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Wannseekonferenz

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Villa der Wannseekonferenz

Die heute so genannte Wannseekonferenz war eine Zusammenkunft von fünfzehn hochrangigen Beamten des nationalsozialistischen Regimes, auf der die Deportation und Ermordung der europäischen Juden (Holocaust) organisatorisch geplant und koordiniert wurde. Sie fand unter strenger Geheimhaltung am 20. Januar 1942 im Gästehaus der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes am Berliner Großen Wannsee (ehemalige Villa Marlier, Am Großen Wannsee 56-58, erbaut 1914/1915 von Paul Otto August Baumgarten) statt.

Leiter der Konferenz war Reinhard Heydrich, der mit der sogenannten „Endlösung der Judenfrage“ beauftragte Chef des Reichssicherheitshauptamts. Teilnehmer waren acht Staatssekretäre verschiedener Ministerien, sechs Polizei- und Sicherheitsexperten und ein Ministerialdirektor.

Entgegen einer verbreiteten Meinung wurde die Judenvernichtung auf der Konferenz nicht erst beschlossen, sondern die Opfergruppen eingegrenzt und die Kooperation untergeordneter Stellen unter der zentralen Lenkung der Dienststelle von Heydrich gesichert. Wann der Beschluss zur Umsetzung des Völkermordes im industriellen Ausmaß tatsächlich fiel, ist unter Historikern umstritten; der Spätherbst 1941 erscheint den meisten jedoch als der wahrscheinlichste Zeitpunkt. Denn damals zeichnete sich das Scheitern des „Unternehmens Barbarossa" ab, das im Juni 1941 als Blitzkrieg begonnen worden war. Bei diesem Feldzug begann der Holocaust mit systematischen Massenerschießungen von Juden durch „Einsatzgruppen" und wurde mit der Errichtung von Vernichtungslagern und der fabrikmäßigen Ermordung von Juden in Chelmno seit Dezember 1941 Schritt für Schritt intensiviert.

Vorgeschichte

Auftrag Görings an Heydrich zur „Endlösung der Judenfrage" (letzte Zeile)

In einer Reichstagsrede vom 30. Januar 1939 hatte Hitler die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa angekündigt, falls es den Juden gelingen sollte, die Völker noch einmal in einen Weltkrieg zu stürzen. Diesen Weltkrieg hatte er nun selbst herbeigeführt. Am 12. Dezember 1941 bestellte er die Reichs- und Gauleiter der NSDAP ein, um sie in seine Entscheidung zur Vernichtung der Juden Europas einzuweihen. Joseph Goebbels notierte darüber in sein Tagebuch:

Bezüglich der Judenfrage ist der Führer entschlossen, reinen Tisch zu machen. [...] Der Weltkrieg ist da, die Vernichtung des Judentums muss die notwendige Folge sein. [1]

Die Pläne dazu nahmen jetzt konkrete Gestalt an. Hans Frank, „Generalgouverneur“ des besetzten Polen, setzte seine Mitarbeiter am 16. Dezember 1941 über Hitlers Pläne in Kenntnis: Es werde eine „große jüdische Wanderung“ nach Osten einsetzen. Er fuhr fort:

Aber was soll mit den Juden geschehen? Glauben Sie, man wird sie im Ostland in Siedlungsdörfern unterbringen? Man hat uns in Berlin gesagt: Weshalb macht man diese Scherereien? Wir können im Ostland oder im Reichskommissariat auch nichts mit ihnen anfangen; liquidiert sie selber! [...] Wir müssen die Juden vernichten, wo immer wir sie treffen...[2]

Am 18. Dezember 1941 befahl Hitler Heinrich Himmler, die Juden „als Partisanen auszurotten“. Damit waren nicht mehr nur sowjetische Juden gemeint, sondern alle Juden in von Deutschland besetzten Gebieten waren nun potentielle Todeskandidaten.

Als die Wannseekonferenz stattfand, war der Völkermord schon im vollen Gange. Seit Juni 1941 hatten Heydrichs Einsatzgruppen bereits etwa 370.000 Juden durch Massenerschießungen in den besetzten Ostgebieten ermordet. Am 8. Dezember 1941 hatte man in Chelmno (Kulmhof) begonnen, Juden in Gaswagen zu ermorden. Doch diese Methoden waren den NS-Führern zu ineffektiv; man suchte fortlaufend nach schnelleren, preiswerteren, weniger aufwändigen, die Ausführenden weniger belastenden Verfahren des Massenmords.

Heydrich war am 31. Juli 1941 von Hermann Göring mit der Ausarbeitung eines „Gesamtentwurfes“ für die „Gesamtlösung der Judenfrage“ beauftragt worden. Dieses Ermächtigungsschreiben zitierte er in der Einladung zur ursprünglich für Ende des Jahres 1941 geplanten Wannsee-Konferenz, zu der Staatssekretäre und leitende Beamte von Behörden zusammengerufen wurden. Der Entscheidung zum Völkermord war bereits vorher auf höchster Ebene getroffen worden. Nun sollte die allgemeine Richtung der Maßnahmen festgelegt und deren Umsetzung koordiniert werden.

Dr. Josef Bühler, Franks Staatssekretär, drängte Heydrich auf der Wannseekonferenz, diese Mordaktionen im Generalgouvernement zu beginnen, weil er hier keine Transportprobleme sähe und „die Judenfrage in diesem Gebiete so schnell wie möglich zu lösen“ wünschte. Die Eile hing nicht zuletzt mit den Rückschlägen der Wehrmacht an der Ostfront zusammen, die im Winter 1941/42 erstmals einer Großoffensive der Roten Armee ausgesetzt war. Damit gerieten die Pläne zu einer großflächigen Zwangsumsiedlung von Juden nach Sibirien, die zeitweise erwogen worden waren, zur Makulatur.

Konferenzvorbereitung

Ursprünglich war der Sitzungstermin für den 9. Dezember 1941 anberaumt worden. Am 7. Dezember wurde Pearl Harbour überfallen; Hitler wollte ursprünglich daraufhin den Reichstag für den 9. Dezember einberufen, um die Kriegserklärung gegen die Vereinigten Staaten zu verkünden. Einige der zur Wannseekonferenz Eingeladenen wie auch Heydrich selbst waren Mitglieder des Reichstages. Heydrich ließ daher die Konferenz kurzfristig absagen und später Einladungen zum 20. Januar 1942 verschicken. [3]

Die zunächst verschickte Einladung zu einer „Besprechung mit anschließendem Frühstück" hob die "außerordentliche Bedeutung" einer Gesamtlösung der Judenfrage hervor, zumal die Transporte bereits seit Mitte Oktober 1941 liefen. Auch die zweite Einladung schrieb und verschickte Adolf Eichmann, Heydrichs „Judenreferent“. Er war als Leiter des Gestapo-Referats IV B 4 unter anderem für „Juden- und Räumungsangelegenheiten“ zuständig und organisierte sämtliche Deportationen von Juden aus den von Deutschen besetzten Gebieten in die Arbeits- und Vernichtungslager. Er lieferte Heydrich auch Vorlagen und Zahlenmaterial für sein Einleitungsreferat und fertigte das Protokoll über die Konferenz an.

Teilnehmer

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Teilnehmer der Wannseekonferenz: Obere Reihe: Hofmann, Heydrich, Klopfer, Kritzinger, Bühler, Meyer, Neumann, Luther, Stuckart, Freisler. Zweite Reihe: Müller, Lange, Schöngarth, Leibbrandt. Unten links: Eichmann (Schautafel des Wannsee Museums, Berlin)

Folgende Beamte der nationalsozialistischen Regierung nahmen an der Konferenz teil:

Zudem waren noch weitere Vertreter von Reichsministerien und sogenannten Obersten Reichsbehörden eingeladen. Einige davon hatten jedoch ihre Teilnahme abgesagt, z.B. Leopold Gutterer, Staatssekretär im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda. Er nannte terminliche Gründe für seine Absage, bat aber darum, über alle Folgetermine unterrichtet zu werden. (Lit.: Roseman, S. 95)

Inhalte

Folgende Inhalte wurden erörtert und im Protokoll der Wannseekonferenz festgehalten:

Heydrich teilt mit, dass er von Hermann Göring zum „Beauftragen für die Vorbereitung der Endlösung der europäischen Judenfrage“ bestellt sei und die Federführung beim „Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polizei“ liege. Auf dieser Sitzung wolle er sich mit den unmittelbar beteiligten Zentralinstanzen abstimmen.

Heydrich berichtet über die erfolgte Auswanderung von rund 537.000 Juden aus dem Altreich, Österreich und dem Protektorat, an deren Stelle nach „vorheriger Genehmigung durch den Führer die Evakuierung der Juden nach dem Osten“ treten solle. Für die „Endlösung der europäischen Judenfrage“ kämen rund 11 Millionen Juden in Betracht. Weiter heißt es:

„In großen Arbeitskolonnen, unter Trennung der Geschlechter, werden die arbeitsfähigen Juden straßenbauend in diese Gebiete geführt, wobei zweifellos ein Großteil durch natürliche Verminderung ausfallen wird. Der allfällig endlich verbleibende Restbestand wird, da es sich bei diesem zweifellos um den widerstandsfähigsten Teil handelt, entsprechend behandelt werden müssen, da dieser, eine natürliche Auslese darstellend, bei Freilassung als Keimzelle eines neuen jüdischen Aufbaues anzusprechen ist.“

Zunächst sollen die deutschen Juden in Durchgangsghettos und von dort aus weiter in den Osten transportiert werden. Juden im Alter über 65 Jahren und Juden mit Kriegsversehrung oder Träger des Eisernen Kreuzes sollen nach Theresienstadt kommen. Damit seien „mit einem Schlag die vielen Interventionen ausgeschaltet“.

Nachdem mögliche Schwierigkeiten bei der „Evakuierungsaktion“ in den „besetzten oder beeinflussten europäischen Gebieten“ angesprochen und diskutiert worden sind, wendet man sich der Frage zu, wie mit jüdischen Mischlingen und Mischehen zu verfahren sei. Das Protokoll gibt an, die Nürnberger Gesetze sollten „gewissermaßen“ die Grundlage bilden. Doch tatsächlich gingen die von Heydrich eingebrachten Vorschläge weit darüber hinaus:

  • Im Regelfall sollen „Mischlinge 1. Grades“ ungeachtet ihrer Glaubenszugehörigkeit wie Volljuden behandelt werden. Ausnahmen sind nur für solche Mischlinge vorgesehen, die mit einem „deutschblütigen“ Partner verheiratet sind und nicht kinderlos geblieben sind. Andere Ausnahmebewilligungen sind nur von höchsten Parteiinstanzen zu erteilen.
  • Alle „Mischlinge 1. Grades“, die im Deutschen Reich verbleiben dürfen, werden sterilisiert.
  • „Mischlinge 2. Grades“ werden im Regelfall den „Deutschblütigen“ gleichgestellt, sofern sie nicht durch auffälliges jüdisches Aussehen oder schlechter polizeilicher und politischer Beurteilung als Juden eingestuft werden.
  • Bei bestehenden Mischehen zwischen „Volljuden“ und „Deutschblütigen“ wird der jüdische Teil entweder „evakuiert“ oder auch nach Theresienstadt geschickt, falls Widerstand durch die deutschen Verwandten zu erwarten sei.
  • Weitere Regelungen werden für Mischehen angesprochen, bei denen ein oder beide Ehepartner „Mischlinge“ sind.

Diese detaillierten Vorschläge wurden vom Staatsekretär Stuckart, der 1935 mit der Ausarbeitung der Nürnberger Gesetze befasst gewesen war, als unpraktikabel zurückgewiesen. Er schlug vor, die Zwangsscheidung von Mischehen und Zwangssterilisierungen in Erwägung zu ziehen. Da in diesen Punkten keine Einigung herbeigeführt werden konnte, vertagte man diese Detailfragen auf die Folgekonferenzen. Tatsächlich blieb es schließlich bei den günstigeren Regelungen, wie sie in der „Ersten Verordnung zum Reichsbürgergesetz“ von 1935 festgelegt worden waren.

Einordnung

Aus dem Konferenzprotokoll kann geschlossen werden, dass zuvor von höchster Stelle entschieden worden war, den seit Mitte 1941 stattfindenden Massenmord an zunächst männlichen Juden nunmehr zu einem systematischen Völkermord an allen europäischen Juden auszudehnen. [4]

Die Wannseekonferenz war nur ein bürokratischer Vorgang zur Klärung von Zuständigkeiten der beteiligten Stellen und der Eingrenzung des zu ermordenden Personenkreises. Die „Endlösung der Judenfrage“ wurde hier also nicht „beschlossen“, wie oft irrtümlich behauptet wird: Dieser Beschluss konnte nicht durch untergeordnete Personen, sondern nur auf allerhöchster Ebene gefasst werden. Erst daraufhin sollte nun die Federführung des Reichssicherheitshauptamts festgeschrieben sowie Kooperation und Koordinierung der beteiligten Stellen sichergestellt werden.

Das Haus der Wannsee-Konferenz bezeichnet die weitverbreitete Annahme, hier sei der Völkermord beschlossen worden, als "fast nicht mehr revidierbaren Irrtum der Geschichtsschreibung und der Publizistik" und hat es sich unter anderem zur Aufgabe gemacht ihn aus der Welt zu schaffen. Dennoch ist die Wannseekonferenz von großer historischer Bedeutung: Hier wurde der Völkermord europaweit koordiniert, den höchsten Beamten aller wichtigen Ministerien zur Kenntnis gebracht und von ihnen organisatorisch unterstützt. [5]

Das Protokoll

Der Inhalt des Protokolls ist nach Adolf Eichmanns Aussagen in seinem Prozess in Jerusalem 1961 eine „inhaltlich genaue Wiedergabe der Konferenz“. Eichmanns Aussagen widersprechen dem Konferenzprotokoll jedoch in vielen Punkten, besonders in Bezug auf die Bedeutung seiner eigenen Person bei der Konferenz. Die von ihm angegebene Dauer der Erörterungen von ca. anderthalb Stunden gilt jedoch als unstrittig.

Insgesamt wurden 30 Exemplare dieses Protokolls ausgestellt. Davon wurde bis heute nur das Exemplar des Konferenzteilnehmers Martin Luther, damals Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt, aufgefunden. Es wurde erst 1947 während der Vorbereitungen für den „Wilhelmstraßen-Prozess“ in Nürnberg in Geheimakten des Auswärtigen Amtes entdeckt. Offenbar entging es nur deshalb der Vernichtung, weil Luther wegen eines Putschversuchs gegen Außenminister Ribbentrop im KZ Sachsenhausen inhaftiert war.

Der erhaltene Protokolltext dokumentiert den Plan zur rationalisierten Ermordung aller europäischen Juden, das prinzipielle Einverständnis und die effektive Beteiligung des nationalsozialistischen Staatsapparates an diesem industrialisierten Völkermord. Die Formulierung „entsprechend behandelt" in Eichmanns Wiedergabe des Einleitungsreferats von Heydrich wird als typische Tarnfloskel für die Ermordung der die Zwangsarbeit überlebenden Juden gesehen, da der Kontext keinen anderen Schluss zulässt. Nach Aussage Eichmanns in seinem Prozess war die tatsächliche Sprache unmissverständlich: Es wurde vom Töten und Eliminieren und Vernichten gesprochen. (Guido Knopp, Holokaust S. 143) Wieweit dies zutrifft und über welche Tötungsvarianten gesprochen wurde, ist unter Historikern umstritten. Sandkühler stellt dar, dass bis zur WSK in Ostgalizien Jüdinnen und Juden gemordet wurden, die von den Nazis als arbeitsunfähig eingestuft wurden; nach der WSK galt der Mordbefehl für alle Juden überhaupt, mit Ausnahme der winzigen Zahl derer, die in der Erdöl-Industrie als unentbehrlich deklariert wurden, was oft genug persönlichen Einsatz von "Rettern" erforderte.

Folgen

Dieser ersten Wannseekonferenz auf Staatssekretärsebene folgten zwei Nachfolgekonferenzen auf Referenten-/Arbeitsebene zur Klärung weiterer Fragen. Diese fanden am 6. März 1942 und 27. Oktober 1942 im Referat IV B 4 von Adolf Eichmann in der Berliner Kurfürstenstraße statt. Der „Endlösung“, dem größten geplanten und ersten industriellen Massenmord der Geschichte, fielen bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges rund sechs Millionen Juden - Jude hier im Sinne der in den Nürnberger Gesetzen formulierten nationalsozialistischen Rassenideologie - zum Opfer.

Gedenk- und Bildungsstätte

Blick von der Wannseebrücke auf den Wannsee

Nach Kriegsende nutzte die Rote Armee das Gebäude, später die US-Armee. Zeitweilig stand es leer. Nahezu die gesamte Einrichtung wurde geplündert. 1947 zog das August-Bebel-Institut der Berliner SPD ein. Seit 1952 diente es als Schullandheim des Bezirks Berlin-Neukölln. Ab 1988 erfolgten der Umbau und die historische Rekonstruktion von Villa und Garten für die Errichtung einer Gedenkstätte.

In den Räumen der Villa wurde 1992 die Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz eröffnet. Im Erdgeschoss des Hauses informiert die Dauerausstellung „Die Wannsee-Konferenz und der Völkermord an den europäischen Juden“ über den Prozess der Ausgrenzung, Verfolgung und Vertreibung der Juden zwischen 1933 und 1945 sowie über die während des Zweiten Weltkriegs von den Nationalsozialisten durchgeführte Ghettoisierung, Deportation und Ermordung der europäischen Juden im deutschen Einflussbereich. Nach Umbau und Überarbeitung wurde im Januar 2006 die neue Dauerausstellung eingeweiht.

Die Konferenz im Roman

Fever

Leslie Kaplan beschreibt in Fever die Bedeutung der Konferenz für Eichmanns Aufstieg in fiktiver Form. Demnach habe Eichmann sich eingebildet, dass das Zusammensitzen mit Heydrich für ihn ein Karrieresprung sei. Im Roman ist der erhoffte berufliche Aufstieg ein wichtiger Grund, dass Eichmann an den Massenverbrechen des Holocaust mitwirkte. Es habe sich dabei also um Morde ohne eigentliches Motiv gehandelt.

Vaterland

Robert Harris zeichnet in seinem Roman Vaterland die Vision, dass Deutschland den Zweiten Weltkrieg gewonnen hat und über ganz Europa herrscht. Die Juden sind aus dem gesamten Einflussgebiet verschwunden und ihre Existenz ist in der Bevölkerung eine verblassende, unausgesprochene Erinnerung. Wenige Tage vor Hitlers 75. Geburtstag beginnt eine Mordserie an ehemaligen Nazigrößen. Nach und nach deckt der ermittelnde SS-Fahnder auf, dass die Mordopfer die überlebenden Mitwisser des totgeschwiegenen Verschwindens der Juden sind. Der Roman beleuchtet dabei besonders die Konspirativität der Konferenz und die wenigen verbleibenden Belege.

Filme

Zweimal war die Wannseekonferenz Thema eines Spielfilms:

Die Wannseekonferenz (BRD 1984)

Darsteller:

Die Wannseekonferenz (USA/GB 2001)

(US-Originaltitel: Conspiracy)

Darsteller:

In beiden Fällen wurde die Länge des Films der Länge der historischen Konferenz angepasst, und ist demnach 85 Minuten lang. Die Drehbücher beider Filme basieren auf dem Protokoll, der detailliertesten Quelle zur Konferenz. Da das Protokoll jedoch keine wörtliche Rede wiedergibt, sind die Dialoge notgedrungen rekonstruiert und deshalb historisch nicht belegt.

Zur Pierson-Produktion ist zu beachten, dass beispielsweise Kritzinger als Zweifler dargestellt wird, was der Realität keineswegs entsprach. Zwar kann man in ihm nicht den klassischen Antisemiten sehen, jedoch hat er, ähnlich wie die anderen auf der Konferenz Anwesenden, im Nationalsozialismus Karriere machen können – obwohl er die Juden nicht hasste, hat er fleißig und willfährig an ihrer Vernichtung mitgewirkt – als Schreibtischtäter. Auch kann man bei den vielen Pausen, die in Piersons Darstellung während der Konferenz gemacht wurden, eher von dramaturgischer Inszenierung denn von historischer Realität ausgehen – dass die Anwesenden derart oft nach draußen gingen, um ein paar Häppchen zu nehmen, ist unwahrscheinlich.

Das Drehbuch von Piersons Film (der am historischen Ort gedreht wurde), wurde der 'Gedenkstätte Haus der Wannseekonferenz' vorab vorgelegt; jene wies auf Fehler hin. Es zeigt sich jedoch, dass die Produzenten von ihrer ursprünglichen Idee, einen dokumentarischen Film zu machen, abwichen - entstanden ist ein Film mit spannungsfördernden, klischeehaften, aber historisch nicht belegten Elementen.

Auch war die Wannseekonferenz in einer Szene der vierteiligen TV-Serie „Holocaust - Die Geschichte der Familie Weiß“ zu sehen, allerdings mit nur zweien der fünfzehn Teilnehmer (Heydrich und Eichmann).

Quellen

  1. Guido Knopp, Holokaust S. 139, Goldmann 2001, ISBN 344215152X
  2. Guido Knopp, Holokaust S. 139f, Goldmann 2001, ISBN 344215152X
  3. Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz: Die Wannsee-Konferenz und der Völkermord an den europäischen Juden. Berlin 2006, ISBN 3-9808517-4-5, Seite 84
  4. Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz: Die Wannsee-Konferenz ... Seite 99
  5. Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz: Die Wannsee-Konferenz... Seite 100

Literatur

  • Mark Roseman: Die Wannsee-Konferenz. Wie die Bürokratie den Holocaust organisierte. Ullstein Verlag, München/Berlin 2002, ISBN 3548364039. - Übersetzung der englischen Originalausgabe The Villa, The Lake, The Meeting (Penguin Books, 2002). - Gut lesbare Übersichtsdarstellung, geschrieben zur Einführung für das angelsächsische Lesepublikum. Lesenswert auch ein kurzer Aufsatz im Anhang von Norbert Kampe: Überlieferungsgeschichte und Fälschungsvorwurf. Anmerkungen zum Faksimile-Anhang, in dem auf fehlerhafte vorherige Darstellungen kurz eingegangen wird, die Revisionisten für ihre Zwecke auszunutzen versuchten. Rezension von Peter Longerich in DIE ZEIT [1]
  • Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz (Hrsg): Die Wannsee-Konferenz und der Völkermord an den europäischen Juden. Katalog der ständigen Ausstellung. Berlin 2006, ISBN 3-9808517-4-5 (Faksimili aller Exponate sowie Kommentare)
  • Christian Gerlach: Die Wannsee-Konferenz, das Schicksal der deutschen Juden und Hitlers politische Grundsatzentscheidung, alle Juden Europas zu ermorden. In: Christian Gerlach: Krieg, Ernährung Völkermord. Deutsche Vernichtungspolitik im Zweiten Weltkrieg, S. 79-152. Pendo, Zürich/München 2001, ISBN 3-8584-2404-8. - Erweiterte Fassung eines Aufsatzes, in dem Gerlach die endgültige Entscheidung zur Vernichtung aller europäischen Juden anhand einer internen Rede Hitlers auf den 12. Dezember 1941 datiert. (Siehe dazu etwa diese Rezension von Götz Aly.)
  • Wolf Kaiser: Die Wannsee-Konferenz. SS-Führer und Ministerialbeamte im Einvernehmen über die Ermordung der europäischen Juden, in: Heiner Lichtenstein/Otto R. Romberg (Hg.): Täter - Opfer - Folgen. Der Holocaust in Geschichte und Gegenwart, 2. Aufl. , Bonn: BpB 1997, S. 24-37, ISBN 3-89331-257-9
  • Peter Longerich: Die Wannsee-Konferenz vom 20. Januar 1942. Planung und Beginn des Genozids an den europäischen Juden, Berlin: edition Hentrich 1998, ISBN 3-89468-250-7
  • Peter Longerich: Davon haben wir nichts gewusst! Die Deutschen und die Judenverfolgung 1933–1945. Siedler Verlag, München. 2006, ISBN 3886808432 (eine Zusammenfassung von Rezensionen dieses Buches auf perlentaucher)
  • Johannes Tuchel: Am Großen Wannsee 56-58. Von der Villa Minoux zum Haus der Wannsee-Konferenz. Publikationen der Gedenkstätte Haus der Wannsee-Konferenz, Bd. 1, Edition Hentrich, Berlin 1992, ISBN 3894680261. - Sorgfältig gearbeitete Geschichte des Hauses.
  • Kurt Pätzold/Erika Schwarz: Tagesordnung: Judenmord. Die Wannsee-Konferenz am 20. Januar 1942. Eine Dokumentation zur Organisation der „Endlösung“. Metropol-Verlag, Berlin 1992, ISBN 3926893125. - Fachwissenschaftlich gesehen zum Teil überholt. Abdruck zahlreicher Dokumente, als kommentierte Edition nicht immer sorgfältig und vollständig genug.
  • Thomas Sandkühler "Endlösung" in Galizien. Der Judenmord in Ostpolen und die Rettungsinitiativen von Berthold Beitz 1941-1944 Bonn: Dietz, 1996 ISBN 3801250229

Siehe auch