Kroatienkrieg
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Jugoslawienkriege; Geschichte Kroatiens seit 1990; Internationale Konflikte der Nachfolgestaaten Jugoslawiens |
Der Krieg in Kroatien dauerte von 1991 bis 1995. Die kroatische Armee kämpfte gegen die Armee der Republik Serbische Krajina (RSK), welche von der Jugoslawische Volksarmee (JNA) unterstützt wurde. Während der Großteil Kroatiens eine souveräne Republik bilden wollte, strebten einige Teile, in denen z.T. mehrheitlich Serben lebten, nach einer Loslösung von Kroatien und einem Verbleib unter serbischer Führung.
Letztendlich konnte sich jedoch die kroatische Armee durchsetzen und die Gebiete, dessen Grenzen als „sozialistische Teilrepubliken“ nach dem 2.Weltkrieg in der SFRJ für Kroatien festgelegt wurden, unter ihre Kontrolle bringen.
Der Krieg sticht für die 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts vor allem durch seine Brutalität heraus und dies trotz der relativ modernen Gesellschaften auf dem Balkan.
Der Krieg wird auch kurz Kroatien-Krieg, oft auch Kroatischer Unabhängigkeitskrieg genannt. In Kroatien bezeichnet man ihn als „Domovinski rat“ (deutsch Heimatkrieg), Velikosrpska Agresija (deutsch Großserbische Aggression) oder auch als Patriotischer Krieg.
Vorgeschichte
Nach Josip Broz Titos Tod destabilisierten der wieder erwachende Nationalismus in den Teilrepubliken und die zusätzlich in Serbien und Montenegro stattfindende „Antibürokratische Revolution“ Jugoslawien. Die serbische Minderheit in Kroatien wurde durch nationalistische Parolen im Wahlkampf (1990) einerseits von Seiten der "Kroatischen Demokratischen Union" Hrvatska demokratska zajednica (HDZ) verängstigt und nach deren Wahlsieg auch zunehmend ausgegrenzt, andererseits seitens der Serbischen Demokratischen Partei (SDS) radikalisiert. So hatte die in Kroatien ansässige serbische nationale Minderheit nach der überarbeiteten Verfassung nicht mehr die Stellung des zweiten Staatsvolkes, sondern die einer nationalen Minderheit inne. Somit wurde die serbische Minderheit mit den übrigen nationalen Minderheiten im Land gleichgestellt, was Erstere als Zurückstufung verstanden und nicht bereit waren hinzunehmen.
Die Führung Serbiens unterstützte die militanten Teile der serbischen nationalen Minderheit in Kroatien massiv mit Waffenlieferungen. Der neu gegründete Staat Kroatien hatte anfangs als bewaffnete Ordnungsmacht lediglich leicht bewaffnete Polizei-Einheiten zur Verfügung.
Die Waffen der lokalen Territorialverteidigung konfiszierte die JNA bereits im Jahr zuvor.
Am 9. April 1991 verfügte der kroatische Präsident Franjo Tuđman, die Sonderpolizeieinheiten zukünftig als “Zbor Narodne Garde” ("Volksgarde") zu bezeichnen. Dies war faktisch der erste Schritt zur Schaffung der kroatischen Armee.
Am 19. Mai 1991 fand in Kroatien ein Referendum über die Unabhängigkeit von der Sozialistischen BR Jugoslawien statt. Lokale Serbenführer wie beispielsweise Jovan Rašković, Milan Babić und Milan Martić von der Serbischen Demokratischen Partei und der Serbischen Radikalen Partei riefen jedoch in einigen Teilen Kroatiens zum Boykott des Referendums auf.
Als Ergebnis dieses Referendums sprachen sich 94,7 Prozent der Wähler für die staatliche Unabhängigkeit Kroatiens aus. Infolgedessen erklärte die kroatische Regierung am 21. Juni 1991 ihre Unabhängigkeit von Jugoslawien. Die Europäische Kommission bat jedoch die kroatische Regierung, die Unabhängigkeitserklärung für drei Monate auszusetzen.
Einen Monat nach der kroatischen Unabhängigkeitserklärung kontrollierten serbische Freischärler vor allem aufgrund der waffentechnischen Überlegenheit etwa ein Drittel des kroatischen Staatsgebietes. Sie proklamierten am 19. Dezember 1991 ihre unabhängige Republik Serbische Krajina. Diese wurde nie von einem Land anerkannt.
Deren militärische Strategie beinhaltete größtenteils einen intensiven Artillerie- und Mörserbeschuss. Die Städte Dubrovnik, Šibenik, Zadar, Karlovac, Sisak, Slavonski Brod, Osijek, Vinkovci und Vukovar wurden von serbischen Streitkräften und Paramilitärs angegriffen.
Kriegsverlauf



Ausbruch des Krieges
Quelle: Bericht des UN-Sicherheitsrates 1994
Eine Reihe von Anzeichen deutet darauf hin, dass die politische und militärische Führung des ehemaligen Jugoslawien die Vorbereitungen für ein militärisches Eingreifen in Kroatien im Jahr 1990 getroffen hatte. Die Waffen der kroatischen Territorialverteidigung wurden bereits im Mai 1990 von der JNA beschlagnahmt. Lediglich die kroatische Polizei behielt ihre leichte Bewaffnung. Zudem erhöhte die JNA ihre Truppenstärke in Kroatien bereits in diesem Jahr. Im weiteren Verlauf stattete sie serbische Freischärler mit Waffen aus und bereitete Pläne für psychologische Kriegsführung, Provokationen und ethnische Säuberungen vor. Gemäß dem Absatz D des Berichtes des UN-Sicherheitsrates [1] griffen zwischen August 1990 und April 1991 serbische paramilitärische Einheiten kroatische Polizisten durch Bombenanschläge und Feuerüberfälle gezielt an.
Am 29. März 1991 kam es zum Zwischenfall an den Plitvicer Seen. Die Tatsache, dass bei diesem Zwischenfall zwei Menschen starben, wurde auf beiden Seiten propagandistisch ausgereizt und führte letztendlich zum Ausbruch des Kroatien-Krieges.
Kriegstaktik der JNA
Quelle: Bericht des UN-Sicherheitsrates 1994
Die JNA-Einsätze in Kroaten verliefen in drei Phasen:
- Brücken über größere Flüsse werden eingenommen und kroatische Polizeieinheiten „neutralisiert“.
- Die JNA versuchte die Verkehrsverbindungen zwischen der Hauptstadt Zagreb und den Kriegsgebieten zu unterbrechen.
- In den Gebieten, die unter serbischer Kontrolle standen, werden ethnische Säuberungen an Nicht-Serben durchgeführt.
Erste massive Kampfhandlungen 1991
Am 7. Oktober 1991 feuerte ein Kampfflugzeug der JNA eine Luft-Boden-Rakete in das Zagreber Regierungsgebäude, in dem sich Präsident Tuđman und weitere Regierungsmitglieder befanden. Bei diesem Anschlag wurde niemand ernsthaft verletzt. Am folgenden Tag brach das kroatische Parlament (Sabor) sämtliche staatsrechtlichen Verbindungen nach Jugoslawien ab. Daher wird seitdem am 8. Oktober in Kroatien der Unabhängigkeitstag gefeiert.
In der Grenzstadt Vukovar kam es im Herbst 1991 zur Schlacht um Vukovar, bei der der größte Teil der Stadt verwüstet wurde und der Großteil der Bevölkerung vertrieben wurde. Die Stadt wurde im November 1991 von serbischen Truppen erobert.
Während des Krieges in Kroatien kämpften schätzungsweise 12.000 serbische Freischärler in Kroatien. Im Oktober 1991 wurden annähernd 200.000 Gebäude, 50 Brücken, 100 Flussboote, tausende Privat-PKWs, über 200 katholische Kirchen, 500 Kulturdenkmäler, 20 Schulen und 250 Postämter zerstört.
Quelle für die Zahlen: ITCY, Anklage gegen Slobodan Milošević, Absatz 69
Nahezu 30 Prozent Kroatiens geriet unter die Kontrolle serbischer Aufständischer. Aufgrund der für die JNA unerwartet heftigen Gegenwehr der Kroaten verlor die JNA bis Oktober 1991 über 600 Panzer, 395 andere Militärfahrzeuge und 100 Kampfflugzeuge. Nach dem Waffenstillstand im November 1991 zog die JNA mit einen Teil ihrer Waffen aus Kroatien ab und verlegte ihre Einheiten nach Bosnien-Herzegowina.
Vermittlungsversuche ab 1992
Im Januar 1992 kamen durch die UNO-Vermittlungen zahlreiche Waffenstillstände zustande und wurden fast genauso häufig gebrochen. Kroatien verlor die Kontrolle über nahezu ein Drittel seines Staatsgebietes an die "Republik Serbische Krajina". Gleichzeitig gewann es jedoch Zeit, um seine Armee aufzubauen. Nach einem Waffenstillstandsabkommen im Mai 1992 verlegte die JNA einen Großteil ihrer Truppen und Kriegsgeräte nach Bosnien und Herzegowina, wo der Bosnienkrieg zu jener Zeit begann.
Am 22. Mai 1992 wurde Kroatien Mitglied der Vereinten Nationen. Der bewaffnete Konflikt in Kroatien wurde in den folgenden Jahren nur noch mit geringerer Intensität fortgeführt.
Kroatische Militäroperationen zwischen 1991 und 1993
Zum Schutz kroatischer Städte vor Artillerie- und Mörserangriffen durch serbische Freischärler wurden mehrere Militäroperationen durchgeführt:
- Militäroperation Otkos 10, vom 31. Oktober – 4. November 1991 - 300 km² in Region Bilogora (westlich der Region Slawonien und nördlich der Region Moslavina)
- Im Hinterland von Dubrovnik:
- Militäroperation Tigar, 1. Juli - 13. Juli 1992
- m Gebiet Konavle, 20. September - 24. September 1992
- bei Vlaštica, 22. September - 25. September 1992
- Miljevci Plateau (zwischen Krka und Drniš), 21. Juni - 22. Juni 1992
- Križ Hügel nahe Bibinje und Zadar.
- Staudamm Peruča, 27. Januar - 28. Januar 1993
- Militäroperation Maslenica,Gebiet nahe Maslenica in der Nähe von Zadar, 22. Januar - 10. Februar 1993
- Militäroperation Medak, ein Gebiet nahe der Stadt Gospić, 9. September - 17. September 1993.
Vor allem die nicht erfolgreiche Militäroperation Medak im Jahr 1993 schadete dem Ruf Kroatiens. Im folgenden Jahr unternahm die kroatische Armee keine weiteren Operationen. Der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien ICTY erhob wegen Kriegsverbrechen während dieser Militäroperation Anklage gegen die kroatischen Generäle Janko Bobetko, Rahim Ademi und Mirko Norac.
Eingriff der UN


Am 21. Februar 1992 stationierte die UN nach einer Resolution 16.000 Soldaten zur Erhaltung des Friedens in Kroatien und Bosnien und Herzegowina. Das Mandat der UNPROFOR verpflichtete die Truppen zur Neutralität und erlaubte nur die Beobachtung der Einhaltung von Waffenstillständen, sowie in begrenztem Umfang den Schutz und die Versorgung der Zivilbevölkerung, besonders in den 1993 eingerichteten UN-Schutzzonen. Ein militärischer Eingreifen der Truppen wurde jedoch nicht gestattet.
Tatsächlich änderte sich durch die Präsenz der UN-Truppen an der Lage vor Ort wenig. Die jugoslawische Armee übergab bei ihrem Abzug ihre Waffen an die örtlichen serbischen Milizen. Die Republik Serbische Krajina betrachtete die Waffenstillstandslinie als ihre Staatsgrenze und bildete aus den örtlichen Milizen eine eigenen Armee. Die Führung der Republik Serbische Krajina sah in der Kontrolle der wichtigsten Verkehrsverbindungen vom nördlichen Kroatien nach Dalmatien durch die von ihr kontrollierten Gebiete in der Lika und Norddalmatien und nach Slawonien durch das von ihr kontrollierte Gebiet in Westslawonien ihr Hauptdruckmittel gegenüber der kroatischen Regierung. Die Verhandlungen über die Öffnung der Verkehrwege und eine Rückkehr von Flüchtlingen und Vertriebenen kamen nicht voran, da die serbische Seite als Vorbedingung die Anerkennung der Unabhängigkeit der Republik Serbische Krajina durch Kroatien verlangte, wozu dieses niemals bereit war. Die von internationalen Vermittlern vorgelegten Friedenspläne, die eine weitgehende Autonomie der Serben innerhalb Kroatiens vorsahen, hatten unter diesen Umständen keinen Erfolg.
Der Waffenstillstand wurde von beiden Seiten immer wieder gebrochen. Der Konflikt weitete sich sogar 1993 auf Bosnien und Herzegowina aus und verschärfte sich zunehmend. Es kam in den folgenden Jahren wiederholt zum Völkermord auf allen Seiten.
Im Oktober 1993 erkannte der UNO-Sicherheitsrat die unter UNO-Aufsicht befindlichen serbisch besetzten Gebiete als „Bestandteile Kroatiens“ an. Dennoch konnten im Zeitraum 1992-1995 die vertriebenen Kroaten nicht in ihre Heimatorte zurückkehren.
Kriegsausbruch in Bosnien und Herzegowina

Zwischen 1992 und 1993 befanden sich nahezu 225.000 vertriebene Kroaten (auch aus Bosnien und Herzegowina) in Kroatien. Eine hohe Zahl bosniakischer Flüchtlinge suchte ebenfalls Zuflucht in Kroatien.
Kroatische und bosniakische Freiwillige aus Bosnien und Herzegowina schlossen sich der kroatischen Armee an. Gleichzeitig kämpften zahlreiche Freiwillige aus Kroatien auf der kroatischen und bosniakischen Seite in Bosnien und Herzegowina.
Einige der engsten Regierungsmitglieder in der Regierung von Präsident Tuđman, wie z.B. Gojko Šušak und Ivić Pašalić stammen aus der Herzegowina und unterstützten die Kroaten in Bosnien und Herzegowina finanziell und materiell.
Am 3. März 1992 brach der Krieg zwischen bosnischen Serben auf der einen und bosnischen Kroaten und Bosniaken auf der anderen Seite aus, nachdem die in Bosnien-Herzegowina lebenden Serben die „Serbische Republik in Bosnien-Herzegowina“ ausriefen. Der Krieg verlagerte sich verstärkt in den Osten.
Im Jahr 1993 brachen in einigen Regionen Bosnien und Herzegowinas dann auch Kämpfe zwischen Kroaten und Bosniaken aus. Franjo Tuđman nahm an den Friedensverhandlungen zwischen den Kroaten und den Bosniaken teil, als im Jahr 1994 das Abkommen von Washington unterzeichnet wurde.
Damit reduzierte sich die Zahl der kriegführenden Parteien in Bosnienkrieg wieder auf zwei.
Rückeroberung durch die kroatische Armee und Folgen

Ende des Jahres 1994 intervenierte die Kroatische Armee mehrmals in Bosnien. Vom 1. November bis 3. November mit der Operation "Cincar" nahe Kupres und vom 29. November – 24. Dezember mit der Operation "Winter 94" auf dem Dinara-Gebirge und bei Livno. Diese Operationen wurden zur Entlastung der damaligen Enklave und UN-Schutzzone Bihać unternommen.

Im Mai 1995 konnte die Kroatische Armee bei der Militäroperation Blitz einen Teil des zentralkroatischen Gebietes unter ihre Kontrolle zurückbringen. Im August des selben Jahres führten die kroatische Polizei und Armee die Militäroperation Oluja durch und eroberten das gesamte Gebiet der RSK.
Hilfreich für die kroatischen Truppen war vor allem auch die Flugverbotszone über Bosnien-Herzegowina ab dem 12. April 1993. Diese wurde durch die Operation Deny Flight gewahrt und verhinderte Luftangriffe auf beiden Seiten.
Zwischen 150.000 und 300.000 Serben flohen nun vor den kroatischen Truppen. Darunter auch die 35.000 – 45.000 Soldaten der militärisch besiegten Armee der Republik Serbische Krajina.
In den folgenden Wochen setzte die Kroatische Armee ihre militärische Offensive gemeinsam mit Bosnischen Regierungstruppen und NATO-Luftstreitkräfte mit der Militäroperation Maestral gegen die serbischen Truppen unter dem Kommando von Ratko Mladić in Bosnien und Herzegowina fort. Vor der Einnahme der Stadt Banja Luka wurde die Offensive auf Druck der US-Regierung gestoppt, da eine weitere große serbische Flüchtlingswelle befürchtet wurde.
Seither wird alljährlich am 5. August in Kroatien am Tag der heimatlichen Dankbarkeit (Dan domovinske zahvalnosti) der Beendigung und der Opfer des Krieges gedacht.
Am 2. und 3. Mai 1995 feuerten die Serben als Vergeltung für die Offensive der kroatischen Armee Raketen auf die Innenstadt von Zagreb ab. Die Bombardements – angeordnet vom Polizeichef Knins, Milan Martić – waren militärisch sinnlos, forderten aber mindestens fünf Todesopfer und zahlreiche Verletzte unter der Zivilbevölkerung (Martić stellte sich im Mai 2002 dem Haager Kriegsverbrechertribunal).
Nach diesen Militäraktionen wurde der Krieg in Bosnien-Herzegowina durch das Abkommen von Dayton beendet. Die serbisch kontrollierten Gebiete an der Grenze zur Vojvodina, Ostslawonien um Vukovar und die Baranja kamen unter eine provisorische UN-Verwaltung (UNTAES – United Nations Transitional Administration of Eastern Slavonia, Baranja and Western Syrmia) und wurden erst 1998 auf friedliche Weise in das Staatsgebiet Kroatiens wieder eingegliedert. Etwa 80.000 Serben zogen jedoch vor der Reintegration nach Serbien.
Politischer Weg zur Unabhängigkeit
Kroatien wurde vor dem Dezember 1991 von Slowenien, Litauen, der Ukraine, Lettland und Estland anerkannt. Diese Staaten waren zu dieser Zeit jedoch selbst noch nicht international anerkannt. Am 19. Dezember 1991 wurde Kroatien von Island anerkannt, das somit lange vor allen anderen Staaten der Welt bereits Kroatien anerkannte. Auch Deutschland ließ am selben Tag eine derartige Entscheidung verkünden, entschloss sich aber etwas mit der Ratifizierung abzuwarten. Am 13. Januar 1992 wurde Kroatien noch vor allen anderen EU-Staaten vom Heiligen Stuhl anerkannt. Tags darauf folgte San Marino. Am 15. Januar schließlich, inmitten des heftigen Krieges, folgte die Anerkennung der unabhängigen Republik Kroatien durch damals alle 12 Staaten der EU, wie auch durch Österreich, Bulgarien, Kanada, Malta, Polen, die Schweiz und Ungarn. Bis Ende Januar 1992 wurde Kroatien noch von sieben anderen Staaten anerkannt: Finnland, Rumänien, Albanien, Bosnien und Herzegowina, Brasilien, Paraguay und Bolivien. Der erste asiatisch-islamische Staat, der Kroatien anerkannte, war der Iran. Erstes afrikanisch-islamisches Land, das Kroatien anerkannte war Ägypten.
Unter internationaler Vermittlung wurde Anfang 1992 ein Waffenstillstand geschlossen. Demnach verpflichtete sich die jugoslawische Armee, ihre Truppen aus Kroatien abzuziehen. In die umkämpften Gebiete wurde eine Friedenstruppe der Vereinten Nationen entsandt (UNPROFOR), die jedoch kein militärisches Mandat hatte, sondern lediglich beobachtende Funktionen wahrnehmen durfte. Die serbisch kontrollierten Teile Kroatiens blieben völkerrechtlich Teil Kroatiens. Über ihren endgültigen Status sollte in Verhandlungen zwischen der kroatischen Regierung und den örtlichen Serben entschieden werden.
Bis zur Vollmitgliedschaft in den Vereinten Nationen am 22. Mai 1992 wurde Kroatien von Russland, Japan, den USA, Israel und China anerkannt. Seit dem 24. März 1992 ist Kroatien Mitglied der OSZE.
Minen
In den bis 1995 umkämpften Gebieten besteht bis heute eine erhebliche Gefährdung durch Landminen. Dies gilt insbesondere für die damaligen Frontlinien. Betroffen sind folgende Gebiete:
- Ostslawonien (30 bis 50 km vor der Grenze zu Serbien und an der Grenze zu Ungarn, insbesondere Gebiete um Vukovar und Vinkovci);
- Westslawonien (Gebiet Daruvar, Pakrac, Virovitica);
- das westliche und südwestliche Grenzgebiet zu Bosnien (der Raum südlich von Sisak und Karlovac, östlich von Ogulin, Otocac, Gospic, am östlichen Stadtrand von Zadar und im Hinterland der Küste zwischen Senj und Split und in den Bergen südöstlich von Dubrovnik).
Flüchtlinge
Verschiedene Angaben zu der Zahl der vertriebenen Serben
Während und nach den Kroatischen Militäraktionen 1995 flohen die weitaus meisten Serben, großteils in die Republika Srpska in Bosnien-Herzegowina und nach Serbien und Montenegro, aber auch in die UNTAES-Zone. Dabei ist bis heute umstritten, ob es sich um geplante Vertreibungen von Seiten der kroatischen Streitkräfte gehandelt hat. Die politische Führung der Krajina-Serben hatte angesichts der sich abzeichnenden Niederlage die Evakuierung angeordnet. Danach wurden jedoch zahlreiche der verlassenen serbischen Häuser vernichtet oder es wurden dort kroatische Flüchtlinge aus Bosnien angesiedelt, was die Rückkehr der serbischen Bevölkerung bis heute sehr schwierig macht. Doch auch hier ist umstritten, welche Rolle die Streitkräfte hatten und inwiefern es sich um Zerstörungen aus Rache von rückkehrenden kroatischen Zivilisten handelt.
Von den ursprünglich mehr als 220.000 geflohenen Serben sind mindestens ca. 140.000 bis heute zurückgekehrt. Den etwa 50.000 direkt am bewaffneten Aufstand beteiligten Serben wurde eine generelle Amnestie gewährt, sofern keine individuellen Verbrechen nachgewiesen werden können.
Serbische Stimmen:
- 447,316 vertrieben:
Kroatische Stimmen:
Internationale Stimmen:
- 300,000 (Amnesty International - Public Statement) und im August 2005 sind rund 200,000 Flüchtlinge immer noch nicht in ihre Orte zurückgekehrt
- 200,000 (UNO und BBC[5][6]) vertriebene nach Oluja
Flüchtlingsströme in den Jahren 1991 bis 1995
Im Jahr 1991 wurden 170.000 Kroaten aus den kroatischen Gebieten vertrieben, die unter die Kontrolle serbischer Freischärler und der JNA gelangten. Quelle für die Zahlen: ITCY, Anklage gegen Slobodan Milošević, Absatz 69
Im Jahr 1992 befanden sich in Kroatien insgesamt 400.000 Flüchtlinge, davon etwa 60 % Bosniaken. Auch zu Zeiten, als in Teilen Bosniens Kroaten und Bosniaken gegeneinander kämpften, wurde in Kroatien Bosnischen Flüchtlingen Zuflucht gewährt.
In Kroatien fanden sich in den Jahren 1991-1995 hunderttausende Vertriebene aus serbisch besetzten Gebieten und aus Bosnien-Herzegowina Zuflucht.
Ein Teil der Vertriebenen zog weiter in EU Staaten oder in die USA, ein anderer Teil kehrte nach 1995 zurück.
Die Unterbringung, medizinische Versorgung, Versorgung mit Nahrung und z. B. der Schulunterricht wurden nahezu völlig vom kroatischen Staat getragen und finanziert.
Von internationalen Hilfsorganisationen wurden Nahrungslieferungen erhalten, jedoch für etwa 95 % der Kosten kam Kroatien auf.
Reflexion
Weltpolitische Einordnung
Der Krieg in Kroatien brach aus, als der Fokus der Welt auf den Irak und den Golfkrieg sowie damit verbunden auch auf die steigenden Ölpreise und die lahmende Weltwirtschaft gerichtet war. Dennoch wurde die Situation auf dem Balkan immer mehr zum neuen weltpolitischen Brennpunkt. Die Vorgänge wurde von den verschiedenen Staaten verschieden eingeschätzt.
Während die westlichen Staaten, allen voran Deutschland, Österreich und Ungarn Kroatien nahe standen, standen Russland und Griechenland traditionell auf der Seite Serbiens. Stimmen aus dem Westen, allen voran aus Großbritannien (Premierminister John Major) und den USA (erst George Bush, dann Bill Clinton) waren gegen die Haltung Deutschlands und gegen die staatliche Unabhängigkeit Kroatiens und Sloweniens, da sie einen Krieg befürchteten. Kritiker waren auch Lawrence Eagleburger und Warren Christopher. Zu diesem Zeitpunkt war der Krieg jedoch schon im vollen Gange: Die kroatischen Städte Vukovar, Dubrovnik, Osijek und Karlovac wurden massiv von der Jugoslawischen Armee und serbischen Paramilitärs angegriffen. Die internationale Anerkennung Kroatiens fand erst nach den massiven Zerstörungen dieser Städte statt und als offensichtlich wurde, dass die angreifende Seite außer in Vukovar keinen militärischen Erfolg haben würden. Selbst das Mandat der UN- Friedenstruppe konnte aufgrund des reinen Beobachterstatus keine Ruhe in die Regionen bringen.
Waffenembargo
Die internationale Staatengemeinschaft verhängte über das gesamte ehemalige Jugoslawien ein Waffenembargo. Die waffentechnisch weit unterlegene Kroatische Armee, die anfangs lediglich von umgewandelten Polizeitruppen gestellt wurde, konnte sich lediglich durch erbeutete Waffen aus Beständen der JNA und durch Waffenschmuggel aus Drittstaaten Waffen beschaffen. Deshalb wird die Staatengemeinschaft in Kroatien oft recht kritisch betrachtet.
Bürgerkrieg oder serbische militärische Aggression?
Häufig wird der auch Begriff Bürgerkrieg für die Geschehnisse im ehemaligen Jugoslawien verwendet. Aus kroatischer Sicht handelte es sich um eine serbische militärische Aggression auf völkerrechtlich anerkannte Staaten.
Während es den Kroaten um den Erhalt ihres Staates in den bestehenden Staatsgrenzen ging, die zuletzt nach dem zweiten Weltkrieg als Grenzen der „sozialistischen Teilrepubliken“ festgelegt wurden, war das Ziel Serbiens eine Gebietserweiterung.
Obwohl Serbien politisch, materiell, militärisch und personell (serbische Freiwilligenverbände + JNA) die selbst ernannte Republik Serbische Krajina unterstützte, lehnte es formell einen Anschluss der „RSK“ an Serbien ab.
Der Hintergrund für diese Haltung lag vor allem darin, die These zu stützen „Serbien befinde sich mit keinem Staat im Kriegszustand“ und es sei allein der „Kampf des bedrohten serbischen Volkes“ und allein deren bewaffneter Aufstand“.
Folgen für die Militärführer
Der für die Operation Oluja hauptverantwortliche General, Ante Gotovina, wurde 2001 vom Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) wegen schwerer Kriegsverbrechen an serbischen Zivilisten angeklagt. Laut Staatsanwaltschaft wurden zwischen 150.000 und 200.000 Serben vertrieben und Hunderte getötet. Auch Präsident Tuđman sei an der Planung und Durchführung beteiligt gewesen. Die Anklageschrift spricht von einer „kriminellen Vereinigung“ (joint criminal enterprise), bestehend u.a. aus Gotovina, Tuđman, Ivan Čermak und Mladen Markač, deren Ziel die gewaltsame und dauerhafte Vertreibung der serbischen Bevölkerung aus der Krajina-Region gewesen sei.
Der einstige Führer der Krajina-Serben, Milan Babić (1956-2006), wurde im Jahr 2004 vom Tribunal in Den Haag für in Kroatien begangene Verbrechen zu 13 Jahren Haft verurteilt. Bereits im Januar 2004 hatte sich Babić vor dem Tribunal für schuldig bekannt und von „tiefer Scham und Reue“ über seine Taten gesprochen. Er entschuldigte sich bei der kroatischen Nation und bot seine Mitarbeit bei anderen Kriegsverbrecherprozessen an, vor allem bei dem gegen den ehemaligen serbischen Präsidenten Slobodan Milošević. Babić hatte schon nach der kroatischen Gegenoffensive 1995 und der daraus resultierenden Flucht des Großteils seiner Krajina-Serben Zweifel an seiner eigenen Politik geäußert. Er erklärte in Interviews, Milošević und andere serbische Führer hätten die Krajina-Serben mit ihren Versprechungen und großserbischen Plänen 1991 in eine Falle gelockt. 1991 wäre es noch möglich gewesen, mit Kroatien über ein Autonomiestatut für die Serben zu verhandeln. Stattdessen habe Belgrad auf die ethnische Säuberung des Gebiets, das immerhin ein Drittel Kroatiens umfasste, gedrängt. Dieses Verbrechen hätten die Krajina-Serben später teuer bezahlen müssen. Babić beging am 5. März 2006 in seiner Zelle Suizid.
Zeittafel der wichtigsten Ereignisse
Abzeichen von regulären kroatischen Truppen
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Die "Tigrovi" (Tiger), 1. Gardebrigade
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Die "Gromovi" (Blitze), 2. Gardebrigade
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Die "Pauci" (Spinnen), 4. Gardebrigade
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Die "Pume" (Pumas), 7. Gardebrigade
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Die "Vukovi" (Wölfe), 9. Gardebrigade
Weblinks
- Die Politik der ethnischen Säuberung, Abschlussbericht der UN-Expertenkommission, Dezember 1994, Englisch
- Umfangreiche Linksammlung Web Genocide Documentation Centre, Englisch
- Anklageschrift des ICTY gegen Milošević für Verbrechen in Kroatien
- Anklageschrift gegen Milan Babic
- ICTY-Anklageschrift gegen Vojislav Šešelj
- ICTY-Anklageschrift gegen Janko Bobetko
- Website des Museums des kroatischen Unabhängigkeitskrieges, Kroatisch
- War against Croatia, umfangreiche Informationen, Englisch
- Mine situation in Croatia (Karten und Informationen zur aktuellen Minensituation) (englisch)