Hans-Dietrich Sander
Hans-Dietrich Sander (* 1928 in Mecklenburg) ist ein deutscher Publizist und Autor der Neuen Rechten.
Leben
Von 1948 bis 1952 belegte er ein Studium der Germanistik, Theaterwissenschaften, Theologie und Philosophie in Westberlin. Die Bekanntschaft mit den Werken von Bertolt Brecht führte zu einem Engagement für den Kommunismus und zur Übersiedelung in die DDR. Dort war er von 1952- 1956 Dramaturg im Henschelverlag in Ostberlin.
1957 erfolgte seine Flucht in den Westen, wo er von 1958-1962 und 1965-1967 als Journalist bei der Tageszeitung Die Welt arbeitete. 1969 erfolgte die Promotion zum Dr. phil. bei dem Theologen Hans-Joachim Schoeps in Erlangen. Der Titel seiner Promotionschrift lautete „Marxistische Ideologie und allgemeine Kunsttheorie“. Diese Studie publizierte erstmals einen Brief von Walter Benjamin an Carl Schmitt.[1] Mit Schmitt stand Sander in intensivem schriftlichen und persönlichen Kontakt. Sander vermittelte auch einen Kollegen an der FU Berlin, den bekannten Religionsphilosophen Jacob Taubes, an Carl Schmitt - eine Begegnung, die sich in einem posthumen Buch niederschlug (Jacob Taubes, Ad Carl Schmitt - Gegenstrebige Fügung, 1987).
Sanders "Geschichte der Schönen Literatur in der DDR" (1972) postulierte entgegen dem Trend der Zeit die Existenz einer einheitlichen deutschen Nationalliteratur und wurde heftig kritisiert. 1975/76 war Sander Lehrbeauftragter an der TU Hannover und von 1978/79 an der FU Berlin. Mitarbeit an der "Zeitbühne" unter der Herausgeberschaft von William S. Schlamm.
Wirken
Bekannt wurde er 1980 aufgrund seines Buches „Der nationale Imperativ - Ideengänge und Werkstücke zur Wiederherstellung Deutschlands“, eine Sammlung politischer Essays, die zum Teil vorher in der rechtskonservativen Zeitschrift Criticón erschienen waren. In diesem Werk forderte Sander, ganz im Sinne von Edgar Julius Jungs Weimarer Systemkritik sowie Carl Schmitts Freund-Feind-Denken und Souveränitäts-Verständnisses, die außenpolitische Aufkündigung von Verträgen und die Gründung eines neuen „Vierten Reiches“ auf nationalistischer Grundlage. Ziel seiner „Ideengänge zur Widerherstellung Deutschlands“ sei die Weckung des „entschlummerten Furor teutonicus“, um „den Deutschen ihren bewährten Kampfgeist und ihren berechtigten Stolz zurückzugeben, die sie beim Bau eines neuen Reiches brauchen.“[2]
1982 wurde er Chefredakteur der rechtsextremen Zeitschrift „Deutsche Monatshefte“ (seit 1990 mit Nation und Europa fusioniert), was in den 1980er Jahren zu ersten Erwähnungen in den Verfassungsschutzberichten führte. Einzelne Essays Sanders erscheinen in den 80er Jahren auch im Matthes & Seitz- Verlag, etwa im Anhang zu Jean Baudrillards „Die göttliche Linke“ (1985).
1990 gründete Sander in München die rechtsextreme Zeitschrift Staatsbriefe, deren Titel sich auf die Erlässe des Stauferkaisers Friedrich II. bezieht. Ihr Leitgedanke ist die Belebung der ghibellinischen Reichsidee. Sie verband radikale politische Polemik, Kritik und Analyse mit dem Versuch, an geistige Traditionen des Preußentums, des Reichsgedankens und der sogenannten Konservativen Revolution anzuknüpfen. Als Vorbilder und Inspiratoren nannte Sander unter anderem die Publizisten Hans Zehrer und Hans Domizlaff, aber auch den George-Kreis und den religionsphilosophischen Außenseiter Otfried Eberz. Bis zu ihrer Einstellung im Jahre 2001 fungierten die Staatsbriefe als Bindeglied zwischen Rechtsextremismus und konservativem Nationalismus.
Wegen Veröffentlichung des Aufsatzes von Germar Rudolf „Naht ein deutscher Bürgerkrieg?“ und einem Beitrag zum Thema Holocaust wurde Hans-Dietrich Sander 1998 als verantwortlicher Herausgeber der Staatsbriefe wegen Volksverhetzung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener zu einer Haftstrafe von 8 Monaten, ausgesetzt auf zwei Jahre Bewährung, sowie zu einer Geldstrafe in Höhe von 4.000 DM rechtskräftig verurteilt.
Antisemitismus und permanente Verunglimpfung der freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland und ihrer politischen Repräsentanten waren auch die Vorwürfe, die seit 1995 erneut zu verschiedenen Erwähnungen (sowohl der Staatsbriefe als auch Sanders) in den Verfassungsschutzberichten unter der Rubrik Rechtsextremismus führten.[3]
Sander tritt seit Jahren als Referent bei Veranstaltungen rechtsextremer und national-konservativer Gruppierungen auf. So berichteten die Nürnberger Nachrichten über eine in einem NPD-Zentrum abgehaltene Veranstaltung: „Rund 100 Teilnehmer, so berichtet es zumindest die Deutsche Stimme, Monatsschrift der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), hören sich an, wie Horst Mahler, Jürgen Schwab und Hans-Dietrich Sander die Rückkehr zum Führerprinzip und die Abschaffung der Demokratie in Deutschland erreichen wollen.“[4]
Die Publikation seines Artikels „Thesen und Glossare zum Dritten Reich“ in der österreichischen neurechten Zeitschrift „Neue Ordnung“[5], welche im rechtsgerichteten Leopold Stocker Verlag erscheint, führte 2005 zu einer Anzeige gegen den Verlag „wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Verbotsgesetz“.
Kritik an Sander kam auch aus dem rechtsnationalen Lager. So hat die Wochenzeitung Junge Freiheit bereits Anfang der 90er Jahre polemische Artikel gegen Sander und die „Staatsbriefe“ veröffentlicht. Herbe Kritik übte Sander wiederholt an den Rechtsparteien (NPD, Republikaner), denen er Korruption, Unfähigkeit, Borniertheit und die Durchsetzung von "Informanten und Provokateuren" vorwarf. [6] Armin Mohler nannte Sander 1990 in dem Essay „Gegen die Liberalen“ den „unbequemsten Vertreter der heutigen Rechten“.
Werke
- »Marxistische Ideologie und allgemeine Kunsttheorie«, 1970, 2. Auflage 1975;
- »Geschichte der schönen Literatur in der DDR«, 1972;
- »Der nationale Imperativ«, 1980, 2. Auflage 1990;
- »Die Auflösung aller Dinge«, 1988
Quellen
- ↑ S. etwa Horst Bredekamp, From Walter Benjamin to Carl Schmitt, via Thomas Hobbes, Critical Inquiry, Volume 25, Number 2, Winter 1999 chicago.edu
- ↑ Hans Dietrich Sander, „Der nationale Imperativ - Ideengänge und Werkstücke zur Wiederherstellung Deutschlands?“ (1980), Essen 1990, S. 29f
- ↑ so z.B. Verfassungsschutzbericht 2000, Mai 2001, S.101, Verfassungsschutzbericht 2001, August 2002, S.117, Verfassungsschutzbericht 2002, September 2003, S. 94 oder Verfassungsschutzbericht 2003, Mai 2004, S. 86
- ↑ Nürnberger Nachrichten vom 28. August 2000, S.14, Artikel „Nürnberg als Zentrum der Nadelstreifen-Extremisten?“von Armin Jelenik
- ↑ Hans-Dietrich Sander, Thesen und Glossare zum Dritten Reich, in Neue Ordnung Ausgabe 1, 2005, Leopold Stocker Verlag, S.24ff
- ↑ Staatsbriefe 5-6/96, S.2, "Thesen zur Konterrevolution".