Junge Welt
junge Welt
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Beschreibung | deutsche Tageszeitung |
Verlag | Verlag 8. Mai |
Erstausgabe | 12. Februar 1947 |
Erscheinungsweise | täglich / Wochenende |
Chefredakteur | Arnold Schölzel |
Herausgeber | LPG junge Welt e. G. |
Weblink | jungewelt.de |
Die junge Welt ist eine linksradikale überregionale deutsche Tageszeitung. Redaktionssitz ist Berlin, Regionalbüros bestehen in München und Bremen.
Das Selbstbild der jungen Welt ist das einer unabhängigen marxistischen Tageszeitung, sie versteht sich als Teil einer linken Gegenöffentlichkeit.
Die Junge Welt in der DDR
Die Junge Welt wurde am 12. Februar 1947 in der Sowjetischen Besatzungszone gegründet. Sie erschien zunächst wöchentlich, ab März 1950 sechsmal in der Woche. Seit dem 12. November 1947 führte sie den Untertitel Zentralorgan der Freien Deutschen Jugend (FDJ). Seit dem 1. März 1952 erschien sie als Tageszeitung und Organ des Zentralrates der Freien Deutschen Jugend (FDJ). Die Auflage überschritt 1977 die Millionengrenze und lag Anfang 1990 bei 1,6 Mio. Exemplaren, damit war sie zuletzt die auflagenstärkste Tageszeitung der DDR, noch vor dem SED-Organ Neues Deutschland.
Insgesamt 19 Zeitungen und Zeitschriften wurden in Regie des FDJ-eigenen Verlages Junge Welt (heute Buchverlag Junge Welt GmbH) publiziert. Damit sollte die Jugend im staatskonformen Sinne beeinflusst und die kommunistische Erziehung der jungen Generation gefördert werden.
Seit der deutschen Wiedervereinigung
Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde die junge Welt privatisiert und wechselte mehrmals den Besitzer. Jens König, später taz-Redakteur, wurde zum ersten Chefredakteur nach der Wende. Die Auflage brach rasch ein, 1994 erfolgte mit der konzeptionellen Hilfe von konkret-Herausgeber Hermann Gremliza ein Neustart. Nach einer nur achtmonatigen Zeit als Chefredakteur wurde Günter Kolodziej, heute stellvertretender Senatssprecher in Berlin, im November 1994 von Oliver Tolmein beerbt. Anfang April 1995 wurde dennoch die Produktion der Tageszeitung junge Welt durch den Eigentümer eingestellt. Ein Teil der Redaktion führte die Zeitung daraufhin in Eigenregie weiter fort, Chefredakteur Tolmein schloss sich dem nicht an und wurde durch den früheren Kulturchef Klaus Behnken ersetzt. Der Umfang der Zeitung wurde von 24 auf 16 Seiten reduziert, die Ressorts Frauen, Medien und Ökologie gestrichen.
1997 kam es zu einer Besetzung der Redaktionsräume durch einen Großteil der Mitarbeiter, nachdem Chefredakteur Klaus Behnken durch den Geschäftsführer Dietmar Koschmieder abgesetzt worden war. Letzterer produzierte mit drei ihm gegenüber loyal gebliebenen Redakteuren während der Besetzung Notausgaben, bis die Auseinandersetzung mit dem Ausscheiden der Besetzer aus der Redaktion endete. Die Redaktionsmehrheit hatte während der Besetzung die Wochenzeitung Jungle World als Gegenprojekt gegründet und führte diese anschließend weiter fort. Behnkens Nachfolger wurde Holger Becker, einer der drei loyal gebliebenen Redakteure. Nachdem es zu Auseinandersetzungen mit der Geschäftsleitung und der die Zeitung herausgebenden Genossenschaft gekommen war wurde er jedoch im Februar 2000 durch Arnold Schölzel ersetzt; mit ihm verließen Werner Pirker und Ulrike Schulz, die beiden anderen im Konflikt von 1997 der jungen Welt treugebliebenen Mitarbeiter, die Zeitung. Das Ressort Innenpolitik wurde von 2002 bis 2005 von Ulla Jelpke geleitet, die zuvor Mitglied des Deutschen Bundestages war und die Zeitung anschließend wieder in Richtung Parlament verließ.
Seit 1995 befindet sich die junge Welt im Besitz der von ihren Lesern getragenen Linke Presse Verlags- Förderungs- und -Beteiligungsgenossenschaft junge Welt e. G. (Vorbild war das Genossenschaftsmodell der taz) und kann so auf größere Einnahmen durch Anzeigen und auf finanzielle Unterstützung durch Parteien verzichten, was sie gegenüber anderen Zeitungen unabhängiger macht. Sie erscheint im Verlag 8. Mai, der ebenfalls von Akteuren der Tageszeitung gegründet wurde. Seit dem Frühjahr 1998 ist die Linke Presse Verlags- Förderungs- und Beteiligungsgenossenschaft junge Welt e.G. Mehrheitseignerin am Verlag 8. Mai GmbH. Im Januar 2007 gehörten der LPG junge Welt eG 610 Personen an.
Nach eigenen Angaben erreicht die Printausgabe 50.000 Leser. Die verkaufte Auflage ist nicht genau bekannt, da die junge Welt diese nicht von der IVW prüfen lässt. Nach Eigenangaben lag diese nach dem Relaunch 1994 nicht mehr über 20.000. Sie umfasst an Werktagen 16 Seiten, am Wochenende zusätzlich eine achtseitige Beilage Faulheit und Arbeit.
In der jungen Welt erscheinen regelmäßig Beilagen u. a. zu den Themen Literatur, Antifa, Krieg/ Frieden, Feminismus, Fußball, Wirtschaft etc. Die junge Welt verwendet die alte Rechtschreibung. Sie ist regelmäßig auf den Buchmessen in Frankfurt/Main, Leipzig und Havanna vertreten.
Positionierung und Kritik
Die junge Welt propagiert die Notwendigkeit einer antikapitalistisch orientierten Linken, die das Ziel einer sozialistischen Gesellschaft verfolgt. Ihre Hauptlinie ist gegen die neoliberale Ideologie und Politik gerichtet. Das Credo von junge Welt kennzeichnet eine antifaschistische Traditionslinie, die Bekämpfung von Neofaschismus, Antisemitismus und Fremdenhass sowie die Verteidigung einer historischen Legitimität der DDR. Innenpolitisch ist die sozialpolitische Berichterstattung prägend. Die Reformpolitik der Bundesregierung wird abgelehnt. Viel Raum erhalten Initiativen gegen Sozialabbau, gewerkschaftliche Aktivitäten und Arbeitskämpfe. Umfassend werden auch Entwicklungen und Debatten in Linkspartei.PDS und WASG, aber auch in kleineren Parteien und Gruppierungen, wie DKP und SAV, dargestellt.
Im Bereich internationaler Politik vertreten die Autoren der jungen Welt überwiegend einen antiimperialistischen Ansatz, zu nennen sind hier insbesondere Werner Pirker und Rüdiger Göbel. Dies fand seinen Ausdruck beispielsweise in der Unterstützung der umstrittenen Kampagne 10 Euro für den irakischen Widerstand der Antiimperialistischen Koordination durch einige jW-Autoren.
Diese Positionen finden auch innerhalb der Linken keine ungeteilte Zustimmung. Während beispielsweise nach Ansicht von Oskar Lafontaine die jW „die einzige deutsche Tageszeitung“ ist, „die die Besetzung des Iraks infolge eines völkerrechtswidrigen Krieges beim Namen nennt“, wirft insbesondere die sogenannte „antideutsche“ Fraktion der jW Antisemitismus und Antiamerikanismus vor.[1][2] In diesem Zusammenhang steht auch die Spaltung der Redaktion im Jahr 1997, aus der die bis heute erscheinende Wochenzeitung Jungle World hervorging.
Nach Einschätzung des Verfassungsschutzes pflegt die Zeitung „eine traditionskommunistische Ausrichtung und propagiert die Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft“; zudem wird ihr vorgeworfen, sich nicht von terroristischen Aktionen zu distanzieren[3]. Der Verfassungsschutz vertritt weiterhin die Ansicht, dass ein Großteil der Redaktion dem sogenannten linksextremistischen Spektrum zugeordnet werden kann. Seiner Ansicht nach wird in Beiträgen der jW Gewalt als Mittel im Kampf gegen „Kapitalismus und Imperialismus“ anerkannt.[4]
Blende
Die Zeitung nimmt am jährlichen bundesweiten Fotowettbewerb Blende mit einer eigenen Ausschreibung für Hobbyfotografen teil. Für drei Hauptthemen und ein Jugendthema werden Bilder prämiert und ausgestellt. Im Jahr 2006 reichten 137 Teilnehmer 657 Beiträge für die Blende ein.
Rosa-Luxemburg-Konferenz
1996 initiierte die junge Welt eine Internationale Rosa-Luxemburg-Konferenz, die seitdem mit jeweils etwa tausend Besuchern in jedem Jahr am zweiten Sonnabend im Januar organisiert wird. Schwerpunkt sind Vorträge und Diskussionen zu Erfahrungen linker Bewegungen und Parteien weltweit und die politischen Entwicklungen in Deutschland. Als Referenten wurden hierzu in der Vergangenheit u. a. Oskar Lafontaine, Evo Morales und Arnaldo Otegi eingeladen.
Internet
Seit einem Relaunch im Februar 2006 ist die junge Welt auch im Internet vollständig zu lesen, das Archiv ist für die zurückliegenden drei Monate frei zugänglich. Das Artikel-Archiv reicht bis 1997 zurück. Besucher können politische, soziale und kulturelle Veranstaltungen und Aktivitäten aus dem linken Spektrum in einem Terminkalender ankündigen. Beilagen und Serien sind ebenfalls online verfügbar. Ein RSS-Feed wird angeboten. Im Monatsdurchschnitt kam die Internetseite von junge Welt 2006 nach Eigenangaben auf 3,4 Millionen Page-Impressions.
Quellenangaben
- ↑ Max Brym: Eine Ausstellung in Schweden und die ‚Junge Welt‘, 23. Januar 2004
- ↑ Gegendarstellung und Anmerkungen, Jungle World, 17. März 1999
- ↑ Verfassungsschutzbericht 2005 des Bundes, S. 140
- ↑ http://www.verfassungsschutz.de/de/publikationen/verfassungsschutzbericht/vsbericht_2005/vsbericht_2005.pdf S.140
Weblinks
- Onlineausgabe der jungen Welt (unter anderem Archiv aller Ausgaben seit 1997)
- sechzig jahre jw – Beilage vom 13. Januar 2007 (unter anderem mit dem Geleitwort des FDJ-Vorsitzenden Erich Honecker zur ersten Ausgabe am 12. Februar 1947)