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Antijudaismus im Neuen Testament

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Dieser Artikel befasst sich mit einer Unterform der allgemeinen Judenfeindlichkeit. Für eine Übersicht zur Thematik siehe den Artikel zu Judenfeindlichkeit.


Antijudaismus (von gr.+lat. anti- judaei "gegen Juden") bezeichnet eine religiös motivierte Ablehnung von Gläubigen des Judentums durch das Christentum bzw. Christen. Er ist nicht zu verwechseln mit dem rassistischen Antisemitismus.

Der Antijudaismus bestimmte, von räumlich und zeitlich begrenzten toleranten Perioden abgesehen, die Stellung des Christentums, christlicher Kirchen und Staaten zum Judentum während des gesamten Mittelalters bis zum Beginn der Neuzeit. Er äußerte sich in Vorurteilen, Ausgrenzung und ging bis zum religiös motivierten Mord. Typisch waren im Allgemeinen Vorurteile vom "reichen", "geizigen", "listigen" Juden, die sich im Zusammenhang mit der Geschichte der Juden in Europa entwickelt haben. Antijudaismus wurde während der Zeit der Aufklärung zwar vom rassisch argumentierenden Antisemitismus verdrängt, verschwand aber nicht völlig, sondern spielte auch in der Neuzeit und teilweise bis heute eine Rolle in vielen christlichen Kirchen.

Es existiert auch die Auffassung, beim klassischen Antijudaismus würden religiöse Argumentationen vorgeschoben, es gälten hingegen die gleichen Ursachen wie für jeden religiösen Konflikt.

Entstehung

Der Antijudaismus ist ein christliches Phänomen und war in seinen Anfängen eine Gegenbewegung gegen Bestrebungen der jüdischen Elite im ersten Jahrhundert, das zunächst innerhalb des Judentums neu entstehende Christentum zu disziplinieren. Es wurde bedrängt und scharf ausgegrenzt; seine Anhänger wurden verfolgt, wie es unter anderem im Testimonium Flavianum dokumentiert wurde. Im christlichen Schrifttum äußerte sich das zum Beispiel in der Offenbarung des Johannes oder in dem von einem Judenchristen geschriebenen Evangelium des Matthäus, das ein negativ verzerrtes Bild des damaligen Judentums zeichnet und Jesus in einer Gegnerschaft zum Judentum beschreibt, die so sicher nicht der historischen Realität entspricht.

Der Konflikt nahm eine Wendung, als 70 Titus den Tempel von Jerusalem zerstörte und die Juden in die Diaspora vertrieb. 313 mit dem Edikt von Mailand gewann das Christentum dann endgültig die Oberhand, und 429 endete das jüdische Patriarchat und damit das Judentum in Israel, bis es im Jahre 1492 nach der Reconquista auf Einladung der islamischen Herrscher erneut entstand.

Antijudaismus und Antisemitismus

In der Folge der Französischen Revolution 1789 bekam der Nationalismus in Europa starken Auftrieb. Diese zunächst demokratische und gegen den Feudalismus gerichtete Bewegung bekam aber bald auch völkische Argumentationslinien, in denen die Abgrenzung zu anderen Nationen zum wichtigen Element wurde. Sehr schnell entstand daraus der Rassismus, der sich in einer nunmehr theoretisch untermauerten Ablehnung von Minderheiten aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit ableitete. Der rein religiös motivierte Antijudaismus, dem sich ein Jude durch die Taufe entziehen konnte, wurde so zunehmend vom rassistisch begründeten Antisemitismus verdrängt. Diesem konnten sich Juden nicht mehr entziehen, da er sich die Juden als Rasse ablehnte, die Abstammung also zum entscheidenden Kriterium machte.

Zu dieser Zeit entwickelten sich auch andere Rassismen in Deutschland, so etwa der gegen Sinti und Roma gerichtete Antiziganismus oder der gegen die Sorben gerichtete Antisorabismus.

Verbreitung

Aufgrund der Geschichte in allen europäischen Ländern und ehemaligen Kolonien mit hoher Bevölkerungsdichte, z.B. Deutschland, Frankreich, Großbritannien, USA, transportiert durch Menschen europäischer Abstammung.

In diesen Ländern mit generellen rassistischen Tendenzen jeder Art gibt es auch Anhänger des Nationalsozialismusses und dessen antisemitischer Weltanschauung.

Aufgrund der jüngeren Geschichte kommt der Antijudaismus auch in neuer Form bei Muslimen vor.

In der Regel ist der Antijudaismus in der westlichen Welt heute moderat, d.h. die wenigsten würden gegen Juden Gewalt anwenden. Sie stärken aber mit ihrer offen geäußerten Abneigung die Position gewaltbereiter Neonazis bzw. Terroristen.

Anhänger

Gruppen, in denen Antijudaismus verbreitet wurde/wird, sind:


Hinzu kommen Einzelpersonen, die sich durch antijudaistische/antisemitische Betätigung einen persönlichen Vorteil verschaffen oder verschafft haben.

Geschichte

spätrömisches Reich

Nach einem Aufstand der Juden wurde Judäa 135 von den Römern zerschlagen, in Palästina umbenannt und die Juden in der ganzen damals bekannten Welt verstreut.

Damit entstand ein elementares Problem: es gab keinen Staat mehr, in dem sie ihrer Kultur und Religion ungestört nachgehen konnten. Siehe auch Zionismus und Rassismus.

Mit der Erklärung des Christentums zur Staatsreligion des Römischen Reichs im Jahre 391 wurde dann der Grundstein für alle folgenden Konflikte gelegt.

Juden waren zwar im Gegensatz zu Ungläubigen als dem Christentum und Islam nahe stehenden Religionsanhängern sowohl in christlichen als auch islamischen Ländern geduldet, wurden aber ausgegrenzt.

438 verbot Theodosius II. den Bau von Synagogen, christliche Konzile grenzten die Juden aus.

Frühes Mittelalter

Im Frankenreich unter Karl dem Großen fanden Juden eine sichere Zuflucht. Karl der Große versicherte ihnen kirchlichen Schutz und räumte ihnen als Händler besondere Privillegien ein.

Im Zuge dessen florierte das Judentum; einige Juden wurden sehr reich, in der nichtjüdischen Bevölkerung entstand der Eindruck, als ginge es allen Juden besser als ihnen, was in manchen Fällen zu Konversionen zum Judentum führte


Da Juden in Europa im Wesentlichen nur Handel und Zinsgeschäfte möglich waren, entwickelte sich aber auch das Stereotyp des reichen, habgierigen Juden.

Das Mittelalter

Im Hochmittelalter führten Neid und persönliche Interessen zu einer Neubewertung der Juden in der Bevölkerung und Kirche. Es entstand der europäische Antijudaismus, der sich mit dem Katholizismus im Verlauf der Kreuzzüge ausweitete.

In dieser Zeit herrschte endzeitliche Angst und Not, außerdem brachen Seuchen aus. Dies führte zur Hexenverfolgung und Inquisition, aber auch Pogromen an Juden.

Besonders bekannt ist der Vorwurf der Brunnenvergiftung.

siehe auch: Judenfeindlichkeit (Früh- und Hochmittelalter)

Spätmittelalter

Im Zuge der Reconquista Ende des 15. Jahrhunderts kam es zur massenhaften Vertreibung von Juden aus Spanien und zu vielen (Zwangs)taufen von Juden. In dieser Zeit waren auch getaufte Juden häufig als "Marranos", Schweine, verschrien, teils noch bis in die zweite Generation. Zu beobachten ist dabei, dass die verwendeten Argumentationen damals dem Antiislamismus heute, der mit der Taqiyya argumentiert, sehr ähneln.

Die Reformation

Mit Martin Luther verschärfte sich der Konflikt abermals. Zuerst waren die Juden für Luther noch "Brüder der Christen". Als sich aber herausstellte, dass die Juden nicht zum Protestantismus konvertieren wollten, wurde Martin Luther einer der größten Hetzer gegen die Juden, was er durch viele verbale Exzesse unter Beweis stellte.

Als Gründer pflanzte er damit den Antijudaismus auch in seiner neuen Kirche.

siehe auch: Judenfeindlichkeit (Spätmittelalter bis Frühe Neuzeit)


Aufklärung

Im Zuge der zunehmenden Säkularisierung der Gesellschaft als Folge der Aufklärung verlor auch der christlich grundierte Antijudaismus an Bedeutung. Er trat hinter den sich nun entwickelnden, modernen, "wissenschaftlich"-rassistisch argumentierenden Antisemitismus zurück. Von einer "Ablösung" des Antijudaismus durch den Antisemitismus kann aber keine Rede sein, vielmehr kam es zu komplizierten Verflechtungen.


Antijudaismus in der Moderne

Zwar verlor der christliche Antisemitismus stark an Bedeutung, er verschwand aber keineswegs. So gibt es bis heute starke antijudaistische Tendenzen im Katholizismus und in verschiedensten christlichen Sekten. Bedeutendes Beispiel ist auch das Verhalten der Kirchen im Dritten Reich, so insbesondere der "Deutschen Kirche" Mit der vorsichtigen "Liberalisierung" der katholischen Kirche im 20. Jahrhundert wurde auch der christliche Antijudaismus kritisch thematisiert. So kam es z.B zu einer Überarbeitung der Oberammergauer Passionsfestspiele, die davor stark von antijudaistischen Klischees (in der Zeichnung der Juden als "Gottesmörder") geprägt waren. Eine ähnliche Diskussion gab es auch jüngst um Mel Gibsons rechtskatholischen Bibelfilm "The Passion of the Christ".

Typische Argumentationen

Jesus-Mörder

Bei Christen wird vor allem die Hinrichtung von Jesus von Nazareth seit dem Mittelalter als Argument gegen die Juden instrumentalisiert.

An dieser wird den Juden die Schuld gegeben, weil es Juden waren, die Pontius Pilatus zu dem Urteil gedrängt hatten. Siehe auch Kollektivschuld. - Ein von Historikern nicht unumstrittenes Ereignis, da es nur vom Neuen Testament belegt ist.

Hierbei sei angemerkt, dass Jesus von Nazareth, wie seine Jünger und viele der ersten Christen Juden waren.

Brunnenvergifter

Wenn im Mittelalter Seuchen ausbrachen, wurden immer wieder Hexen und Juden beschuldigt, dafür verantwortlich zu sein. Man sah Seuchen durchaus aber auch als Strafe Gottes für ein sündiges Leben.

Die Ursache lag vor allem in der mangelnden Hygiene im Mittelalter. Die meist organischen Abfälle, Kericht und Abwässer wurden in den Städten einfach auf die Straße geschüttet, bis man überall durch verfaulenden Schlamm watete.

Das bakterienverseuchte Regenwasser gelangte auch in die Brunnen, wodurch eine Cholera-Epidemie vorprogrammiert war.

Die Thora schrieb hingegen den Juden neben vielen Reinlichkeitsgeboten unter anderem vor, dass sie ihre Brunnen besonders tief anlegen sollten.

Dadurch bekamen sie frisches Trinkwasser und wurden auch nicht krank.

Dass die Juden, die aus ihren eigenen Brunnen tranken, nicht krank wurden, die restliche Stadtbevölkerung aber ausnahmslos, führte zu der Behauptung, die Juden hätten deren Brunnen vergiftet.

Literatur

  • Benz,Wolfgang: Bilder vom Juden, C.H.Beck Verlag, München 2001

==Siehe auch:== Nationalsozialismus, Antisemitismus, Holocaust, Zionismus, Nahostkonflikt, Antizionismus, Neonazi, Antijüdische Stereotypen