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Antikommunismus

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Antikommunismus kennzeichnet eine Geisteshaltung, die sich gegen tatsächlichen oder vermeintlichen Kommunismus richtet. Antikommunisten entstammen verschiedenen politischen Strömungen und vertreten keine einheitliche Weltanschauung. Antikommunismus kann sich aus einer demokratischen, einer christlichen (oder anderen religiösen) Überzeugung heraus definieren, aber auch Teil eines totalitären Weltbildes sein.

Es existieren auch die verwandten Begriffe Antimarxismus und Antibolschewismus. Antimarxismus stellt sich dabei als die Ablehnung der durch Karl Marx entwickelten Theorie des Marxismus dar. Der Begriff Antibolschewismus wurde in Deutschland nur in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts verwendet und zielt auf den Begriff des Bolschewismus ab.

Niederschlagung der Arbeiterbewegung 1848

Ihre Entstehung liegt - wenn auch anders gekennzeichnet - wahrscheinlich vor der Entstehung des Wortes Kommunismus. Die beginnende Arbeiterbewegung löste bei Bürgertum und Aristokratie die Angst vor einem Statusverlust aus. Begründet wurde diese Geisteshaltung mit der Angst um jene Ordnung und Sicherheit, die sie verteidigten. In Frankreich kam es bei der Niederschlagung des Juniaufstands 1848 und bei dem Sieg über die Pariser Kommune zu Massakern an den Arbeitern. Damit wurde nach den Worten Thiers' die "Zivilisation" verteidigt. In Deutschland bestimmte die Angst des Bürgertums vor dem 'vierten Stand' wesentlich sein Verhalten während der Revolution 1848/49 mit, und später fand sie beispielsweise durch die Sozialistengesetze ihren Niederschlag.

Oktoberrevolution - Westliche Interventionen

Nach der russischen Oktoberrevolution kam es zu einer großangelegten Intervention alliierter Truppen, um die Revolution nach Möglichkeit im Keim zu ersticken. Im Sommer 1918 standen 13.000 amerikanische Soldaten im revolutionären Russland.

Der amerikanische Justizminister Mitchell Palmer bekämpfte Kommunisten und Anarchisten. Gewerkschaftsbüros und Zentralen sozialistischer Organisationen wurden verwüstet. Im Dezember 1919 wurden 249 "resident aliens" an Bord der Buford nach Russland verbracht, unter ihnen Emma Goldman. Greuelgeschichten über Bolschewiken, die Kleinkinder aufspießen u. ä. wurden massenhaft verbreitet. Das Verbreiten dieser Greuelpropaganda trug wesentlich dazu bei, dass auch Berichte über tatsächlich von den Bolschewiki begangene Verbrechen bei den westlichen Linken lange Zeit wenig Glauben fanden. Die antikommunistische Welle in den USA während des ersten Weltkriegs und danach wird als Red Scare bezeichnet.

Nationalsozialismus

Der Aufstieg des Faschismus in Italien und des Nationalsozialismus in Deutschland wurde unter anderem dadurch möglich, dass diese Bewegungen vermochten, sich als Bollwerk gegen den Bolschewismus zu inszenieren. In der nationalsozialistischen Konstruktion des "jüdischen Bolschewismus" verschmolzen Antikommunismus und Antisemitismus zu einer Einheit.

Kalter Krieg

USA

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und dem ausbrechenden Kalten Krieg wurde Antikommunismus - jetzt vom Antisemitismus weitgehend bereinigt - in den Ländern Nordamerikas und Westeuropas ein bestimmender Teil der politischen Kultur. Dies nahm überzogene Formen an. In den USA sorgte die McCarthy-Ära für eine Verdrängung von linken Intellektuellen aus der öffentlichen Diskussion, die oft mit persönlicher Verfolgung einherging. Künstler wie Charles Chaplin durften nicht mehr einreisen, dessen Kollegen (Humphrey Bogart, Lauren Bacall) demonstrierten gegen McCarthy. Das Gerichtsverfahren gegen das US-amerikanische Ehepaar Ethel und Julius Rosenberg erregte Anfang der 1950er Jahre weltweites Aufsehen. Ihnen wurde Spionage für die Sowjetunion vorgeworfen. Obwohl sie ein Kind hatten, die Vorwürfe bestritten, und entgegen heftiger nationaler und internationaler Proteste wurden beide am 19. Juni 1953 im Staatsgefängnis Sing Sing in New York auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet.

Bundesrepublik Deutschland

Die Bundesrepublik Deutschland ist durch die Ausgestaltung des Grundgesetzes ein anti-totalitaristischer und damit auch antikommunistischer Staat. Kommunistische Parteien und Organisationen, wie die KPD und die FDJ wurden verboten, weil sie gegen die Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland kämpften. Ebenso war der Verkauf von Zeitungen und Zeitschriften aus der zum Lager der Sowjetunion gehörenden DDR war bis 1968 verboten. Im Zusammenhang mit den Verboten der KPD (August 1956 durch das Bundesverfassungsgericht) und der FDJ (1951 durch die Bundesregierung Konrad Adenauers) wurden im Verlauf der fünfziger und sechziger Jahre über 10.000 Personen mit Haftstrafen belegt und wurden Verfahren gegen Hunderttausende von Kommunisten aber auch des Kommunismus verdächtigte geführt. [1] Der Antikommunismus in der Bundesrepublik Deutschland traf z.B. 1959/1960 auch mehrere Vertreter des sog. Friedenskomitee der Bundesrepublik Deutschland, deren Wirken nach Ansicht der Sonderstrafkammer des Landgerichts Düsseldorf nicht eine selbständig gefundene Lehre aus dem Krieg, sondern sondern ein Instrument der KPD, "(...)die das Westdeutsche Friedenskomitee dazu benutzte, den Boden für die Erichtung eines kommunistischen Regimes in der Bundesrepublik zu bereiten.(...)", war. [2]

Der Antikommunismus in Deutschland erstreckt sich jedoch nicht auf diejenigen linksgerichteten Parteien, welche sich zur Verfassungsordnung und zur Demokratie bekennen. So ist Die Linkspartei.PDS eine legale sozialistische Partei, welche auch im deutschen Bundestag vertreten ist. Ihre Tätigkeit ist deshalb möglich, weil die Partei sich zu einem "demokratischen Sozialismus" bekennt, welcher mit der deutschen Verfassungsordnung vereinbar sein soll. Die Partei steht jedoch unter Beobachtung des Verfassungsschutzes, da in Teilen der Partei dieses Bekenntnis nicht geteilt wird (z.B. in der Kommunistischen Plattform). Weitere in Deutschland tätige Parteien, welche kommunistische Ideologien vertreten, sind z.B. die DKP und die MLPD.

Lateinamerika

Der Antikommunismus war auch ein entscheidendes Motiv der Politik der USA gegenüber Lateinamerika. Nationalistische Regime, die sich um Landreformen bemühten, sich selbst aber keineswegs als kommunistisch verstanden, wie in Guatemala, wurden nach Möglichkeit gestürzt. Der Versuch der Invasion in Kuba in der Schweinebucht scheiterte.

Südkorea

Wenig bekannt sind die antikommunistischen Massaker nach dem Zweiten Weltkrieg, z. B. auf der Insel Jeju (Südkorea). "Das Massaker begann am 3. April 1948. Koreanische Truppen schlugen mit Hilfe der amerikanischen Besatzungsarmee einen angeblich kommunistischen Aufstand in Jeju nieder, der tatsächlich kaum mehr als eine Unmutskundgebung von ein paar hundert Menschen war. Der Gewaltausbruch war unvorstellbar, die Zahl der Toten ist es bis heute, dreißigtausend sagen die einen, hundertvierzigtausend sagt man auf Jeju, Frauen, Kinder, Greise. Fast jede Familie verlor jemanden, und jahrzehntelang war es streng verboten, den Massenmord auch nur zu erwähnen, den 'Vorfall vom 3. April', wie es noch immer oft euphemistisch heißt." (Jacob Strobel y Stern, FAZ 21. Oktober 2004, S. R2)

Europa

Die Herrschaft der Sowjetunion in Osteuropa wurde nur von einem Teil der Bürger dieser Länder akzeptiert, die Errichtung autoritärer Regime und das offensichtliche ökonomische Scheitern des sozialistischen Modells ließ Antikommunismus in West- und Osteuropa zum Common Sense werden. Das osteuropäische Glacis der Sowjetunion war nur zum Preis vereinzelter Volksaufstände (DDR 1953, Ungarn 1956, Tschechoslowakei 1968, Polen 1956 und 1980) zu halten. Ein Teil der Sympathien bei linken Persönlichkeiten Westeuropas waren zu Ende, als das System der sowjetischen Straflager um 1970 bekannt wurde. Entscheidenden Anteil hatte daran der Schriftsteller Alexander Solschenizyn mit seinem Werk "Der Archipel Gulag".

Wertungen im Kalten Krieg

Die westdeutsche Politik wurde von manchen Kritikern als Fortführung der antikommunistischen und antibolschewistischen Ideologie des 3. Reichs gewertet. Auch in den übrigen Ländern Westeuropas sei diese Politik demnach fortgeführt oder - wo kaum oder nicht vorhanden - mit Hilfe von Massenmedien, Schulen, Kirchen, Universitäten erstmalig verbreitet oder wesentlich verstärkt worden. Demnach sei eine Bedrohung besonders vom Westen gegen die UdSSR und andere sozialistische Staaten ausgegangen. Kritisiert wird auch ein ungleiches Maß bei der Politik gegenüber pro-westlichen Diktaturen wie z.B. Spanien, Griechenland, der Türkei, Südafrika und lateinamerikanischen Regimen, mit denen freundschaftliche Beziehungen unterhalten worden seien, im Gegensatz zur strikten Ablehnung kommunistischer Diktaturen.

Menschenrechtsverletzungen wie z.B. Straflager und Massaker in pro-westlichen Diktaturen seien von westlichen Medien und Massenmedien zeitweilig oder dauerhaft verschwiegen, vertuscht, verniedlicht oder gerechtfertigt worden.

Gegenwart

Mit dem Zusammenbruch des größten Teils der sozialistischen Staaten 1989/91 wurde der Antikommunismus in weiten Teilen der Welt ebenso obsolet wie sein Widerpart. Allerdings lebt er weiter in Taiwan in Form der Souveränitäts-Bewegung, sowie in Südkorea als Abgrenzung von Nordkorea, und in den USA als Anti-Kuba-Politik.

Literatur

Antikommunismus/Politische Justiz in der Bundesrepublik:

  • Alexander von Brünneck: Politische Justiz gegen Kommunisten in der Bundesrepublik Deutschland 1949 – 1968, FaM 1979
  • Rolf Gössner: Die vergessenen Justizopfer des Kalten Krieges, Berlin 1998.
  • Klaus Körner: Die rote Gefahr -Antikommunistische Propaganda in der Bundesrepublik 1950-2000,

Fußnoten

  1. Zahlen u.a. Alexander von Brünneck, FaM 1979, etwas neuer auch Rolf Gössner, Berlin 1998, S. 26,
  2. Vgl. Heinrich Hannover, die Republik vor Gericht, Berlin 2005, Zitat auf S. 78