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Freie Software

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Offizielles Logo der Free Software Foundation
Datei:Richard Matthew Stallman.jpeg
Richard Stallman
Linus Torvalds
Lawrence Lessig

Freie Software ist die Software, deren Lizenzen es ausdrücklich erlauben, sie für jeden Zweck zu nutzen, zu studieren, zu verändern und in ursprünglicher bzw. geänderter Form weiter zu verbreiten. Der Quelltext muss hierzu vom Urheber zur Verfügung gestellt werden. Lizenzen, die diese Freiheiten nicht gewähren, werden im Gegenzug als proprietär oder auch unfrei bezeichnet. Der Begriff „Freie Software“ erlaubt auch den Verkauf von so deklarierter Software, solange dem Käufer die genannten Rechte, einschließlich der Möglichkeit zur kostenlosen Weiterverbreitung, gewährt werden.

Der Begriff „Frei“ bezieht sich also nicht auf den Kostenaspekt, wie das englische "free" in der Bedeutung „gratis“ bzw. „kostenlos“ vermuten lässt, sondern auf die genannten Freiheiten, die Nutzer und Programmierer an der Software haben. Richard Stallman, der Begründer der Freie-Software-Bewegung, prägte den Ausspruch: “Free as in ‘freedom’, not as in ‘free beer’” („Frei wie ‚Freiheit‘, nicht wie ‚Freibier‘“). Wegen seiner diesbezüglichen Unzweideutigkeit hat auch der Begriff "software libre" eine gewisse Verbreitung gefunden.

Freie Software ist deutlich zu unterscheiden von „Freeware“, die dem Benutzer zwar kostenlose Nutzungsrechte einräumt, ihm jedoch im allgemeinen keine sonderlich weit reichenden Freiheiten, insbesondere nicht, das Programm zu verändern, gewährt. Der Begriff Freie Software ist ebenfalls zu unterscheiden vom Begriff Open Source Software, der eher eine Betonung auf die praktischen Aspekte der gemeinschaftlichen Entwicklung legt und deren vielfältige Überlegenheit behauptet, statt wie Freie Software den moralischen Wert der Freiheit für den Benutzer zu betonen. Da in den meisten Fällen beide Begriffe zutreffend sind und sich nur in der Betonung verschiedener Aspekte unterscheiden, sind auch Mischformen wie Free/Libre Open Source Software entstanden, die versuchen, beiden Sichtweisen gerecht zu werden.

Geschichte

Entwicklungen im Vorfeld

1931 gründete Thomas J. Watson Sr. von IBM ein Methods Research Department um das Wissen zum Betrieb seiner Datenverarbeitungsverfahren zu sammeln und effektiv mit seinen Kunden zu teilen [1], was IBM mit den Nutzergruppen SHARE und GUIDE für seine Mainframe-Programmierung fortführte[2]. Software wurde von IBM bis 1970 kostenlos und mit freiem Quellcode zur Verfügung gestellt.[3] Zwischen 1960 und 1970 etablierte sich unter anderem an akademischen US-Einrichtungen (Stanford, Berkeley, Carnegie Mellon und MIT) eine „Hacker-Kultur“, für die es selbstverständlich war, ihre Software-Verbesserungen mit anderen Programmierern zu teilen. Programmierer tauschten die Software dabei frei untereinander aus und gaben häufig den entsprechenden Quelltext weiter. Insbesondere in großen Benutzergruppen wie der DEC User Group (DECUS) war das üblich. Es war auch gängige Praxis, den Quelltext der mit Computersystemen ausgelieferten Software mitzuliefern. Dadurch kamen viele Vorschläge für Verbesserungen und Fehlerkorrekturen zu den Computerherstellern zurück. Software wurde als Zugabe zu Computern gesehen, um diese nutzbar zu machen.

Am 23 Juni 1969 [4] kündigte IBM neue Regeln für die Nutzung und Wartung seiner Software, getrennt von den Hardware-Nutzungsbedingungen an. Für Software wurde urheberrechtlicher Schutz in Verbindung mit Lizenzverträgen eingeführt.[5] Die bislange freie Dienstleistung zur Wartung und Weiterentwicklung von Software wurde gesondert berechnet, was einen eigenen Wirtschaftsmarkt für diesen Dienstleistungssektor begründete. In den späten 1970er Jahren begannen auch andere Firmen, „Softwarelizenzen“ einzuführen, welche den Nutzen, die Weitergabe und die Möglichkeit der Veränderung der Programme einschränkte. Außerdem wurden viele Programme nicht mehr im Quelltext geliefert, sondern nur noch in maschinenlesbarer Form, zum Schutz der Software durch Geschäftsgeheimnis, was eine Veränderung nahezu unmöglich machte. Zusätzlich wurde es mit dem Aufkommen von finanzierbaren Mikrocomputern von IBM, Apple, Atari oder Commodore üblich, Software getrennt von Computer-Hardware zu verkaufen und den Quelltext vor der Konkurrenz zu verbergen, die Software wurde somit proprietär. Immer mehr Hacker wurden von den Softwarefirmen angestellt, und die bisher wahrgenommenen Freiheiten wurden stark eingeschränkt, Software wurde zu einem künstlich verknappten Gut.

In diese Zeit fiel die Arbeit von Richard Stallman am „AI Lab“ (Abteilung für Künstliche Intelligenz) des Massachusetts Institute of Technology. Als dort ebenfalls proprietäre Software in den Laboren eingeführt wurde, bemühte Stallman sich darum, durch das Programmieren alternativer Software eine Monopolstellung proprietärer Anbieter zu verhindern. Er folgte damit seinen Prinzipien einer wissenschaftlichen Zusammenarbeit, die einen freien und ungehinderten Austausch von Software vorsahen.

„Mit dem Verlust meiner Gemeinschaft war es unmöglich, weiterzumachen wie zuvor. Stattdessen stand ich vor einer gänzlich moralischen Entscheidung.
Die einfache Wahl wäre gewesen, der proprietären Software-Welt beizutreten, Vertraulichkeitsvereinbarungen zu unterzeichnen und zu versprechen, meinen Mit-Hackern nicht zu helfen. Sehr wahrscheinlich würde ich auch Software entwickeln, die unter Vertraulichkeitsvereinbarungen ausgegeben würde, und so den Druck auf andere Leute erhöhen, ihre Kameraden auch zu verraten.
Ich hätte auf diese Art Geld machen und mich vielleicht mit dem Schreiben von Code vergnügen können. Aber ich wusste, dass ich am Ende meiner Karriere auf Jahre des Bauens von Wänden, um die Menschen zu teilen, zurückblicken würde, und ich würde das Gefühl haben, dass ich mein Leben damit verbracht hatte, die Welt zu einen schlechteren Ort zu machen. […]
Eine andere Wahl, direkt aber unerfreulich, war, das Gebiet der Computer zu verlassen. Auf diese Art würden meine Fähigkeiten nicht missbraucht, aber sie würden dennoch verschwendet werden. Ich wäre nicht schuld, Computer-Nutzer zu trennen und zu begrenzen, aber es würde trotzdem passieren.
Also suchte ich nach einem Weg, auf dem ein Programmierer etwas Gutes tun kann. Ich fragte mich selbst: Gibt es ein Programm oder Programme, die ich schreiben könnte, um wieder eine Gemeinschaft möglich zu machen?“ [6]

Die Geburt Freier Software

Im Jahre 1983 entschied sich dann die Firma AT&T, eine proprietäre Version ihres Unix auf den Markt zu bringen: UNIX System V. Da nun eine frei verfügbare Version von Unix fehlte, entschied sich Stallman, einen freien Unix-Klon zu erstellen, und kündigte im September 1983 das GNU-Projekt an, das die Schaffung des Klons zum Ziel hatte [7]. Um Lizenzen für die Software erstellen zu können, welche die Idee der Freiheit mitbringen würden, entwarf er das Copyleft-Prinzip, und wandte darauf aufbauende Lizenzen auf die geschriebene GNU-Software an. 1985 folgte die Gründung der gemeinnützigen Stiftung Free Software Foundation (FSF), die der Förderung und Entwicklung von GNU und Freier Software dienen sollte. Da aber für verschiedene Softwareprojekte verschiedene Lizenzen bestanden, fasste Stallman 1989 die einzelnen Lizenzen zu einer einzigen Lizenz zusammen, der GNU General Public License (GPL). Die GPL ist die heute meist verbreitete Lizenz für Freie Software.

Einen neuen Aufschwung erlebte die Freie Software, als Linus Torvalds 1993 den von ihm geschriebenen Linux-Kernel unter die GPL stellte. Mit der dann stattfindenden rasanten Entwicklung von Linux und dessen Verbreitung wurde Freie Software von immer mehr Menschen genutzt.

1997 veröffentlichte Eric S. Raymond das Essay „Die Kathedrale und der Basar“. Die Veröffentlichung veranlasste die Firma Netscape Communications Corporation dazu, den Quelltext des Netscape Navigators freizugeben, aus dem dann später der Webbrowser Mozilla Firefox wurde. Nach der Veröffentlichung gründeten Raymond, Bruce Perens und Tim O’Reilly die Open Source Initiative mit dem Ziel, den Begriff der „Freien Software“ durch den Begriff „Open Source“ abzulösen, da dieser weniger ideologisch belastet sei. Dies führte zu einem Streit mit Richard Stallman, der den Begriff „Open Source“ ablehnte. Bis heute sorgen die beiden Bezeichnungen immer wieder für Verwirrung und Unstimmigkeiten zwischen den jeweiligen Unterstützern.

Lizenzen bzw. Haftung

Richard Stallman und die Free Software Foundation (FSF) definieren Software als frei, wenn ihre Lizenz folgende Freiheiten einräumt:

  • Freiheit 1: Das Programm zu jedem Zweck auszuführen.
  • Freiheit 2: Das Programm zu studieren und zu verändern.
  • Freiheit 3: Das Programm zu verbreiten.
  • Freiheit 4: Das Programm zu verbessern und zu verbreiten, um damit einen Nutzen für die Gemeinschaft zu erzeugen.

Für die Freiheiten (2) und (4) ist der Zugang zum Quelltext Voraussetzung, sonst wird das Verändern eines Programms schwierig bis unmöglich. Sind eine oder mehrere dieser Bedingungen nicht erfüllt, wird die Software als proprietär oder unfrei bezeichnet.

Es gibt verschiedene Typen von Lizenzen, die die Kriterien Freier Software erfüllen:

  • Copyleft-Lizenzen, die GNU General Public License (GPL) ist die am häufigsten verwendete. Der Autor behält das Copyright, und es sind Klauseln enthalten, dass veränderte und weitergegebene Software frei bleibt. Auch der Quellcode muss zur Verfügung gestellt werden.
  • Gemeinfreiheit-Lizenzen. Der Autor verzichtet auf das Copyright. Damit kann jeder alles mit der Software machen, sie etwa in eigene Programme einbauen oder verkaufen.
  • Bei BSD-artigen Lizenzen behält der Autor das Copyright. Diese dem Grundsatz „Ehre, wem Ehre gebührt“ folgende Lizenz enthält den Namen des Autor und oft auch eine Haftungsbeschränkung. Veränderung und Weitergabe in jeder Form ist erlaubt, d. h. sie darf auch in proprietäre Software eingebaut werden. In diese Klasse fallen die Apache-Lizenz und die MIT-Lizenz.

Freie-Software-Bewegung und Open Source

Der Ausdruck „Freie Software“ wird allgemein als Synonym für „Open-Source-Software“ (OSS) verwendet, wenn auch die Verfechter der jeweiligen Begriffe verschiedene Schwerpunkte setzen. Obwohl weitgehende Einigkeit besteht, kritisiert die Free Software Foundation an der jüngeren Open-Source-Bewegung unter anderem, dass der Begriff „Open Source“ Unklarheiten schaffe und sich nur an technischen, nicht aber an sozialethischen Fragen orientiere.

Die genauen Hintergründe sind im Kapitel Begriffsproblem Freie Software im Artikel Open Source erläutert.

Bekannte Persönlichkeiten

Derzeit (Januar 2006) sind knapp 4.500 GNU-Pakete im „Free Software Directory“ eingetragen [8], welches 1999 ebenfalls als ein Projekt der FSF startete. Einige der wichtigsten Projekte sind:

Bedeutung und Patente

Freie Software kann, gemäß den vier Freiheiten, nahezu beliebig kopiert und weitergegeben werden. Eine Restriktion des freien Kopierens und der freien Weitergabe ist mit dem Begriff der Freien Software nicht vereinbar. Freie Software muss dabei aber nicht zwingend kostenlos sein, sondern kann auch verkauft werden. Dabei muss aber stets der Quelltext frei zur Verfügung gestellt werden. Bei diesem Geschäftsmodell steht also nicht mehr das Endprodukt auf dem Datenträger (Computerprogrammprodukt) im Vordergrund, sondern vor allen Dingen der Dienstleistungsaspekt der Softwareentwicklung, -weiterentwicklung und -anpassung. Wartung und individuelle Anpassung der Software sowie Schulung und technische Unterstützung sind für die Kunden vorrangig. Firmen, die alleine diese Dienstleistungen als Geschäftsstrategie gewählt haben, sind zum Beispiel MySQL AB, Red Hat und Trolltech. Freie Software unterliegt keiner Rivalität und auch nicht der Ausschließbarkeit, ist somit ein reines öffentliches Gut und kann per Definition nicht einem üblichen Marktgeschehen unterliegen. Dennoch betrachten die Herausgeber proprietärer Software sie als eine ernste Bedrohung für ihr Geschäftsmodell der Lizenzierung und versuchen deshalb, potenzielle Kunden von der Benutzung Freier Software abzuhalten.

Als Argumente führen sie unter anderem garantierte, bessere Qualität proprietärer Software, besonders im Hinblick auf Benutzerfreundlichkeit, sowie bessere Dienstleistungen an. Die Entscheidung, ob diese Argumente zutreffen, wollen sie jedoch nicht dem freien Markt überlassen. In einigen Fällen versuchten Entwickler proprietärer Software daher, Entwicklern von Freier Software Patent- und Urheberrechtsverletzungen vorzuwerfen, um sie vom Markt zu drängen.

Gewöhnlicherweise werden Innovationen nicht durch hohe Margen, sondern durch einen breiten Absatz in den Verkehr gebracht. Freie Software wird deshalb von einigen Wirtschaftswissenschaftlern als gute Möglichkeit gesehen, qualitativ hochwertige Software ohne Lizenzkosten zu erhalten und die allgemein hohen Servicekosten konstant zu halten oder zu senken.

Software aus gesellschaftlicher Sicht

Das (größtenteils) freie GNU/Linux kann als zukünftiger Ersatz für das vorherrschende proprietäre Betriebssystem Windows angesehen werden. Häufig wird eine Übereinstimmung von Transparenz in einer Demokratie und der Transparenz der Freien Software hergestellt. Einige Menschen sehen in der Freie-Software-Bewegung sogar Ansätze, die Möglichkeiten zur Überwindung des Kapitalismus zeigen. In Deutschland beschäftigt sich unter anderem das Projekt Oekonux mit dieser Thematik. Andere sehen in Freier Software lediglich einen weiteren Wettbewerber innerhalb der marktwirtschaftlichen Ordnung. Die Freiheit, die Software in andere Sprachen zu übersetzen, kommt besonders denjenigen Sprachgruppen zugute, für die eine Übersetzung nicht kommerziell interessant ist.

Weltpolitische Sichtweise

Die Freiheit der Software wird vom 3. UNO-Weltgipfel zur Informationsgesellschaft (WSIS) als schützenswert anerkannt. Sie gehört zu den elementaren Forderungen der Zivilgesellschaft, mit der die „digitale Spaltung“ überwunden werden soll. Unter „digitaler Spaltung“ wird die Spaltung in Länder beziehungsweise Regionen der Erde bezeichnet, die sich die Beschaffung von Software leisten können, und solche, die dies nicht können. Teilweise gibt es auch aufgrund der wirtschaftlichen Unattraktivität in ihren Fällen keine angepasste proprietäre Software. Zudem fließt bei Verwendung Freier Software kein Geld in fremde Länder ab, wo die Anbieter proprietärer Software ihren Firmenhauptsitz haben. Alle Mittel, die vor Ort für IT bereitstehen, können daher unmittelbar in die IT-Wirtschaft vor Ort einfließen.

„Durch Freie Software haben Entwickler in anderen Kulturräumen die Freiheit, Programme an ihre Sprache und Gegebenheiten anzupassen, um sie dann kommerziell oder nichtkommerziell weiterzugeben. Bei proprietärer Software ist dies generell verboten und von der Gnade des Herstellers abhängig“ (Georg Greve, Präsident der Free Software Foundation Europe und Vertreter des zivilgesellschaftlichen WSIS Koordinierungskreises in der deutschen Regierungsdelegation, 2003) [9]

Sicherheitsbedenken sowie Vor- und Nachteile freier Software

Ein Vorteil Freier Software für die Benutzer liegt in der Möglichkeit, die Software ungehindert zu verändern und zu verteilen. Freie Software kann unbegrenzt an eigene Bedürfnisse angepasst und ein daraus resultierendes Produkt als Freie Software weiterverteilt werden. Hierdurch erreicht der Nutzer die Unabhängigkeit von einzelnen Projekten und Herstellern. Ebenso ist es möglich, Freie Software kommerziell zu verwerten. Ein Vorteil für den Entwickler liegt darin, dass er gegebenenfalls von fremden Erweiterungen seines Programms profitiert.

Ein Nachteil für den Entwickler ist der oftmals schwierige und mit hohem Aufwand verbundene Nachweis einer Lizenzverletzung, wenn Veränderungen im Widerspruch zu den Lizenzbedingungen nicht offengelegt werden.

Von einer herkömmlichen urheberrechtlichen Sichtweise aus gesehen, verliert der Urheber weitestgehend das Recht, über sein Werk zu bestimmen, wenn er es als Freie Software veröffentlicht. Insbesondere schließt Freie Software ideologische Einschränkungen bei der Benutzung der Software aus und erlaubt selbst die Verwendung für Zwecke, die als unethisch oder unmoralisch angesehen werden. Die FSF hat sich bewusst dazu entschlossen, ihre Definition der Freien Software zugunsten der Freiheit so zu gestalten. Dies führt insbesondere dort zu Verstimmungen, wo Lizenzen für Freie Software aus praktischen Erwägungen benutzt wurden und im Nachhinein Nutzungen stattfinden, denen die Entwickler persönlich ablehnend gegenüberstehen. Die Programmierer des Amiga-Emulators WinUae z. B. ärgerten sich darüber, dass die Firma Cloanto den Emulator in einer Kollektion mit diversen Spielen und Hilfsprogrammen als Amiga Forever Pack für ca. 60 Dollar verkaufte. Die eMule-Entwickler sahen sich mit Firmen wie 3PO Web-Invest konfrontiert, die eine neue, kommerziell vertriebene Version (eMcrypt-Emule) erstellten, die sich vom Original nur durch hinzugefügte Spyware unterscheidet und kostenpflichtig vertrieben wird. Solche Vorfälle führen zu Erwägungen eines Modells, das die Freiheiten der Freien Software um die kommerzielle Weiterverbreitung vermindert (aber die sonstigen unverändert beibehält). Von der FSF wird so etwas als halbfreie Software (semi-free software) bezeichnet. Ein Beispiel gänzlich moralischer Bedenken ohne kommerzielle Hintergründe bietet das GPU-Projekt, das die GPL um das Asimovsche erste Robotergesetz erweitern wollte.[10] Derartige Bestrebungen werden jedoch im allgemeinen von der Freie-Software-Bewegung zurückgewiesen, weil solche und ähnliche Dinge in andere Bereiche des Rechts fallen (wie Strafrecht und Waffengesetz) und deshalb eine urheberrechtliche Regulierung nicht nötig ist, nur sehr beschränkt durchsetzbar wäre und der Freiheit widerspricht, das Programm (ohne ideologische, ethische oder moralische) Beschränkungen für jeden Zweck zu nutzen.

Sicherheit und Rentabilität

Die Sicherheit Freier Software ist umstritten. Kritiker argumentieren oft, dass Freie Software ein Sicherheitsrisiko darstelle, da die Verfügbarkeit des Quellcodes es einem Angreifer einfacher macht, Einbruchspunkte auszunutzen. Befürworter Freier Software sehen diese Offenheit dagegen als Vorteil, da so der Quellcode von mehr und auch untereinander unabhängigen Menschen geprüft und gegebenenfalls korrigiert werden kann. Im Laufe der Zeit wurde von verschiedenen Seiten eine Reihe von Statistiken veröffentlicht, die zu unterschiedlichen Ergebnissen kamen. Ein allgemeines Urteil lässt sich kaum fällen, da unter anderem auch der Umgang und die Veröffentlichung von Programmfehlern und Sicherheitslücken in beiden Feldern unterschiedlich gehandhabt werden. Die Vorteile, dass der Herausgeber auf den weiteren Umlauf seiner Software keinen Einfluss mehr hat und die Funktionsweise offenliegt, werfen eine Reihe von Konflikten zu den gängigen Geschäftspraktiken im Umgang mit Software auf.

Proprietäre Schnittstellen

Hardware-Hersteller gehen immer mehr dazu über, die Schnittstellenspezifikationen geheim zu halten, um der Konkurrenz das Kopieren von technischen Lösungsmethoden zu verwehren. Der Grund liegt im zunehmenden Wettbewerbsdruck und in der Einfachheit des Schutzes gegenüber der Patentierung. Wenn nicht öffentlich dokumentiert ist, wie die Geräte anzusteuern sind, erleidet die Hardwareunterstützung freier Betriebssysteme mittels freier Treiber einen schweren Rückschlag.

Andererseits haben die Hersteller die Benutzer größerer freier Plattformen (GNU-Projekt, Linux, X) als Kundengruppe erkannt. Viele von ihnen stellen proprietäre Treiber zur Verfügung. Diese Treiber stoßen unter den Anhängern Freier Software auf höchst geteilte Meinungen: Einige sind glücklich darüber, dass sie die Unterstützung der Hardware-Hersteller errungen haben und ihre Hardware durch ihr bevorzugtes Betriebssystem nun voll unterstützt wird, andere haben Bedenken, dass man aufgrund der proprietären Treiber nicht mehr von einem freien Betriebssystem sprechen könne.

Sollte der Hersteller keinen entsprechenden Treiber zur Verfügung gestellt haben, gibt es immer noch die Möglichkeit, den Treiber für eine andere Plattform zu verwenden und über die Schnittstellen der Zielplattform darauf zuzugreifen. Dies hat sich jedoch als eine in der Praxis zweitklassige Lösung herausgestellt, insbesondere wenn Hardware-Treiber in einer hoch privilegierten Ebene im System laufen und somit beim kleinsten Fehler vollständige Systemabstürze verursachen können.

Eine generelle Schnittstellenfreigabe würde die Benutzer freier Softwareplattformen sicherlich entlasten. Neben der philosophischen Sichtweise ist es eine Frage der Systemstabilität, denn sollte beispielsweise ein proprietärer Linux-Netzwerkkartentreiber regelmäßig zu Abstürzen des Systems führen, wären die Linux-Entwickler dagegen machtlos, und es würde von der Gnade des Herstellers abhängen, ob der Fehler behoben würde.

Softwarepatente

Die regelmäßig in den Schlagzeilen auftauchenden Softwarepatente haben auf Freie Software einen besonders schwerwiegenden Einfluss, denn es ist zum Teil rechtlich noch nicht einmal möglich, mit Freier Software die Patentauflagen zu erfüllen. Diese bestehen nämlich in einigen Fällen auf einer Gebühr pro in Umlauf gebrachter Kopie, aber Freie Software verlangt gerade, dass der Herausgeber darauf keinen Einfluss haben darf. Selbst wenn er die Lizenzgebühren zum Beispiel durch Spenden zahlen würde, müsste er eine genaue Zahl der Kopien, die im Umlauf sind, vorlegen können, womit es keine Freie Software mehr wäre.

TCG, DRM, Kopierschutz usw.

Trusted Computing kann Veränderungen an einer Computer-Plattform eindeutig erkennen und damit sowohl externe Software-Angriffe als auch Veränderungen durch den Benutzer, Konfigurationen, Fehlfunktionen, Sicherheitslücken oder von Anwendungsprogrammen eindeutig identifizieren. Die Reaktion auf eine solche Veränderung kann (aber muss nicht) durch ein entsprechendes, sicheres Betriebssystem erfolgen. Trusted Computing kann daher auch zur Absicherung von Digital Rights Management und zum Kopierschutz verwendet werden.

  • Politisch gesehen muss Freie Software immer vom Benutzer ersetz- und veränderbar sein. Software, die in binärer Form zertifiziert sein muss, ist dies nicht.
  • Technisch gesehen kann in Freier Software vor dem Benutzer nichts im Binärcode verheimlicht werden, weil der Quellcode für jeden zugänglich sein muss. Somit kann die Verschlüsselung, mit der die Daten vor dem Benutzer „bewahrt“ werden, einfacher hintergangen werden.

Eine weitere Inkompatibilität tut sich mit dem Kopierschutz von DVDs auf: Die Umgehung wirksamer Kopierschutzmaßnahmen ist seit den um die Jahrtausendwende weltweit nach und nach etablierten Reformen zum Copyright (in den USA der DMCA) gesetzlich nur noch mit Zustimmung des Rechteinhabers erlaubt. Dieses Verbot erstreckt sich auch auf die Herstellung oder Verbreitung von Programmen, die diese Maßnahmen umgehen können, so dass freie Abspielsoftware für kopiergeschützte DVDs nicht legal geschrieben werden kann – aus ihren natürlichen Interessen heraus würden die Rechteinhaber ihre Zustimmung dazu niemals erteilen, weil dadurch der Sinn der Maßnahmen ad absurdum geführt würde.

Falls Hardwarehersteller wie Intel oder AMD funktionseinschränkende Verfahren in Chipsätze oder Prozessoren implementieren sollten, könnte Freie Software den vollen Funktionsumfang möglicherweise nur noch auf freier Hardware entfalten.

Siehe auch

Literatur

Hauptartikel: Literatur über Freie und Open-Source-Software

Quellen

  1. Pugh, E.W. Origins of software bundling IEEE Annals of the History of Computing, Bd. 24, Nr. 1, Jan.-März 2002 Seiten 57–58 DOI 10.1109/85.988580
  2. Johnson, L. A view from the 1960s: how the software industry began IEEE Annals of the History of Computing, Bd. 20, Nr. 1, Jan.-März 1998 Seiten 36–42 DOI 10.1109/85.646207
  3. Johnson, L., a.a.O. Conclusion, letzter Absatz
  4. Grad, B. A personal recollection: IBM’s unbundling of software and services IEEE Annals of the History of Computing, Bd. 24, Nr. 1, Jan.-März 2002 Seiten 64-71 DOI 10.1109/85.988583
  5. Humphrey, W.S. Software unbundling: a personal perspective IEEE Annals of the History of Computing, Bd. 24, Nr. 1, Jan.-März 2002 Seiten 59-63 DOI 10.1109/85.988582
  6. Richard Stallman: Das GNU Projekt auf gnu.org, 22. Oktober 2006
  7. Richard Stallman: Initial Announcement auf net.unix-wizards,net.usoft, 27. September 1983
  8. FSF/UNESCO Free Software Directory auf der Webseite der FSF, 2004
  9. Freiheit der Software wird endlich von der UNO als schützenswert anerkannt, Artikel des Netzwerks Neue Medien, 26. September 2003
  10. GPU, A Global Processing Unit, artee: Discussion about modified GPL (english, 2006-08-14)