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Walter Serner

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Walter Serner (eigentlich Walter Eduard Seligmann; * 15. Januar 1889 in Karlsbad/Böhmen; † 1942 (verschollen/Theresienstadt)) war ein Essayist, Schriftsteller und Dadaist. Sein Manifest Letzte Lockerung gilt als einer der wichtigsten Dada-Texte.

Der junge Walter Seligmann konvertiert kurz nach seinem Abitur 1909 zum katholischen Glauben und nimmt den Nachnamen Serner an. Im gleichen Jahr beginnt er ein Jurastudium in Wien und veröffentlicht parallel Beiträge zu Theater und Bildender Kunst in der väterlichen Karlsbader Zeitung. 1912 siedelt er nach Berlin um und schließt 1913 sein Studium an der Universität Greifswald ab. Zu dieser Zeit publiziert er bereits regelmäßig in der Berliner Zeitschrift Die Aktion.

1914, nach seiner Übersiedlung in die Schweiz, gehört er dem Dadaisten-Kreis im Café Voltaire in Zürich an und gibt die Zeitschrift Mistral mit heraus. Er pendelt zwischen Italien, Paris, Genf und Zürich, schreibt Geschichten und Romane und verfasst 1918 das dadaistische Manifest Letzte Lockerung, manifest Dada, eine "glänzende Analyse des Zeitalters des vollendeten Nihilismus" (Jörg Drews [1]). 1920 wird das Manifest veröffentlicht, im gleichen Jahr wird er von einigen der Hauptvertretern des Dadaismus (Tzara ...) als "größenwahnsinniger Außenseiter" bezeichnet.

1919 kommt es auf der von Serner inszenierten Dada-Soiree in Genf zu einem inszenierten Duell zwischen Hans Arp und Tristan Tzara, das als Vorläufer von Aktionskunst bzw. Happenings gelten kann.

Nach seiner Abkehr von der dadaistischen Bewegung wendet sich Serner dem Schreiben von Kriminalgeschichten zu. Seine Erzählung Die Tigerin erscheint 1925 (verfilmt von Karin Howard 1992) und sorgt aufgrund seines zwielichtigen Milieus und der sexuell offensiven Sprache für einen kleinen Skandal. Nur ein Gutachten des etablierten Alfred Döblin verhindert, dass das Buch der Zensur zum Opfer fällt. Auch seine Geschichte Der Pfiff um die Ecke wird zeitweise beschlagnahmt.

1925 gibt es erste antisemitische Anwürfe gegen Serner, der einen tschechischen Pass hat und sein Reiseleben über die nächsten Jahre kontinuierlich fortsetzt; seine Bücher sind weiterhin teilweise auf der "Liste der Schund- und Schmutzschriften" oder werden nur privat per Post vertrieben. Nach 1933 werden Serners Arbeiten in Deutschland endgültig auf die "Liste 1 des schädlichen und unerwünschten Schrifttums" der Reichsschrifttumskammer gesetzt.

Er selbst zieht sich seit 1927 ins Privatleben zurück:

Dichtung ist und bleibt ein, wenn auch höherer, Schwindel. Ich lege Wert darauf, das zum ersten Mal ausgesprochen zu haben. Menschen gestalten, heißt: sie fälschen

Serner heiratet 1938 Dorothea Herz und lebt mit ihr in Prag. Ab 1939 betreibt er mehrere Versuche, nach Shanghai auszuwandern.

Am 10. August 1942 - Serner arbeitet inzwischen als Sprachenlehrer im Prager Ghetto - wird er zuerst nach Theresienstadt, wenige Tage später mit unbekanntem Bestimmungsort weiter deportiert. Sein weiteres Schicksal ist unbekannt.

Werke

  • Letzte Lockerung manifest dada, 1920
  • Zum Blauen Affen, Erzählungen, 1920
  • Der elfte Finger, Kriminalgeschichten, 1923
  • Die Tigerin, Erzählung, 1925
  • Der Pfiff um die Ecke, Kriminalgeschichten, 1925
  • Posada oder der große Coup im Hotel Ritz, Schauspiel, 1926
  • Die tückische Straße, Kriminalgeschichten, 1927
  • Letzte Lockerung. Ein Handbrevier für Hochstapler und solche die es werden wollen (erweiterte Ausgabe, 1927)

Verfügbare Ausgaben

  • Walter Serner, Das erzählerische Werk. Drei Bände, herausgegeben von Thomas Milch, München 2000 ISBN 3442902592

Texte im Internet

Sekundäres