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Jochanan Trilse-Finkelstein

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Jochanan Trilse-Finkelstein, geb. Christoph Trilse (* 1932 in Breslau) ist ein Philosoph sowie Literatur- und Theaterwissenschaftler. Die Eltern waren aktive Sozialdemokraten, sie zogen 1933 wegen der Machtübertragung an die Nationalsozialisten nach Wien. Wegen der Nazi-Besetzung Österreichs floh die Familie 1938 nach Prag, 1939 emigrierte sie nach Shanghai. In dieser Zeit lebten die Familienmitglieder mit falschen Pässen, aus denen jeder Hinweis auf Jüdisches entfernt worden war.

Aus gesundheitlichen Gründen war die Familie 1940 wieder in Wien, es gelang dem Vater, einem Arzt, dort illegal zu arbeiten. 1943 flohen sie vor den Nazis nach Slowenien. Hier kämpften die Eltern als Partisanen und überlebten so den Krieg. Alle übrigen Verwandten der Familie wurden von den Nationalsozialisten in Auschwitz, Theresienstadt und anderswo ermordet.

1945 kehrte die Familie nach Wien zurück. Trilse-Finkelstein erwarb das Abitur und absolvierte eine Försterausbildung. Er studierte Theaterwissenschaften und Philosophie, zuerst in Österreich bei Ernst Fischer und dann in Frankfurt bei Theodor W. Adorno. 1956 setzte er die Studien in der DDR bei Hans Mayer und Ernst Bloch fort, wohin seine Mutter schon 1952 auch aus Protest gegen den fortwirkenden Antisemitismus in Oesterreich umgezogen war. Allerdings wurde sie auch hier wegen ihrer jüdischen Herkunft diskriminiert und 1953 für kurze Zeit verhaftet.

Von 1957 bis 1958 lebte Trilse-Finkelstein vorübergehend in der BRD, dann ließ er sich auf Dauer in der DDR nieder. 1971 promovierte er an den Universitäten Potsdam und Rostock über die Rezeption der Antike in der Gegenwart. 1977 habilitierte er sich in Greifswald. Seitdem lebt der Autor in Berlin. Die meisten seiner DDR-Publikationen erschienen unter dem Namen Christoph Trilse, den er seit dem Verlassens Österreichs trug.

Zu ihrer jüdischen Identität bekannten sich Sohn und Mutter seit Ende der 70er Jahre. Damals gab es einen Angriff von Antisemiten auf ihre Wohnung, gezielt am 40. Jahrestag des Novemberpogroms. Beide nahmen daraufhin den Namen Finkelstein an, den Geburtsnamen der Mutter. 1985 gründeten Trilse-Finkelstein und andere eine Gruppe namens "Wir für uns". Dadurch lernten sie das Judentum kennen, z.B. biblische Geschichte und jüdische Speiseregeln. Nach der Wende 1989 beteiligte er sich an der Gründung des Jüdischen Kulturvereins in Berlin und war auch Vorstandsmitglied. Er versteht sein Leben als einen Weg, der ihn von einer Betrachtung des Judentums von außen her zu einer aktiven Gestaltung dieser Religion führte.

Werke (Auswahl)

  • Antike und Theater heute Akademie, Berlin 2. Aufl. 1979
  • Das Werk des Peter Hacks Volk und Wissen, Berlin 1980 (Neuauflagen)
  • J. T-F.: Man kann nicht aus dem Judentum austreten in: Zwischen Thora und Trabant. Juden in der DDR Hg. Vincent von Wroblewsky, Berlin 1993, S. 40 - 62
  • Gelebter Widerspruch. Heinrich Heine Aufbau, Berlin 1997 (auch: TB-Ausg.)
  • Lexikon: Theater InternationalHenschel, Berlin 1995