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Asbest

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Dach aus Asbestzement-Dachwellplatten
Wellasbestzementdach (Detail)

Asbest (altgriech. ἄσβεστος, asbestos, "unvergänglich") ist eine Sammelbezeichnung für verschiedene, natürlich vorkommende, faserförmige Silikat-Minerale, die an vielen Stellen der Erde in der Erdkruste eingebettet sind. Die Faser des Magnesioriebeckits oder Krokydoliths aus der Gruppe der Hornblenden (auch Blauasbest genannt) ist bläulich, die Faser des Klinochrysotils (Serpentingruppe) ist weiß oder grün. Weitere zum Asbest zählende Minerale sind Grunerit (Amosit, Brauner Asbest), Anthophyllit und Aktinolith.

Chrysotil, auch Weißasbest genannt, fand die technisch weitaus breiteste Anwendung.

Asbest wurde auch „Wunderfaser“ genannt, weil es eine große Festigkeit besitzt, hitze- und säurebeständig ist, hervorragend isoliert und verwoben werden kann. Mit diesen Voraussetzungen konnte sich Asbest in der Schifffahrtsindustrie, Isolationsindustrie der Bauindustrie und der Autoreifenindustrie durchsetzen. Aufgrund der inzwischen eindeutig festgestellten Gesundheitsgefahren, die von Asbest ausgehen, ist der Einsatz heute in vielen Ländern verboten, unter anderem in der ganzen EU. Asbest stellt heute primär ein Entsorgungsproblem dar.


Gewinnung und Vorkommen

Folgende Minerale und Mineralgruppen kommen in Asbest-Form, also feinfaserig vor:

Das Erz wird zunächst bergbaulich in Untertage- oder Übertageminen gefördert bzw. abgebaut. Im „Asbestwerk“ wird dann durch Abspaltung von nichtfaserigem Material der Asbest gewonnen.

Hauptvorkommen liegen in: Nordamerika, Südafrika und in Russland im Ural und bei Ak-Dowurak in der russischen Teilrepublik Tuwa.

Eigenschaften

Asbest ist gegen Hitze bis etwa 1000 °C und schwache Säuren sehr widerstandsfähig und hat eine höhere gewichtsspezifische Zugfestigkeit als Stahldraht. Bei Temperaturen über 1200 °C wandelt sich der Asbest um in Olivin und dessen Modifikationen. Bei noch höheren Temperaturen sublimiert Asbest.

Durch die sehr feinen Fasern ist das Material sehr langlebig. Es hat jedoch einen schwerwiegenden Nachteil: beim Bearbeiten können Fasern freigesetzt werden. Gelangt auch nur eine Faser in die Lunge, entfaltet sie dort möglicherweise ihre zellschädigende Wirkung und löst damit die so genannte Asbestose, eine Schädigung des Bindegewebes, aus. Diese Schädigung kann Atemnot, Lungenfunktionseinschränkungen und in schweren Fällen Ateminvalidität zur Folge haben. Sie erhöht ebenfalls das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken. Die Exposition zusammen mit anderen Schadstoffen kann das Lungenkrebsrisiko noch vergrößern. So ist bei Rauchern das Lungenkrebsrisiko bei Asbestbelastung wesentlich höher als bei Nichtrauchern. Außerdem ist Asbest einer der wichtigsten Auslöser des Pleuramesotheliom, eines Tumors des Rippen- und Lungenfells. Der zum Beispiel in der Schweiz in der freien Natur vorkommende Asbest ist unverarbeitet nicht gefährlich, erst durch die industrielle Verarbeitung bekommt er die schädlichen Eigenschaften. Ein weit weniger gesundheitsschädlicher Ersatz für Asbest sind bei niedrigen und mittleren Temperaturen Glasfasern, bei hohen Temperaturen verschiedene künstliche Keramikfasern.

Fazit: Obwohl es der breiten Bevölkerung völlig unbekannt ist, dass nur der Abrieb (freigesetzte Fasern) von Asbest zu Gesundheitsschäden führen kann, wurde unter anderem der Abriss des Palastes der Republik in Berlin mit der Gesundheitsschädlichkeit von Asbest legitimiert. Dass keine Gefahr vom verbauten Asbest ausgeht, versteht sich von selbst, da der in den Decken verbaute Asbest vollständig einbetoniert wurde und somit keine Chance auf Freisetzung des gesundheitsschädlichen Abriebs bestand.

Geschichte/Verwendung

Erstmals erwähnt wurde Asbest im dritten Jahrhundert vor Christus in einem Buch über Steine von Theophrast. In Athen wurde die ewige Flamme in der Akropolis zu dieser Zeit mit einem Asbestdocht betrieben. Griechische Ärzte verwendeten Taschentücher aus Asbest, welche im Feuer gereinigt werden konnten.

Obwohl im ersten Jahrtausend unserer Zeitrechnung über Asbest von Europa bis China berichtet wird, konnten sich nur sehr reiche Menschen Gegenstände daraus leisten.

Im Mittelalter ging das Wissen um die Herkunft in Europa verloren und es entstanden Gerüchte, dass es sich beim Asbest um Schuppen von drachenartigen Reptilien oder sogar um Federn des Phönix handeln könnte. Schwindler versuchten Stoffe aus Asbest als Teile der Kleidung Jesu zu verkaufen. Bekannt ist auch eine Legende, welche besagt, dass Karl V. durch die Reinigung seiner Tischdecke im Feuer seine Gäste beeindruckte.

In der Neuzeit fand Asbest erstmals in den 1820er Jahren eine ernsthafte Anwendung. Die Fasern wurden zu feuerfester Kleidung für Feuerwehrleute verarbeitet. Bald kamen Anwendungen wie feuerfeste Dächer oder Wärmeisolierungen für Dampfmaschinen hinzu.

Am 15. Juli 1900 erhält der Österreicher Ludwig Hatschek als Besitzer einer Asbestwarenfabrik ein österreichisches Patent für Eternit. Damit begann ein Boom in der Verwendung von Asbest zur Herstellung sehr unterschiedlicher Produkte (zum Beispiel Knöpfe, Telefone, Teile für elektrische Geräte).

Im Zweiten Weltkrieg wurden Postsäcke, Getränkefilter, Zahnpasta und Fallschirme für Bomben aus Asbest hergestellt. Am Ende der Blütezeit - ab 1979 wurden die ersten Asbestprodukte verboten - wurde Asbest in über 3000 Produkten eingesetzt.

Doch mit zunehmendem Asbestverbrauch stiegen auch die Gesundheitsgefahren. Bereits um 1900 wurde die Asbestose als Krankheit entdeckt. 1943 wurde Lungenkrebs als Folge von Asbestbelastungen als Berufskrankheit anerkannt und seit 1970 wird die Asbestfaser offiziell als krebserzeugend bewertet. 1979 wurde das erste Asbestprodukt (Spritzasbest) in Deutschland verboten. Es folgten weitere Einschränkungen bis 1990 in Österreich und 1993 in Deutschland der Einsatz von Asbest verboten wurden. Seit 2005 gibt es ein EU-weites Verbot.

Asbestsanierung in Gebäuden

Datei:Asbestsanierung.jpg
Asbestsanierung

Asbestsanierungen sind sehr aufwändig. Das nebenstehende Bild zeigt Arbeiten an einer Asbest-behandelten Stahlkonstruktion. Solche Konstruktionen tragen relativ dünne Betondecken, müssen aber im Fall eines Brandes vor Hitze geschützt werden. Dazu wurden sie früher mit Asbest-Fasern eingehüllt. Auf dem Bild zu sehen ist die freigelegte Stahlkonstruktion mit dem flockig aufgetragenen Asbest. Dieser wird nun in Handarbeit von der Konstruktion gelöst und durch ein Saugsystem entfernt. Nach der vollständigen Entfernung der Fasern wird das Gebäude mehrere Tage ruhen gelassen, so dass sich alle in der Luft befindlichen Fasern setzen können. Nach der Reinigung der Böden werden Messungen durchgeführt - erst wenn die Grenzwerte unterschritten werden, kann das Gebäude wieder normal betreten werden. Im Falle dieser Asbestsanierung wird die Stahlträger-Konstruktion mit einer im Brandfall aufschäumenden Farbe versehen - sie erfüllt den gleichen Zweck wie die in den 60'er Jahren aufgetragene Asbest-Umhüllung.

Für die Sanierungen gilt in Deutschland die TRGS 519 (Technische Regeln für Gefahrstoffe: Asbest). Da die Beschädigung von Asbest-Produkten zur Freisetzung der Fasern führt, muss die Sanierungsbaustelle in Gebäuden staubdicht von der Umgebung abgeschottet werden. Der Innenbereich muss während der Arbeiten unter Unterdruck gehalten werden. Die Arbeitsbereiche dürfen nur über Schleusensysteme betreten und verlassen werden.

Nach der Gefahrstoffverordnung dürfen Abbruch- und Sanierungsarbeiten an oder in bestehenden Anlagen, Bauten oder Fahrzeugen, die schwach gebundene Asbestprodukte enthalten, nur von Unternehmen durchgeführt werden, die von den Behörden der jeweils zuständigen Bundesländer zur Durchführung dieser Arbeiten zugelassen worden sind.

Als bekanntes Gebäude muss in den nächsten Jahren die UNO-City in Wien saniert werden. Stockwerkweise wird das damals verbaute Asbest beseitigt.

Auch im Palast der Republik in Berlin, im World Trade Center in New York City und vielen anderen öffentlichen Gebäuden war Asbest verbaut.

Entsorgung

Nach dem Verbot der Nutzung von Asbest in Deutschland im Jahr 1993 trat die Frage nach einer geordneten Entsorgung auf. Bei den meisten Deponien herrschte Ratlosigkeit; dort durfte Asbest nicht angenommen werden, weil diese Substanz nicht in Entsorgungskatalog verzeichnet war. Dadurch stiegen die Entsorgungspreise für asbesthaltiges Material auf das 6- bis 10-fache des bis dahin üblichen Preises an, was die Entwicklung von Entsorgungsverfahren durch Forschung und Industrie interessant machte. So wurden vier unterschiedliche Verfahrenstypen erarbeitet, aus denen sich dann noch Mischtypen bildeten.

  • Mechanische Zerkleinerungsverfahren, die davon ausgingen, dass bei hinreichender Zerkleinerung der Fasern (unter 1 µm Faserlänge) die Gefährdung ausgeschlossen werden konnte. Die Verfahren funktionierten mit reinem Asbest gut, bei dem bei der Asbestentsorgung anfallendem inhomogenem Gemisch versagten die Mühlen jedoch.
  • Thermische Verfahren, die den Asbest auf Temperaturen oberhalb seines Umwandlungspunktes bringen und damit ein anderes nichtfaseriges Material erzeugen wollten. Das meiste Know-How brachten hier die Glasofen-Bauer und die Drehrohrspezialisten mit. Die Glasofenbauer scheiterten an der Inhomogenität des angelieferten Abfalls, der zur Bildung nicht vorhersehbarer Mineralien und damit zur Zerstörung der Öfen führte. Wesentlich weiter kamen die Drehrohrofenbetreiber, sie konnten Anlagen im Betrieb vorführen. Da die Genehmigungsbehörden auch reichlich unsicher waren, stellten sie unerfüllbare Forderungen wie Fasergehalt Null in der Abluft, was dann zur Aufgabe dieser Entwicklungen führte. Ein in Frankreich entwickeltes Plasma-Schmelzverfahren funktionierte wohl im Pilotbetrieb recht gut, erwies sich aber als extrem teuer.
  • Beim so genannten Tempern wird den Asbestfasern das Kristallwasser entzogen. Danach lassen sich die Fasern durch mechanische Beanspruchung (z.B. mörsern) leicht zerstören. Dieses Verfahren wurde in Hockenheim in einem alten Ziegeleiofen (Tunnelofen) praktisch erprobt. Da das Material nicht bewegt wird, gelangen praktisch keine Fasern in die Außenluft. In der Aufwärmphase können jedoch bei Verunreinigungen Dioxine entstehen. Ob die Fasern tatsächlich zerstört werden, hängt von vielen Parametern wie Brenndauer, Temperatur, Zuladung, Packungsdichte ab und ist nur sehr aufwändig zu kontrollieren. Der hohe Energiebedarf und CO2-Ausstoß macht dieses Verfahren ökonomisch und ökologisch fragwürdig. Die Betreiberin der Anlage ist insolvent, der Nachfolgerin wurde wegen Genehmigungsverstößen der Betrieb untersagt.
  • Chemische Verfahren, die auf der Anwendung Fluorid-haltiger Säuren aufbauten. Sie hatten die gleichen Probleme wie die anderen Verfahren mit der Inhomogenität des asbesthaltigen Abfalls, konnten aber nach mehreren Jahren die Genehmigung der Behörden für den Betrieb der Anlage innerhalb eines großen Chemiewerkes erlangen. Jedoch zog hier der Stadtrat seine vorher erteilte Genehmigung zurück.
  • Einbindungsverfahren, die den Abfall komplett in Zement oder andere Bindemittel einarbeiteten, in Fässer gossen und die Fässer dann vorzugsweise untertage deponierten. Diese Verfahren hatten als alleinigen Vorteil, schnell zur Verfügung zu stehen, denn der Asbest wird dadurch nicht vernichtet, und billig ist auch diese Variante nicht. Dieses Verfahren ist üblich bei der Entsorgung von schwach gebundenem Asbest.

Derzeit wird Asbestzement über Klasse II Deponien entsorgt (Hausmülldeponien). Der Preis richtet sich in Deutschland nach der jeweiligen Gebietskörperschaft, schwankt also teilweise recht stark.

Berufskrankheit

Seit einigen Jahren gibt es in Deutschland mehr Todesfälle durch Asbest-Belastungen als tödliche Arbeitsunfälle. Die Berufsgenossenschaften veröffentlichten für das Jahr 2003 im Bundesgebiet die Zahl von 1.068 Todesfällen, gegenüber dem Jahr 2002 mit 1.009 Toten ein neuerlicher Anstieg. Der Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften weiß, einschließlich älterer, von etwa 24.000 Fällen, in denen wegen asbestbedingter Erkrankungen Zahlungen geleistet werden.

Siehe auch

Literatur

  • H. J. Bossenmayer; H.P. Schumm; R. Tepasse (Hrsg.) Asbesthandbuch. Erich Schmidt Verlag. Berlin 1997, ISBN 3-503-03162-6.
  • G. Albracht; A. Schwerdtfeger (Hrsg.) Herausforderung Asbest. Universum Verlag. Wiesbaden 1991.
  • H. J. Krolkiewicz: Vom Asbestzement zum Faserzement; Geschichte der Baustoffe. baustoff-technik, Gert Wohlfarth GmbH, Verlag Fachtechnik, Duisburg 2003, ISSN 0721-7854
  • Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Hrsg.): Asbestverursachte Berufskrankheiten in Deutschland – Entstehung und Prognose. Sankt Augustin 2003. ISBN 3-88383-646-X. Download.
  • Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Hrsg.): Faserjahre – Berufsgenossenschaftliche Hinweise zur Ermittlung der kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis am Arbeitsplatz. BK-Report 1/2007. Sankt Augustin 2007. ISBN 3-88383-721-0. Download.