Bochumer Verein


Der Bochumer Verein für Gußstahlfabrikation ist ein traditionsreiches Bochumer Unternehmen.
Es wurde 1842 von Jacob Mayer und Eduard Kühne gegründet und stellte zunächst Gussstahlglocken nach einem eigenen Patent von 1852 her. Das Patent wurde zunächst von dem Mitbewerber Alfred Krupp angefochten, so dass es 1855 auf der Weltausstellung in Paris zum Eklat kam. Jacob Mayer willigte ein, eine der dort ausgestellten Glocken zerschlagen zu lassen und durch Schmieden der Bruchstücke den Beweis anzutreten, dass seine Glocken aus Gussstahl und eben nicht aus Gusseisen bestanden, wie Krupp zuvor behauptet hatte. Die Probe verlief erfolgreich, womit Alfred Krupps Ruf als Fachmann für Fragen der Stahlverarbeitung beschädigt war.
Louis Baare wurde Generaldirektor von 1855 bis 1895, Nachfolger war sein Sohn Friedrich Baare 1895 bis 1917.
Aufsehen erregte auf einer weiteren Weltausstellung in Paris eine 15.000 kg schwere Glocke, die 1867 gegossen wurde. Später erweiterte sich die Produktpalette des Bochumer Vereins auf Radsätze und Radreifen für Eisenbahnen und Straßenbahnen. In den beiden Weltkriegen wurden vom Bochumer Verein auch Rüstungsgüter produziert.
In den 1950er Jahren verließ die 20.000ste Glocke das Werk in Bochum. Ein Großgeläute des Unternehmens, bestehend aus 6 Glocken, hängt in der Reinoldikirche in Dortmund. Die schwerste Glocke dort wiegt 6.500 kg und wird regelmäßig geläutet. 1903 wurde auf dem Gelände des Bochumer Vereins die Jahrhunderthalle erbaut, deren Eisenkonstruktion zunächst 1902 auf einer Gewerbeausstellung in Düsseldorf als Ausstellungshalle diente und dann nach Bochum transportiert wurde.
In den 1960er Jahren wurde das Unternehmen vom Krupp-Konzern komplett übernommen. Kurz darauf wurde die Produktion von Glocken eingestellt, weil die Nachfrage nach Glocken aus Stahl in der Nachkriegszeit massiv eingebrochen war. Gleichwohl wurden Bochumer Glocken auch an exponierten Stellen verwendet, das bekannteste Beispiel dürften die vier "Friedensglocken" in Hiroshima sein. Wie bei Übernahmen in dieser Größenordnung üblich wurden umfangreiche Rationalisierungen durchgeführt, denen wenig später die Roheisenerzeugung durch Hochöfen am Standort Bochum zum Opfer fiel.
Die Konzernmutter trennte sich 20 Jahre später von dem Bochumer Unternehmen, das dann nach einer Reihe von Eigentümer- und Namenswechseln (u.a. Schmiedewerke Krupp-Klöckner GmbH, Vereinigte Schmiedewerke GmbH, VSG) den alten Namen "Bochumer Verein Verkehrstechnik GmbH" wieder annahm.
Das Unternehmen ist mit etwa 580 Mitarbeitern heute wieder als Lieferant für die Eisenbahn tätig und produzierte beispielsweise die Radreifen für den ICE. Ein Defekt an einem gummigefederten Radreifen führte am 3. Juni 1998 zum ICE-Unglück von Eschede. Außerdem werden gummigefederte Radsätze für Straßenbahnen hergestellt, deren Entwicklung und technische Umsetzung der Bochumer Verein wegweisend betrieben hat.
Das Unternehmen verfügt heute (10/2004) über einen modernen Maschinenpark und gehört mit den Unternehmen Radsatzfabrik Ilsenburg GmbH und Bahntechnik Brand-Erbisdorf GmbH zur Bahngruppe innerhalb der Unternehmensgruppe Georgsmarienhütte Holding GmbH.
Der Bochumer Verein ist auch einer der Namensgeber der Stadtbahnstation Bochumer Verein/Jahrhunderthalle. An einer der Treppen von der Verknüpfungsebene zum Bahnsteig wurde ein großformatiges Bild platziert, das die alte Glockengießerhalle zeigt.
Vorstandsvorsitzende
- Walter Borbet (Schalke 9. September 1881 - Bochum 4. Januar 1942), Dr.-Ing.(eh)
- Walter Alberts (Hagen 9. September 1883 - Bochum 15. Oktober 1948), Dr.-Ing.
Literatur
- Weber, Wolfhard: Walter Borbet (1881-1942). In: Weber, Wolfhard [Hg.]: Ingenieure im Ruhrgebiet, S. 224-256. Münster 1999
- Seebold, Gustav-Hermann: Ein Stahlkonzern im Dritten Reich. Der Bochumer Verein 1927-1945. Peter Hammer Verlag Wuppertal 1981