Ronda

Ronda ist eine Kleinstadt in der andalusischen Provinz Málaga, auf einer Höhe von 723 m über NN in der Berglandschaft Serranía de Ronda gelegen. Die Stadt liegt bei 5.10 O und 36.44 N, 113 km nordwestlich der Provinzhauptstadt Málaga und ca. 50 km nördlich der Costa del Sol.
Die Gemeinde Ronda hat etwa 35.500 Einwohner (Zählung: 2002), Rondeños genannt, und eine Fläche von rund 480 km². Damit ist Ronda eine der größten Ortschaften unter den "weißen Dörfern" Andalusiens.
Geographie

Bekannt ist Ronda vor allem für seine Lage: die maurisch geprägte Altstadt, La Ciudad, liegt auf einem rundum steil abfallenden Felsplateau und ist vom jüngeren Stadtteil, El Mercadillo, durch eine knapp 100 m tiefe, vom Río Guadalevín gebildete Schlucht, El Tajo genannt, getrennt. Überspannt wird der Abgrund von drei Brücken, der Puente Árabe, der Puente Viejo ("Alte Brücke") und der bekanntesten, der im 18. Jahrhundert vom Architekten José Martin de Aldehuela konstruierten Puente Nuevo ("Neue Brücke").
Die Wirtschaft der Stadt ist heute zum Großteil auf den Tourismus ausgerichtet. Täglich strömen tausende Tagesbesucher von den Urlaubsorten an der Costa del Sol nach Ronda. Daneben gibt es Betriebe zur Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte und traditionell auch zur Herstellung von Möbeln.
Die Temperatur beträgt im Jahresmittel 15º C, bei 2700 Sonnenstunden und einer jährlichen Niederschlagsmenge von 648 l/m². Die Spanische Tanne (Abies pinsapo) ist endemisch in den Bergen um Ronda.
Kultur
Für Spanier ist Ronda insbesondere Wegen seiner Rolle in der Entwicklung des Stierkampfes von Bedeutung. Im 18. und 19. Jahrhundert entwickelten hier drei Generationen von Mitgliedern der Familie Romero jene Regeln, nach denen auch heute noch gekämpft wird - vom Gebrauch des Tuches, dem Kampf des Toreros nicht mehr zu Pferd sondern zu Fuß, bis hin zu Stil und Posen - Escuela Rondeña ("Ronda-Schule") genannt.
Die Stierkampfarena in Ronda, erbaut in den Jahren 1779-1785 - wie auch die Puente Nuevo von José Martin de Aldehuela - ist eine der ältesten und größten Spaniens und gilt als Geburtsstätte des Stierkampfes in seiner heute üblichen Form.
Im 19. und 20. Jahrhundert besuchten eine Reihe internationaler Künstler Ronda und verbrachten mitunter auch lange Zeit in der Stadt, darunter waren zum Beispiel: Gustave Doré, Rainer Maria Rilke (Dezember 1912 bis Februar 1913) und Ernest Hemingway (1923). In Hemingways Roman "Wem die Stunde schlägt" findet sich im 10. Kapitel die Geschichte der Ermordung der Faschisten einer kleinen Stadt, die vom Hauptplatz in eine tiefe Schlucht gestoßen werden. Die Beschreibung nimmt Bezug auf tatsächliche Vorgänge in Ronda zur Zeit des spanischen Bürgerkrieges. Orson Welles verbrachte als 18 jähriger einen Sommer in Ronda und war so beeindruckt von der Stadt und, wie schon Hemingway, insbesondere den Stierkämpfen, dass seine Asche, gemäß seinem Wunsch, dort in der Nähe der Stierkampfarena begraben liegt. Auch die Schauspielerin Ava Gardner lebte, nach ihrer Scheidung von Frank Sinatra, in den 1950ern für kurze Zeit in Ronda. 1984 verfilmte dort Francesco Rosi die Oper Carmen mit Julia Migenes und Placido Domingo.
Geschichte
Frühgeschichte
Früheste Spuren einer Besiedlung der Region stammen bereits aus der Altsteinzeit. Rund 20 km südwestlich der Stadt ist die Cueva de la Pileta zu finden, eine rund 2 km lange Höhle mit Höhlenmalereien, die auf die Zeit zwischen 18.000 und 15.000 Jahren v. Chr. datiert wurden. Während in diesen Malereien vor allem Tiere (Ziegen, Pferde, Fische etc.) dargestellt wurden, befinden sich in anderen Bereichen der Höhle jüngere Malereien aus der Jungsteinzeit, etwa 5000 v. Chr., die mehr geometrische und abstrakte Figuren zeigen. Im 1. Jahrtausend v. Chr. siedelten Iberer und Kelten in der Region, die auch Handelsbeziehungen zu den Phöniziern und Griechen unterhielten.
Römisches Reich
Der erste überlieferte Name für die Ortschaft stammt schließlich von den Römern: Arundo, das sowohl von Plinius dem Jüngeren als auch von Ptolemäus in ihren Schriften erwähnt wird. 132 v. Chr. ließ Scipio eine befestigte Anlage errichten. Die wichtigste Stadt der Römer in der Region war allerdings nicht Arundo, sondern das etwa 20 km nordwestlich gelegene Acinipo, das auch heute noch als römische Ruine, unter anderem mit einem Amphitheater für 2000 Personen, besichtigt werden kann. Während des Bürgerkrieges in Rom zu Beginn des ersten Jahrhunderts v. Chr. ließ der Feldherr Quintus Sertorius Arundo zerstören. Im Jahr 45 v. Chr. wiederum wurde ein Tempel zur Erinnerung an den Sieg Julius Caesars über die Brüder Gnaeus Pompeius den Jüngeren und Sextus Pompeius errichtet. Im Jahr 429, zu der Zeit, als die Herrschaft Roms auf der iberischen Halbinsel zu Ende ging, wurde Acinipo zerstört. Und auch Arundo wurde schließlich, trotz der vermeintlich unneinehmbaren Lage auf dem Felsplateau, geplündert.
Den Römern folgten für kurze Zeit Byzantiner die sich im großteils zerstörten Acinipo niederließen und es in Runda umbenannten. Um die Mitte des 1. Jahrtausends eroberten erst die gemeinsam einwandernden Wandalen, Alanen und Sueben das Land, wurden aber bald von den mit Rom verbündeten Westgoten (siehe auch: Völkerwanderung) vertrieben. Diese zerstörten nun ihrerseits die Stadt, die heute als Ronda el Viejo, das "alte Ronda", bekannt ist.
Al-Andalus

Zu Beginn des 8. Jahrhunderts drangen, aus Nordafrika kommend, die Mauren auf die iberische Halbinsel vor. Im Jahr 713, zwei Jahre nach Beginn ihrer Eroberungen, besetzte Abdul Aziz, der Statthalter in Al-Andalus, das frühere Arunda und ließ eine Burg auf den Ruinen der römischen Befestigungsanlagen errichten die nun Izna-Rand-Onda, "Stadt der Burg", genannt wurde. Izna-Rand-Onda wurde Hauptstadt von Takoronna, eines der fünf Verwaltungsbezirke (Kora/s) in die Al-Andalus unterteilt worden war.
Im Zuge der Konflikte zwischen den Umayyaden, den Berbern und den, in den Norden der Halbinsel zurückgedrängten, Westgoten, wechselten auch in Ronda im Verlauf der Jahrhunderte der maurischen Herrschaft immer wieder die Herrschaftsverhältnisse. Als das Emirat von Cordoba, also das maurische Spanien, im 11. Jahrhundert in eine Reihe rivalisierender Königreiche (Taifa/s) zerfiel kam in Izna-Rand-Onda Abú-Nur an die Macht. Er gründete das Königreich Banu Ifrán, das in seiner Ausdehnung etwa dem früheren Takoronna entsprach. Die Haupstadt wurde in dieser Zeit in Madinat Ronda umbenannt und die Verteidigungsanlagen der Stadt weiter ausgebaut. Sein Sohn und Nachfolger, Abú Nasar, wurde im Auftrag des Königs der Taifa von Sevilla ermordet, womit Ronda, wie auch Arcos de la Frontera and Morón, an Sevilla fielen.
1086 riefen die Könige der Taifas die nordafrikanischen Almoráviden, orthodoxe sunnitische Berber aus dem Gebiet des heutigen Marokko und Algerien, zu Hilfe um gegen die christlichen Königreiche im Norden zu kämpfen. Der Kampf war zwar weitgehend erfolgreich, allerdings übernahmen die Almoráviden, in deren Augen die Taifa-Königreiche zu dekadent und zu wenig orthodox lebten, nun selbst die Macht in Al-Andalus. Ihre Herrschaft dauerte kaum hundert Jahre. 1147 eroberten die Almohaden, nachdem sie bereits ganz Nordwestafrika (heute: Marokko, Algerien, Tunesien, siehe auch: Maghreb) erobert hatten, auch Al-Andalus. Im Jahr 1212 kam es schließlich zu einer entscheidenden Schlacht zwischen den christlichen Heeren und den Almohaden bei Las Navas de Tolosa, in der die Mauren unterlagen. In der Folge verblieb nur noch das nasridische Königreich von Grenada als letztes islamisches Reich auf der iberischen Halbinsel. Ronda war eine der westlichsten Städte dieses Reiches. 1485, einem Jahr in dem die Christen im Zuge der Reconquista eine ganze Reihe von Städten eroberten, fiel auch Ronda an sie. Die Verteidiger waren geschwächt, da ein Großteil der Truppen auf Grund einer Fehlinformation, dass Málaga von den christlichen Heeren angegriffen werden sollte, dorthin abgezogen waren. Nachdem die Belagerer die Wasserversorgung der Stadt unter ihre Kontrolle gebracht hatten, kapitulierten die Verteidiger nach mehrwöchiger Belagerung.
Spanien

König Ferdinand II. gewährte den maurischen Bewohnern der Stadt freien Abzug, aber sie mussten Ronda verlassen. Jene, die die Kapitulation arrangiert hatten, wurden nach Alcalá de Guadaira (Provinz Sevilla) gebracht, wo ihnen die Häuser und Ländereien von Juden übergeben wurden, die zuvor im Zuge der Inquisition von den Christen konfisziert worden waren. Die Häuser und Länderein in Ronda wurden unter den katholischen Eroberern verteilt. Die letzten verbliebenen Muslime wurden 1570 verbannt, nachdem sie einen Aufstand gegen die Unterdrückung durch die neuen Herrscher versucht hatte. Als letzte Zeugen der maurischen Herrschaft in Ronda sind heute, neben dem verwinkelten Straßennetz der Altstadt, die Baños Árabes (arabischen Bäder), die Brücke Puente Viejo, zwei Paläste, Casa del Gigante und Palacio de Mondragón, und einige kleinere Gebäude wie das früherer Minarett Alminar de San Sebastián übrig geblieben.
Nach der Eroberung Rondas begannen die neuen Einwohner mit der weitgehenden Umgestaltung der Stadt. Moscheen wurden niedergerissen und an deren Stelle Kirchen errichtet. Minarette wurden zu Glockentürmen umgebaut. Zur maurischen Altstadt, nun als La Ciudad bekannt, kam im Norden, jenseits der El Tajo genannten Schlucht, ein neuer Stadtteil: El Mercadillo ("der Markt"). Im Süden entstand schließlich der Barrio de San Francisco als Erweiterung der Altstadt, ein ursprünglich kleiner Markt um die Steuern zu umgehen, die bezahlt werden mussten um Waren nach La Ciudad zu bringen. 1580 erschütterte ein schweres Erdbeben die Stadt und zerstörte eine ganze Reihe von Bauwerken, die nur zum Teil wiedererrichtet und in den meisten Fällen durch neue Gebäude ersetzt wurden.
Die folgenden Jahrhunderte waren für Ronda zwar eine weitgehend friedliche Periode, in der die Stadt sich weiter entwickelte. Spanien wurde durch die Eroberung von Kolonien, vor allem in Mittel- und Südamerika, zu einer Weltmacht. Ronda blieb jedoch von nur regionaler Bedeutung und konnte nicht in dem Maße vom spanischen Kolonialreich in Amerika profitieren wie die Hafen- und Handelsstädte Cádiz und Sevilla.
Mitte des 18. Jahrhunderts wurden zwei der prägendsten Bauwerke Rondas errichtet: die große Brücke über die Schlucht zwischen alter und neuer Stadt, El Puente Nuevo, und die Stierkampfarena. Ebenfalls ab dem 18. Jahrhundert entwickelten drei Generationen der Familie Romero - Francisco, Juan und Pedro - alle geboren in Ronda, die Regeln des modernen Stierkampfes.
Nachdem Spanien im 18. und frühen 19. Jahrhundert den Großteil seiner Kolonien verloren hatte, damit auch auf die Enkünfte von dort verzichten mußte, und auch in Europa eine Reihe schwerer militärischer Niederlagen erlitt, war es schließlich so geschwächt, dass 1808 auf Druck Napoléons dessen Bruder Joseph Bonaparte den spanischen Thron besteigen konnte. Am 10. Februar 1810 marschierten seine Truppen in Ronda ein um dort bis zum Frühling zu rasten. Sie bleiben für zwei Jahre und sprengten, als sie abzogen, die Burg und Teile der Stadtmauern. 1813 erlangte Spanien wieder seine Unabhängigkeit.
Im spanischen Bürgerkrieg (1936-1939), kam es wiederum zu Zerstörungen in der Stadt. Die Bewohner Rondas waren überwiegend Republikaner und da die katholische Kirche zu den Verbündeten Francos gehörte, waren vor allem die Kirchen Ziele von Zerstörungen. Am 16. September 1936 wurde die Stadt von den Nationalisten unter General Varela eingenommen. Republikaner, die nicht rechtzeitig nach Málaga fliehen konnten, wurden standrechtlich hingerichtet. Einige denen die Flucht gelungen war führten noch bis 1952 aus den Bergen der Umgebung einen Guerillakampf gegen die Diktatur Francos.
Waren schon im 19. und frühen 20. Jahrhundert Reisenden nach Ronda gekommen, darunter Künstler wie Doré oder Rilke, wurde es ab den 1960ern wiederum allmählich zum Ziel von Touristen. Neben der außergewöhnlichen Lage der Stadt auf dem Felsplateau, trug vor allem die Bedeutung Rondas als Geburtsstätte des modernen Stierkampfes zu seiner Anziehungskraft bei. Heute ist Ronda eines der bedeutendsten touristischen Ziele Südspaniens neben den Küstenregionen.
Siehe auch: Geschichte Spaniens
Weblinks
Literatur
Prosper Mérimée wählte Ronda und die umliegende Region als Schauplatz seiner Erzählung Carmen (in der darauf basierenden Oper wurde die Handlung nach Sevilla verlegt).
Rainer Maria Rilke verfasste während seines Aufenthalts in Ronda (Dezember 1912 bis Februar 1913) eine Reihe von Gedichten:
- "Die sechste Elegie" (begonnen im Dezember 1912, beendet 1922)
- "Unendlich staun ich euch an" (Jahreswende 1912/13)
- "Ich Wissender: oh der ich eingeweiht" (Anfang Januar 1913)
- "Die spanische Trilogie" (Anfang Januar 1913)
- "Himmelfahrt Mariae" (Mitte Januar 1913)
- "An den Engel" (Mitte Januar 1913)
- "Auferweckung des Lazarus" (Januar 1913)
- "Dass ich, entartet meinem Tod" (Januar 1913)
- "Der Geist Ariel" (Jan./Feb. 1913)
- "Da rauscht der Bach" (Februar 1913)
- "Die weißen Häuser hin ein Überfließen" (Februar 1913)
- "Wird mir nichts Nächstes? Soll ich nur noch verweilen" (Februar 1913)
Ernest Hemingway machte Ronda in zweien seiner Werken zum Schauplatz des Geschehens:
- "Death in the Afternoon" (dt.: "Tod am Nachmittag"), 1932 - Essay über den Stierkampf und seine Geschichte
- "For Whom the Bell tolls" (dt.: "Wem die Stunde schlägt"), 1940 - Roman zum spanischen Bürgerkrieg
James Joyce machte Ronda im Ulysses zu einem Teil der Erinnerungen im inneren Monolog Molly Blooms:

- " [...] and those handsome Moors all in white and turbens like kings asking you to sit down in their little bit of a shop and Ronda with the old windows or the posadas glancing eyes a lattice hid for her lover to kiss the iron and the wineshops half open at night and the castanets and the night we missed the boat at Algeciras the watchman going about serene with his lamp and O that awful deepdown torrent [...] "
- " [...] und die hübschen Mauren alle ganz in weiß und mit Turbanen wie Könige wie sie einen baten man soll doch Platz nehmen in ihren winzig kleinen Lädchen und Ronda mit den alten Fenstern der posadas hinterm Gitter zweier Augen Glanz für ihren Liebhaber dass er das Eisen küsst und die Weinhandlungen die immer halb offen hatten nachts und die Kastagnetten und an dem Abend wo wird das Fährschiff in Algeciras verpasst hatten der Wächter wie er so heiter und alles in Ordnung herumging mit seiner Laterne und oh der reißend tiefe Strom [...] " (Übersetzung: Hans Wollschläger)