Oskar Werner

Oskar Werner (* 13. November 1922 in Wien; † 23. Oktober 1984 in Marburg an der Lahn; bis 1946 Oskar Josef Bschließmayer) war einer der bedeutendsten österreichischen Film- und Burgschauspieler des 20. Jahrhunderts. Er wirkte in zahlreichen internationalen Filmproduktionen mit.
Leben
Oskar Werner, bis 1946 Oskar Josef Bschließmayer, wurde am 13. November 1922 geboren und wuchs in bescheidenen Verhältnissen in Wien-Gumpendorf auf. Er verbrachte die meiste Zeit bei seiner Großmutter und spielte in Schulaufführungen mit. Als 15-jähriger war Werner Zeuge der Novemberpogrome 1938. Später engagierte er sich zeitlebens gegen Faschismus und Antisemitismus. Durch einen Onkel kam Oskar Werner als Komparse zum Film und erhielt kleine Sprechrollen in zeittypischen Streifen wie Hotel Sacher (1939). Er nahm Sprechunterricht und trat in Rundfunk, Kabarett und am Theater auf. Als er die Schule ohne Abschluss verließ, wurde er zum Arbeitsdienst eingezogen.
1944 heiratete er Elisabeth Kallina und wurde Vater einer Tochter. Im Dezember desselben Jahres entschloss sich Werner, der das Militärleben hasste, zur Desertion und lebte bis Kriegsende im Untergrund. 1952 zog er nach Triesen (Liechtenstein), wo er Land erworben hatte. Werner errichtete ein kleines Haus, das in den Folgejahren nach und nach ausgebaut und 1974 um ein größeres Haus ergänzt wurde, dessen innenarchitektonische Gestaltung eigenwillig war. Zudem kaufte er ein Haus in Thallern bei Krems an der Donau und verbrachte viel Zeit in der Wachau, wo er mitunter seiner Einsamkeit entfloh und als unterhaltsamer Gast in urigen Kremser Wirtshäusern galt.
Oskar Werners letzte Lebensjahre wurden von Depressionen und Alkoholproblemen überschattet. Er hielt Lesungen und Rezitationsabende ab und nahm 1983 an einer Gedenkfeier im ehemaligen KZ Mauthausen teil. In Liechtenstein wollte er Theaterfestspiele durchführen, mit dem ORF einen Faustfilm realisieren. Vieles hatte er in nächtelanger Arbeit bis in die Details bereits fixiert. 1984 starb er mit 61 Jahren in einem Hotel, als er sich auf eine Rezitationstournee durch Deutschland vorbereitete. Schon zu Lebzeiten hatte er dafür gesorgt, dass er in Triesen beigesetzt wird.
Oskar Werner war zwei Mal verheiratet und wurde oft als schwierig und exzentrisch beschrieben. Er liebte die Einsamkeit in seinem Triesner Haus und schätzte es, zusammen mit seinen rund 5000 Büchern in vollkommener Anonymität zu leben. An der Pforte zu seinem Grundstück hing ein Schild mit der Aufschrift: „Gewähret dass ich ersuche, bitte keine unangemeldeten Besuche!“
Karriere
1941 debütierte Oskar Werner (unter diesem Künstlernamen) durch Vermittlung seines Mentors Werner Krauß am Wiener Burgtheater. Im Oktober wurde er zum Wehrdienst eingezogen, erhielt jedoch die Erlaubnis, auch als Soldat weiterhin an der „Burg“ aufzutreten. In der zweiten Hälfte der 1940er Jahre spielte er an verschiedenen Theatern in Wien eine Vielzahl von Rollen. Ab 1948 war der blonde, gutaussehende Darsteller regelmäßig auch im Kino zu sehen. Das Burgtheater entließ ihn fristlos, als er unerlaubt zu Dreharbeiten nach London abreiste.
1950 erhielt er in Hollywood einen 7-Jahres-Vertrag von der 20th Century Fox, den er bereits 1951 wieder auflöste. Im Lauf der 1950er Jahre wurde Werner als Theater- und Filmschauspieler zu einem der führenden Darsteller seiner Generation. 1958 gestaltete er fürs Fernsehen den Film Ein gewisser Judas, der seine kritische Haltung gegenüber der christlichen Religion deutlich machte. 1959 kehrte er ans Burgtheater zurück.
1962 gelang Oskar Werner in François Truffauts Kultfilm Jules und Jim der internationale Durchbruch. Werner und Truffaut verband seitdem eine Freundschaft. 1964 spielte er neben einer internationalen Starbesetzung in Das Narrenschiff, 1965 lieferte er sich in Der Spion, der aus der Kälte kam ein faszinierendes darstellerisches Duell mit Richard Burton. In Truffauts Verfilmung der pessimistischen Zukunftsvision Fahrenheit 451 von Ray Bradbury war er 1966 als Feuerwehrmann Montag zu sehen, der bei Bücherverbrennungen eingesetzt wird. Der Film bedeutete jedoch das Ende der Freundschaft zwischen Truffaut und Werner. Die beiden hatten ein völlig entgegengesetztes Bild der Rolle. Im Laufe der Dreharbeiten begann Werner zunehmend Truffauts Entscheidungen zu hinterfragen und seine Anweisungen zu ignorieren. Gegen Ende der Dreharbeiten sabotierte Werner gar einzelne Szenen.
Oskar Werner spielte einen verliebten Dirigenten (Interlude, 1968) und einen zweifelnden Priester (In den Schuhen des Fischers, 1968). Trotz hochklassiger Angebote – Stanley Kubrick bot ihm die Hauptrolle in einem Napoleon-Film an – war Oskar Werner ab 1968 nur noch zweimal auf der Leinwand zu sehen: 1976 trat er in Reise der Verdammten auf sowie 1975 als Schurke in einem Columbo-Film.
Oskar Werner ist der wohl berühmteste Schauspieler Österreichs und wird allgemein als Genie betrachtet. Sein Freund Spencer Tracy hielt ihn für den besten Schauspieler der Welt. Der blonde, attraktive, stets jugendlich wirkende Werner war durch sein Aussehen, seine Intelligenz und sein Charisma der geborene Filmdarsteller. Berühmt wurde seine fast hypnotische Stimme, die mit ihrer sanften, poetischen Modulation und der charakteristischen Wiener Sprachfärbung noch heute eine besondere Faszination ausstrahlt. Diese kommt gerade auch in den Hörspielproduktionen zur Geltung, in denen er als Sprecher mitwirkte.
Die Person Oskar Werners soll Thomas Bernhard zu seinem Stück Der Theatermacher (Uraufführung Salzburger Festspiele, 1985) angeregt haben.
Filmografie, Theater, Rezitation
Schauspieler
- 1938: Das Geld fällt vom Himmel
- 1939: Hotel Sacher
- 1948: Der Engel mit der Posaune (The Angel with the Trumpet)
- 1949: Eroica (als Beethoven-Neffe Karl)
- 1950: Ruf aus dem Äther / Piraten der Berge
- 1950: Das gestohlene Jahr
- 1951: Entscheidung vor Morgengrauen (Decision Before Dawn)
- 1955: Oberst Redl / Spionage
- 1955: Der letzte Akt - Drehbuch: Erich Maria Remarque
- 1955: Mozart (Reich mir die Hand, mein Leben)
- 1955: Lola Montez (Lola Montès) - Regie: Max Ophüls (mit Sir Peter Ustinov)
- 1958: Ein gewisser Judas - Regie: Oskar Werner
- 1962: Jules und Jim (Jules et Jim) - Regie: François Truffaut (mit Jeanne Moreau)
- 1964: Torquato Tasso, Regie: Josef Gielen (mit Erwin Linder, Gert Westphal)
- 1964: Das Narrenschiff (Ship of Fools) - (mit Vivien Leigh, Simone Signoret, Heinz Rühmann, Lee Marvin)
- 1965: Der Spion, der aus der Kälte kam (The Spy Who Came In from the Cold) - (mit Richard Burton, Claire Bloom, Buch: John le Carré)
- 1966: Fahrenheit 451 (Fahrenheit 451) - Regie: François Truffaut (mit Julie Christie, Buch: Ray Bradbury)
- 1968: Zwischenspiel (Interlude) - (mit Donald Sutherland)
- 1968: In den Schuhen des Fischers (The Shoes of the Fisherman) - (mit Anthony Quinn, Sir Laurence Olivier)
- 1975: Columbo: Playback - (mit Peter Falk)
- 1976: Reise der Verdammten (Voyage of the Damned) - (mit Faye Dunaway, Maria Schell, Lee Grant, Julie Harris, Jonathan Pryce)
Regie
- 1960: Ein gewisser Judas
Theater / Theater Ensemble Oskar Werner
- 1964: Zum Shakespeare-Jahr 1964 bereitet das Theaterensemble Oskar Werner Shakespeares Hamlet und Romeo und Julia vor
- 1964: Weh dem, der lügt von Franz Grillparzer
- 1965: Kabale und Liebe von Friedrich Schiller
Rezitation
- 1978: Schubertiade Hohenems nach Goethe
- 19??: Gesang zur Nacht, Georg Trakl (6 Gedichte Trakls für die Deutsche Grammophon Gesellschaft:
1. Confiteor, 2. Zigeuner, 3. Crucifixus, 4. Die junge Magd, 5. In ein altes Stammbuch) - 1961 September, Paris: Christus Visionen (6 Gedichte Rilkes für die Deutsche Grammophon Gesellschaft, neu erschienen in „Literarisches Archiv Deutsche Grammophon“)
- vor 1969: Gedichte von Eduard Mörike: 1. Gelassen stieg die Nacht ans Land, 2. Tödlich graute mir der Morgen, 3. Wenn ich, von Deinem Anschaun, 4. Der Spiegel dieser treuen braunen Augen, 5. Was doch heut Nacht ein Sturm gewesen, 6. Ja mein Glück, das lang gewohnte
- vor 1969: Gedichte von Heinrich Heine: 1. Ich hab in meinen Jugendtagen, 2. Mir träumte, 3. Man glaubt, dass ich mich gräme, 4. Lehn Deine Wang an meine Wang, 5. Auf Flügeln des Gesangs, 6. Entflieh mit mir, 7. Wie kannst du ruhig schlafen
- vor 1969: Antoine de Saint-Exupèry 3 Gedichte: 1. Hymne auf die Stille, 2. Gebet der Einsamkeit, 3. Hymne an die Nacht;
neu erschienen 1993
Hörspiele (Auswahl)
- 1954: Rip van Winkle in Rip van Winkle von Max Frisch nach seinem Roman Stiller, Regie: Gert Westphal, NWDR
- 1957: Leonce in Leonce und Lena von Georg Büchner, Regie: Gerd Westphal, SWR (ISBN 3-89813-281-1)
- 1958: Perdikan in Man spielt nicht mit der Liebe von Alfred de Musset, Regie: Gerd Westphal, Musik: Peter Zwetkoff, SWF
- 1962: Raskolnikoff in Raskolnikoff von Leopold Ahlsen nach dem Roman Schuld und Sühne von Dostojewski, Regie: Hermann Wenninger, BR/HR/SWF
Literatur über Oskar Werner
- Erinnerungen an Oskar Werner, Liechtensteiner Vaterland, 9. Dez. 1992
- Thomas Hürlimann: Der letzte Gast, Ammann-Verlag, Zürich, 1990
- Margaretha Mazura: Oskar Werner. Maske, Mythos, Mensch, Wien 1985
Auszeichnungen
- 1965: New York Film Critics Circle Award für Das Narrenschiff
- 1965: Oscar-Nominierung (Darsteller) für Das Narrenschiff
- 1966: Golden Globe für Der Spion, der aus der Kälte kam
- 1966: Grand Prix der Académie du cinéma Française Awards
Weblinks
- Oskar Werner Online (Fansite)
- Spirit - Ein Lächeln im Sturm, Magazin für Film, Theater, Musik, Literatur und Hörspiel Beste Seite über Oskar Werner. Obenstehende Informationen sind vorrangig Marc Hairapetians Texten über den unvergessenen Akteur entnommen.
- oskarwerner.com Oskar-Werner-Hommage-Page zum 80. Geburtstag.
- Vorlage:PND
- Vorlage:IMDb Name
- Vorlage:Aeiou
- Oskar Werner bei www.steffi-line.de
Personendaten | |
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NAME | Werner, Oskar |
ALTERNATIVNAMEN | Oskar Josef Bschließmayer [wirkl. Name] |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Schauspieler und Deklamator |
GEBURTSDATUM | 13. November 1922 |
GEBURTSORT | Wien |
STERBEDATUM | 23. Oktober 1984 |
STERBEORT | Marburg an der Lahn |