdings versagt sich das Seiende auch und so liegt es nicht in der Macht des Menschen sich es anzueignen: „Zum Wesen der Wahrheit als der Unverborgenheit gehört dieses Verweigern in der Weise des zwiefachen Verbergens.“[92] Im Werk ereignet sich dieser „Urstreit“ der Wahrheit.

Es wäre allerdings falsch das Ver- und Entbergen mit Erde und Welt gleichzusetzen. Denn erst durch die Wahrheit als Einheit von Ver- und Entbergen sind auch Erde und Welt gegeben. Für Heidegger ist Schönheit nur eine der möglichen Erscheinungsformen der Kunst: „Das so geartete Licht faßt seinen Schein ins Werk. Das ins Werk gefaßte Scheinen ist das Schöne. Schönheit ist eine Weise, in der Wahrheit als Unverborgenheit west.[93]

Die Wahrheit und die Kunst

Das Schaffen des Künstlers ist ein Hervorbringen, aber nicht zu verwechseln mit der Anfertigung von Zeug. Als τέχνη (téchne) bedient es sich zum Hervorbringen in die Unverborgenheit der φὐσις. Das Wesen des Schaffens wird also vom Wesen des Werkes her bestimmt. Wie bereits erwähnt ist aber die Wahrheit nicht etwas, dessen sich der Mensch bedienen könnte: „Wahrheit geschieht nur so, daß sie in dem durch sie selbst sich öffnenden Streit und Spielraum sich einrichtet.“[94] Eine Weise dieses Sich-einrichtens ist das Sich-ins-Werk-setzen der Wahrheit und so liegt auch in der Wahrheit ein „Zug zum Werk.“ Das Geschaffensein des Werkes ist der in die Gestalt gebrachte Streit. Mit welchem Begriff Heidegger die zu jener Zeit im Schwange befindliche Gestaltpsychologie streift: Das Festgestelltsein der Wahrheit ist die Gestalt.

Es tritt nun dieses Geschaffensein des Werkes an dem selben hervor, jedoch meint dies nicht, dass erkennbar ist, dass ein Künstler es angefertigt hat, sondern es zeigt sich ein „Stoß“ ins Sein. Eben dieses „dass“ es ist, kommt dem Kunstwerk als etwas besonderes zu: „Je einsamer das Werk, festgestellter die Gestalt, in sich steht, je reiner es alle Bezüge zu den Menschen zu lösen scheint, um so einfacher tritt der Stoß, daß solches Werk ist ins Offene (…)“[95] Aber es braucht auch das Werk den Rezipienten, als Bewahrer um die durch es eröffnete Offenheit zu erbringen. Diese – man würde wohl sagen ästhetische – Empfindung, fast Heidegger als „das extatische Sicheinlassen des existierenden Menschen in die Unverborgenheit des Seins.“[96] Nur hierdurch wird das Werk nicht durch den Rekurs aufs Subjekt und dessen Empfindungen zum „Erlebniserreger“ herabgesetzt. Nach Heideggers Vorstellung soll das Werk außerdem die Menschen zum Miteinandersein führen.

Nach dieser Analyse greift Heidegger nochmals das Dinghafte des Werkes auf, wobei nun einsichtig wird, dass die Dinghaftigkeit sich nur vom Werk her denken lies, wie dieses ja auch schon die Zeughaftigkeit eröffnet hatte. Um die auf die ebenfalls eingangs gestellte Frage nach der Kunst als Ursprung zu beantworten, gibt es nun genügend Material: Es zeigte sich, dass das Werk einerseits geschaffen werden, andererseits bewahrt werden muss, womit Heidegger die Kunst als ein Werden und Geschehen von Wahrheit bestimmt. Dem anschließend fasst Heidegger das Wesen der Kunst als Dichtung – Dichtung hier gedacht nicht nur als Poesie sondern als erheben des Seienden ins Sein, als Bringen in die Lichtung.

Für Heidegger ist der Künstler nicht „geniales Subjekt“, sondern er schöpft im Dichten (also künstlerischen Schaffen) aus der Geschichtlichkeit des Menschen. Die Geschichte verschenkt ihr Zuviel an Wahrheit, sie stiftet Neues und das Neue ist Aufgang von Geschichte. Dies zeigt einen weiteren Aspekt der Kunst als Ursprung, denn sie gründet Geschichte. Nach Heidegger gilt es diesen Ursprung zu achten, denn „Schwer verlässt, was nahe dem Ursprung wohnet den Ort“ (Hölderlin). In Heideggers Ästhetik tritt somit der Künstler gegenüber dem Kunstwerk zurück. Der Prozess der Kunstproduktion gleicht einem „im Schaffen sich selbst vernichtenden Durchgang für den Hervorgang des Werkes.“[97]

Weiterhin äußert sich Heidegger kritisch gegenüber dem Kunstbetrieb mit Kunstkennern, Kunstrichtern, Kunstgenuss, Kunsthandel, Kunstgeschichtsforschung und darüber, dass die Werke in Sammlungen versetzt aus ihrem Wesensbereich herausgerissen werden. Er sieht die Welt der vorhandenen Werke als zerfallene, die Werke sind ortlos und nur noch als Gewesene. Für ihn bedeutet Kunst als bloßes Erleben deren Tod. Im Anschluss an Hegel, der schon das Ende der Kunst festgestellt hatte, sieht er deren Zukunft überaus kritisch, wenn es nicht gelingt einen Zugang zu ihr abseits der nur auf das Erleben beschränkten Rezeption zu finden.

Dichten und Denken

Rückbesinnung auf Sprache, Kunst und Dichtung

Seit etwa den Jahren 1929/30 wendet sich Heidegger verstärkt Sprache und Dichtung, wie der Kunst überhaupt als geschichtsgründener Macht zu. Hierbei sieht er vor allem im Werk Friedrich Hölderlins einen entscheidenden Bezug zur Seinsgeschichte, was er auch später noch im Interview mit dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel betont. Auch seine Konstellation des Spätwerks, das „Geviert“ von Erde, Himmel, Sterblichen und Göttlichen, darf als stark durch Hölderlin inspiriert angesehen werden. An Hölderlins Dichtung misst er die dem modernen Menschen diagnostizierte Heimatlosigkeit und das Undichterische seines gegenwärtigen Weltaufenthalts.

Dabei tritt Heidegger mit Hölderlin in eine exzessive Zwiesprache von Dichten und Denken, die weit jenseits von literaturwissenschaftlichen Zugängen liegt. So kommt es, dass Heideggers Hölderlin-Interpretation selbst wieder der Interpretation bedarf.

Hölderlin als „Geschick“

Hölderlins Dichtung wurde von Heidegger als Schicksal gedeutet.

In Heideggers zweitem Hauptwerk den Beiträgen zur Philosophie (GA 65) tritt Hölderlin als „das erste Daß der Seynsgeschichte im Übergang von Metaphysik in das Erdenken des Seyns“ auf. Hölderlin kommt somit die geschichtliche Rolle zu nach der Abkehr von der Metaphysik der erste zu sein, der „Nähe und Ferne der gewesenen und künftigen Götter zur Entscheidung gestellt“ hat.[98] Hölderlin selbst sah die Aufgabe des Dichters „in dürftiger Zeit“ darin, die von ihm erwartete Ankunft des zukünftigen Gottes in Gestalt von Dionysos-Christus vorzubereiten. Heidegger sieht sich dabei selbst in der Situation einer der ersten zu sein, der Hölderlins Dichtung „hören“ kann. Die Bedeutung, die Heidegger Hölderlin zuschreibt, ist dabei kaum zu überschätzen. Von nun ab gilt: „Die geschichtliche Bestimmung der Philosophie gipfelt in der Erkenntnis der Notwendigkeit, Hölderlins Wort das Gehör zu verschaffen.“[99]

Dabei ist es Heideggers Anliegen, 'uns' Hölderlin näher zu bringen, da seine Dichtung 'uns' „schicksalhaft angeht.“[100] Um dies herauszuheben, möchte Heidegger Hölderlin von jeglicher literaturwissenschaftlichen, politischen, philosophischen und ästhetischen Betrachtung entkoppeln um einzig in der von seinen Gesängen eröffneten Wahrheit zum Stehen zu kommen. Dabei ist Hölderlin der „Dichter des Dichters“. (Eine Selbstbezüglichkeit die sich zweifelsfrei an Hölderlins Gedichten wie Dichtermut und Dichterberuf ablesen lässt.) Die ihm zukommende Aufgabe ist dabei an seinem Wort „Voll Verdienst, doch dichterisch wohnet der Mensch auf dieser Erde“ (aus: In lieblicher Bläue) abzulesen. Erst wenn die Sterblichen wieder in den An- und Zuspruchsbereich des Göttlichen kommen, lässt sie dies wieder „heimisch“ werden. Inwieweit dies geschieht, ist dabei nicht ausgemacht: „Ob wir es einmal noch erkennen? Hölderlins Dichtung ist für uns ein Schicksal. Es wartet darauf, daß die Sterblichen ihm entsprechen. Was sagt Hölderlins Dichtung? Ihr Wort ist: das Heilige. Dies Wort sagt von der Flucht der Götter.“[101]

Gewiss denkt dabei Heidegger das Göttliche nicht scholastisch in Form eines Schöpfergottes, der die Erde geschaffen hat. Damit wäre Gott wieder „Ursache des Seienden“ und das Sein zum ens creatum degradiert. Eine solche traditionelle Vorstellung impliziert ein Kausalitätsprinzip zwischen Gott und dem Geschaffenen und reproduziert somit ein Denken das auf Letzbegründungen aus ist. Dementgegen möchte Heidegger den Gott nicht als Entstehungs- und Erklärungsgrund denken, sowie von allen genealogischen und kausalen Denkzwängen befreien.

Das Göttliche entspricht bei Heidegger eher einer Art Ordnungsprinzip, welches die Dinge sammelt und in einer geordneten Vielfalt hält. Ohne diesen „gründenden Grund“, steht der Mensch am „Abgrund.“[102] Er sieht sich dem „Fehl Gottes“ (Hölderlin) ausgesetzt. Um den „gründenden Grund“ jedoch ohne die oben genannten metaphysischen Erklärungen zu denken, wählt Heidegger in Der Satz vom Grund die Metapher von Gott als Lautenspieler. Hierzu zitiert er den Spruch von Angelus Silesius: „Ein Herze, das zu Grund Gott still ist, wie er will, / Wird gern von ihm berührt: es ist ein Lautenspiel.“[103] Gott ist also der Spieler und das Herz seine Laute. Ohne ihn bliebe das Herz ohne Musik. Dazu aber – „ein Herz das von Grund Gott still ist“ − muss das Herz richtig gestimmt sein, damit es auf Gott anspricht, anklingt.[104]

Damit das Göttliche erscheinen kann, braucht es die Worte des Dichters. Bei dessen Gesängen kann es sich jedoch nicht um eine fixierende Präsentation des Göttlichen handeln. Sie fordern vielmehr auf zu einem mitgehen und gemeinsamen sehen. Dies schlägt sich auch im Sprachcharakter der Dichtung nieder: das Sagen „erschweigt“ das sich Enthüllende und zugleich Verbergende.

Hölderlins Dichtung als Stiftung des Seyns

Was bleibt aber, stiften die Dichter. (1803, Hölderlin, Andenken)

Der sich nach Meinung Heideggers in Hölderlins Dichtung aussprechende Übergang vom Nicht-mehr hin zum Noch-nicht der Götter, bedarf jedoch noch eines Denkers, der dem Eröffneten entspricht und es begrifflich fügt und bewahrt. In diesem Zusammenhang sind auch die Beiträge zu sehen.[105] Dabei begreift Heidegger Hölderlins Dichtung als „worthafte Stiftung des Seins“[106]. Hölderlin bestimme eine neue Zeit, nämlich die wegen der Abwesenheit der Götter „dürftige Zeit“. Dies zu begreifen und zu erfahren, bestehe den Deutschen noch bevor, so Heidegger. Hölderlin war für ihn der erste, welcher sich der erschütternden Erkenntnis der Götternacht ausgesetzt hat und der „stellvertretend und deshalb wahrhaft seinem Volke die Wahrheit“ erwirkte.[107] Hölderlins Dichtung ist dabei das Wort, welches dem Heiligen entspricht und in seinem Kommen als Hymnen zum „rufenden Wort“ wird. Dies jedoch ist „noch ungehört, aufbewahrt in die abendländische Sprache der Deutschen“.[108]

Im Wintersemester 1941/42 hält Heidegger eine Vorlesung zu Andenken (GA 52). Dabei interpretiert er das Gedicht als ein Andenken an das Gewesene, das griechische Götterfest, und ein aus diesem denken heraus beginnenden anderen Anfang. Hölderlins Hymnen sind für Heidegger − analog zu seinem eigenen Denken − explizit nicht mehr metaphysisch. 1942 radikalisiert er diese These in einer Vorlesung zu Der Ister (GA 53): er stellt das Ereignis des Heiligen als Heimischwerden im Eigenen der seinsvergessenen metaphysisch-technischen Weltauffassung unserer Zeit entgegen. Hölderlins Heimkunft faßt er als „Rückkehr in die Nähe zum Ursprung“.[109] In der letzten Strophe sieht er einen Anruf des Dichters an die Denker, damit diese ihm helfen. Damit ist Heimkunft „die Zukunft des geschichtlichen Wesens der Deutschen“, dieses Volkes der Dichter und Denker. „Denn jetzt müssen zuvor Denkende sein, damit das Wort des Dichtenden vernehmbar wird.“[110] Entsprechend der in seiner Technikkritik formulierten Sorgen, sieht Heidegger in dem Vortrag Wozu Dichter? die in der Gefahr inbegriffene Möglichkeit zur Besinnung, denn nur wer sich einmal richtig in Gefahr begeben habe, dem erschließe sich der Entzug der Götter. Zunächst vermögen dies nur Wenige, die Dichter und die ihnen zugehörigen Denker.[111] Hier bringt also Hölderlins Wort „Wo aber Gefahr ist, wächst / Das Rettende auch“ (Patmos) Heideggers Denken auf den Weg.

Dass bei alledem Heideggers Deutungen und seine Weise des Nennens entbergend-verbergend bleiben, mag der großen „Nähe“ zum Göttlichen geschuldet sein, denn, so sagt Hölderlin: „Aber weil so nahe sie sind die gegenwärtigen Götter / Muß ich seyn, als wären sie fern, und dunkel in Wolken / Muß ihr Nahme mir seyn“ (Der Archipelagus). 1970 konfrontiert Heidegger in Das Wohnen des Menschen (GA 13) das dichterische Wohnen mit der undichterischen Vermessenheit und Maßlosigkeit des Zeitalters da Gott fehlt.

Besinnung und Heimkehr

Nähe zum Sein

Geviert

Wirkung und Rezeption

Rezeption in der abendländischen Philosophie

Wichtige Impulse von Heidegger empfingen der Existentialismus in Frankreich und in Deutschland die moderne Hermeneutik, die vor allem mit Hans-Georg Gadamer einen zentralen Exponenten fand. Heidegger beeinflusste zahlreiche Philosophen wie Maurice Merleau-Ponty, Jean-Paul Sartre, Emmanuel Levinas, Jacques Derrida, Hannah Arendt, Hermann Schmitz, Gianni Vattimo oder Ernst Tugendhat. Zur „katholischen Heideggerschule“ (Erich Przywara) wurden Gustav Siewerth, Johann Baptist Lotz, Karl Rahner und Max Müller gerechnet.

Sein philosophisches Wirken wurde jedoch auch von verschiedensten Seiten verworfen, so zum Beispiel vom Wiener Kreis. Diese Kritik ist vor allem sprachanalytisch und logisch motiviert. Von großer Schärfe sind die Attacken seitens der Frankfurter Schule, besonders Theodor W. Adornos (Jargon der Eigentlichkeit, 1964), die das intellektuelle Leben in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts polarisierten. Hier sind es vor allem Fragen, die den Zusammenhang von Philosophie und politischem Engagement betreffen. Heidegger selbst hat diese Angriffe ignoriert.

Schwieriger zu beurteilen ist die auffällige Abwesenheit einer Ethik in Heideggers Werk. Manche sehen darin die Ursache seines nazistischen Engagements. Andere aber finden gerade hier einen Hebel, um das europäische (christliche, logozentristische) Herrschaftsdenken zu überwinden, das in der Subjekt-Objekt-Scheidung Gewalttätigkeit ontologisiert hat, gemäß dem biblischen „Macht euch die Erde untertan“.

Heideggers Vorliebe für den Tod fand breite Ablehnung. Schon sein Lehrer Husserl hat widersprochen, und Hannah Arendt entwickelte gegen dessen Konzept der Sterblichkeit das Gegenmodell der „Geburtlichkeit“.

Am Denkstil des späten Heideggers wird oft kritisiert, dass er viel mit Etymologien arbeitete und diese bisweilen in gewagter Weise ausdeutete. Allerdings betonte Heidegger, dass diese nicht als Beweise fungieren sollen, sondern dazu dienen, der philosophischen Sprache neue Dimensionen zu erschließen (Vorträge und Aufsätze 166f.). Auch die Deutungen, die Heidegger manchen Gedichten Hölderlins, Trakls, Rilkes und Stefan Georges gab, sind bei Literaturwissenschaftlern auf Kritik gestoßen. An ihnen wird ausgesetzt, dass diese Dichtungen stark von Heideggers eigener Weltsicht her gelesen und in den Kategorien seines Denkens „umgedeutet“ werden. Allerdings beabsichtigte Heidegger ausdrücklich nicht mit seinen Deutungen Beiträge zur Literaturwissenschaft zu leisten.

  • Hans-Georg Gadamer

  • Hannah Arendt

  • Jean-Paul Sartre

Jean-Paul Sartre zeigt sich gegenüber Heidegger zu großem Dank und Anerkennung verpflichtet. Sartre geht jedoch in eigener Weise über Heidegger hinaus. Ab 1938 liest er einige Übersetzungen, dann 1939 das bereits im Jahre 1934 erworbene Sein und Zeit, dabei erklärt er dass ihm die Lektüre aufgrund des eigenwilligen Vokabulars nicht leicht gefallen sei. Inhaltlich war Heidegger für ihn ein „Schock“, wegen des radikalen Bruchs mit der traditionellen Weise zu Philosophieren. 1943 erscheint von ihm Das Sein und das Nichts, wobei sich nicht nur dessen Titel an Sein und Zeit anlehnt, sondern auch viele Inhalte auf Sartres Heidegger-Lektüre zurückgehen.

„Orthodoxe“ Heideggerianer kritisieren jedoch eine Reihe von Sinnverkehrungen bei der Übernahme Heideggerscher Ideen. So wird der Begriff des Seins nicht mehr wie bei Heidegger im Gegensatz zum Seienden (ontologische Differenz) verstanden, sondern es rückt hier das Nichts an die Stelle der Zeit einerseits und übernimmt andererseits den Gegensatz zum Sein. Hiervon ausgehend nimmt die Suche nach dem Sein bei Sartre einen ironischen und absurden Verlauf, denn das Sein (an-sich) wird der Nichtung (für-sich) gegenübergestellt, der Mensch steht im „Für-Sich“ dem „An-Sich“ unüberwindbar gegenüber. Ein Dualismus der sich in Sartres Begriff der Existenz (als physisches Sein) und der Essenz (als frei zu bestimmend) fortsetzt und darin mündet, dass beim Philosophieren nun doch wieder beim „ich denke“, bei Cogito begonnen werden muss.

Sartre übernimmt weiterhin Heideggers Begriff von der Faktizität, welcher beschreibt dass der Mensch immer schon – ohne seine bewusste Entscheidung – sich in einer Welt wieder findet und deren Prägung ausgesetzt sieht. (Heidegger: „Dasein existiert faktisch.“[112]) Wodurch sich wiederum ein Dualismus von Situierung und Freiheit ergibt. In Anlehnung an Heideggers Analyse des Man vollzieht Sartre einige schwungvolle phänomenologische Analysen der Unaufrichtigkeit (mauvaise foi), welche nicht zu letzt zur Popularität des Existenzialismus beigetragen haben.

Große Unterschiede zeigen sich bei Sartres Analyse des „Anderen“, also dem Verhältnis zum Mitmenschen. Sartre wirft Heidegger vor, durch eine ontologische Beschränkung auf das In-der-Welt-sein die Mannigfaltigkeit und Verschiedenheit der unterschiedlichen „Bewußtseine“ zu nivellieren. Sartre setzt Heideggers – für seine Begriffe – rein formalen Bestimmung des Mitseins ein konkreteres Modell entgegen, das seiner Meinung nach auch die möglichen Kämpfe und Konflikte plausibel macht. Es ist jedoch umstritten, ob dieser Mangel sich so bei Heidegger findet. Sartre verkennt außerdem die zentrale Bedeutung des von Heidegger eingeführten Zeugzusammenhangs, des Verstehens (welches er unzulässig mit Verstand gleichsetzt) und der Rede.[113]

In späteren Jahren werden Sartres Bezüge zu Heidegger spärlicher und ab Anfang der Fünfziger verzichtet Sartre gänzlich auf eine gründliche Heidegger-Lektüre. Heidegger andererseits habe nach Aussagen Jean Beaufrets nie mehr als hundert Seiten von Das Sein und das Nichts gelesen. [114] Heidegger sah trotz Anerkennung Sartres, in dessen Werk nur eine neumodische Version des metaphysischen Subjektivismus. Ein Besuch Sartres bei Heidegger im Jahr 1952 fällt für letzteren ernüchternd aus, wohl auch weil beide – der Großstadt-Intellektuelle und der Universitätsprofessor – aus anderen Verhältnissen kommen.[115]

Auf Sartres Essay Der Existenzialismus ist ein Humanismus reagiert Heidegger in einem Brief an Jean Beaufret, dem so genannten Humanismusbrief, indem er deutlich macht, dass seine und Sartres Denkweisen unvereinbar nebeneinander stünden.

  • Emmanuel Levinas

  • Maurice Merleau-Ponty

  • Michel Foucault

Heidegger und die analytische Philosophie

In der Tradition der analytischen Philosophie hat sich vor allem Hubert Dreyfus um eine Rezeption des Heideggerschen Werkes bemüht. Dabei liegt der Schwerpunkt auf dem ersten Teil von Sein und Zeit und hier wiederum auf den pragmatisch zu deutenden Ansätzen, sowie den gegen den Cartesianismus fruchtbar zu machenden Aspekten. Dreyfus stellt diese Searles Auffassung von Intentionalität entgegen.

Insgesamt steht die analytische Philosophie dem Werk Heideggers eher ablehnend gegenüber. Ausgehend von sprachanalytischen Betrachtungen bemängelt sie in Heideggers Wortgebraucht als problematisch, da ein solcher diverse Scheinprobleme entstehen lässt. Vor allem Carnaps Kritik hat zu dieser Auffassung schon recht früh maßgebend beigetragen.[116] Dabei bemängelt Carnap nicht dass dem Wortgebrauch Heideggers keine Sinnesdaten zugrunde liegen oder Wortneuschöpfungen dem allgemeinen Sprachgebrauch widersprechen. Vielmehr entspricht er nicht den Regeln der modernen Logik, denn diese hatte, so Carnap, gezeigt dass z.B. der Begriff des Nichts weder ein Substantiv, noch ein Verb ist – Heidegger hingegen verwendet ihn in beiden Bedeutungen. Allerdings war Carnap klar, dass diese Kritik Heidegger nicht treffen konnte, denn Heidegger hatte die Logik als Grundlage aller Philosophie stark in ihre Schranken verwiesen. Carnaps Kritik ist daher breiter angelegt, wenn er fordert die Philosophie müsse, gleich den Naturwissenschaften, eher einem Gebäude gleichen, an welchem alle nach allgemein anerkannten Regeln mitbauen können. Friedmann bezeichnet diese philosophisch-politische Orientierung etwa als neue Sachlichkeit, eine Bewegung welche sich dem Internationalismus, einer sachorientierten, wissenschaftlichen und antiindividualistischen Neugestaltung verpflichtet hatte. In Friedmanns Einschätzung ist diese soziale und politische Motivation Carnaps wesentlich für dessen Angriffe auf Heidegger – Carnap selbst spricht vom „Kampf gegen die Metaphysik.[117] In seiner philosophiegeschichtlichen Studie zeigt Friedmann den großen Gegensatz von „kontinentaler“ und analytischer Tradition anhand von eben Heidegger und Carnap. Bezüglich der Beziehung beider Traditionen resümiert er:

„Wir können entweder, mit Carnap, an der formalen Logik als dem Ideal universeller Gültigkeit festhalten und uns demzufolge auf eine Philosophie der mathematischen exakten Wissenschaften beschränken; oder wir können uns, mit Heidegger, von der Logik und dem ‚exakten Denken‘ abnabeln, mit dem Resultat, dass wir letztlich das Ideal wahrhaft universeller Gültigkeit aufgeben. Wenn ich nicht irre, dann ist es eben dieses Dilemma, das am Grund der für das 20. Jahrhundert typischen Spaltung von ‚analytischer‘ und ‚kontinentaler‘ Tradition liegt.“[118]

Hinzu kam die geographische Spaltung durch die Migration Carnaps (und Cassirers) nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Friedmann sieht aber im Werk Cassirers die beste Möglichkeit beide Traditionen zum Dialog zu führen, denn Cassirer selbst hatte sich stets um die Integration der unterschiedlichsten Denkweisen in seine Philosophie der symbolischen Formen bemüht.

Heidegger und das ostasiatische Denken

Heidegger ist der erste große europäische Denker, der nicht nur eine breite Rezeption im ostasiatischen Raum fand, sondern dessen Denkweg auch ständig durch Gespräche mit ostasiatischen Philosophen begleitet wurde.[119] Bereits in den zwanziger Jahren nahmen viele später bedeutende japanische Philosophen an seinen Seminaren teil, so zum Beispiel Tanabe Hajime, Miki Kiysoshi, Kuki Shuzo, Watsuji Tetsuro, Nishitani Keiji, Hisamatsu Shin'ichi und Tsujimaru Koichi als die bedeutendsten. Dies führte für beide Seiten zu einem breiten Dialog. Auch versuchte Heidegger 1946 zusammen mit dem Chinesen Paul Shih-yi Hisao das Daodejing zu übersetzen.

In Was heißt Denken? (S. 136) spricht Heidegger dann erstmals vom „unausweichlichem Gespräch mit der ostasiatischen Welt“. An anderer Stelle setzt er dann für den Prozess der Begegnung 300 Jahre an.[120] Heidegger sucht den Dialog, ist jedoch der Auffassung, dass es nicht einfach um eine Übernahme z.B. zen-buddhistischer oder anderer östlicher Welterfahrung gehen kann.

Derzeit gibt es sieben japanische Übersetzungen von Sein und Zeit, sowie eine japanische Gesamtausgabe, welche parallel zur deutschen erarbeitet wird. Ebenso hat sich in Japan eine breite Heidegger-Forschung entwickelt. Für die umfassende Rezeption ist, wie Tanabe betont, vor allem Heideggers starker Bezug zum Tod verantwortlich, ein Thema welches z.B. im Daoismus und Zen-Buddhismus von grundlegender Bedeutung ist. Nishitani Keiji und Tsujimaru Koichi fanden vor allem an Heideggers (seins-)geschichtlicher Deutung des Nihilismus und der Technik Interesse, da ihrer Meinung nach geschichtliche Aspekte dem zen-buddhistischem Denken fehlen.[121]

In Südkorea sind vor allem Park Chong-Hong und Ha Ki-Rak zu nennen, welche sich mit dem Heideggerschen Werk befassten. Der Koreaner Cho Kah Kyung, seit längerem in den USA lehrend, versucht dort eine Brücke zwischen abendländischem Denken und ostasiatischer Tradition zu schlagen. In China ist der Name Chang Chung-yuan zu nennen, der 1969 in Honolulu das Symposion „Heidegger and the Eastern Thought“ organisierte. Indiens bedeutendster Heidegger-Schüler ist Jarava Lal Metha, welcher auch direkten Kontakt zu Heidegger hatte und der sich durch seine Bücher darum bemüht Heideggers Denken in Indien bekannt zu machen.[122]

Trivia

Heidegger in der Satire

Heidegger wurde vor allem wegen seines eigentümlichen Umgangs mit der Sprache vielfach zum Gegenstand von Satiren. So zum Beispiel in Gabriel Marcels Theaterstück La Dimension Florestan, in dem es in ironischer Anspielung Heideggers vermeintlich tautologischen Sprachgebrauch heißt: „Die Birne birnt, haben Sie gesagt, der Apfel apfelt, haben Sie mir mit noch unabweislicherer Autorität ergänzt.“[123] Günter Grass lässt in seinem Roman Hundejahre einen durch Heidegger inspirierten Feldwebel mit den Worten auftreten: „Und eben das Wörtchen Existenz passte überall hin: 'Existier mir mal ne Zigarette (…). Wenn du nicht gleich die Fresse hältst, existiere ich Dir eine.' (…) Wochenendurlaub hieß Existierpause.“ Elfriede Jelinek findet in ihrem Theaterstück Totenauberg die hübsche Wendung vom „Herrchen des Seins“ in Anspielung auf Heideggers Humanismusbrief. Thomas Pigor schrieb sogar ein Heidegger Lied (als MP3) in dem zu karibischen Rhythmen der Hörer den Schwarzwald rauf und runter geheideggert wird.

Fritz über Heidegger

Von Heideggers Bruder Fritz, der hingebungsvoll einen Großteil von Heideggers Schriften transkribiert hat, sind die folgenden liebevoll-ironischen Überlegungen zur Fasnacht überliefert: „Das Fassende des Faßbaren ist die Nacht. Sie faßt, indem sie übernachtet. So gefaßt, nachtet das Faß in der Nacht. Was faßt? – Was nachtet? Dasein nachtet fast. (…) Die Nacht ist das Faß des Seins. Der Mensch ist der Wächter des Fasses. Dies ist seine Ver-Fassung. (…) Die Nacht übergießt das Faß mit seinem Bleiben. Aus dem Geschenk dieses Gusses west die Fasnacht. Es ist unfaßbar.“[124]

In unmissverständlicher Kritik an der alles verwertenwollenden modernen Wirtschaft bemerkt er: „Den Martin hot me für nix Gscheits brauche kenne, no isch er halt Philosoph worre.“

Dokumente und Quellen

Primärliteratur

Siehe auch: Heidegger Gesamtausgabe.

  • Die Martin Heidegger Gesamtausgabe erscheint im Verlag Vittorio Klostermann. Sie ist auf 102 Bände angelegt. Ein Verzeichnis aller Bände findet sich in: Gesamtausgabe, Band 70, ISBN 3-465-03415-5, oder ist online beim Verlag bestellbar.
  • Martin Heidegger: Phänomenologische Interpretationen zu Aristoteles. Reclam, Stuttgart 2002, ISBN 3-15-018250-6
  • Martin Heidegger: Sein und Zeit. EA Niemeyer, Halle/Saale 1927
  • Martin Heidegger: Sein und Zeit. 17. Auflage. Niemeyer, Tübingen 1993, ISBN 3-484-70122-6
  • Martin Heidegger: Die Grundbegriffe der Metaphysik. Welt - Endlichkeit - Einsamkeit. Klostermann, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-465-03310-8
  • Martin Heidegger: Wegmarken. Klostermann, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-465-03370-1
  • Martin Heidegger: Vorträge und Aufsätze, 10. Auflage. Klett-Cotta, Stuttgart 2004, ISBN 3-608-91090-5
  • Hannah Arendt / Martin Heidegger: Briefe 1925 bis 1975 und andere Zeugnisse. 3. erweiterte Auflage. Klostermann, Frankfurt a.M. 2002, ISBN 3-465-03206-3
  • Martin Heidegger / Karl Jaspers: Briefwechsel 1920 - 1963. Hrsg. W. Biemel u. H. Saner. Frankfurt a.M. 1990, ISBN 3-465-02218-1
  • „Spiegel“-Interview mit Martin Heidegger: Nur noch ein Gott kann uns retten. Der Spiegel 31. Mai 1976, jetzt in: Gesamtausgabe, Band 16, S. 652-683, ISBN 3-465-03041-9
  • Ein Verzeichnis sämtlicher Schriften Heideggers (7609 Nummern) in: Heidegger-Jahrbuch 1. Freiburg/München 2005, S. 429-578, ISBN 3-495-45701-1

Sekundärliteratur

Vorlage:Philosophiebibliographie1

  • Karl Löwith: Heidegger - Denker in dürftiger Zeit, Stuttgart 1984 (Sämtliche Schriften Bd.8) ISBN 3476005151
  • Rainer Thurnher: Martin Heidegger; in: Heinrich Schmidinger, Wolfgang Röd, Rainer Thurnher: Geschichte der Philosophie Band XIII, C.H. Beck Verlag, 2002 (sehr guter Überblick über das gesamte Werk auf ca. 70 Seiten)
  • Mark Lilla: The Reckless Mind: Intellectuals in Politics. New York, NY 2001: New York Times Review Books, ISBN 0940322765
  • Rüdiger Safranski: Ein Meister aus Deutschland. Carl Hanser Verlag, 1994 (diese Biographie wirft zugleich einige einführende Schlaglichter auf sein Denken; behandelt auch die Nationalsozialismus-Debatte)
  • Manfred Geier: Martin Heidegger. Rowohlt, Reinbek 2005, ISBN 3-499-50665-3
  • Günter Figal: Martin Heidegger zur Einführung. Junius, Hamburg 1999, 3. Auflage, ISBN 3-88506-308-5.
  • Dieter Thomä (Hrsg.): Heidegger-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. Metzler, Stuttgart 2003.
  • Heinrich Wiegand Petzet: Auf einen Stern zugehen. Begegnungen und Gespräche mit Martin Heidegger 1929-1976. Frankfurt am Main: Societäts-Verlag, 1983, ISBN 3-7973-0414-5 (die vom Hause Heidegger sanktionierte, apologetische Biographie)
  • Ernst Nolte: Martin Heidegger: Politik und Geschichte im Leben und Denken, Berlin / Frankfurt am Main 1992, ISBN 3549072414
  • Alexander Schwan: Politische Philosophie im Denken Heideggers, 1989, ISBN 3531120360
  • Jacques Derrida: Vom Geist. Heidegger und die Frage. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, 1998, ISBN 3518579371

Tondokumente

  • Bauen, Wohnen, Denken, Darmstädter Gespräche des Deutschen Werkbundes 1951, in Eduard Führ, Bauen und Wohnen, Waxmann, Münster 2000 (mit Audio CD des Vortrages), ISBN 978-3893258192
  • Von der Sache des Denkens Vorträge, Reden und ein Interview (5 CDs), Der Hörverlag.
  • Der Satz der Identität 1 CD Klett-Cotta Verlag.
  • Martin Heidegger liest Hölderlin 1 CD Klett-Cotta Verlag.
  • Hölderlins Erde und Himmel 2 CDs Klett-Cotta Verlag.

Filme

  • Deutsche Lebensläufe: Martin Heidegger. Dokumentation, 60 Min., Buch und Regie: Thomas Palzer, Produktion: SWR, SFB, ORB, Kick Film, Erstsendung: 21. November 2002, Inhaltsangabe von 3sat
  • Der Ister. Dokumentation, 189 Min., Australien, 2004, Buch und Regie: David Barison and Daniel Ross
    - ein Film über Heideggers 1942 gehaltene Vorlesung zu Friedrich Hölderlin; zu sehen sind unter anderem Jean-Luc Nancy, Philippe Lacoue-Labarthe, Bernard Stiegler und Hans-Jürgen Syberberg; offizielle Film-Website; Vorlage:IMDb Titel
  • Philosophie heute. Der Zauberer von Meßkirch: Martin Heidegger. Video. WDR in Zusammenarbeit mit Junius, ISBN 3-934102-64-6

Werk, Person und Forschung

Commons: Martin Heidegger – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Audio- und Videomaterial

Kritische Auseinandersetzung


Einzelnachweise und Siglenverzeichnis

Für die auch außerhalb des Rahmens der Gesamtausgabe erschienenen Werke sind die folgenden Abkürzungen gebräuchlich, wie man sie meist im Siglenverzeichnis findet:

EM: Einführung in die Metaphysik (GA 40)
FD: Die Frage nach dem Ding (GA 41)
G oder GL: Gelassenheit (GA 13 und 16)
HW: Holzwege (GA 5)
ID: Identität und Differenz
N I/II: Nietzsche Bd. I/II (GA 6.1/2)
Sch: Schellings Abhandlung »Über das Wesen der menschlichen Freiheit« (GA 42)
SD: Zur Sache des Denkens (GA 14)
SG: Der Satz vom Grund (GA 10)
SU: Die Selbstbehauptung der deutschen Universität. Das Rektorat 1933/43 (GA 16)
SZ: Sein und Zeit (GA 2)
US: Unterwegs zur Sprache (GA 12)
VA: Vorträge und Aufsätze (GA 7)
WD: Was heißt Denken? (GA 8)
WM: Wegmarken (GA 9)
Zoll: Zollikoner Seminare
ZSD: Zur Sache des Denkens

Weiterhin sind gebräuchlich:
GA: Gesamtausgabe
AH: Hannah Arendt/Martin Heidegger: Briefe 1925-1975 und andere Zeugnisse
HJ: Martin Heidegger/Karl Jaspers: Briefwechsel 1920-1963

  1. Vgl. R. Thurnher: Martin Heidegger; in: Heinrich Schmidinger, Wolfgang Röd, Rainer Thurnher: Geschichte der Philosophie Band XIII, C.H. Beck Verlag, 2002, S. 197
  2. Zitiert nach Oliver Jahraus: Martin Heidegger. Eine Einführung., Reclam Verlag, Stuttgart 2004, S.26
  3. Hannah Arendt: Martin Heidegger ist achtzig Jahre alt, in: Günther Neske und Emil Kettering (Hg.): Antwort – Martin Heidegger im Gespräch, Tübingen 1988, S. 232-234
  4. Heidegger an Arendt, 21.II.25
  5. Eduard_Baumgarten#Denunziation_durch_Heidegger
  6. Spiegel-Interview, Reden und Zeugnisse (GA 16), S. 665-666
  7. Arendt/Heidegger Briefe, S. 68
  8. Zitiert nach R. Safranski: Ein Meister aus Deutschland, Carl Hanser Verlag, 1994, S. 272
  9. Holzwege (GA 5), S. 64
  10. Heidegger/Jaspers. Briefwechsel, Verlag Vittorio Klostermann, Frankfurt, 1990, Brief 141
  11. Spiegel-Interview, Reden und Zeugnisse (GA 16), S. 660
  12. Spiegel-Interview, Reden und Zeugnisse (GA 16), S. 661
  13. Einführung in die Metaphysik eine 1935 gehaltenen Vorlesung GA 40, S. 152
  14. Spiegel-Interview, Reden und Zeugnisse (GA 16), S. 655
  15. Bremer und Freiburger Vorträge (GA 79), S. 27
  16. Heidegger/Jaspers. Briefwechsel, Verlag Vittorio Klostermann, Frankfurt, 1990, S. 201
  17. Vgl. Dieter Thomä (Hrsg.): Heidegger Handbuch, Metzler Verlag, Stuttgart 2003, S. 159
  18. Richard Rorty: Contingency, irony, and solidarity, Cambridge u.a., 1989; Ders.: Eine andere mögliche Welt., in: Christoph Jamme / Karsten Harries (Hrsg.): Martin Heidegger. Kunst - Politik - Technik., München, 1992, S. 135-142
  19. Hannah Arendt: Martin Heidegger ist achtzig Jahre alt, in: dies.: Menschen in finsteren Zeiten., München/Zürich 1989, S. 172-184
  20. Jean-Michel Palmier: Heidegger et le national-socialisme. In: Michel Haar (Hrsg.): Heidegger, Paris, 1983, S. 333-353
  21. Hans Sluga: Heidegger's Crisis. Philosophy and Politics in Nazi Germany, Cambridge / London, 1993, S. 30-35
  22. Julian Young: Heidegger, philosophy, Nazism, Cambridge u.a., 1997
  23. Otto Pöggeler: Der Denkweg Martin Heideggers, Pfullingen, 1983; ders.: Philosophie und Politik bei Heidegger, Freiburg/München, 1972; ders.: Den Führer führen? Heidegger und kein Ende, in: Philosophische Rundschau 32, 1985, S. 26-67
  24. Francios Fédier: La question politique, in: Magazin littéraire 235, 1988, S. 51-52
  25. Georg Steiner: Martin Heidegger, New York, 1978
  26. Alexander Schwan: Politische Philosophie im Denken Heideggers, Opladen, 1989; Ders.: Zeitkritik und Politik in Heideggers Spätphilosophie, in: Annemarie Gethmann-Siefert / Otto Pöggeler (Hrsg.): Heidegger und die praktische Philosophie, Frankfurt a.M., 1988, S. 93-107
  27. Jaques Derrida: De l'esprit. Heidegger et la question., Paris, 1987, (dt. Übers.: Vom Geist, Frankfurt a.M., 1992); Ders.: Die Hölle der Philosophie. Ein Gespräch mit Jaques Derrida., in: Jürg Altwegg (Hrsg.): Die Heidegger Kontroverse, Frankfurt a.M., 1988, S. 83-93
  28. Philippe: La fiction du politique, Paris, 1987 (dt. Übers.: Die Fiktion des Politischen, Stuttgart, 1990
  29. Winfried Franzen: Von der Existenzialontologie zur Seinsgeschichte, Meisenheim 1975, S. 80f
  30. Jürgen Habermas: Heidegger - Werk und Weltanschauung, in: V. Farias: Heidegger und der Nationalsozialismus, Frankfurt a.M., 1989, S. 11-37
  31. Ernst Tugendhat: Der Wahrheitsbegriff bei Husserl und Heidegger, Berlin, 1967
  32. Tom Rockmore: On Heidegger's Nazism and Philosophy, Berkeley u.a., 1997
  33. Luc Ferry / Alain Renaut: Heidegger et les Modernes, Paris, 1988
  34. Theodor W. Adorno: Gesammelte Schriften, Bd. 19, Frankfurt a.M., 1976, S. 637ff
  35. Victor Farias: Heidegger et le nazisme, Lagrasse, 1987
  36. Bernard-Henri, Lévy: Satre. Der Philosoph des 20. Jahrhunderts, München/Wien, 2002
  37. R. Thurnher: Martin Heidegger, S. 199
  38. siehe hierzu: Silvio Vietta: Heideggers Kritik am Nationalsozialismus und der Technik, Tübingen 1989
  39. R. Safranski: Ein Meister aus Deutschland, Carl Hanser Verlag, 1994
  40. Vgl. Dieter Thomä: Heidegger und der Nationalsozialismus, Dieter Thomä (Hrsg.): Heidegger Handbuch, Metzler Verlag, Stuttgart 2003, S. 148f
  41. Reden und andere Zeugnisse eines Lebensweges (GA 16), S. 188
  42. Reden und andere Zeugnisse eines Lebensweges (GA 16), S.302
  43. Reden und andere Zeugnisse eines Lebensweges (GA 16), S. 184
  44. Vgl. Dieter Thomä: Heidegger und der Nationalsozialismus, Dieter Thomä (Hrsg.): Heidegger Handbuch, Metzler Verlag, Stuttgart 2003, S. 156f
  45. Hannah Arendt: Martin Heidegger ist achtzig Jahre alt, in: Günther Neske und Emil Kettering (Hg.): Antwort – Martin Heidegger im Gespräch, Tübingen 1988
  46. Arendt/Jaspers. Briefwechsel. B. 29. September 1949
  47. Vgl. Elzbieta Ettinger: Hannah Arendt - Martin Heidegger. Eine Geschichte, übers. von Brigitte Stein, München 1995, S. 15
  48. Vgl. Oliver Jahrhaus: Martin Heidegger. Ein Einführung., Reclam Verlag, Stuttgart 2004, S. 35
  49. Hans-Georg Gadamer: Zurück von Syrakus?, in: Jürg Altwegg (Hrsg.): Die Heidegger Kontroverse, Frankfurt a.M. 1988, s. Anm. 20, S. 179
  50. Bibliothèque Médicis
  51. siehe hierzu: Japan und Heidegger, Verlag Thorbecke, 1989
  52. Hannah Arendt: Martin Heidegger ist achtzig Jahre alt, in: Günther Neske und Emil Kettering (Hg.): Antwort – Martin Heidegger im Gespräch, Tübingen 1988
  53. Frühe Schriften (GA 1), S. 437
  54. Vgl. Theodor W. Adorno: Jargon der Eigentlichkeit, in Gesammelte Schriften Bd. 6, Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. 2003
  55. Zu Sternbergers Heidegger Kritik: Schriften, Band VIII: Gang zwischen Meistern, 1987, Insel Verlag
  56. Sein und Zeit (GA 2), S. 127
  57. Vgl. R. Thurnher: Martin Heidegger, S. 238
  58. Seminare (GA 15), S. 345
  59. Vgl. Dieter Thomä (Hrsg.): Heidegger Handbuch, Metzler Verlag, Stuttgart 2003, Seite 135
  60. Holzwege (GA 5), S. 87
  61. Holzwege (GA 5), S. 87
  62. Holzwege (GA 5), S. 26
  63. Holzwege (GA 5), S. 18
  64. Holzwege (GA 5), S. 87f.
  65. Holzwege (GA 5), S. 27
  66. Holzwege (GA 5), S. 28
  67. Hölderlin, Patmos, im Projekt Gutenberg
  68. Spiegel-Interview, Reden und Zeugnisse (GA 16), S. 679
  69. ZDF Gespräch mit Richard Wisser, 25.9.1969
  70. Wegmarken (GA 9), S. 122
  71. Emil Angehrn in: Heidegger Handbuch, S. 272
  72. Holzwege (GA 5), S. 240
  73. Vorträge und Aufsätze (GA 7), S. 92, S.95
  74. Vgl. R. Thurnher: Martin Heidegger, S. 248
  75. Vgl. Byung Chul-Han: Martin Heidegger, Wilhelm Fink Verlag, München, 1999, S. 131
  76. Vorträge und Aufsätze (GA 7), S. 18
  77. Vgl. R. Thurnher: Martin Heidegger, S. 249
  78. Vgl. R. Thurnher: Martin Heidegger, S. 250
  79. Holzwege (GA 5), S. 265
  80. Nietzsche 2 (GA 6.2),, S. 484
  81. Holzwege (GA 5), S. 21
  82. Holzwege (GA 5), S. 1
  83. Holzwege (GA 5), S. 3
  84. Holzwege (GA 5), S. 10
  85. Holzwege (GA 5), S. 12
  86. Holzwege (GA 5), S. 19
  87. Holzwege (GA 5), S. 21
  88. Holzwege (GA 5), S. 22
  89. Holzwege (GA 5), S. 29
  90. Holzwege (GA 5), S. 32
  91. Holzwege (GA 5), S. 33
  92. Holzwege (GA 5), S. 41
  93. Holzwege (GA 5), S. 43
  94. Holzwege (GA 5), S. 49
  95. Holzwege (GA 5), S. 54
  96. Holzwege (GA 5), S. 55
  97. Holzwege (GA 5), S. 26
  98. Beiträge (GA 65), S. 463
  99. Beiträge (GA 65), S. 422
  100. Erläuterungen (GA 4), S. 182
  101. Erläuterungen (GA 4), S. 195
  102. Vgl. Holzwege (GA 5), S. 248
  103. Der Satz vom Grund (GA 10), S. 118
  104. Vgl. Byung Chul-Han: Martin Heidegger, Wilhelm Fink Verlag, München, 1999, S. 126ff
  105. Vgl. Johann Kreuzer (Hrsg.): Hölderlin-Handbuch, Metzler Verlag, Stuttgart 2002, S. 433
  106. Erläuterungen (GA 4), S. 41
  107. Erläuterungen (GA 4), S. 47f.
  108. Erläuterungen (GA 4), S. 77
  109. Erläuterungen (GA 4), S. 24ff
  110. Erläuterungen (GA 4), S. 30
  111. Vgl. Holzwege (GA 5), S. 266
  112. Sein und Zeit (GA 2), S. 181
  113. Domenique Janicaud: Heidegger und Jean-Paul Sartre – Anerkennung und Abweisung, in: Heidegger Handbuch, S. 414
  114. Domenique Janicaud: Heidegger und Jean-Paul Sartre – Anerkennung und Abweisung, in: Heidegger Handbuch, S. 415
  115. Vgl. hierzu den Bericht Simone de Beauviors in ihrem Buch Der Lauf der Dinge, Rowohlt, 1970
  116. Vgl. Michael Friedmann: Carnap, Cassirer, Heidegger, Geteilte Wege, Fischer Verlag, Frankfurt am Main, 2004, S. 25ff
  117. Vgl. M. Friedmann, S. 31
  118. M. Friedmann, S. 161
  119. Vgl. Rolf Elberfeld in: Heidegger Handbuch, Kap. II.27
  120. Vgl. Rolf Elberfeld in: Heidegger Handbuch, S. 469
  121. Vgl. Rolf Elberfeld in: Heidegger Handbuch, S. 471
  122. Vgl. Rolf Elberfeld in: Heidegger Handbuch, S. 472
  123. Zitiert nach Dieter Thomä: Heidegger Handbuch, S. 511
  124. Zitiert nach Dieter Thomä: Heidegger Handbuch, S. 513