Seelberg (Hannover)

Foto auf Glasplatte von Wilhelm Pietzsch, 1936; Historisches Fotoarchiv der Naturkunde des Niedersächsischen Landesmuseums Hannover
Der Seelberg in Misburg ist eine bis zu 60,4 Meter aufsteigende Erhebung[1] in Hannover. Sie entstand in der Eiszeit, als die Eismassen während des Pleistozäns bis in die sogenannte Saale-Eiszeit hinein Steine und Schuttmassen überkrochener Gebirge mit sich forttrugen und an ihrer Unterseite zu feinem Sand und Ton zerrieb. Diese Geschiebemergel am Seelberg sind als Ablagerungen in einer „Verknetung der Grundmoräne“ mit kleinen und großen Geschieben sowie Gesteinsblöcken mehrfach beobachtet und zum Beispiel von dem Geologen Friedrich Hamm beschrieben worden.[2]
Nach dem Rückzug der Eismassen wurden etwa 7000 Jahre vor unserer Zeitrechnung Flugsande zu teilweise langezogenen Binnendünen zusammengeweht. Die so entstandenen großen Dünenkomplexe in der Umgebung Misburgs liefen unter anderem zu Bogendünen am Seelberg zusammen.[3] Unter der teilweise von Sand bedeckten Oberfläche[4] finden sich blaugraue Tone der Unterkreide (auch Oberalb), die sich vor allem im Westen Misburgs bis unter den Misburger Wald und das Altwarmbüchener Moor hinziehen.[5]
Für die Zeit der Rentierjäger entwarf Anton Scholand für seine Leser eine imaginäre, rum das spätere Misburg ausgebreitete Tundra. Zwischen zwei Seen anstelle der heutigen Landschaften Breite Wiese und Seckbruch - beide Gewässer sind heute verlandet - hob sich laut Scholand der Seelberg halbinselartig als vom „Seckbruchsee“ umspülter Dünenberg empor.[6]
In der Bronzezeit wurden auf dem Seelberg Hügelgräber angelegt.[7]
Über einen alten, über die zusammengeschobenen und -gewehten Sande führender Weg am Seelberg wurde später die Sandstraße angelegt.[8]
Der Flurname Seelberg war noch im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts geläufig. Der Name leitet sich ab von der alten Bezeichnung Sool und bedeutete soviel wie Quelle oder Teich (vergleiche Soll). Verwandt ist die Silbe auch mit dem Wort Soot für einen Brunnen. Durch verschiedene Aufzeichnungen ist überliefert, dass sich auf dem Seelberg mehrere kleine Teiche befanden, von denen der „Katzenteich“ bis in die 1920er Jahre erhalten blieb.[9]
1827 wurde auf dem Seelberg der Friedhof am Seelberg angelegt,[9][10] während der Großteil der umgebenden Erhebung noch im Jahr 1876 bewaldet war.[9] Von der Silbe Seel leitet sich der populäre Irrtum ab, der Seelberg sei nach den Seelen der Verstorbenen benannt.[9]
Der Friedhof wurde durch die Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und schließlich 1972 stillgelegt.
Den Name der historischen Straße Am Seelberg im heutigen Stadtteil Misburg-Nord wurde 1895 festgelegt. Von Süden darin einmündend wurde 1938 die nach dem Seelberg benannte Bergstraße angelegt. Diese wurde 1979 mit der östlich davon liegenden, 1924 angelegten Straße An den Neuen Wiesen und der 1930 erbauten Mittelstraße, die das Südende von An der neuen Wiesen nach Westen verlängerte und es künftig mit der Bergstraße verband, zusammengefasst und nach dem Ort Nienhagen bei Celle als Nienhagener Straße benannt.[11]
Literatur
- Friedrich Hamm: Erdgeschichtliches Geschehen rund um Hannover. Norddeutsche Verlagsanstalt, Hannover 1952, S. 84.
Einzelnachweise
- ↑ Anton Scholand: Höhenlage der Misburger Gemarkung. In ders.: Misburgs Boden und Bevölkerung im Wandel der Zeiten. 2. Auflage, 1960, S. 432.
- ↑ Anton Scholand: Pleistozän. In ders.: Misburgs Boden und Bevölkerung im Wandel der Zeiten. 2. Auflage, 1960, S. 6 f.
- ↑ Anton Scholand: Dünen. In ders.: Misburgs Boden und Bevölkerung im Wandel der Zeiten. 2. Auflage, 1960, S. 20 f.
- ↑ 1936 aufgenommenes Foto der „Sandgrube in Grundmoräne (des) Seelberg(es) bei Misburg“
- ↑ Stichwort Seelberg laut Register Flurnamen in Anton Scholand: Misburgs Boden und Bevölkerung im Wandel der Zeiten. 3. Auflage, überarbeitet und ergänzt von Valentin Bialecki, mit Texten von Wolfgang Illmer, Hannover 1992, S. 1, 14, 20, 21, 51, 75, 262.
- ↑ Anton Scholand: Rentierjägerzeit. In ders.: Misburgs Boden und Bevölkerung im Wandel der Zeiten. 2. Auflage, 1960, v.a. S. 25.
- ↑ Anton Scholand: Bronzezeit. In ders.: Misburgs Boden und Bevölkerung im Wandel der Zeiten. 2. Auflage, 1960, v.a. S. 35 ff.; hier: S. 37.
- ↑ Helmut Zimmermann: Sandstraße. In ders.: Die Straßennamen der Landeshauptstadt Hannover. Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1992, ISBN 3-7752-6120-6, S. 216.
- ↑ a b c d Anton Scholand: Seelberg. In ders.: Misburgs Boden und Bevölkerung im Wandel der Zeiten. 2. Auflage, 1960, S. 401.
- ↑ Peter Schulze: Friedhöfe. In: Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.) u. a.: Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 193–196; hier: S. 195.
- ↑ Helmut Zimmermann: Am Seelberg sowie Nienhagener Straße. In ders.: Die Straßennamen der Landeshauptstadt Hannover. Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1992, ISBN 3-7752-6120-6, S. 21, 182.
Koordinaten: 52° 23′ 24″ N, 9° 50′ 53″ O