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Tugend

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Unter Tugend (Herk.: 'taugen' im Sinne einer allgemeinen Tauglichkeit, lat. virtus, griech. αρετη, arete) versteht man eine Fähigkeit und innere Haltung, das Gute mit innerer Neigung (d.h. leicht und mit Freude) zu tun. Der tugendhafte Mensch hat sich das Gute gleichsam zur zweiten Natur gemacht. Im allgemeineren Kontext bezeichnet man mit Tugend den Besitz einer positiven Eigenschaft.

Begriff

Der altgriechische Ausdruck von „αρετη“ und der lateinische Ausdruck „virtus“ sind nicht analog zu übersetzen, da jede Übersetzung in ein einziges Wort einer anderen Sprache i.a. eine subjektive Deutung hervorbringen würde.

Das griechische Wort areté bezeichnete mehr die Tüchtigkeit und Tauglichkeit im Sinne eines Qualitätsmerkmals [1]. 'Otto Friedrich Bollnow' nennt als Beispiele für areté etwa auch die Schnelligkeit eines Pferdes oder die Schärfe eines Messers.

Der lateinische Begriff virtus wird im Lateinischen von vir, der Mann, abgeleitet. Es bezeichnet in diesem Sinne also in erster Linie Männlichkeit und männliche Qualitäten.

Einordnung

Die Tugendlehre ist nach Schleiermacher einer der drei Zweige der Ethik neben der Güter- und der Pflichtenlehre:

Arten von Tugend

Natürliche und übernatürliche Tugend

Es wird unterschieden zwischen

  • natürlicher Tugend (in der klassischen Ethik)
    • angeborener Tugend
    • (durch Übung) erworbener Tugend (d.h. durch oftmaliges Tun des Guten)
  • übernatürlicher Tugend (in der christlichen Theologie)
    • von Gott in die Seele eingegossen

Kardinaltugenden

Als die vier klassischen Grundtugenden (Kardinaltugenden) gelten Klugheit (Weisheit), Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigung. Platons Theorie der Grundtugenden wurde für die ganze tugendethische Theorie richtungsweisend. Tugend ist für Aristoteles der Weg zur Glückseligkeit. Glückseligkeit aber nicht verstanden als subjektives Glücksgefühl, sondern als geglücktes Leben. Leben glückt dann, wenn der Mensch die Möglichkeiten verwirklicht, auf die hin er in seiner Entelechie angelegt ist.

Rittertugenden

Als Rittertugenden galten Staete, Masze und Treue, was in etwa mit Aufrichtigkeit, Bescheidenheit und Verlässlichkeit übersetzt werden kann. Das allegorische Preisgedicht auf Kaiser Karl IV. von Heinrich von Mügeln „Der meide kranz“ (um 1355) enthält eine Tugendlehre, in der die zwölf Tugenden Weisheit, Wahrheit, Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Friedfertigkeit, Stärke, Glaube, Mäßigkeit, Güte, Demut, Hoffnung und Liebe auftreten.


Die preußischen Tugenden

Als preußische Tugenden gelten insbesondere Bescheidenheit, Tapferkeit, Gehorsam und Pflichtbewusstsein.

Die christlichen Tugenden

Die christlichen Tugenden, auch theologische Tugenden genannt, gehen auf die Zehn Gebote des Alten Testamentes zurück. Im Neuen Testament ergänzt Jesus diese Moralvorstellungen in der Bergpredigt in seinen Seligpreisungen mit den Tugenden der Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Sanftheit, Reinheit des Herzens und Friedfertigkeit. Christliche Tugenden findet man auch im ersten Brief an die Korinther des Apostels Paulus (1. Korinther 13,13). Sie werden u.a. durch Thomas von Aquin propagiert. Es sind: Glaube (lat. fides), Hoffnung (lat. spes) und Liebe (lat. caritas).

Die Frauentugenden

In der abendländischen Kultur werden mit tugendhaften Frauen vor allem folgende Eigenschaften verbunden: Häuslichkeit, Sparsamkeit, Keuschheit. Seit der Christianisierung Europas wird Maria als tugendhaftes Vorbild wirksam. Da sie in den Apokryphen oft als Frau geschildert wird, die Handarbeiten verrichtet, gehört es in der Folgezeit zum Tugendkanon von Frauen, Hand- bzw. Wollarbeiten zu verrichten. Dazu ist jedoch zu bemerken, daß die christlichen Autoren hier Verhaltensschemata der Antike bzw. des Judentums übernommen haben (vgl. Lucretia, Penelope, die Ketubott des Talmud).

Die soldatischen Tugenden

Als soldatische Tugenden gelten Kameradschaft und Gehorsam. In der Zentralen Dienstvorschrift der Bundeswehr heißt es unter anderem, dass gegenseitiges Verständnis, guter Wille und Hilfsbereitschaft eine Kameradschaft entstehen ließen, die auch größeren Belastungen standhielte. Weiterhin heißt es in Abschnitt 10/1, Ziffer 704: „Die soldatischen Tugenden entwickeln sich in den kleinen Gemeinschaften der Truppe. Dort entsteht die Kameradschaft; sie zeigt sich im Einsatz füreinander, besonders in Mühe und Gefahr. Sie soll Vorgesetzte und Untergebene in allen Lagen fest verbinden. [...] [sie gibt] Zuversicht und Halt. Wer mehr zu leisten vermag, muss dem weniger Erfahrenen und Schwächeren helfen. Falscher Ehrgeiz, Selbstsucht und Unaufrichtigkeit zerstören die Kameradschaft.“

Literatur

Quellen

Christliche Tugend

Kardinaltugenden

Bürgerliche Tugend

Preußische Tugend

Frauentugend

  • Blisniewski, Thomas: „... und schafft mit emsigen Händen“ - Weibliche Handarbeiten in Werken von Ridolfo Schadow, Carl Joseph Begas und Johann Anton Ramboux im Wallraff-Richartz-Museum - Fondation-Corboud. In: Kölner Museums-Bulletin. Berichte und Forschungen aus den Museen der Stadt Köln (3) 2001, S. 4 – 18
  • Sirna, Gail Carolyn: Frauen, die nie den Faden verlieren. Handarbeitende Frauen in der Malerei von Vermeer bis Dali. Mit einem Vorwort von Thomas Blisniewski. München 2007
  • Wyss, Robert L.: Die Handarbeiten der Maria. Eine ikonographische Studie unter Berücksichtigung der textilen Techniken. In: Stettler, Michael u. M. Lemberg (Hg.): Artes Minores. Dank an Werner Abegg. Bern 1973, S. 113 ff.

Siehe auch

Wikiquote: Tugend – Zitate

  1. vgl. Otto Friedrich Bollnow, Wesen und Wandel der Tugenden, S. 12