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Prostatakrebs

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ICD-10-Code Prostatakarzinom
C61 Bösartige Neubildung der Prostata

Der Prostatakrebs (medizinisch: Prostatakarzinom (PCA)) ist eine bösartige Neubildung, die vom Drüsengewebe der Vorsteherdrüse (Prostata) ausgeht. Er gehört zu den häufigsten Krebserkrankungen des Mannes, bei Tieren ist er beim Haushund am häufigsten.

Das Frühstadium der Erkrankung ist symptomlos. Im fortgeschrittenen Stadium können Beschwerden auftreten: dazu gehören Blasenentleerungsstörungen, Knochenschmerzen, später Gewichtsverlust und Blutarmut. Bei Stellung der Diagnose hat daher häufig schon eine Metastasierung in die lokalen Lymphknoten, das Skelett oder die Lunge stattgefunden.

Eine kausale Behandlung mit Aussicht auf definitive Heilung ist nur möglich, wenn das entartete Gewebe die Organgrenzen noch nicht überschritten hat und keine Metastasen vorliegen. Da es erst bei fortgeschrittener Erkrankung zu Beschwerden kommt, kann der Krebs nur durch regelmäßige Früherkennungsuntersuchungen in diesem Frühstadium diagnostiziert werden. Da das Prostatakarzinom jedoch eine Krankheit des alten Mannes ist und viele Erkrankte an anderen Ursachen sterben würden, bevor es überhaupt Symptome verursacht, ist die Entscheidung zur Behandlung schwierig und vom Einzelfall abhängig. Therapeutische Optionen sind die Operation mit kompletter Entfernung der Prostata (Prostatektomie), die Strahlentherapie, die antiandrogene Hormontherapie und in manchen Fällen die Chemotherapie.

Die Prostata

Datei:Male anatomy de.png
Männliche Geschlechtsorgane des Menschen
Hauptartikel: Prostata

Die Prostata oder Vorsteherdrüse ist eine akzessorische Geschlechtsdrüse aller männlichen Säugetiere einschließlich des Menschen. Sie liegt beim Menschen unterhalb der Harnblase und umkleidet die Harnröhre bis zum Beckenboden. Sie ähnelt beim Mann in Größe und Form einer Kastanie. An die Rückseite der Prostata grenzt der Mastdarm (Rektum). Deswegen kann sie vom Enddarm aus mit den Fingern ertastet und beurteilt werden. Aufgabe der Prostata ist die Abgabe eines Sekrets, das zusammen mit dem der Samenblase, der Bulbourethraldrüse und den aus dem Hoden stammenden Samenzellen das Sperma bildet. Wachstum und Funktion der Vorsteherdrüse werden vorwiegend von dem Geschlechtshormon Testosteron gesteuert.

Epidemiologie

Das Prostatakarzinom ist in Deutschland die häufigste diagnostizierte Krebserkrankung des Mannes und steht nach dem Bronchialkarzinom an zweiter Stelle bei den krebsbedingten Todesursachen der Männer. Rund 19 % aller bei Männern jährlich neu auftretenden Krebserkrankungen betreffen die Prostata. Das sind mehr als 30.000 neu entdeckte Prostatakarzinome pro Jahr. Die jährliche Mortalität (Gesamtzahl der Todesfälle) liegt um 11.000.[1] Bei Männern unter 40 ist das Prostatakarzinom praktisch unbekannt. Die jährliche Prävalenz steigt mit zunehmenden Lebensalter deutlich an; aus Obduktionen weiß man, dass bis zu 80 % der über 70-Jährigen ein latentes Prostatakarzinom haben, ohne daran verstorben zu sein.[2][3] Das mittlere Alter bei Diagnosestellung beträgt 71 Jahre.

Es gibt starke geographische Unterschiede in der Häufigkeit: Schwarze US-Amerikaner haben die höchste Inzidenz, am niedrigsten ist sie bei Asiaten.[4]

Risikofaktoren und protektive Faktoren

Die Ursache der Erkrankung ist bisher weitgehend unbekannt. Die genetische Disposition spielt bei der Entstehung der Erkrankung eine Rolle. Eine familiäre Häufung ist beschrieben, daher gelten Männer, deren Vater oder/und Bruder Prostatakrebs hatte, als Risikopatienten mit etwa doppeltem Erkrankungsrisiko[5] und sollten die üblicherweise erst ab den fünfzigsten Lebensjahr erforderliche Krebsfrüherkennung durch Kontrolle des prostataspezifischen Antigens bereits ab dem fünfundvierzigstem Lebensjahr wahrnehmen. Die großen Unterschiede in der Prävalenz bei verschiedenen Ethnien wird auch auf deren Lebensgewohnheiten zurückgeführt, zumal die Nachkommen von Emigranten nicht das Erkrankungsrisiko ihrer Vorfahren tragen, sondern das des neuen Heimatlandes annehmen. Eine gewisse Rolle wird hierbei der Ernährung zugeschrieben.

Ein sicherer Einflussfaktor ist der Testosteronspiegel, da die Tumorzellen auf die Stimulation durch Androgene angewiesen sind: Eunuchen entwickeln kein Prostatakarzinom. Im Gegensatz dazu stellen die im fortgeschrittenen Lebensalter häufige gutartige Vergrößerung der Vorsteherdrüse (Prostata) (benigne Prostatahyperplasie) und die Prostataentzündung, ob chronisch oder akut, keine unabhängigen Risikofaktoren dar.

Nach einer 2003 veröffentlichten Studie[6] soll häufiges Ejakulieren in jüngeren Jahren Männer vor Prostatakrebs schützen. Australische Wissenschaftler verglichen Daten zu Sexualpraktiken von 1079 Prostatakrebs-Patienten mit denen von 1259 gesunden Männern im Alter zwischen 20 und 50 Jahren. Ihr Ergebnis: Zwanzigjährige, die öfter als fünfmal pro Woche ejakulieren, senken ihr Risiko für den Prostatakrebs um ein Drittel. Methodisch ist hierbei das Ursache-Wirkungs-Verhältnis nicht geklärt. Es könnte durchaus sein, dass Männer mit einem gesunden, leistungsfähigen Genitaltrakt öfter ejakulieren und die Gesundheit der Genitalien die eigentliche Ursache ist, weshalb sie später auch nicht so häufig erkranken.

Im Gegensatz dazu hatten frühere Studien häufige Sexualkontakte mit einem deutlich erhöhten Risiko für Prostatakrebs in Zusammenhang gebracht. Dies könnte jedoch, nach Ansicht der australischen Forscher, durch die höhere Infektionsgefahr bedingt sein. Betrachte man die Zahl der Ejakulationen insgesamt, so hätten diese einen schützenden Effekt, weil durch die häufige Bildung von Samenflüssigkeit krebserregende Substanzen aus der Prostata herausgeschwemmt werden. Auch würden die Prostatazellen auf diese Art zum Ausreifen angeregt, was sie für Karzinogene weniger anfällig machen könnte.

Pathologie und Pathohistologie

97 % aller Prostatatumoren sind Adenokarzinome, das heißt, sie entstehen aus entarteten Drüsenzellen. Ein Übergangsstadium zum manifesten Krebs wird als prostatische intraephitheliale Neoplasie (PIN) bezeichnet und entspricht einem Carcinoma in situ. Beim eigentlichen Karzinom kommen verschiedene histologische Wachstumsmuster vor, auch gleichzeitig nebeneinander: glandulär bzw. azinär (drüsenartig), kribriform (siebartig) und solide. Das Ausmaß der Entdifferenzierung ist Grundlage des Gradings.

Die Nicht-Adenokarzinome (weniger als 3 %) sind meist urothelialer Herkunft, leiten sich also aus dem Gewebe der Harnröhre oder -blase ab. Diese Karzinome werden im Artikel Blasenkrebs besprochen. Äußerst selten sind Sarkome (Leiomyosarkom, Fibrosarkom, Rhabdomyosarkom) des Stromas beim Erwachsenen. Bei Kindern sind Rhabdomyosarkome die häufigste Form des Prostatakrebses, werden aber nicht wie bei erwachsenen Patienten als Prostatakarzinom aufgefasst, sondern als Weichteilsarkom.[7][8]

Makroskopisch erscheint das Karzinom meist tiefgelb und homogen. Zumeist geht es von den Epithelien der peripheren Drüsenanteile aus, zu etwa 85 % in den hinteren (rektalen) Anteilen der Vorsteherdrüse, und breitet sich auch zunächst in den äußeren Zonen des Organs aus. Zur Verlegung der Harnröhre mit Miktionsbeschwerden kommt es daher erst spät, meist nachdem die Organkapsel schon durchbrochen wurde.

Ausgedehnte Karzinome der Stadien T3/4 können die Samenblasen, die Harnblase, den Beckenboden oder das Rektum infiltrieren. Die Metastasierung ist zunächst lymphogen (über die Lymphbahnen). Typisch sind Knochenmetastasen in Becken, Kreuzbein und Lendenwirbelsäule. Fernmetastasen in Lunge und Leber durch hämatogene Aussaat (über den Blutkreislauf) sind seltener. [9]

Symptomatik

In frühen Stadien ist Prostatakrebs nahezu immer symptomlos. Hauptbeschwerden ergeben sich beim fortgeschrittenen Karzinom aus der Blockade des Harnabflusses und bestehen somit in Störungen der Miktion. Möglich sind ein verzögerter Beginn, eine verlängerte Miktion mit schwachem Strahl, Nachtropfen oder die Unterbrechung des Harnstrahls während das Wasserlassens. Oft bleibt Restharn in der Blase zurück. Irritative Beschwerden sind vermehrter oder überwiegend nächtlich auftretender (Nykturie) Harndrang, häufiges Lassen geringer Urinmengen (Pollakisurie) oder Schmerzen beim Wasserlassen (Dysurie). Durch Druckläsion sakraler Nerven kann es zu Erektionsproblemen kommen. Sichtbares Blut im Urin (Hämaturie) oder Ejakulat (Hämatospermie) ist hingegen selten.

Beschwerden können im fortgeschrittenen Stadium mit Metastasierung auch primär durch die Metastasen entstehen, während das Prostatakarzinom klinisch stumm bleibt (Okkultes Karzinom). Am häufigsten sind hier Schmerzen der Wirbelsäule und des Beckens. Lymphknotenmetastasen können zu Lymphödemen der Beine oder des Skrotums führen.

Sehr fortgeschritten metastasierte Tumoren führen auch zu Allgemeinsymtomen wie Anämie und ungewolltem Gewichtsverlust.

Diagnostik

Mit der digital-rektalen Untersuchung kann ein erfahrener Untersucher bereits die Verdachtsdiagnose stellen, da der Tastbefund typisch ist. Allerdings werden so die selteneren Tunmoren der vorderen Organregionen unter Umständen übersehen und allgemein erst recht fortgeschrittene Stadien erkannt.[10] Genauere Lokalisation und Größenbestimmung erlaubt die transrektale Sonografie. Zu den Laborparametern gehört die saure Phosphatase (SP) und das prostataspezifische Antigen (PSA). Vor allem das PSA hat momentan einen hohen Stellenwert in der Diagnostik. Es ist spezifisch für die Prostata, allerdings nicht für ein Tumorleiden, sondern kann auch bei Entzündungen, benigner Prostatahyperplasie oder ohne ersichtlichen Grund erhöht sein. Ein Wert über 4 ng/ml gilt als abklärungsbedürftig.

Beweisend für ein Prostatakarzinom ist ausschließlich der Nachweis von Krebszellen in einer bioptisch entnommenen Gewebeprobe. Die Biopsie wird transrektal unter Ultraschallkontrolle durchgeführt. Es werden mit einer Hohlnadel mindestens je drei Gewebeproben aus beiden Seiten des Organs entnommen. Bei einer großen Prostata sollte naturgemäß die Zahl der Biopsien höher liegen. Ein Pathologe begutachtet das Prostatagewebe und stellt seine Diagnose.

Falls sich die Diagnose „Prostatakrebs“ bestätigt, ist eine Stadienbestimmung indiziert (TNM-Klassifikation), bei der festgestellt wird, ob das Karzinom bereits ausgestreut hat oder ob es sich um ein auf die Prostata begrenztes Karzinom handelt. Dabei wird PSA-abhängig eine Skelettszintigrafie, eine Ultraschalluntersuchung (Sonographie) der Lymphknoten und der Leber, sowie eine Röntgenuntersuchung der Lunge durchgeführt. Manchmal erfolgen noch eine CT (Computertomographie) von Bauch und Lunge sowie ein Röntgenbild (Radiographie) der Nieren mit Kontrastmittel. Zur exakten Beurteilung eines organüberschreitenden Wachstums (Stadium T3) bei stanzbioptisch gesichertem Prostatakarzinom hat sich bisher jedoch kein bildgebendes Verfahren (CT, MRT mit Endorektalspule, TRUS) etablieren können. Danach wird gemeinsam mit dem Patienten nach der idealen Therapie gesucht.

Tumorstadien

Manifestationsstadien

Man unterscheidet folgende Manifestationsstadien:

  • manifestes Karzinom - bei dem der Primärtumor Symptome verursacht oder klinisch diagnostizierbar ist (palpabel)
  • okkultes Karzinom - bei dem die Metastasen symptomatisch werden, nicht aber der Primärtumor
  • inzidentielles Karzinom - das einen Zufallsbefund bei der Untersuchung oder Operation unter anderer Fragestellung darstellt
  • latentes Karzinom - das bei aus anderem Grund Verstorbenen bei der Obduktion entdeckt wird

Histopathologisches Grading

Bei der mikroskopischen Untersuchung des entnommenen Gewebes werden die biologischen Eigenschaften des Tumors genauer bestimmt und seine Bösartigkeit ermittelt. So beschreibt ein besonderes Einordnungsschema (G: Histopathologisches Grading), wie stark sich die Tumorzellen mikroskopisch von normalen, „ausgereiften“ Zellen unterscheiden.

  • Gx: Es kann keine Aussage gemacht werden
  • G1: Hochdifferenziert, noch sehr gewebeähnlich
  • G2: Mäßig differenziert
  • G3: Schlecht differenziert
  • G4: Völlig undifferenziert

Gleason-Score

Mittlerweile wird auch in Europa, nicht nur in Großbritannien, Irland und Skandinavien, sondern auch in der Schweiz, in Österreich und den meisten romanischen Ländern aus Gründen der internationalen Vergleichbarkeit fast ausschließlich der „Gleason-Score“ verwendet. Da im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft zunehmend einheitliche Beurteilungskriterien für vergleichende epidemiologische oder therapeutische Studien gefordert werden, nicht zuletzt auch aus Gründen der internationalen Akzeptanz und Vergleichbarkeit von Ergebnissen für wissenschaftliche Publikationen, wird das Gleason-Grading inzwischen auch in Deutschland (neben dem bisher üblichen kombinierten histologisch-zytologischen Grading) bevorzugt verwendet. Dabei wird nach dem histologischen Bild das am häufigsten und das am zweithäufigsten vorkommende Tumorgewebe mit Punktwerten zwischen 1 und 5 (zusammen also zwischen 2 und 10) bewertet.

  • Gleason Score < 7 = günstigere Prognose
  • Gleason Score > 7 = schlechtere Prognose

Staging (TNM-System)

Bei der Beurteilung des Tumorstadiums nach dem TNM-System werden Größe und örtliche Ausdehnung des Prostatatumors (T), Lymphknotenbefall (N, von engl. node: Knoten) und Metastasen (M) berücksichtigt. Die Ziffern hinter den Buchstaben stehen für Größe und Ausdehnung (T1-T4), Zahl und Lage der befallenen Lymphknoten (N0-N3) und das Vorhandensein oder Fehlen von Fernmetastasen (M0 oder M1).

T-Stadien

  • Tx: Es kann keine Aussage gemacht werden
  • T1: Der Tumor ist klein und nicht tastbar. Er wird zufällig im Rahmen einer Prostataoperation wegen BPH oder erhöhter PSA-Werte gefunden (Inzidentaltumor).
  • T2: Der Tumor liegt noch innerhalb der Prostatakapsel.
  • T3: Der Tumor hat sich über die Prostatakapsel ausgebreitet und dabei möglicherweise auch die Samenbläschen befallen.
  • T4: Die Nachbarorgane (Enddarm, Harnblasenhals) sind vom Krebs befallen. Meistens haben sich dann auch Metastasen gebildet

Therapie

Die Säulen der Therapie sind die chirugische Intervention, Strahlentherapie und Unterdrückung der Androgenproduktion durch operative oder chemische Kastration.

Operation

Die Therapie der Wahl bei lokal begrenztem Prostatakarzinom (T1/2) und guter Konstitution ist die radikale Operation der Prostata, bei der Prostata, Samenbläschen und die regionalen Lymphknoten entfernt werden. Diese so genannte „radikale Prostatektomie“ kann auf drei unterschiedliche Arten durchgeführt werden:

  • durch Bauchschnitt (retropubische, also vom Bauch her durchgeführte radikale Prostatektomie (RRP))
  • durch Schnitt am Damm (zwischen After und Hodensack, radikale perineale Prostatektomie (RPP))
  • minimal-invasiv (laparoskopisch)

Gelingt es hierbei, den Tumor vollständig zu entfernen, ist eine Heilung möglich, und die Prognose des weiteren Verlaufes ist günstig. Das Langzeitüberleben liegt bei 80-90 %, die intraoperative Mortalität unter 1 %. Die Risiken der Operation sind die Gefahr der dauerhaften Harninkontinenz in etwa 3-5 % und die einer erektilen Dysfunktion in etwa 80 % der Fälle. Verletzungen des Nervus obturatorius, der Harnröhre oder des Rektums sind selten. Etliche Zentren bieten eine „nerverhaltende“ Operationsmethode (nach Walsh) an, bei der die kavernösen Nerven, die in unmittelbarer Lagebeziehung zur Prostata verlaufen, geschont werden. Das Risiko der postoperativen erektilen Dysfunktion kann damit auf 10 % (bei jungen Patienten) bis 50 % (bei älteren Patienten) gesenkt werden.

Strahlentherapie (Radiatio)

Eine durch viele Studien belegte gute Alternative ist bei lokal begrenztem Prostatakarzinom die Bestrahlung, die entweder von außen (perkutane Strahlentherapie) oder durch „Spickung“ (Brachytherapie) der Prostata mit radioaktivem Material erfolgen kann. Vorteile der Bestrahlung sind der Wegfall des OP-Risikos und die Möglichkeit einer ambulanten Behandlung, Nachteile sind Nebenwirkungen wie zeitweiliger Durchfall und Verdauungsstörungen.[11][12] Bei einer geringen Zahl von Patienten treten nach Strahlentherapie eines Prostatakarzinoms bleibende Schädigung von Darm (Radioproktitis, Radiocolitis) und Blase (Radiocystitis) auf. Auch ein Verlust der Gliedsteife (erektile Dysfunktion) sowie eine Störung der Schliessmukselfunktion des Afters oder der Blase ist bei wenigen Patienten nach Bestrahlung eines Prostatakarzinoms beobachtet worden.[13][14] Wenn zum Zeitpunkt der Diagnose bereits eine Absiedelung in andere Organe stattgefunden hat, ist die Erkrankung meist nicht mehr heilbar. Durch Strahlen-, Chemo- oder Hormontherapie kann jedoch die Ausbreitung des Krebses verzögert werden.

Androgensuppression

Eine Hormontherapie in Form eines Hormonentzuges kann hier als (reversible) chemische Kastration durch Gabe von LHRH-Analoga oder - heute seltener - durch (irreversible) chirurgische Kastration (Orchiektomie) durchgeführt werden. Dadurch sinkt der Testosteronspiegel auf rund 5 % ab. Da das Prostatakarzinom in vielen Fällen noch stark testosteronabhängig ist, kommt es bei beiden Verfahren meist zu einem deutlichen Rückgang bzw. Stillstand der Krankheit, so dass der Patient oft über Jahre wieder Ruhe hat. Im Gegensatz zur chirurgischen Kastration entsteht bei der chemischen Kastration ein sogenanntes Flare up, ein wenige Tage dauernder stark beschleunigter Krankheitsverlauf, den man aber durch die kurzzeitige Gabe von Antiandrogenen unterbinden kann und muss. Neuere Untersuchungen deuten bei chirurgischer oder chemischer Kastration auf einen Überlebensvorteil bei Dauergabe von Antiandrogenen hin. Als Nebenwirkungen bei beiden Kastrationsverfahren kann es unter anderem zu depressiven Zuständen, zu Anämie, Muskelabbau und als Langzeitwirkung zu Osteoporose kommen, wobei bei Orchiektomie sowohl die psychischen Belastungen durch die irreversible chirurgische Kastration als auch die Osteoporose durch das nicht gleichzeitig supprimierte Hormon LH stärker in Erscheinung treten. Außerdem kommt es zur erektilen Dysfunktion, die meist als nicht allzu schlimm empfunden wird, da auch die Libido nachlässt.

Chemotherapie

Die Chemotherapie hat sich in vielen Studien als wenig wirksam erwiesen. Einige Patienten (responder) mit metastasiertem Prostatakarzinom können jedoch von einer Chemotherapie profitieren. Angewendete Therapeutika sind 5-Fluorouracil, Adriamycin und Suramin.

Abwarten

Wenn bestimmte Faktoren vorliegen, kann die oben erwähnte wichtige Therapieoption des „Nichtstuns“ in Betracht kommen (sog. Watchful waiting). Zu diesen Faktoren gehören das Alter des Patienten, der sonstige Gesundheitszustand und der mit Methoden der DNA-Zytometrie gemessene so genannte Ploidie-Grad. Je älter und je kränker der Patient und je „normaler“ der zytometrische Befund ist, desto eher kommt abwartendes Beobachten in Frage. Die Prognose ist dann unter Umständen diesselbe bei besserer Lebensqualität.[15]

Prognose und Auswirkungen auf die Lebenserwartung

Die Prognose des Prostatakarzinoms ist für ein bösartiges Geschwust bzw. eine Krebserkrankung relativ günstig. Zumindest im lokalisierten Stadium (es wird hier auch illustrierend vom „Haustierkrebs“ gesprochen) ist die Lebenserwartung kaum verkürzt. Man nimmt an, dass letztlich weniger als ein Fünftel der an Prostatakrebs Erkrankten auch an ihm versterben, also die Letalität weniger als 20 % beträgt. Grund hierfür ist die späte Manifestation und die zu diesem Zeitpunkt meist bestehende Komorbidität. In einer Studie konnte gezeigt werden, dass im lokalisierten Stadiums die Prognose beim Zuwarten nicht schlechter ist als bei sofortiger Therapie.[15] Die hohe Mortalität ist somit vor allem auf die auffallend hohe Prävalenz im höheren Lebensalter zurückzuführen.

Das diagnosspezifische Fünfjahresüberleben nach Diagnosestellung liegt bei Tumoren, die auf die Drüse begrenzt sind, bei 80-99 %.[16] Bei gestreuten Tumoren ist dieser Wert jedoch mit höchstens 35 % deutlich geringer.[17] Die Heilungsaussichten (also die Wahrscheinlichkeit, alle Krebszellen zu zerstören) sind bei aggressiver Therapie gut: auf die Prostata begrenzte Karzinome können zu fast 90 %, die Organkapsel überschreitende zu etwa 50 % definitv geheilt werden.[18]

Vorsorge

Nach der interdisziplinären Leitlinie von 2002[19] wird allen Männern ab 50 (bzw. ab 45 bei positiver Familienanamnese, also betroffenen Familienangehörigen) zu einer jährlichen Vorsorgeuntersuchung durch einen Facharzt für Urologie geraten, die neben der rektalen Tastuntersuchung der Prostata auch die Bestimmung des PSA-Wertes durch einen PSA-Test beinhalten soll. Eine zusätzliche Ultraschalluntersuchung der Prostata (TRUS für transrektalen Ultraschall) durch den After ist nicht überall verfügbar und wird in Deutschland derzeit als allgemeine Früherkennungsmaßnahme nicht empfohlen. Ist eine dieser drei Untersuchungen auffällig, werden zur definitiven Diagnose mittels Biopsie, meistens durch Stanzbiopsie, mehrere Gewebeproben entnommen. Die Stanzbiopsie ist auch bei völlig unauffälligem Tastbefund der rektal-digitalen Untersuchung ab einem PSA-Wert von 4 ng/mL angezeigt.

Die Leitlinie zur Früherkennung wird aktuell neu erarbeitet. Ein Problem der bisherigen Empfehlungen wird im relativ geringen positiv prädiktiven Wert der PSA-Bestimmung mit festem Schwellenwert (der unter 20 % liegt) gesehen; von der Einführung eines eventuellen Anstieges im Vergleichszeitraum als Verdachts-Kriterium verspricht man sich eine höhere Effizienz und die Vermeidung unnötiger Biopsien. Zudem geht die Tendenz dahin, Karzinome zunächst zu beobachten und nur bei zweifelsfreier Progredienz zu intervenieren. Zur Evaluierung verschiedener Vorsorge-Regimes laufen derzeit zwei große Studien.[2]

Siehe auch: Screening

Geschichte

Die Vorsteherdrüse wurde zuerst von dem venezianischen Anatom Niccolò Massa im Jahr 1536 beschrieben. Die erste Illustration fertigte Andreas Vesalius zwei Jahre später an. Trotzdem war das Prostatakarzinom bis 1853 unbekannt.[20] Aufgrund der schlechten diagnostischen Optionen und der geringeren allgemeinen Lebenserwartung galt es im 19. Jahrhundert als seltene Krankheit. Die ersten Orchiektomien waren schon um 1890 versucht worden, allerdings mit bescheidenem Erfolg. Die ersten operativen Eingriffe an der Drüse selbst zielten auf Verbesserung des Wasserlassens bei Harnröhrenobstruktion. So wurde die erste radikale Prostatektomie 1904 von Hugh Young im Johns Hopkins Hospital durchgeführt. Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die palliative transurethrale Resektion (via Harnröhre) zur Behebung der Harnröhrenobstruktion eingeführt. Die radikale retropubische Prostatektomie wurde 1983 von Patrick Walsh entwickelt.

1941 veröffentlichte Charles B. Huggins seine Studienergebnisse, in denen er Östrogene einsetzte, um bei Patienten mit inoperablem Karzinom die Testosteron-Produktion zu hemmen. Die Entdeckung dieser „chemischen Kastration“ brachte ihm 1966 den Nobelpreis ein.

Die Strahlentherapie wurde im frühen 20. Jahrhundert entwickelt und bestand zunächst aus der Einpflanzung von Radium-Implantaten. Die perkutane Bestrahlung wurde seit Mitte des Jahrhunderts durchgeführt. Die erste Beschreibung der Brachytherapie stammt aus dem Jahr 1983.

Veterinärmedizin

Bei Haustieren sind Prostatatumoren wesentlich seltener zu finden als beim Menschen. Bei Katzen sind bisher nur 5 Fälle dieser Erkrankung beschrieben worden. Relativ am häufigsten erkranken Hunde. Hier sind etwa 0,2 bis 0,6 Prozent aller Neubildungen Tumoren der Prostata. Unter den Neoplasien der männlichen Harn- und Geschlechtsorgane beim Hund liegt der Anteil bei 6 Prozent. Bevorzugt erkranken Hunde mittelgroßer bis großer Rassen mit einem Altersdurchschnitt von 8 bis 10 Jahren. Eine Kastration hat keinen Einfluss auf einen Rückgang der Erkrankungshäufigkeit; es gibt vielmehr Hinweise, dass die Erkrankung bei kastrierten Rüden häufiger auftritt [21]. Die Erkrankung ist differentialdiagnostisch vor allem von der wesentlich häufiger auftretenden gutartigen Prostatvergrößerung des Hundes abzugrenzen. Ein Tumor der Prostata ist beim Hund fast immer eine bösartige Neubildung, in den meisten Fällen handelt es sich wie beim Menschen um Adenokarzinome. Kastrierte Rüden weisen dagegen bei etwa 50 Prozent der Fälle undifferenzierte Karzinome auf. Als weitere bösartige Neoplasien sind Plattenepithelkarzinome, Übergangsepithelkarzinome und Leiomyosarkome sporadisch beschrieben worden. Lediglich Einzelfälle stellen gutartige Fibrome, Adenome oder Leiomyome dar. Entsprechend ihres aggressiven Charakters liegen zum Zeitpunkt der Diagnosestellung in 70 bis 80 Prozent der Fälle bereits Metastasen vor. Die Verschleppung der Tumorzellen erfolgt über die Lymphbahn und betrifft in etwa 66 Prozent der Fälle die Lunge; dieser Verlauf scheint bei kastrierten Rüden häufiger zu sein als bei intakten. Außerdem sind von Metastasen die Lymphknoten im Beckenbereich sowie Leber, Milz, Herz, Nieren, entferntere Lymphknoten, Knochen und die Nebennieren betroffen.

Symptome, Diagnostik, Therapie

Sonografische Darstellung eines Prostatakarzinoms bei einem Hund. Von Pfeilen markierte Gebiete erhöhter Echogenität kennzeichnen das tumoröse Gewebe. Z- Prostatazysten

Das klinische Erscheinungsbild der Erkrankung ist variabel. Kotabsatzstörungen wie Tenesmus oder Obstipation treten wesentlich häufiger als Beschwerden bei der Miktion auf. Die Neubildung kann Schmerzsymptome im Bereich der Hinterhand hervorrufen, die bei Metastasierung in die Wirbelsäule hinein sogar als Lähmungen imponieren können. Auf rektale Palpation treten in einigen Fällen Schmerzhaftigkeiten auf. Eine Vergrößerung des Organs ist jedoch nicht in allen Fällen nachweisbar. Im Urin lassen sich in zwei Dritteln der Fälle Anzeichen für eine Entzündung oder eine Einblutung nachweisen. Tumorzellen selbst werden hier allerdings nur selten gefunden. Eine Verwendung der humanmedizinischen Marker Saure Phosphatase und Prostataspezifisches Antigen ist umstritten, zumal die humanmedizinischen Tests beim Hund nicht angewendet werden können.

Im Röntgenbild können bei Metastasierung in den betroffenen Organen häufig Veränderungen nachgewiesen werden. Die Prostata selbst ist häufig vergrößert und weist Verkalkungsherde auf. Im Ultraschall ist neben einer Vergrößerung des Organs häufig eine erhöhte Echogenität und in einigen Fällen das Vorhandensein von Zysten nachweisbar. Die definitive Diagnose erfolgt mittels einer transabdominalen oder transrektalen Prostatabiopsie und anschließender pathohistologischer Untersuchung. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Durchführung einer Kathetersaugbiopsie, bei welcher mittels eines Harnröhrenkatheters aus dem Bereich der Prostata Zellen angesaugt werden.

Da die meisten Hunde mit einem Tumor der Prostata erst beim Vorliegen von Metastasen vorgestellt werden, ist die Prognose in den meisten Fällen von vornherein ungünstig. Die mittlere Überlebenszeit nach Diagnosestellung liegt bei 3 Monaten. Eine chirurgische Entfernung der Prostata ist durch die meist große Ausdehnung des Tumors oft nicht möglich. Bei intakten Rüden wird die Überlebenszeit auch durch eine Kastration oder die Gabe von Antiandrogenen nicht verbessert. Auch verschiedentlich getestete Chemotherapieprotokolle oder Strahlentherapien verbesserten die Prognose nicht nachweislich.

Quellen

  1. Statistisches Bundesamt
  2. a b C. Börgermann, H. Rübben: Früherkennung des Prostatakarzinoms. Dtsch Arztebl. (2006) 103(37):2399-2406.
  3. N. Breslow et al.: Latent carcinoma of prostate at autopsy in seven areas. The International Agency for Research on Cancer, Lyons, France. Int J Cancer (1977) 20(5):680-8. PMID 924691.
  4. R.M. Hoffman et al.: Racial and ethnic differences in advanced-stage prostate cancer: the Prostate Cancer Outcomes Study. J Natl Cancer Inst. (2001) 93(5):388-95. PMID 11238701.
  5. G.D. Steinberg et al.: Family history and the risk of prostate cancer. Prostate (1990) 17(4):337-47. PMID 2251225.
  6. Sexual factors and prostate cancer erschienen im British Journal of Urology (BJU International, Bd. 92, S. 211)
  7. Wu HY, Snyder HM, III. Pediatric urologic oncology: bladder, prostate, testis. Urol Clin North Am 2004; 31(3):619-27, xi. PMID 15313070
  8. Groff DB. Pelvic neoplasms in children. J Surg Oncol 2001; 77(1):65-71. PMID 11344486
  9. Ursus-Nikolaus Riede, Hans-Eckart Schaefer: Allgemeine und spezielle Pathologie. Thieme, Stuttgart 1999. ISBN 3-13-683304-X.
  10. M.D. Krahn et al.: Screening for prostate cancer. A decision analytic view. JAMA (1994) 272(10):773-80. PMID 7521400.
  11. Yablon CM, Banner MP, Ramchandani P, Rovner ES. Complications of prostate cancer treatment: spectrum of imaging findings. Radiographics 2004; 24 Suppl 1:S181-S194.
  12. Kushwaha RS, Hayne D, Vaizey CJ, Wrightham E, Payne H, Boulos PB. Physiologic changes of the anorectum after pelvic radiotherapy for the treatment of prostate and bladder cancer. Dis Colon Rectum 2003; 46(9):1182-1188. PMID 12972961
  13. Merrick GS, Butler WM. Rectal function following permanent prostate brachytherapy. W V Med J 2004; 100(1):18-20. PMID 15119492
  14. Duchesne GM, Dowling C, Frydenberg M et al. Outcome, morbidity, and prognostic factors in post-prostatectomy radiotherapy: an Australian multicenter study. Urology 2003; 61(1):179-183. PMID 12559292
  15. a b J.E. Johansson et al.: Fifteen-year survival in prostate cancer. A prospective, population-based study in Sweden. JAMA (1997) 277:467-71 Abstract (deutsch)
  16. C.R. Porter et al.: 25-year prostate cancer control and survival outcomes: a 40-year radical prostatectomy single institution series. J Urol.' (2006) 176(2):569-74. PMID 16813891.
  17. http://www.cancer.org/docroot/CRI/content/CRI_2_2_6x_Prostate_Cancer_Survival_Rates.asp?sitearea= American Cancer Society]
  18. Deutsche Gesellschaft für Urologie
  19. AWMF
  20. J. Adams: The case of scirrhous of the prostate gland with corresponding affliction of the lymphatic glands in the lumbar region and in the pelvis. Lancet (1853) 1:393
  21. Nelson RW, Couto CG: Innere Medizin der Kleintiere. Urban&Fischer, München und Jena 2006:1004

Literatur

Ratgeber

  • Patrick C. Walsh, Janet Farrar Worthington: Prostatakrebs. Ein Ratgeber für Männer und Frauen, die ihre Männer lieben. Zuckschwerdt, 2005. ISBN 3-88603-659-6.
  • Stephen B. Strum, Donna Pogliano: Ein Ratgeber zum Prostatakrebs - Die Anleitung für den selbstbestimmten Patienten. Verlag C.V. Engelhard, Hannover 2005. ISBN 3-00-017057-X.
  • Michael Korda: Von Mann zu Mann. Erfahrungsbericht. Lübbe, 2001. ISBN 3404614240.(vergriffen)