Ehud Olmert
Ehud Olmert (hebr: אהוד אולמרט; * 30. September 1945 in Binjamina) ist ein israelischer Politiker (Kadima) und seit 11. April 2006 Ministerpräsident Israels. Die Amtsgeschäfte führte er schon seit dem Abend des 4. Januar 2006, nachdem Ariel Scharon einen schweren Schlaganfall erlitten hatte und am 11. April formal für regierungsunfähig erklärt wurde.

(Antônio Milena/ABr)
Leben
Olmert stammt aus einer russischen Einwandererfamilie. Sein Vater ist in China aufgewachsen. Er diente bei den israelischen Streitkräften als Offizier in einer Infanteriekampfeinheit und war Militärkorrespondent für das Armee-Journal BaMachane. Er hat an der Hebräischen Universität von Jerusalem mit Abschlüssen in Psychologie, Philosophie und Jura graduiert. Er praktizierte selbst als Anwalt.
Olmert ist mit der Künstlerin Alisa Olmert verheiratet und hat vier Kinder. Er spricht hebräisch und englisch.
Politik
Ehud Olmert wurde erstmals im Jahre 1973 für den Likud in die achte Knesset gewählt und wurde siebenmal hintereinander wiedergewählt. Er war im Geschäftsordnungs-, Verfassungs-, Justiz-, Staatskontroll-, Außen-/Verteidigungs-, Finanz-, Erziehung-/Kultur- und Innen-/Umweltausschuss vertreten. Seiner Partei diente er als Schatzmeister. 1999 forderte Olmert Ariel Scharon als Parteivorsitzender des Likud heraus, scheiterte jedoch bei den parteiinternen Wahlen. Weil ihm das viele Likud-Mitglieder übelnahmen, zog er knapp auf einem der hinteren Listenplätze ins Parlament ein.
In den Jahren 1981-1988 war Olmert als das Knessetmitglied mit dem dritthöchsten Dienstalter das rangälteste Mitglied des prestigeträchtigen Auslands- und Sicherheitsausschusses. Während seiner Karriere als Mitglied der Knesset war er als Minister ohne Portfolio in dem Kabinett unter Jitzhak Schamir (12. Knesset/23. Regierung) für Minderheiten zuständig, später wurde er Gesundheitsminister (24. Regierung). Seine Zeit als Gesundheitsminister ist wegen der weitreichenden Reformen des Gesundheitssystems, die er initiierte, in Erinnerung geblieben.
Bürgermeister Jerusalems:
Im November des Jahres 1993 schlug Olmert seinen legendären Gegenkandidaten Teddy Kollek und wurde mit einer Mehrheit von 60% Bürgermeister Jerusalems. Während seiner ersten Amtsperiode geriet der Status Jerusalems durch Eröffnung des Viertels Har Choma und eines antiken Tunnels unter dem Tempelberg ins Blickfeld des öffentlichen Interesses. Olmert verfocht zu diesem Zeitpunkt den Standpunkt Großisraels einschließlich der Integrität ganz Jerusalems unter israelischer Kontrolle und lehnte jede Konzession an die Palästinenser ab, die Ostjerusalem als Hauptstadt eines künftigen palästinensischen Staates beanspruchen. Diese ideologische Ausrichtung schlug sich auch in seiner Politik nieder. Konsequent führte er eine harte Politik der Ausbürgerung von Palästinensern aus dem Ostteil der Stadt durch. Olmert nimmt für sich in Anspruch, viele Initiativen und Verbesserungen großer Stadtprojekte in Angriff genommen zu haben. Während seiner neun Jahre im Amt bemühte sich Olmert um die Entwicklung und Verbesserung des städtischen Erziehungssystems, welches das größte und teuerste in ganz Israel ist. Zudem wurde mit großem materiellen Aufwand die Infrastruktur verbessert.
Ehud Olmert gab im November 1998, nach der Einführung eines Gesetzes, das es den Mitgliedern der Knesset verbietet, gleichzeitig öffentliche Ämter zu bekleiden und nachdem er als Bürgermeister von Jerusalem mit einer Mehrheit von 62% wiedergewählt worden war, sein Knessetmandat zurück. Nach seiner Wiederwahl in die Knesset im Jahre 2003 gab er im Februar 2003 sein Amt als Bürgermeister auf.
Industrie-, Handelsminister und stellvertretender Ministerpräsident: 2003 - 2006
Im Februar 2003 wurde Ehud Olmert zum Industrie-/ und Handelsminister sowie zum stellvertretenden Ministerpräsidenten ernannt (16. Knesset, 30. Regierung). Seit dem 29. September 2003 ist er auch Kommunikationsminister. In dieser Funktion unterstützt er den Abzugsplan Israels aus Teilen der besetzten Gebiete. Er ist wie Scharon von der Ideologie eines Großisrael abgerückt und tritt dafür ein, dass der israelische Staat einseitig seine Grenzen endgültig festlegt. Olmert galt als enger Vertrauter Ariel Scharons und wird als sein Sprachrohr gesehen.
Am 7. August 2005 übernahm er nach dem Rücktritt Benjamin Netanjahus zusätzlich die Leitung des Finanzministeriums. Nach der Neugründung der Kadima-Partei durch Ariel Scharon ist auch Olmert in diese Partei gewechselt und aus dem Likud ausgetreten. Am 16. Januar 2006 wurde Olmert auf einer Delegiertenkonferenz zu dem Vorsitzenden der Kadima gewählt.
Ministerpräsident: ab 2006

Nach Ariel Scharons schwerem Schlaganfall am 4. Januar 2006 hat Olmert die Regierungsgeschäfte als Ministerpräsident vorläufig übernommen. Zwar verfügt er nicht über das väterliche Image Scharons und ihm wird gelegentlich Arroganz vorgeworfen, aber er gewann die Wahlen von 2006 und wurde als Ministerpräsident bestätigt. Am Wahlabend erklärte er vor Anhängern in Jerusalem: Ich bin bereit, den Traum von einem Großisrael aufzugeben. Dies bedeutet, dass er die Grenzen Israels bis 2010 ohne Kooperation mit den Palästinensern endgültig festlegen will, auch indem er Siedlungen im Westjordanland aufgibt, wovon rund ein Drittel der heute dort lebenden 240.000 Siedler betroffen wäre. Nachdem sich seit der Wahl der Hamas in Palästina die Lage dort bürgerkriegsähnlich zuspitzt, hat Olmert - befristet auf 1 Jahr - Verhandlungen angeboten, welche als Grundlage seinen sogenannten Konvergenz-Plan haben sollen. Darin wird den Palästinensern ein eigener Staat angeboten, gegen u.a. die Zustimmung zu den großen Gebietsverlusten, die durch den rechtswidrigen Verlauf des von Israel errichteten Grenzzauns und den Ausbau einiger Siedlungen weiter verfestigt worden sind.
Nach der Tötung dreier und Entführung zweier israelischer Soldaten durch die Hisbollah begann die israelische Armee unter dem Oberbefehl Olmerts mit der Bombardierung libanesischer Ziele, später folgte auch ein Vormarsch von Bodentruppen. Olmert, seinem Verteidigungsminister Amir Peretz sowie Dan Halutz wurden nach dem Waffenstillstand sowohl von Friedensgruppen und Menschenrechtsorganisationen schwere Vorwürfe gemacht: Die israelische Armee habe Streubomben eingesetzt und zivile Ziele und Einrichtungen der UN angegriffen, während israelische Medien, die Opposition und enttäuschte Kriegsteilnehmer ihm mangelnde Planung und das Scheitern seiner Taktik vorwerfen: Die israelischen Soldaten befinden sich immer noch in der Hand ihrer Entführer und die Hisbollah konnte nicht entwaffnet werden, obwohl über 100 Israelis und 1600 Libanesen in dem Konflikt ihr Leben ließen. Israels Ansehen hat sich außerdem vor allem in der muslimischen Welt weiter verschlechtert. Deshalb wurden auch Forderungen nach dem Rücktritt der Regierung laut. Olmert sprach sich für die Beteiligung deutscher Soldaten an einer Friedenstruppe im Südlibanon aus. "Ich habe Kanzlerin Angela Merkel mitgeteilt, dass wir absolut kein Problem haben mit deutschen Soldaten im Südlibanon", sagte er am 3. August der "Süddeutschen Zeitung". Israel habe zurzeit keinen besseren Freund als Deutschland. Gleichzeitig mit dem Feldzug im Libanon und in der Zeit danach ging Israel auch gegen militante Palästinenser im Gazastreifen vor, wobei in Beit Hanun versehentlich 18 Zivilisten getötet wurden, was wiederum heftige internationale Kritik hervorrief. Durch die Aufnahme der rechtsgerichteten Partei Israel Beitenu des umstritennen Politikers Avigdor Lieberman vergrößerte Olmert die parlamentarische Mehrheit seiner Großen Koalition, dieser „Rechtsruck“ wurde international überwiegend mit Besorgnis aufgenommen.
Atomwaffen
Bei seinem ersten Besuch in Deutschland zählte Ehud Olmert in einem Interview mit dem Nachrichtensender N24 Israel in einer Reihe mit den Atommächten Frankreich, den USA und Russland auf. Dies wurde als indirekte Bestätigung der Existenz israelischer Atomwaffen gedeutet.[1] Eine solche Interpretation wurde von der israelischen Regierung umgehend zurückgewiesen. Israel hat sich noch nie geäußert, ob es Atommacht sei oder nicht. Die offizielle Sprachregelung lautet, dass Israel nicht als erster Staat Atomwaffen im Nahen Osten einführen wird.
Quellen
Weblinks
- Ehud Olmert (knessetupdate.com)
- Porträt: Ehud Olmert. Vorreiter bei Gaza-Rückzug und Likud-Austritt (Tagesschau, 6. Januar 2006)
- Wer ist Ehud Olmert? (haGalil)
- Yoel Marcus: Hold your horses (Ha'aretz, 20. Januar 2006 - Über Olmerts Rhetorik im Konflikt mit dem Iran)
- Tom Segev: Olmert's True Colors (Ha'aretz, 12. Oktober 2006)
Personendaten | |
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NAME | Olmert, Ehud |
KURZBESCHREIBUNG | israelischer Politiker |
GEBURTSDATUM | 30. September 1945 |
GEBURTSORT | Binjamina |