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Studentenverbindung

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Darstellung des Verhaltens der Studentenverbindungen gegenüber dem Dritten Reich, unter Einbeziehung aller Quellen (Untersuchungen von Verbindungen und von anderen).

Georg Mühlberg - "Zum ersten Mal in Wichs" (um 1900)

Eine Studentenverbindung oder auch Studentenkorporation ist ein relativ enger Zusammenschluss einer Gruppe von derzeitigen und ehemaligen Studenten an einer Hochschule oder Fachhochschule, der sich an alten studentischen Traditionen orientiert. Im engeren Sinne nennt man so nur studentische Zusammenschlüsse im deutschsprachigen Raum oder an deutschsprachigen Universitäten ab 1800. Im weiteren Sinne werden damit auch vergleichbare studentische Zusammenschlüsse in anderen Ländern bezeichnet.

In Deutschland sind etwa 2-3% aller Studenten Mitglied einer Verbindung. Obwohl genaue Zahlen schwer zu ermitteln sind, kann man davon ausgehen, dass sich 170.000 bis 200.000 studierende oder berufstätige Personen in Deutschland und Österreich als "Verbindungsstudenten" bezeichnen.

Definition

Studentenverbindungen sind Vereine - eingetragen oder nicht - mit folgenden gemeinsamen Merkmalen:

  • Basisdemokratie :

Verbindungen treffen ihre internen Entscheidungen demokratisch auf Zusammenkünften aller aktiven Mitglieder (Conventsprinzip).

  • Probephase :

Neue Mitglieder durchlaufen eine 2-3-semestrige "Fuchsenzeit" zum gegenseitigen Kennenlernen mit eingeschränkten Rechten und Pflichten.

Ehemalige Mitglieder bleiben ihrer Verbindung lebenslang verbunden und unterstützen sie.

  • Geselligkeit:

Das Studentenleben wird mit vielfältigen gemeinsamen Freizeitaktivitäten ausgefüllt.

  • Charakterbildung:

Die Rechte und Aufgaben jedes Mitglieds dienen dem Einüben von individueller und sozialer Verantwortung.

Diese Merkmale werden von allen Verbindungsarten als unaufgebbar betrachtet und unterscheiden sie von anderen studentischen Vereinigungen oder politischen Zweckgemeinschaften. Hinzu kommen einige traditionelle Merkmale, die nur einen Teil der Verbindungen kennzeichnen:

  • Fester Treffpunkt:

Die meisten Verbindungen besitzen ein eigenes Haus zum Treffen und Wohnen. Andere treffen sich regelmäßig in öffentlichen oder gemieteten Versammlungsräumen.

Die meisten Verbindungen tragen bestimmte Kappen, Fahnen und Wimpel bei Zusammenkünften, um ihre Zugehörigkeit zu zeigen.

  • Männerbünde:

Die meisten Verbindungen nehmen nur Männer auf, andere auch Frauen, andere nur Frauen. Die weiblichen Verbindungen nehmen zu.

  • Akademisches Fechten.

Das "Pauken" von "Mensuren" ist in einigen Verbindungsarten Pflicht, in anderen freigestellt. Die meisten Verbindungen sind nichtschlagend.

Der Artikel stellt die Arten, den Aufbau, die Aktivitäten und die Geschichte vor allem der deutschen Verbindungen dar. Auch die Kritik am Verbindungswesen und einzelnen Verbindungsarten kommt zur Sprache.

Verbindungsarten

Vielfalt und Unterschiede sind bei dieser traditionellen studentischen Gemeinschaftsform außerordentlich groß. Am häufigsten findet man an Universitäten heute

sowie zahllose sonstige Arten. Diese unterscheiden sich vor allem durch ihre Prinzipien und spezifischen Gebräuche. Aber trotz aller Vielfalt treten bestimmte Formen besonders häufig auf. In der Liste der Dachverbände von Studentenverbindungen werden diese einzeln aufgeführt und ihre Merkmale gekennzeichnet (siehe auch ).

Der Aufbau der Studentenverbindungen

Eine Verbindung gliedert sich in aktive und ehemalige Mitglieder. Die Aktivitas ist die Organisationsform der studierenden Mitglieder, meist ohne Rechtsform. Sie treffen ihre Entscheidungen demokratisch in „Conventen“, bei Corps etwa dem Corpsburschen-Convent (CC). Sie wählen dort in jedem Semester einen Vorstand - die "Chargierten" - und den "Fuchsmajor", der für die Neulinge verantwortlich ist. Alle Amtsinhaber können jederzeit - auch spontan - abgewählt werden. Mit dieser Basisdemokratie ist ein Anspruch auf Autonomie verbunden: Man weigert sich, für innere Belange Anweisungen von staatlichen Stellen, Parteien oder Universitätsbehörden entgegen zu nehmen oder sich in staatliche Strukturen eingliedern zu lassen.

Fuchsenzeit und Burschenzeit

Beim Eintritt in eine Verbindung macht der Student eine Probezeit durch. Als Fux oder "Fuchs" - weiblich ebenso oder als "Fee", "Fähe" - bezeichnet, kann er/sie die Verbindung mit weniger Rechten, aber auch weniger Pflichten unverbindlich kennenlernen. Man wird mit den Traditionen und Werten seiner Verbindung vertraut gemacht und befreundeten Verbindungen vorgestellt. Das dauert ein bis zwei Semester und endet mit der "Burschung" ("Rezeption" etc.), womit man "Bursche" (Vollmitglied) wird. Dieser übernimmt für zwei bis drei Semester die Hauptverantwortung des Aktivenlebens: Ämter (Chargen), Gastgeberrolle bei Veranstaltungen, Leitung verschiedener Convente oder Repräsentationspflichten bei Besuchen. In dieser Zeit werden in „schlagenden“ Verbindungen die Mensuren gefochten (siehe unten). - Die meiste Zeit seines Studiums ist der Verbindungsstudent jedoch Inaktiver und kann sich auf seinen Studienabschluss konzentrieren, ohne Ämter und weitere Pflichten übernehmen oder Mensuren schlagen zu müssen.

Ehemalige Studenten heißen unabhängig von ihrem Lebensalter "Alter Herr" oder „Hohe Dame“. Sie bilden gemeinsam die Altherrenschaft (Hohedamenschaft). Das sind meist eingetragene Vereine (e.V.). Ihre Mitglieder haben in der Regel eine gesicherte Lebensstellung. Sie haben zwar aufgrund von Familie und Beruf am wenigsten Zeit, können den Bund aber finanziell unterstützen: durch Jahresbeitrag und Spenden, vor allem aber durch den Unterhalt des Korporationshauses. Besonders Engagierte können auch Ämter im Altherrenverband und später im Dachverband übernehmen.

Alte Herren und aktive Studenten treffen sich auf Conventen von Dachverbänden, Burschentagen oder Stiftungsfesten. Das Lebensbund-Prinzip bedeutet eine lebenslange Verpflichtung, für alle Mitglieder der eigenen Verbindung einzustehen.

Dachverbände

Die meisten Studentenverbindungen schließen sich in einem Dachverband zusammen. Sein Zweck ist, die gleichen Ziele und Prinzipien gemeinsam zu erreichen. Dazu gibt es verschiedene Arten: Manche Dachverbände sind lockere Zusammenschlüsse, die ihren Einzelverbindungen weitreichende Freiheiten lassen. Andere dienen hauptsächlich der Wahrung gemeinsamer, demokratisch festgelegter Prinzipien. Wieder andere verstehen sich als ein großer Bund mit Dependancen in verschiedenen Universitätsstädten, betonen also eine zentralere Führungsstruktur. Daneben gibt es "freie Verbindungen", die keinem Dachverband angehören.

Viele deutsche Dachverbände haben sich wiederum zu zwei übergeordneten Interessenvertretungen vereint: Der Convent Deutscher Korporationsverbände (CDK) umfasst die Aktivenverbände von 11 Korporationsverbänden und damit etwa 200 Studentenverbindungen mit etwa 4.000 Studenten. Nicht Mitglied im CDK sind die beiden Corps-Verbände (KSCV und WSC), die Deutsche Burschenschaft (DB) und der Coburger Convent (CC). Auch die katholischen Verbände sind keine Mitglieder, kooperieren aber mit dem CDK.

Im Convent Deutscher Akademikerverbände (CDA) fanden sich die Altherrenschaften von 15 Korporationsverbänden, darunter auch die DB und der CC zusammen. Er vertritt etwa 500 Altherrenschaften mit etwa 50.000 Mitgliedern. Zum Europäischen Kartellverband (EKV) gehören die katholischen Korporationsverbände CV, KV, RKDB, TCV, der UV sowie nicht-deutsche Korporationsverbände.

(Siehe auch: Liste der Dachverbände von Studentenverbindungen)


Vorgeschichte

Mit den ersten Universitäten entstanden auch Zusammenschlüsse von Studenten. Diese entwickelten bestimmte Formen, die als frühe Vorläufer heutiger Verbindungstraditionen anzusehen sind. Erst auf ihrem Hintergrund kann man die heutigen Studentenverbindungen verstehen.

Im Mittelalter gliederte man die Gesamtheit (universitas) der Professoren und Studenten einer Hochschule nach Gebieten ihrer Herkunft: z.B. an den frühen Universitäten in Ravenna, Bologna und Padua, aber auch in Paris.

Diese Gebiete wurden nationes genannt, hatten aber weder mit den späteren Nationalstaaten noch einer nationalen Haltung zu tun. Sie dienten wie Gilden dem Schutz ihrer Mitglieder und waren wiederum in Korporationen unterteilt.

Anfangs richtete sich ihre territoriale Einordnung nur nach den vier Himmelsrichtungen. So gehörten die Nord- und Osteuropäer an der Universität Paris zur "englischen" Nation. Dazu gab es die normannische, pikardische und gallische Nation. An der Universität Prag, der ersten deutschsprachigen Universität, gab es die böhmische "Landsmannschaft" für Deutsche und Tschechen, daneben eine bayrische, polnische und sächsische Abteilung. Die Mitglieder der Universität schlossen sich der "Nation" an, die ihrer Herkunft am ehesten entsprach (Details siehe Landsmannschaft (Studentenverbindung)).

Die frühen Universitäten hatten Wohnungen für Magister (Lehrer) und Scholaren (Schüler). In diesen hospicia wurden auch die Vorlesungen gehalten. Daraus entwickelten sich Wohn-, Ess- und Lehrgemeinschaften unter der Leitung eines Magisters. Diese Bursen hatten eine gemeinsame Kasse (lateinisch bursa), aus der der gemeinsame Lebensunterhalt bestritten wurde. Neue Bursenmitglieder mussten sich einer rituellen Deposition unterziehen: Während dieser Aufnahmefrist durfte man sie misshandeln, sie mussten ein Eintrittsgeld an die Burse zahlen oder die älteren Semsester eine Weile aushalten (Details siehe Burse).

Die alten Landsmannschaften

Johann Georg Puschner, "Der Rauffende Student", Kupferstich von 1725

Im 15. und 16. Jahrhundert gerieten die Universitäten immer mehr unter den Einfluss, die Finanzierung und Kontrolle der Landesfürsten. Nun bildeten sich vermehrt private Studentenzirkel, die nur der gemeinsamen Geselligkeit dienten. Sie waren ebenfalls landsmannschaftlich organisiert, aber kein Teil der Universität mehr. Die Studenten knüpften an bestehende Traditionen an und nannten ihre Zusammenschlüsse auch "Nationen" und ihre Mitglieder "Burschen" (abgeleitet von "Burse"). Die Deposition wurde auf einen formalen Aufnahmeakt bei der Immatrikulation reduziert.

Im 17. Jahrhundert wurde daraus der "Pennalismus": Die Studienanfänger ("Pennäler") wurden nun oft ein Jahr lang augebeutet und mussten die älteren Semester bedienen. Die Universitäten bekämpften diesen Brauch und die Nationen mehr oder weniger energisch. Dennoch konnte er sich bis ins 18. Jahrhundert hinein halten.

Die Zugehörigkeit zu einer Landsmannschaft endete mit dem Studienabschluss. Einen Lebensbund gab es noch nicht (Details siehe in Landsmannschaft (Studentenverbindung)).


Geschichte der heutigen Verbindungen

Studentenverbindungen im heutigen Sinne entwickelten sich an deutschsprachigen Universitäten seit etwa 1800. Sie übernahmen einzelne Elemente der älteren Formen studentischer Zusammenschlüsse und entwickelten sie weiter.

Entstehung der frühen Corps

Nach dem Verbot der Studentenorden bildeten sich neue Formen, sogenannte Corps. Sie trugen noch ganz verschiedene Namen wie "Landsmannschaft", "Gesellschaft", "Kränzchen", "Club" usw.. Sie verbanden äußere Elemente der Orden - straffes Reglement, verbindliche Zusammengehörigkeit, geheime Identitätsymbole - mit denen der alten Landsmannschaften - lateinische Landesnamen, farblich einheitliche Kleidung (Vorläufer der Couleurs) und schufen so die ersten Verbindungen heutigen Typs.

Neu an ihnen war, dass sie sich an jeder einzelnen Universität zu Senioren-Conventen (SC) zusammenschlossen und ein studentisches Gesetzeswerk erstellten, das für alle Studenten der Universität verbindlich war: den SC-Comment. Der Grund waren die damals üblichen rauen Sitten und Gebräuche, die nach damaliger Auffassung nur durch „geschriebene Gesetze“ eingedämmt werden konnten. Analog dazu wurde seit der Französischen Revolution und der napoleonischen Besatzung von den Herrschern die schriftliche Fixierung von Bürgerrechten zur Eindämmung der Herrscherwillkür verlangt (Codici).

Das Streben nach Verbindlichkeit und demokratischen Strukturen mit dem Anspruch auf positive Beeinflussung des Studentenlebens und der Landesentwicklung legte den Grundstein für die Entwicklung der für den deutschen Sprachraum typischen Studentenverbindungen. Damals waren die deutschen Länder noch weit davon entfernt, ihren Bürgern Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit einzuräumen. Daher waren die selbstverwalteten studentischen Zusammenschlüsse bis 1848 verboten. Das Verbot wurde jedoch nicht überall gleich streng kontrolliert und geahndet (Details siehe Corps, Baltische Studentenverbindung).

Innerhalb der frühen Corps regten sich bald Bestrebungen, die landsmannschaftliche Gliederung der Studenten an den Universitäten abzuschaffen und alle Studenten („Burschen“) in einer einheitlichen "Burschenschaft" zusammenzuführen. Auch in der Politik sollte die Kleinstaaterei zugunsten eines vereinten Deutschlands abgeschafft werden. Protagonisten dieser Ideen waren zum Beispiel „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn, Ernst Moritz Arndt, Johann Gottlieb Fichte und Jakob Friedrich Fries.

Bei einem Treffen zahlreicher Burschen auf der Wartburg 1817 gründete sich die Urburschenschaft. Diese Bewegung breitete sich bald im gesamten deutschen Raum aus und stellte sich in Gegensatz zu den frühen Corps und ihren SCs, die bis dahin die Gesamtvertretung für die Studenten einer Universität beanspruchten.

Die Burschenschaften waren von Anfang an politische Organisationen mit politischen Forderungen: vor allem nach demokratischen Reformen und Deutschlands Einigung. Die Corps dagegen verstanden sich als Zusammenschlüsse zur gemeinsamen Regelung des studentischen Lebens.

Die Obrigkeit nahm auf diese Gegensätze keine Rücksicht: Nach den Hep-Hep-Krawallen 1819 - Hassausbrüchen, die sich gegen jüdische Bürger in vielen deutschen Großstädten wandten und vor allem von Studentengruppen getragen wurden - und einem politischen Mord eines Burschenschafters verbot der Deutsche Bund alle selbstverwalteten studentischen Zusammenschlüsse. Diese Karlsbader Beschlüsse galten bis 1848. Sie wurden verschieden streng gehandhabt, führten aber zu Gefängnisstrafen, Berufsverboten und Ausweisung für einige Burschenschafter.

Die regelmäßigen Verfolgungen seitens der Behörden machten immer wieder Schließungen und Wiedergründungen erforderlich. Doch das hinderte weder die Corps noch die Burschenschaften an ihrer Ausbreitung und Weiterentwicklung. Dabei stellte sich heraus, das die Vereinheitlichung aller Studenten in einer einzigen Burschenschaft praktisch nicht durchsetzbar war. Die Zusammenführung gelang nicht, da die Corps weiterexistierten und sich teilweise mehrere Burschenschaften pro Universität bildeten. Das hatte Richtungs- und Machtkämpfe innerhalb der Bewegung zur Folge, z.B. zwischen der "Arminia" und der "Germania".

So ließen die Burschenschaften einige Reformforderungen bezüglich der studentischen Kultur fallen und passten sich teilweise der älteren Corpstradition an (Details siehe: Urburschenschaft, Burschenschaft, Karlsbader Beschlüsse, Wiener Kongress, Heilige Allianz).

Veränderungen um 1848

Kolorierter Stahlstich von Stor(c)k, "Paukboden" um 1845

Schon vor der Revolutionen von 1848 bildeten sich erste betont christliche Studentenverbindungen. Denn viele Studenten vermissten das christlich-religiöse Element und wollten es zum Bestandteil ihres traditionellen Gemeinschaftslebens machen. Sie waren auch die ersten, die das studentische Fechten zur Austragung von Ehrenhändeln für sich ablehnten. 1836 verzichtete die neu gegründete Uttenruthia (Erlangen) von Beginn an auf Duell und Mensur. Das war damals geradezu revolutionär.

Daraus entstanden zahlreiche Christliche Studentenverbindungen in wiederum ganz verschiedenen Formen auf sowohl evangelischer wie katholischer Seite. Die älteste katholische Studentenverbindung existiert seit 1844.

Zugleich bildete sich im Umfeld der politischen Emanzipation des Bürgertums die sogenannte "Progressbewegung" an den Hochschulen, die die studentischen Traditionen abschaffen oder an die bürgerliche Kultur der Zeit anpassen wollte. Doch auch die neuen Progressverbindungen konnten die bereits etablierte studentische Kultur nicht ablösen. Aus ihnen bildeten sich teilweise heute noch existierende Turnerschaften, Sängerschaften und eine neue Art von Landsmannschaften.

1848 erzwang die erste demokratische Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche die Aufhebung der Karlsbader Beschlüsse. Die nun mögliche Liberalisierung der deutschen Gesellschaft markiert einen tiefen Einschnitt in der Geschichte der Studentenverbindungen. Aus verbotenen "Untergrundorganisationen" unbotsamer Jugendlicher wurden Zusammenschlüsse der akademischen Elite der Nation. Die Burschenschafterfarben Schwarz-Rot-Gold wurden sogar zu den Farben des Deutschen Bundes erklärt. Von nun an entfaltete sich die ganze Vielfalt der deutschen Studentenverbindungen.

Auch die "ehemaligen Mitglieder" - heute Alte Herren genannt - bekannten sich nun zu ihrem früheren Studentenbund. Da sie mittlerweile Spitzenpositionen der Gesellschaft eingenommen hatten, konnten sie ihren Einfluss etwa in der Nationalversammlung geltend machen. Dort waren viele alte Corpsstudenten und Burschenschafter vertreten. Die ersten Stiftungsfeste wurden mit den "Ehemaligen" gefeiert. Um dabei zu sein, reisten berufstätige Akademiker mit der neuen Eisenbahn kurzfristig für wenige Tage in ihre alte Universitätsstadt. So entstanden die späteren Altherrenvereine.

Die zunehmende Industrialisierung verlangte neue und höher qualifizierte Berufe auf breiter Front. Neue Ausbildungsgänge entstanden, neu gegründete Fachschulen, etwa für Landwirtschaft und Technik, Forst- und Bergakademien gewannen stärkere Bedeutung. Sie waren Vorläufer der heutigen Technischen Universitäten und Fachhochschulen. Auch an diesen neuen Instituten bildeten sich bald Studentenbünde, die traditionelle Verbindungsformen übernahmen. Die meisten dieser Neugründungen nach 1848 existieren heute noch.

Die "Alten Herren" trugen die studentische Kultur offen in das bürgerliche Leben hinein. So gewannen ihre Sitten zunehmend Einfluss auf Sprache und Gewohnheiten der deutschen Bevölkerung. Studentische Ausdrücke wie "Kneipe", "Bursche", auch Redensarten wie "anpumpen", "eine Abfuhr erteilen", "in Verruf kommen" wurden Teil der Umgangssprache.

An Gymnasien und Oberrealschulen bildeten sich die ersten Schülerverbindungen. Seit 1870 führten auch sie nach studentischem Vorbild spezielle Couleurmützen ein.

Als studentische Verbindungen schon auf eine jahrzehntelange Geschichte zurückblickten, begannen nun auch bürgerliche Vereine Kommerse und Stiftungsfeste zu feiern. Selbst für die Söhne regierender Adelshäuser (Preußen, Württemberg, Baden, Mecklenburg-Schwerin, Sachsen-Coburg-Gotha, Schaumburg-Lippe etc.) wurde es nun opportun, in einer Studentenverbindung zu sein. Sie wählten sich dafür allerdings nur Corps mit besonderen Regeln aus.

(Details siehe Christliche Studentenverbindungen, Turnerschaft, Musische Studentenverbindung, Landsmannschaft (Studentenverbindung).)

Die Kaiserzeit

Der spätere deutsche Kaiser und König von Preußen, Wilhelm II., hier als Kronprinz im Couleur des Corps Borussia Bonn

Die Gründung des Deutschen Reiches im Jahre 1871 erfüllte zwar nicht alle, aber einige Forderungen des Bürgertums, besonders der Burschenschaftsbewegung: vor allem die Einheit Deutschlands und eine gemeinsame Reichsverfassung. Allgemeine Menschen- und Bürgerrechte wie das freie Wahlrecht, Versammlungs- und Redefreiheit blieben weiterhin stark eingeschränkt.

Das Kaiserreich wurde vom Großbürgertum und Adel beherrscht und geprägt. Deren politische Ziele glichen sich stark an. Die Verbindungsstudenten gehörten nun zur etablierten Führungsschicht und stützten diese. Ihre Mitglieder besetzten nun höchste Positionen im Staat: So waren Otto von Bismarck und Kaiser Wilhelm II. ehemalige Corpsstudenten.

Die Industrialisierung bewirkte nun aber auch in der Arbeiterschaft vermehrtes politisches Engagement: Sie organisierte sich seit etwa 1860 in Gewerkschaften, seit 1871 in der neugegründeten SPD. Auch dort spielten einige Verbindungsstudenten wie Karl Marx, Wilhelm Liebknecht und Ferdinand Lassalle eine hervorragende Rolle.

Dennoch sahen die Arbeiter die Studentenverbindungen überwiegend als Gegner, da diese die konservativ-nationalen Ideen und Ziele des Bürgertums verkörperten. Diese Konstellation besteht bis heute: Arbeiterkinder sind selten in Verbindungen anzutreffen, und Vertreter des linken politischen Spektrums kritisieren das gesamte Verbindungswesen oft scharf.

Von Anfang an hatte das aufstrebende Bürgertum Europas, besonders seine akademische Elite großen Anteil an Verbreitung und Verschärfung einer christlichen, anti-aufklärerischen und nationalistischen Judenfeindlichkeit. Eins ihrer Merkmale war, dem jüdischen Bevölkerungsteil die negativen Folgen der explosiven wirtschaftlich-industriellen Entwicklung anzulasten. Besonders in Deutschland wurde daraus nun eine regelrechte Ideologie mit zunehmend rassistischen Elementen. Dieser Antisemitismus war nicht auf eine Parteizugehörigkeit begrenzt. Er fand vor allem in rechtsgerichteten Parteien Eingang, wurde aber auch von liberalen oder sozialen Politikern vertreten.

Diese Entwicklung wurde von vielen Studenten und ihren Verbindungen aktiv und passiv mitgetragen. Schon seit 1817 hatten einige Verbindungen Juden ausgegrenzt. Nach und nach stoppten die meisten Dachverbände seit 1880 die Neuaufnahme jüdischer Mitglieder. Das fand bei einigen Mitgliedern Widerspruch, aber kaum wirklichen Widerstand (siehe dazu: Deutsche Burschenschaft).

Daraufhin gründeten sich jüdische Studentenverbindungen. Viele dieser Verbindungen vertraten ein ähnlich deutschnationales Weltbild wie ihre "arischen" Vorbilder. Die Reichsverfassung von 1871 garantierte Juden theoretisch erstmals rechtliche Gleichstellung. Das durch Preußen dominierte neue Vaterland versprach ihnen einen Fortschritt gegenüber absolutistischen, kleinstaaterischen und gegenaufklärerischen Positionen der Restaurationszeit. Neben den jüdischen Studentenverbindungen, die sich zum deutschen Patriotismus bekannten, gab es auch (schlagende) zionistische Verbindungen. Diese verknüpften burschenschaftliche Traditionen mit zionistischer Ideologie, so wurde z.B. das deutschnationale Lied "Die Wacht am Rhein" als "Die Wacht am Jordanstrand" gesungen. Es kam häufig zu körperlichen Auseinandersetzungen zwischen zionistischen und antisemitischen Verbindungsstudenten.

Um 1900 erfolgte schrittweise die Zulassung von Frauen zum regulären Universitätsstudium. Schon 1899 bildeten sich die ersten Zusammenschlüsse von Studentinnen, von denen einige verbindungsähnlichen Charakter hatten (siehe Damenverbindung).

Auch die Studentenzahl nahm um diese Zeit stark zu: Manche Quellen sprechen von über 1.300 Studentenverbindungen und 49 verschiedenen Dachverbänden. Das deutsche Kaiserreich gilt bis heute als Blütezeit der Studentenverbindungen: weniger wegen der absoluten Mitgliederzahlen, eher wegen des hohen gesellschaftlichen Ansehens in weiten Teilen der Bevölkerung.

Universität Heidelberg, Studentenkarzer mit scherzhaften Couleurmalereien der "Inhaftierten" von 1901

Der Erste Weltkrieg beendete diese "alte Burschenherrlichkeit". Alle gesunden jungen Männer mussten in den Krieg. Das brachte auch vielen Studenten und Akademikern die Einberufung, das Ende der Karriere oder den Tod. Das Universitätsleben kam praktisch zum Erliegen. Die Hochschulen schlossen zwar nicht, aber viele Verbindungen mussten suspendieren und manche erholten sich nicht mehr danach. Nur zum Teil konnten Alte Herren oder verwundete Kriegsheimkehrer den Betrieb mühsam aufrecht erhalten. Vor allem Damenverbindungen wurden nach 1918 nicht wieder aktiviert.

Dennoch bejahten alle Verbindungen den Krieg als Dienst "fürs Vaterland" und trugen ihn mit. Viele Akademiker wählten eine Offizierslaufbahn über den Krieg hinaus. Für viele brach eine Welt zusammen, als der letzte kaiserliche Reichskanzler, der Corpsstudent Max von Baden, die Abdankung des Kaisers verkündete und die Regierungsgeschäfte dem Sozialdemokraten Friedrich Ebert übergab.

Weimarer Republik

Im Jahre 1919 erklärte die erste gewählte Regierung der Weimarer Republik die Burschenschafterfarben Schwarz-Rot-Gold zu den offiziellen Staatsfarben. Das vom Burschenschafter Hoffmann von Fallersleben gedichtete Lied der Deutschen wurde zur Nationalhymne.

Zuvor hatte der noch nicht gewählte Reichskanzler Friedrich Ebert eine folgenschwere Entscheidung getroffen: Er ließ sogenannte Freikorps aufstellen, um die am 16. November 1918 von der provisorischen Regierung beschlossene, vom Reichsrätekongress im Dezember bestätigte Sozialisierung der Wirtschaft zu verhindern und zu erwartende Massenstreiks niederzuschlagen. Daraufhin löste sich die provisorische Regierung noch vor den allgemeinen Wahlen auf (siehe Novemberrevolution).

Diese Freikorps bestanden aus Kriegsheimkehrern des 1. Weltkriegs und waren - anders als frühere Freiwilligenverbände vor 1848 - ein Sammelbecken für monarchistische und rückwärtsgewandte Kräfte. Ihnen und den regulären Freiwilligen-Verbänden der Reichswehr gehörten auch Mitglieder von Studentenverbindungen an.

Mit der Vorgabe, einen linksgerichteten Putsch zu verhindern, erschossen die Freikorps bei Straßenkämpfen in Berlin im Januar 1919 einige Hundert Arbeiter. Zudem ermordeten sie die Führer der neugegründeten KPD, Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg. Danach kam es monatelang zu bürgerkriegsähnlichen Zusammenstößen in ganz Deutschland mit tausenden Toten. Nach den Wahlen und der Gründung der Weimarer Republik 1919 blieben die Freikorps zunächst bestehen.

Doch die meisten Studenten kehrten wieder an die Universitäten zurück, wo sie ihre Traditionen neu aufleben ließen. Die Studentenverbindungen - auch die eigentlich unpolitischen - bekannten sich weiterhin zu konservativen und nationalen Ideen und hatten einen Zulauf wie nie zuvor. Ein Teil ihrer Mitglieder lehnte - wie ein Großteil der Bevölkerung - die neue Republik ab. Dabei waren nach wie vor "alte Herren" in der Führungselite vertreten, etwa als Reichsminister bürgerlicher Parteien. Doch viele "Aktive" waren überzeugt, dass Deutschland das "Chaos" der Weimarer Demokratie und die durch das "Versailler Diktat" erzwungenen "Demütigungen" überwinden müsse, um sich vom Weltkrieg wieder erholen zu können.

Der Weg dorthin blieb umstritten. Verbindungen bildeten keine Parteien und schlossen sich insgesamt keiner Parteilinie an. Parteipolitische Aktivitäten blieben Sache des Einzelnen. Aber ein Teil propagierte von nun an die republikfeindliche Konservative Revolution. Davon traten viele später der Partei Hitlers, der NSDAP bei.

1920 beschloss die "Deutsche Burschenschaft" auf dem Eisenacher Burschentag den Ausschluss aller Juden und mit Juden Verheirateten. Dieser "Rassestandpunkt" wurde nun zur Prestigefrage auch für andere Dachverbände, die in der Kaiserzeit noch tolerante Aufnahmebedingungen hatten (u.a. Kyffhäuserverband, Deutsche Landsmannschaft, Vertreter-Convent der deutschen Turnerschaften, katholischer Cartellverband). Damit übernahmen viele Verbindungen eine Vorreiterrolle bei der Ausgrenzung der Juden aus dem akademischen und sonstigen öffentlichen Leben.

1921 beschlossen schlagende und nichtschlagende Studentenverbindungen das Erlanger Verbände- und Ehrenabkommen. Dieses bot erstmals eine Basis zur Beilegung von Streit zwischen diesen Gruppen.

(Details dazu siehe unter Liste der Dachverbände von Studentenverbindungen)

Die 1930-Jahre waren dann von immer stärkerer Auseinandersetzung mit und Angleichung an die Ideen des konkurrierenden "Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes" (NSDStB) geprägt (siehe dazu: Deutsche Burschenschaft).

Drittes Reich

Hitlers Machtergreifung wurde von vielen Studenten begeistert begrüßt, auch wenn sie nicht zur NSDAP gehörten. Die ersten Gewaltmaßnahmen gegen Kommunisten, Sozialdemokraten und Juden wurden von vielen Verbindungen gutgeheißen.

Die neuen Machthaber gaben vor, „Arbeiter der Stirn“ (Akademiker) und „Arbeiter der Faust“ (Arbeiter) gleichrangig zu behandeln. Ab 1934 wurde unübersehbar, dass sie Studentenorganisationen nicht von der Gleichschaltungspolitik ausnehmen würden.

Die NSDAP bemühte sich schon früh um studentische und akademische Mitglieder, die ihr auch zuströmten. 1926 hatte sie dazu den Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NSDStB) gegründet. Dieser organisierte seine Mitglieder in örtlichen "Kameradschaften" und strebte ihre Kasernierung in einem jeweils zu schaffenden „Kameradschaftshaus“ an. Dieses Ziel wurde nun auf alle Studenten übertragen. Traditionelle Organisationsformen wurden als „reaktionär“, „spießig“ und „ewiggestrig“ denunziert.

Die Nürnberger Rassengesetze wurden in manchen bis dahin noch bestehenden Verbindungen rigoros durchgesetzt. Die Verwandtschafts- und Abstammungsverhältnisse wurden per Fragebogen abgefragt. Jede Verbindung musste außer Juden auch alle „jüdisch versippten“ Nichtjuden, mit „Halb-“ und „Vierteljüdinnen“ verheiratete Mitglieder ausschließen und darüber Vollzug melden. Zuwiderhandlungen führten zur Einstufung als „nicht-arische Organisation“, der kein Student angehören durfte.

Betroffene Verbindungen versuchten es mit Anträgen auf Ausnahmeregelungen und Verzögerungstaktik. Viele der betroffenen Alten Herren traten freiwillig aus, um der eigenen Verbindung nicht zu schaden. Aber die Convente akzeptierten das oft nicht, so dass ihnen nur noch die freiwillige Einstellung des Aktivenbetriebes (Suspension) übrig blieb.

Hier zeigte sich das Konfliktpotential zwischen traditionellen Verbindungsstrukturen und der nationalsozialistischen Ideologie. Es gab eine Reihe von Konfliktpunkten:

  • Demokratieprinzip: Trotz der seit 1871 allgemein konservativen Ausrichtung verankerten die Convente die demokratische Unabhängigkeit ihrer Entscheidungen in den Verbindungen. Das widersprach dem Führerprinzip, das die Nationalsozialisten nun durchsetzten.
  • Lebensbundprinzip: Obwohl die meisten Verbindungen schon seit 1880 keine Juden mehr als Neumitglieder aufgenommen hatten, blieben ihnen viele "Alte Herren" jüdischer Herkunft verbunden. Das kollidierte nun mit dem „Arierprinzip“, das die Nationalsozialisten auf alle Alten Herren ausdehnten.
  • Studentischer Ehrbegriff: Die uralte Tradition, dass jeder Student die eigene Würde zu wahren und die eines jeden anderen zu achten habe, hätte verlangt, die Ehre anderer, vor allem der Juden, als gleichwertig zu schützen und gegen staatliche oder sonstige Angriffe zu verteidigen. Das geschah jedoch nur sehr selten. Der individuelle Ehrbegriff wurde nun ganz der „Treue zum deutschen Volk“ untergeordnet: Ehrenhaft war, was dem Volk nützt, und was das war, bestimmte allein die NSDAP. Aus der Verpflichtung zur individuellen Gewissensentscheidung wurde der Kadavergehorsam.
  • Couleur und Brauchtum: Als autonome Vereine hatten die Verbindungen im Rahmen des Patriotismus eine große Vielfalt an kulturellen Ausdrucksformen gepflegt und zugelassen. Sie dienten der elitären Abgrenzung der gebildeten Oberschicht vom Rest des Volkes. Das lehnten die Nationalsozialisten ab. Sie verlangten stattdessen die völlige Eingliederung. Studenten hatten möglichst Kameradschaftsuniform zu tragen. Das Ideal war der einheitliche „Volksgenosse“.
  • Lebensfreude: Das Ausleben jugendlicher Lebensfreude in traditionellen außeruniversitären Freizeitaktivitäten widersprach nun ebenfalls der Verpflichtung gegenüber der „Volksgemeinschaft“. Die Nationalsozialisten füllten die Freizeit der Studenten mit Wehrsport und ideologischer Schulung aus. Sie eigneten sich viele ihrer Traditionen an wie Turner-, Gesangs- und Wandervereine. Mit dem Motto "Kraft durch Freude" griffen sie deren Ideen auf und pervertierten sie.

Um den Konflikt zwischen dem Interesse an den Studenten und der Ablehnung ihrer Werte zu überbrücken, verfolgten die Nazis eine Strategie von „Zuckerbrot und Peitsche“: Botmäßigkeit wurde belohnt, Verzögerungstaktik bestraft.

Die Verbindungen reagierten darauf unterschiedlich. Einige Dachverbände sahen ihre Aufgabe mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten als erfüllt an und lösten sich auf, sei es freiwillig oder wegen des Drucks der Regierung. Andere versuchten, zu "überwintern" und passten sich äußerlich an. Sie wollten sich nicht auflösen, sondern ihre Werte und Traditionen für spätere Generationen bewahren. Sie hofften, dass Hitlers Herrschaft nur kurzlebig sei und gingen daher viele Kompromisse ein. Einige wenige verteidigten ihre Binnenstrukturen offensiv.

Doch die Gleichschaltung wurde langsam aber sicher durchgesetzt. Zwischen 1934 und 1936 hatten sich die Studentenverbindungen entweder selbst aufgelöst oder waren zwangsaufgelöst worden. Die Altherrenverbände existierten noch bis etwa 1938. Da die Nationalsozialisten die Alten Herren zur Finanzierung der Kameradschaften brauchten, tarnten sich viele Verbindungen als Kameradschaften, um so trotz strengen Verbots möglichst viele alte Werte und Sitten heimlich weiter zu vermitteln. Danach waren praktisch alle Studenten Mitglieder in den nun zahlreich gegründeten Kameradschaften. Diese übernahmen nun auch die Häuser der Studentenverbindungen.

Verbot der Korporationsverbände durch den RFSS H. Himmler

Im Krieg seit 1939 ließ die Überwachung der Universitäten nach. Dort studierten fast nur noch verwundete Kriegsheimkehrer. So konnten sich lokal einige Verbindungen heimlich neugründen, Veranstaltungen in Couleur abhalten und sogar Mensuren fechten. 1944 planten Kösener Corpsstudenten aus Leipzig, Würzburg, Tübingen und Bonn sogar, ihren Dachverband wieder zu gründen und wollten dazu in Couleur eine Kneipe auf der Rudelsburg feiern. Doch der dazu nötige Schriftverkehr fiel auf. Die Gestapo strengte ein Ermittlungsverfahren wegen „Gründung neuer Parteien und Hochverrat“ an. Die Ermittlungsakten wurden jedoch bei einem alliierten Bombenangriff in Berlin im Frühjahr 1945 vernichtet.

Eine Reihe von Verbindungsstudenten machten Karriere in Hitlers Partei und Staat. Andere beteiligten sich an Widerstandsversuchen. Sie gehörten zum inneren Führungskreis der Attentäter des 20. Juli 1944, zum Kreisauer Kreis, zur Bekennenden Kirche oder starben als Einzelkämpfer in Gestapohaft.

Obwohl genaue Zahlen schwer zu ermitteln sind, ist davon auszugehen, dass einige zehntausend Verbindungsstudenten im Krieg fielen oder an Kriegsfolgen starben.

(Für weitere Details siehe Kameradschaft (Studentenverbindung))

Deutsche Nachkriegszeit

Ab etwa 1947 versuchten sich einige Studentenverbindungen in Westdeutschland und Österreich wiederzugründen. Bis 1950 hatten sie konkrete Formen angenommen. 1953 wurde die Mensur für straffrei erklärt. Nun verlegten Verbindungen an Hochschulen der DDR, von Königsberg, Danzig, Breslau, Prag und Brünn ihren Standort nach Westdeutschland oder Österreich. Dabei fusionierten viele mit befreundeten Verbindungen, um ihre Ressourcen für den Wiederaufbau zu konzentrieren.

Die baltischen Verbindungen, die in Riga und Dorpat, aber auch in Moskau oder St. Petersburg eine eigene Kultur entwickelt hatten, gründeten nach dem Krieg zwei neue Corps in Göttingen und Hamburg sowie eine nichtschlagende Verbindung in München.

Nach und nach gaben viele Dachverbände auch Schuldeingeständnisse zu ihrem Verhalten im "Dritten Reich" ab: zunächst christlich orientierte Verbindungen wie der Schwarzburgbund, die sich dabei an die Kirchen anlehnten.

Jüdische Studentenverbindungen haben sich bis heute nicht wieder gegründet.

Die Burgen Rudelsburg (l.) und Saaleck
Die Burgen Rudelsburg (l.) und Saaleck

In der DDR blieben Studentenverbindungen verboten. Erst seit 1980 gründeten sich an einigen Universitätsstandorten Studentenverbindungen neu, meist unter dem Deckmantel historischer oder Fechtvereine und unter strenger Beobachtung durch das Ministerium für Staatssicherheit (siehe Rudelsburger Allianz).

Der anhaltende Nachkriegsaufschwung und spätere Bildungsreformen gewährten ab 1960 allmählich mehr Kindern aus weniger privilegierten Schichten Zugang zu höherer Bildung. Ab 1970 wurden neue Universitäten und Gesamthochschulen gegründet, u.a. in Bochum, Salzburg und Linz in Österreich. Hier fanden neue Verbindungsangebote an interessierte Studenten ein fruchtbares, zum Teil aber auch ablehnendes Feld.

Denn mit der seit 1965 aufkommenden Studentenbewegung erwuchs den Verbindungen starke Konkurrenz. Diese war ein Teil des internationalen reformerischen Aufbruchs, der besonders 1968 von Berkeley (USA) über Paris, Berlin bis Prag reichte. Die deutsche "68-er"-Generation legte den Finger auf die Wunden der Vergangenheit und deckte die unaufgearbeiteten Verstrickungen der deutschen Wissenschaftslandschaft im "Dritten Reich" auf. Die Mehrheit der damals Studierenden sah die gründliche Aufarbeitung und Abkehr von allen Traditionen, die dieses Reich vorbereitet hatten, als Voraussetzung für jeden weiteren wissenschaftlichen und sozialen Fortschritt an. Das hatte weitreichende Nah- und Fernwirkungen: In Deutschland wurde eine Sozialliberale Koalition mehrheitsfähig, begann eine Aussöhnungspolitik mit dem Osten und schuf damit wesentliche Voraussetzungen für die heutige deutsche Einheit. Die Sexuelle Revolution, Ökologiebewegung, Dritte Welt-Solidarität, Hausbesetzungen, aber auch der RAF-Terrorismus waren nur einige "Zweige" dieser Zeit, die das gesellschaftliche Klima tiefgreifend veränderten.

Daran hatten die konservativen deutschen Studentenverbindungen wenig Anteil. Aber das Vertreiben des "Muffs von 1000 Jahren unter den Talaren" betraf auch ihre "alten Zöpfe", Riten und Sitten. Das empfanden nicht wenige als Zerstörung bestehender Gesellschaftsstrukturen und zeigten damit, dass ihre inneren mit den externen Verhältnissen zu tun hatten. Aus dieser Zeit rührt ein Großteil der heutigen Vorbehalte und Ablehnung des Verbindungswesens. Dabei ging es weniger um dessen gemeinschaftsstiftende Elemente, sondern um die Verhaftung an als überholt empfundene Formen, Ideen und damit einhergehende politische Positionen.

Erweiterte Rechte wie Viertel- und Drittelparität eröffneten den Studenten eine Fülle an neuen politischen und sonstigen Aktionsmöglichkeiten. Heute existiert an den Universitäten eine pluralistische Vielfalt von Vereinigungen. Darunter sind studentische Selbstverwaltungsorgane wie AStA-Referate für hochschul- und gesellschaftspolitische Fragen (z.B. Schwulenreferate, Ausländerreferate), politische Gruppierungen wie Fachbereichsinitiativen, Freizeiteinrichtungen, z.B.Studentencafés und Entrepreneur-Vereine und Ausgründungsinitiativen zur Karriere-Förderung. Dachverbände wie die fzs verstehen sich bewusst als Gegengewicht zu herkömmlichen Verbindungen, lehnen diese ab und bekämpfen sie offen.

Wiedervereinigung

Nach der Wende wurde es auch auf dem Gebiet der ehemaligen DDR wieder möglich, die Studentenverbindungen an den Universitäten neu zu beleben. Viele Verbindungen verlegten ihren Sitz aus dem Westen zurück an die alten Heimatuniversitäten wie Jena, Leipzig, Halle, Rostock, Greifswald, Dresden, Freiberg und Tharandt. Es kam dabei auch zu Wiedergründungen und einigen Neugründungen. Teilweise wurden neue Universitätsstädte erschlossen wie Potsdam und Frankfurt an der Oder. Die Studentenverbindungen, die heute auf dem Gebiet der neuen Bundesländer existieren, haben unter anderem mit der Tatsache zu kämpfen, dass seit 1933, also seit über 70 Jahren, der Begriff der Studentenverbindung von den jeweils herrschenden politischen Systemen negativ belegt wurde. Auch fehlen die für das Verbindungsleben wichtigen Alten Herren im Umfeld der Universitätsstadt.

Europäisierung und Globalisierung

Mittlerweile gibt es auch Bestrebungen auf europäischer Ebene mit Studentenverbindungen in anderen Ländern zusammen zu arbeiten. Ein Beispiel hierfür die der Europäische Kartellverband, ein im Jahre 1975 gegründeter Zusammenschluss von katholischen Studentenverbindungen und -vereinen. Einen anderer Ansatz wurde mit dem im November 2002 in Würzburg abgehaltenen ersten Weltkorporationstag verfolgt. Es handelte sich dabei um ein Treffen von Studentenverbindungen aus aller Welt, der mit einer gemeinsamen Entschließung endete (Vgl.: [1]).

Seit der Unabhängigkeit der baltischen Staaten hat sich auch eine rege Zusammenarbeit zwischen den deutsch-baltischen Verbindungen in Deutschland und den nach deutschem Vorbild gegründeten estnischen und lettischen Verbindungen in Dorpat, Riga und Reval ergeben. Gemeinsame Veranstaltungen und Aktionen haben das Ziel, die Integration des Baltikums in die Europäische Union zu fördern.

Obwohl heute noch einige Verbindungen (vorwiegend Burschenschaften) aufgrund ihrer "Verbundenheit mit dem deutschen Volk" nur ethnische Deutsche als Mitglieder aufnehmen, haben die meisten Verbindungen - teilweise schon seit dem 19. Jahrhundert - ganz selbstverständlich auch ausländische Mitglieder. Aufgrund der Globalisierung nimmt der Trend natürlich zu. Heute gibt es "deutsche" Verbindungsstudenten nicht nur aus fast allen Ländern Europas und verschiedenen Teilen Amerikas, sondern auch aus Asien und Afrika.


Äußere Erkennungszeichen

Aus der Geschichte waren die Erkennungszeichen (Zirkel - eine handwerkliche Tradition) und die Feiern besonders an die Freimaurer angelehnt.

Alle Studentenverbindungen haben eines oder mehrere der folgenden äußeren Erkennungszeichen.

Die Farben

Hauptartikel: Couleur

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eine Penälermütze nach Vorbild einer Studentenmütze

Als farbentragend werden Studentenverbindungen bezeichnet, deren Mitglieder (zumindest bei offiziellen Veranstaltungen) ein Band und eine Kopfbedeckung (Studentenmütze auch Kopfcouleur genannt) in den Farben ihrer Verbindung (Couleur) tragen.

Daneben existieren seit 1857 sogenannte farbenführende Verbindungen, deren Mitglieder keine Couleur tragen. Die Farben dieser Verbindungen finden sich dann häufig in dem Wichs und in Couleurgegenständen wie z.B. den so genannten Zipfeln. Manche nicht-farbentragende Verbindungen in Süddeutschland und in Österreicht tragen allerdings ein Band aber keine Studentenmütze.

Einige Studentenverbindungen tragen weder Farben, noch führen sie Farben. Diese Verbindungen werden als schwarze Verbindungen bezeichnet.

Der Zirkel

Hauptartikel: Zirkel (Studentenverbindung)

Der Zirkel ist eine monogrammartige Verschlingung von Buchstaben, gefolgt von einem Ausrufezeichen und enthält in der Regel die Anfangsbuchstaben des Verbindungsnamens und des Wahlspruches der Verbindung. Oft finden sich auch (alternativ oder zusätzlich) die Anfangsbuchstaben von "libertas vita carior" (lvc), "vivat, crescat, floreat" (vcf) bzw. "vivat circulus fratrum (Verbindungsname)" im Zirkel.

Das Wappen

Hauptartikel: Studentenwappen

Das Studentenwappen ist eine nicht streng den heraldischen Regeln folgende Form der Wappen und kam um das Jahr 1800 in Gebrauch. Meist wird das Schild durch ein Kreuz in vier Felder geteilt. Beliebte Elemente sind die Farben der Verbindung, das Bundeszeichen, der Zirkel (Studentenverbindung), ein Symbol oder Gebäude der Universitätsstadt, sowie - als Zeichen der ewigen Freundschaft - zwei sich reichende Hände, die von einer Schlange, die sich in den eigenen Schwanz beißt, umrahmt werden.

Die Fahne

Die meisten Studentenverbindungen haben eine Fahne in ihren Farben. Diese wird während des Semester am Korporationshaus gehißt. Daneben haben Studentenverbindungen oft noch eine Prunkfahne oder -standarte, die neben den Farben der Verbindung häufig das Wappen, den Namen der Verbindung und den Wahlspruch aufweist.


Gesellschaftliches Leben und Feiern

Gesellschaftliche Veranstaltungen und Feiern aller Art sind seit jeher bei Studenten sehr beliebt. Weit entfernt von Eltern und Familie, ausgestattet mit einer mehr oder weniger großen Geldmenge und mit viel Zeit zur freien Verfügung konnte der Student schon immer seinen Lieblingsbeschäftigungen mehr Zeit einräumen, als das im Elternhaus der Fall gewesen wäre. Gastronomie war deshalb in Universitätsstädten schon immer ein wichtiger Erwerbszweig, der Verzehr alkoholischer Getränke eine tägliche Beschäftigung der meisten Studenten. Und da das Trinken nur in Gesellschaft richtig Spaß macht, bildeten sich im Laufe der Zeit auch speziell studentische Formen gesellschaftlicher Veranstaltungen, bei denen noch im frühen 19. Jahrhundert Essen, Trinken und Rauchen gleich wichtige Bestandteile bildeten. Traditionelle Bezeichnungen dafür sind Kneipe und Kommers, aber auch heute in Vergessenheit geratene Begriffe wie "Hospicium" oder "Kränzchen".

Ursprünglich stellten studentische Veranstaltungen Verballhornungen von freimaurerischen und auch universitären Riten dar (die Kneipe entstand nach dem Bild der Vorlesung). Über die Zeit kamen so immer mehr Neuerungen in studentisches Brauchtum; als einige Landesfürsten den Alkoholgenuß verboten, konterten Studentenverbindungen mit Trinkzwang und Biercomment. Die Persiflierung von Riten machte dabei auch vor den Verbindungen selbst nicht halt; so entstand der "Bierjunge" als Verballhornung des studentischen Duells und der Mensur.

Einige dieser Formen haben sich bis heute weiterentwickelt und werden in zeitgemäßem Rahmen auch weiterhin gepflegt. So hat nahezu jede Verbindung alle oder mehrere der folgenden Veranstaltungen in ihrem Semesterprogramm:

  • Kneipe: Dies ist eine traditionelle Feier, die in einem festgelegten Rahmen (Kneip-Comment) gestaltet wird. Es werden Reden gehalten und Lieder gesungen sowie meist Bier getrunken. Typischer Brauch auf einer Kneipe ist das Reiben eines Schoppensalamanders.
  • Kommers: Dies ist die festliche und repräsentative Form der studentischen Kneipe. Kommerse finden typischerweise anlässlich von Stiftungsfesten, Stadt- oder Universitätsjubiläen statt. Auf Kommersen wird zu besonderen Anlässen ein "Landesvater gestochen", bei den meisten Verbindungen aber nur alle fünf Jahre einmal.
  • Stiftungsfest: Dies ist die Feier aus Anlass des Jahrestages der Gründung einer Studentenverbindung. Gesellschaftlicher Höhepunkt eines Stiftungsfestes ist der Stiftungsfestball.
  • Kongress/Verbandsfest: Dies ist die meist jährlich oder alle zwei Jahre stattfindende zentrale Veranstaltung eines Dachverbandes mit Arbeitssitzungen (Kongress) und gesellschaftlichen Bestandteilen (meist als Kommers).

Darüber hinaus gibt es weitere Veranstaltungen, die primär auf die jeweiligen Schwerpunkte der Studentenverbindung ausgerichtet sind. So veranstalten Burschenschaften und wissenschaftliche Studentenverbindungen eine Reihe von wissenschaftlichen Abenden, musische Verbindungen Gesangsabende oder Konzerte, sportlich orientierte Verbindungen (wie Akademische Segelvereine oder Ruderverbindungen) sportliche Aktivitäten und christliche Studentenverbindungen religiöse Feiern. Natürlich kommen bei jungen Leuten auch moderne Formen zwangloser Feste nicht zu kurz. Das kann in kleinem, fast privaten Rahmen - natürlich meistens mit Damen - stattfinden, aber auch in größerem Stil. Mittlerweile ist es üblich, dass viele Verbindungen zumindest einmal im Jahr die studentische Öffentlichkeit zu einer großen Party einladen, die dann mit mehreren hundert Teilnehmern gefeiert wird. Das praktisch allen Verbindungen zumindest in Deutschland zu Verfügung stehende Korporationshaus eröffnet dabei umfangreiche gestalterische Möglichkeiten.

Gesellschaftspolitisches Engagement

Obwohl viele Studentenverbindungen ihre Mitglieder zum bewussten und verantwortlichen politischen Denken ermutigen, werden sie als Organisation selbst nur indirekt politisch aktiv.

Ausnahmen sind die Burschenschaften, die in der Deutschen Burschenschaft und Neuen Deutschen Burschenschaft organisiert sind. Sie waren aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte schon immer politisch aktiv. Andere Verbände hingegen verneinen jede allgemeinpolitische Aktivität ihrer Mitgliedsverbindungen. So sind die beiden Corps-Verbände sowohl nach außen als auch bezüglich ihrer Mitglieder absolut neutral.

Der Begriff des Vaterlands spielt für einige Studentenverbindungen eine große Rolle. Seine historisch bedingte Bejahung vertreten neben vielen Burschenschaften auch die Vereine Deutscher Studenten in Deutschland und Österreich. Diese definieren "Vaterland" aber unterschiedlich. Einige nennen "Deutschland" eine kulturelle Einheit, die nicht mit den Grenzen der Bundesrepublik Deutschland identisch ist, sondern auch Österreich, teilweise sogar die Gebiete östlich der Oder-Neiße-Linie umfasst (siehe dazu Deutschland (Begriffsklärung), Großdeutschland).

Dementsprechend ist auch die Möglichkeit des Beitritts von Ausländern recht unterschiedlich geregelt. Die meisten Verbindungen nehmen Menschen jeder Staatsangehörigkeit auf. Manche machen die Mitgliedschaft von einer Verbundenheit zum Vaterland des jeweiligen Mitglieds abhängig. Einige verlangen die Zugehörigkeit zum deutschen Volk, andere die deutsche bzw. österreichische Staatsbürgerschaft von ihren Mitgliedern.

Tatsächlich sind heute Menschen aus praktisch allen Kontinenten Mitglieder in deutschen Studentenverbindungen: vor allem aus West-, Nord- und Osteuropa, den Mittelmeerländern, allen Teilen Amerikas, aber auch aus Afrika und Ostasien.

Studentenverbindungen in Liechtenstein, Österreich und der Schweiz

Liechtenstein

In Liechtenstein gibt es eine katholische (Ferial-)Verbindung, die LAV Rheinmark, in der sich liechtensteinische Studenten zusammenfinden, wenn sie in den Ferien von ihrem Universitätsort in ihr Heimatland zurückkommen. In Liechtenstein selbst gibt es keine Universität.

Österreich

Die Studentenverbindungen in Österreich sind im Großen und Ganzen mit den Verbindungen in Deutschland vergleichbar. Die gesellschaftspolitische Relevanz ist (war) allerdings größer. So entstammen fast alle Bundeskanzler der ersten Republik dem katholischen CV-Verbindungen. Engelbert Dollfuß war zum Zeitpunkt seiner Ermordung etwa Philistersenior seiner Studentenverbindung KÖHV Franco Bavaria (Wien). Posthum wurde ihm von allen Verbindungen des Österreichischen Cartellverbands (ÖCV) die Ehrenmitgliedschaft (Bandphilister h.c.) verliehen. Die Verbindungen sind politisch insgesamt deutlich konservativer als jene in Deutschland. Außerdem ist das österreichische Korporationswesen tief gespalten in katholische und schlagende Verbindungen. Gemeinsame Auftritte bei universitären oder allgemein gesellschaftlichen Veranstaltungen sind in Österreich nach wie vor undenkbar. Die einstige aggressive Ablehnung, die ihren traurigen Höhepunkt in der Ermordung eines katholischen Grazer Studenten Anfang des 20. Jahrhunderts fand, hat sich mittlerweile in ein "nicht einmal ignorieren" gewandelt.

Manche Korporationsverbände wie etwa der Cartellverband oder der nicht-farbentragende Kartellverband koexistieren als deutsche und österreichische Verbände, weisen aber gemeinsame Wurzeln und teilweise sogar eine gemeinsame Geschichte auf. Partiell kann bei den schlagenden, nationalen österreichischen Verbindungen eine besondere Verbundenheit mit Deutschland festgestellt werden.

Ungewöhnlich ausgeprägt ist in Österreich das Schülerkorporationswesen.Der größte Verband von Mittelschulverbindungen ist der Mittelschüler Kartell Verband (MKV). Österreichische Mittelschulverbindungen bezeichnen sich größtenteils auch als "Studentenverbindung".

Schweiz

Das Korporationswesen in der Schweiz ähnelt dem in Deutschland und Österreich, allerdings mit einem Unterschied: Die drei großen Dachverbände "Schweizerischer Zofingerverein (Zofingia)", "Studentenverbindung Helvetia" und der "Schweizerischer Studentenverein (StV)", dem deutschen CV nahestehend, wurden von Anfang an als Dachverband gegründet und entstanden nicht aus Zusammenschlüssen einzelner Verbindungen. Daneben gehörten ihnen von Anfang an Verbindungen an Universitäten und Schülerverbindungen an. Letztere sind in der Schweiz weitaus häufiger anzutreffen als in Deutschland. Zudem waren alle drei Verbände ebenfalls von Anfang an politische Vereine (Siehe auch Schweizerischer Studentenverein).

(Für Studentenverbindungen in anderen Ländern siehe: Studentenverbindungen in nicht-deutschsprachigen Ländern)

Kritik

Studentenverbindungen werden in der Gesellschaft verschieden wahrgenommen. Ihre Traditionen sind diverser Kritik ausgesetzt und treffen zum Teil auf Ablehnung, sei es wegen ihrer Herkunft, sei es wegen ihres heutigen Erscheinungsbildes. Dabei geht es oft um besonders augenfällige Merkmale, die immer wieder Anstoß erregen. Einige seien hier kritisch erörtert.

  • Das Verhältnis zu Frauen.

Obwohl viele Verbindungen seit den 70er Jahren auch Frauen aufnehmen, sind Studentinnen bei ihnen oft stark unterrepräsentiert. Der Anteil an reinen Damenverbindungen nahm zuletzt stark zu. Dennoch ist der Frauenanteil in Verbindungen weiterhin sehr gering. Das gilt besonders für die farbentragenden und die schlagenden Verbindungen.

Sie werden deshalb von Kritikern als ausgrenzend und frauenfeindlich eingestuft. Dieses Bild besteht auch deshalb fort, weil bestimmte Verbindungstraditionen wie das rituelle Fechten, Trinken, Feiern unter Männern als überholte patriarchalische Verhaltensmuster gelten.

  • Der aufstiegsfördernde Zusammenhalt.

Kritiker bezeichnen das Lebensbund-Prinzip von Studentenverbindungen oft als System von Seilschaften. Statt eigener Leistung seien die dort aufgebauten Beziehungen maßgeblich für die spätere Karriere eines Mitglieds. Korporierte entgegnen, dies gelte genauso im nichtakademischen Bereich, etwa für Vereine, Gewerkschaften, Parteien, da auch dort Kontakte geknüpft und langlebige Beziehungen zum gegenseitigen Vorteil aufgebaut würden. Auch bilden sich heute zunehmend Studenteninitiativen, die das so genannte "Networking" ausdrücklich zum Ziel erklärt haben.

Doch Akademiker stellen auch nach eigenem Anspruch die geistige Elite des Volkes dar, so dass ihnen eine besondere Verantwortung für den wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt zukommt und von ihnen erwartet wird. Das universitäre Prinzip des freien Zugangs zum Wissen für alle weckt bei vielen Kritikern Misstrauen gegen jede Form der Abschottung, die als elitär aufgefasst wird. Auch dass die Bindung zwischen den Generationen die Abkehr vom Fehlverhalten Alter Herren erschwert oder verhindert, ist ein häufiger, nicht von der Hand zu weisender Kritikpunkt.

  • Die hierarchische Struktur.

Die eingeschränkten Rechte und Pflichten der "Füchse" während ihrer Probezeit (Philisterium) werden häufig als subtile Form der Gewöhnung an autoritäre Unterordnung gesehen, die demokratischen Ansprüchen widerspreche.

Verbindungen verweisen dagegen auf das interne Vereinsrecht, das antidemokratische Strukturen nicht zulasse. Zwar seien Neumitglieder im Burschenconvent (BC) noch nicht zugelassen, hätten aber im Allgemeinen Convent (AC) volles Stimmrecht und entschieden dort über die meisten Interna mit. Sie stellen auch das Gleichheitsideal heraus, das etwa im "Duzen" der "Bundesgeschwister" bei den farbentragenden Verbindungen zum Ausdruck komme.

Zudem übernehmen die Mitglieder direkt nach dieser Probezeit die Führungspositionen in der jeweiligen Verbindung und sind dabei auch älteren Mitgliedern gegenüber weisungsberechtigt; das typische Merkmal einer hierarchischen Struktur - das langsame Anwachsen der der eigenen Befugnisse - ist also nicht vorhanden.

  • Die Ideale.

Viele Verbindungen vertreten seit ihren Anfängen einen bestimmten Wertekanon, der oft mit Dreiklängen wie (in politischen Verbindungen wie Burschenschaften) „Ehre, Freiheit, Vaterland“ oder - je nach Gewichtung und Rangfolge - „Freiheit, Ehre, Vaterland“ umschrieben wird. Auffällig selten sind Begriffe wie "Recht" - in der Nationalhymne zentral - oder "Gewissen".

Diese Werte werden heute weder als eindeutig empfunden noch allgemein geteilt. Sie sind seit dem ungeheuren Missbrauch, den das nationalsozialistische Terroregime damit trieb, für manche nicht mehr ungebrochen verwendbar. Gerade "Ehre" erscheint vielen überholt, da sie auf einer Abgrenzung von anderen und dem Zusammenhalt einer fragwürdigen Elite basiere. Hier wirkt die historische Herkunft aus der adelig-ritterlichen "Satisfaktion" nach. Das betrifft vor allem schlagende, besonders in der Deutschen Burschenschaft organisierte Verbindungen.

Kritiker übersehen oft, dass viele Verbindungen ihrerseits den Begriff einer besonderen "studentischen Ehre" ablehnen und "Ehre" im Grundsatzprogramm häufig durch den Bezug auf "Gott" ersetzen. Doch auch diese christliche Orientierung ist historisch durch die Erfahrung ihres Versagens gegenüber dem Holocaust belastet.

Der Begriff "Vaterland" wird häufig von politisch aktiven Verbindungen, hier wiederum besonders von der Deutschen Burschenschaft, deutschnational bis revisionistisch aufgefasst. So wird die alte Sehnsucht nach einer großdeutschen Zusammenführung aller deutschsprachigen Minderheiten teilweise offen oder heimlich weiter vertreten. Deshalb lässt der Verfassungsschutz vier deutsche Burschenschaften beobachten (Danubia München, Teutonia Regensburg, Frankonia Erlangen, Germania Hamburg).

Daher sehen Kritiker oft alle Verbindungen als Hort eines konservativen bis reaktionären Nationalismus mit fließenden Übergängen zum Rechtsextremismus. Doch dieses Pauschalurteil ist angesichts der bundesdeutschen Realität von mehreren tausend Studentenverbindungen heute ungerechtfertigt. Die große Mehrheit der Korporierten lehnt radikale Tendenzen ab. Das breite Spektrum von Studentenverbindungen ist überwiegend apolitisch und betont seine Treue zum Grundgesetz.

  • Die Traditionspflege.

Viele Verbindungen passen ihre alten Strukturen, Rituale und Gepflogenheiten kaum der Aktualität an. Das sehen Kritiker oft als Bestätigung für das "ewiggestrige Gedankengut" der Korporierten. Doch diese möchten bewusst die oft über 100 Jahre alten Traditionen behalten und auf diese Weise ihre Identität wahren und pflegen. Das hat sich historisch als Schutz vor staatlicher Verfolgung bewährt. Dadurch konnten sich Studentenverbindungen während der Karlsbader Beschlüsse oder im "Dritten Reich" aus ihrer Tradition heraus wiedergründen. Selbst in der Zeit des SED-Regimes in der DDR nahmen Studenten zu den alten akademischen Traditionen Zuflucht, um der der kommunistischen Einheitskultur zu entfliehen.

Dennoch ist fraglich, ob das Bewahren des Alten angesichts der weitgehend erfolgreichen "Gleichschaltung" der Studentenorganisationen ausreicht.

  • Der Alkohol.

Die Lebensfreude junger Männer drückt sich oft im Alkoholgenusse aus. So auch in Studentenverbindungen. Das gemeinsame Trinken wird etwa auf Kneipen als selbstverständlich erachtet. Vor allem Bier wird dort oft in großen Mengen konsumiert. Nicht nur Füxe werden oft zum Missbrauch verführt. Eine Trinkpflicht besteht jedoch im Prinzip nicht, wird von Kritikern aber aus dem Gruppenzwang hergeleitet. Progressivere Studentenverbindungen lassen heute aber durchaus alkoholfreie Getränke zu. Einige Verbindungen haben für sich das Mäßigkeitsprinzip entwickelt, das dem zügellosen Alkoholmissbrauch einen Riegel vorschieben soll.

  • Introvertiertheit.

Studentenverbindungen sind oft sehr stark mit den eigenen Belangen befasst und innenbezogen. Sie schotten sich gegenüber kritischen Einblicken von außen ab und stellen sich der Öffentlichkeit nicht genügend dar, so dass Außenstehende geradezu eingeladen werden, Vorurteile wie ein angebliches "Elite"-Denken zu bilden. Dies liegt auch an der relativ geringen Präsenz von Studentenverbindungen auf gesellschaftlich relevanten Kongressen, Aktionen und in den Medien außerhalb des eigenen Spektrums.

Weiterführende Informationen

Literatur

  • Die Fuxenstunde - für Mitglieder einer Korporation gedachtes Ausbildungsbuch mit vielen Informationen zu Studentenverbindungen in Gegenwart und Geschichte, herausgegeben von der GDS
  • Civis Academicus - Detaillierte Liste (mit Kurzvorstellungen) aller existierenden Studentenverbindungen deutscher Prägung. Ein Eintrag im "Civis" zählt teilweise in der sehr heterogenen Welt der Studentenverbindungen als Unterscheidungsmerkmal, ob eine Gesellschaft als Verbindung oder sonstiger Verein gelten kann; herausgegeben von der GDS.
  • Peter Krause, "O alte Burschenherrlichkeit", Die Studenten und ihr Brauchtum, 5. bearb. Auflage, Graz 1997, ISBN 3222124787
  • Robert Paschke, Studentenhistorisches Lexikon, GDS-Archiv für Hochschulgeschichte und Studentengeschichte, Beiheft 9, Köln 1999, ISBN 3894980729
  • Gerhard Richwien, Student sein, eine kleine Kulturgeschichte, Gemeinschaft für Deutsche Studentengeschichte (GDS), Kleine Schriften der GDS 15, SH-Verlag, Köln 1998, ISBN 3894980494
  • Raimund Lang, Ergo cantemus, Texte und Materialien zum Studentenlied, GDS-Archiv für Hochschulgeschichte und Studentengeschichte, Beiheft 13, SH-Verlag, Köln 2001, ISBN 3894981121
  • Rolf-Joachim Baum (Hrsg.), "Wir wollen Männer, wir wollen Taten!" Deutsche Corpsstudenten 1848 bis heute, Siedler-Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-88680-653-7
  • Manfred Studier: Der Corpsstudent als Idealbild der Wilhelminischen Ära - Untersuchungen zum Zeitgeist 1888 bis 1914, Abhandlungen zum Studenten- und Hochschulwesen, Band 3, Schernfeld 1990, ISBN 3-923621-68-X
  • Walter Bloem, Der krasse Fuchs, Roman, Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1911 mit einem Nachwort von Holger Zinn, SH-Verlag 2001, ISBN 3894981083
  • Harm-Hinrich Brandt und Mathias Stickler, "Der Burschen Herrlichkeit" Geschichte und Gegenwart des studentischen Korporationswesens, Historia Academica Bd. 36, Würzburg 1998, ISBN 3-930877-30-9
  • Paulgerhard Gladen, "Gaudeamus igitur" Die studentischen Verbindungen einst und jetzt, München, Callwey 1988, ISBN 3-7667-0912-7
  • Friedhelm Golücke et al. i. A. der Gemeinschaft für deutsche Studentengeschichte e.V., "Auf Deutschlands hohen Schulen" Fotomechanischer Nachdruck der Ausgabe Berlin 1900, SH-Verlag 1997, ISBN 3-89498-042-7
  • Heinz-Joachim Toll: Akademische Gerichtsbarkeit und akademische Freiheit. Die sog. Demagogenverfolgung an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel nach den Karlsbader Beschlüssen von 1819, Karl Wachholtz Verlag Neumünster, 1979, Reihe Quellen und Forschungen zur Geschichte Schleswig-Holsteins Band 73, ISBN 3-529-02173-3
  • Ludwig Elm, Dietrich Heither, Gerhard Schäfer (Hg.) , " Füxe Burschen Alte, Herren - Studentische Korporationen vom Wartburgfest bis heute" Papyrossa-Verlag ISBN 3-89438-050-0
  • Dietrich Heither, Gerhard Schäfer, Studentenverbindungen zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus, in: Jens Mecklenburg (Hrsg.), Handbuch Deutscher Rechtsextremismus, Berlin 1996, ISBN 3885205858
  • Diana Auth, Alexandra Kurth, Männerbündische Burschenherrlichkeit. Forschungslage und historischer Rückblick, in: Christoph Butterwegge / Gudrun Hentges (Hrsg.), Alte und Neue Rechte an den Hochschulen, Münster 1999