40-Stunden-Woche
Bei der 40-Stunden-Woche handelt es sich um die Durchsetzung einer Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich einiger deutscher Unternehmen aus der Metall- und Elektroindustrie durch einen Sondertarifvertrag hinsichtlich der schwachen Konjunkturentwicklung. Diese Unternehmen drohten zuvor mit einer Auslagerung („Outsourcing“) von Arbeitsplätzen bzw. gesamten Abteilungen („Offshoring“) ins Ausland. Möglich wurde diese Verlängerung durch einen neuen Tarifvertrag in der Metall- und Elektroindustrie, der betriebliche Abweichungen unter der Prämisse, dass der Tarif unter einem gewissen Druck steht, sowie Betriebsrat und Gewerkschaft eine Lösung zum Erhalt der Arbeitsplätze, erlaubt.
Ursachen für die Einführung einer 40-Stunden-Woche
Hauptursache für die Forderung nach einer 40-Stunden-Woche sind die konjunkturellen Probleme der Bundesrepublik Deutschland, deren Wirtschaftswachstum derzeit stagniert. Deshalb stehen die einzelnen Unternehmen unter einem zunehmenden Kostendruck, der Einsparungen und Auslagerungen von Arbeitsplätzen notwendig macht. Dies resultiert aus einem allgemeinen Strukturwandel, der auf die Globalisierung zurückgeht. Ihre Folgen sind eine zunehmende Rationalisierung der Arbeit, die zu einer Abnahme menschlicher Arbeit in herkömmlichen Sektoren, und zu einer Zunahme im Dienstleistungsbereich führt. Im Zuge dieser versuchen die Unternehmen, ihren Platz im internationalen Wettbewerb zu sichern oder zu stärken.
Der verschärfte Wettbewerb führt zu einem Strukturwandel der Arbeit im Allgemeinen: durch Technisierung und Rationalisierung werden an einigen Stellen Arbeitsplätze unnötig, jedoch steigt wiederum der Bedarf an Dienstleistungen. Arbeitslosigkeit entwertet Arbeit, da aus Sicht der Unternehmen die Arbeitnehmer austauschbarer werden. Hierzu kommt die steigende tatsächliche Arbeitszeit, die von der tariflich festgelegten zu unterscheiden ist und: diese beträgt im Schnitt 40 Wochenstunden, wobei eine „40-Stunden-Woche“ bereits erreicht ist. Dies steigert Personalkapazitäten und macht Neueinstellungen unnötiger.
Betroffene
Betroffen sind von der 40-Stunden-Woche primär die Arbeitnehmer, welche mehr Arbeit ohne einen Lohnausgleich leisten und auf Weihnachtsgeld und Urlaub verzichten müssen. Dies führt zu einem schlecteren Lebensstandard oder dem kompletten Verlust der finanziellen Grundlage durch Entlassung. Die Gewerkschaften als Mittler zwischen Arbeitgeber und -nehmer müssen in dieser Lage ebenfalls eine gesteigerte Kompromissbereitschaft zeigen, womit sie ebenfalls mitbetroffen sind. Sekundär ist jedoch die ganze Welt durch die Globalisierung betroffen: diese lässt sich nicht mehr umkehren, betrachtet man die mannigfaltigen internationalen Abkommen wie das internationalen Zoll- und Handelsabkommen GATT, Vereinigungen wie den lockeren Staatenbund der Industrienationen OECD oder der World Trade Organisation) oder großflächige Binnenmarkts-Abkommen wie in der Europäischen Union.
Somit stellt sich für jedes Land und gleichzeitig jedem Wirtschaftssubjekt die Frage neu, wie es seine Position im internationalen Wettbewerb halten bzw. stärken kann. Dies führt zu einer Verschärfung des Wettbewerbes, wovon primär insbesondere die Arbeitgeber betroffen sind: sie müssen mehr einsparen und hierzu sämtliche Möglichkeiten von der nicht ausgeglichenen Verlängerung der Arbeitszeit bis hin zu Massenentlassungen in Betracht ziehen, was zu einer gesteigerten Effektivität der Arbeit führt.
In der sozialen Marktwirtschaft ist obendrein die Regierung mitbetroffen, da sie zunehmend prekärer werdener Lage ebenfalls aufgerufen ist, zu handeln, da auch sie sonst durch Vertrauensverlust und Machtentzug durch die Wähler betroffen sein kann.
Rechtliche Lage
Die Tarifautonomie der Bundesrepublik Deutschland, welche im Grundgesetz Artikel 9, Absatz 3 verankert ist, sieht vor, dass Vereinigungen „zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen“ gebildet werden sollen. Diese werden durch Gewerkschaften, die für die Arbeitnehmer möglichst angenehme Arbeitsbedingungen aushandeln möchten, verkörpert und verhandeln zusammen mit Arbeitgebern solche im Form von Tarifverträgen aus. Sie können nur ausgehandelt werden, wenn beide Vertragspartner Mitglied in einem tarifschließenden Verband sind. Arbeitgeber organisieren sich ihrerseits in Arbeitgeberverbänden, die zwar auf die Tarifverhandlungen keinen Einfluss haben, aber für ihre Branche jeweils Richtlinien festlegen können.
Ferner setzt es sich der Staat mit dem Stabilitäts- und Wachstumsgesetz selbst zum Ziel, das Wirtschaftswachstum konstant zu halten, wozu er einzelne Parameter wie die Steuer verändert. Da der Staat in der sozialen Marktwirtschaft nur die Rahmenbedingungen festlegt und die einzelnen Wirtschaftssubjekte in diesen autonom handeln, kann er jedoch allgemein weder auf Tarifverträge, noch auf Konjunkturflauten einen großen Einfluss ausüben. Dennoch sind in den Rahmenbedingungen soziale Mittel, die soziale Unterschiede möglichst ausgleichen sollen, vorgesehen (vgl. Sozialstaat).
Interesse
Es gibt zwei grundlegende Interessengruppen, auf der einen Seite Arbeitnehmer mit Gewerkschaften und Betriebsräten, auf der anderen die Arbeitnehmer in Arbeitgeberverbänden. Die Macht aller Interessengruppen ist in der sozialen Marktwirtschaft beschränkt. Das Interesse der Gewerkschaften besteht darin, das bestmögliche Arbeitsklima für die Arbeitnehmer zu schaffen, indem sie die Rahmenbedingungen zusammen mit den Arbeitgebern aushandeln. Dies beinhaltet die Erhöhung der Löhne, die Erhöhung der Arbeitsplatzsicherheit sowie einen Ausgleich der negativen Folgen der Technisierung. Gewerkschaften verlieren jedoch durch rückäufige Mitgliederzahlen immer mehr an Macht, zumal die bestehenden Mitglieder zunehmend unorganisierter werden. Die Arbeitgeber haben ein konträres Interesse, nämlich die Maximierung ihres Gewinnes durch niedrige Lohnkosten unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten. Arbeitgeber können in der Bundesrepublik die Arbeitszeiten außerhalb eines Tarifvertrages und eines Arbeitgeberverbandes selbstständig regeln und somit ihr Ziel eher erreichen. Arbeitnehmer möchten mit minimalem Aufwand viel Lohn erhalten, was zum Teil auch gesundheitliche und die Lebensqualität betreffende Aspekte hat. Somit sind Gewerkschaften zu einem Spagat zwischen beiden Interessengruppen gezwungen, da sie die Forderungen ihrer Mitglieder nur bis zu einem gewissen Grad durchsetzen können.