Antisemitismus
(Versuch einer klaren einheitlichen Begriffsdefinition und Gliederung, neue Artikel inclusive)
Judenfeindlichkeit bezeichnet allgemein eine Ablehnung von Juden als Juden. Dieses Phänomen lässt sich schon in der vorchristlichen Antike nachweisen und reicht bis in die Gegenwart. Es trat jedoch historisch in verschiedenen Formen, Zusammenhängen und Begründungen auf.
Formen
Verschiedene Formen von Judenfeindlichkeit mit jeweils eigenen Hauptmerkmalen folgten in Europa historisch aufeinander:
Es gab schon in den jeweils herrschenden Großreichen - bei Ägyptern, Babyloniern, Persern, Griechen, Römern - spezifische Ablehnung der von ihnen beherrschten Juden. Ein Grund dafür war die Eigenart des Judentums: Es war die einzige Religion der Antike, die nur einen Gott akzeptierte und alle anderen Götter ablehnte. Das führte noch nicht zu einer generellen Abgrenzung, aber zu einer Reihe von religiös-politischen Konflikten in und um Israel. Sie spitzten sich seit etwa 200 v.Chr. zu, bis die Römer 70 n. Chr. den Jerusalemer Tempel zerstörten. Damit verlor das Judentum sein religiöses und staatliches Zentrum.
- 2. christlicher Antijudaismus
Dieser entstand nach dem Tod Jesu Christi um 30 im Abgrenzungsprozess von Juden und Christen. Diese schufen religiöse Deutungsmuster mit fatalen Folgen: etwa die These vom "Gottesmord", die allen Juden Schuld am Tod Jesu gab, und die "Enterbung" des Volkes Gottes zu Gunsten der Kirche. Das diente anfangs der Selbstbehauptung einer jüdischen Minderheit im Judentum, wurde dann von der heidenchristlichen Mehrheit übernommen und schließlich in eine Staatsreligion mit universalem Herrschaftsanspruch integriert. Im Mittelalter nahmen antijüdische Kirchenpolitik, Aberglaube, Kreuzzüge, Pogrome im Kontext von Pest und sozialen Missständen Züge einer systematischen Judenverfolgung an. Solche Judenfeindlichkeit bestimmte weithin Volksfrömmigkeit, Theologie und Politik der Kirchen im christlichen Abendland bis zur Französischen Revolution.
- 3. neuzeitlicher Antisemitismus
Nach 1789 erhielten nationalistische Bewegungen in Europa starken Auftrieb. Mit ihnen keimte ein neuer Rassismus auf. Religiöse Judenfeindschaft trat seit der Aufklärung immer mehr zurück. Doch Judenhass wirkte fort, suchte sich pseudowissenschaftliche Gründe und definierte Juden als "Rasse". Im Kaiserreich von 1871 bildete sich daraus ein Konglomerat rechtsgerichteter Gruppen, deren gemeinsamer Nenner die Bekämpfung, Isolierung, Vertreibung alles "Jüdischen" wurde. Das bereitete dem Nationalsozialismus den Boden und führte zuletzt zum staatlich organisierten Massenmord (Holokaust) an den europäischen Juden, aber auch an den Sinti und Roma, anderen Minderheiten sowie Millionen von Slawen.
- 4. Antizionismus und Anti-Israelismus
Der Zionismus - die organisierte Suche von Juden nach einer eigenen Heimat - rief seit seiner Entstehung um 1900 eine Gegenreaktion hervor. Diese wandte sich gegen ein Heimatrecht von Juden im Gebiet Palästinas und gegen das Existenzrecht des Staates Israel seit seiner Gründung 1948.
Die Politik dieses neuen Staates verstärkte besonders seit dem Sechs-Tage-Krieg 1967 den Hass auf alle Juden: besonders in arabischen Ländern, aber auch in Europa und anderen Teilen der Welt. Dieser findet immer neue Nahrung durch den fortdauernden Nahostkonflikt. Dabei findet man oft eine wechselseitige Beeinflussung verschiedener Motive von Judenfeindlichkeit. So gibt es heute auch einen "arabischen Antisemitismus", der eventuell als "Anti-Israelismus" einzustufen ist.
In allen Formen der Judenfeindlichkeit tauchen oft immer dieselben antijüdischen Stereotypen von "reichen", "geizigen", "neidischen", "verstockten", "schmarotzenden" und "hinterhältigen" Juden auf. Auch das Motiv einer jüdischen Weltverschwörung hält sich historisch durch. So ähneln sich auch verunglimpfende Karikaturen von Juden aus verschiedenen Zeiten.
Die Eigenarten und Zusammenhänge verschiedener Judenfeindlichkeit wurden noch unzureichend erforscht. Daher trifft man in ihrer theoretischen Beschreibung heute oft eine semantische Konfusion an: So werden antike und mittelalterliche Judenfeindschaft, aber auch heutige antizionistische und anti-israelische Haltungen oft pauschal als "Antisemitismus" eingeordnet. Damit wird ein von Judengegnern geprägter begriff übernommen und so ihr ideologischer "Rasse"-Begriff indirekt weiter unterstellt. Doch eine bessere Definition, die die Einheit in der Verschiedenheit aller Formen von Judenhass ausdrückt, wurde noch nicht gefunden. Dieser meint in stets neuer Form oder Verkleidung immer "den Juden als Juden".
Epochen
Diese erste grobe Einteilung des Themas "Judenfeindlichkeit" wird durch weitere Artikel verfeinert, die den einzelnen historischen Zeitabschnitten zugeordnet sind. Sie werden hier nur aufgelistet. Die nähere Beschreibung jedes Artikelinhalts erfolgt jeweils dort. Sachlich verwandte Themen werden unter "siehe auch" genannt.
(siehe auch: unten unter Kategorie: Judenfeindlichkeit; Mittelalter, Fettmilch-Aufstand)
Antisemitismus (seit 1789)
(siehe auch: Dreyfus-Affäre, Protokolle der Weisen von Zion, Nürnberger Rassengesetze, Reichskristallnacht, Wannseekonferenz,Holocaust, Auschwitz ...)
(siehe auch: Nahostkonflikt, Sechstagekrieg, Palästinenser, Neonazi, NPD...)
(siehe auch: Zweites Vatikanisches Konzil, jüdisch-christlicher Dialog)