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Paul Erdős

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Paul Erdős [ˈɛrdøːʃ] (* 26. März 1913 in Budapest, Ungarn; † 20. September 1996 in Warschau, Polen) war einer der bedeutendsten Mathematiker des 20. Jahrhunderts. Er galt unter Mathematikern schon zu Lebzeiten als Legende. Paul Erdős arbeitete mit Hunderten von Kollegen (Erdős-Zahl) auf den Gebieten Kombinatorik, Graphentheorie und Zahlentheorie zusammen. Er "vagabundierte" von einer wissenschaftlichen Tagung oder einem Kollegen zum anderen, irdische Güter bedeuteten ihm nicht viel und am liebsten sprach er von Dem BUCH, in dem Gott die perfekten Beweise für mathematische Sätze aufbewahrt.

Leben

Paul (ung. Pál) Erdős wurde als drittes Kind einer nichtpraktizierenden jüdischen Familie am 26. März 1913 in Budapest (Österreich-Ungarn) geboren. Nachdem seine beiden Schwestern im Alter von 3 und 5 Jahren vor seiner Geburt gestorben waren, war er das einzige Kind von Anna und Lajos Erdős. Seine Eltern waren beide Mathematiklehrer. Sein Vater wurde 1914 bei einem Angriff der Russen auf das ungarisch-österreichische Bündnis gefangen genommen. Da seine Mutter unterrichtete, wurde Paul von einer deutschen Gouvernante erzogen. Schon mit drei Jahren konnte er Rechnen und mit vier konnte er Freunden der Familie im Kopf ausrechnen, wieviele Sekunden sie schon lebten. Seine Mutter ließ ihn aus Angst vor ansteckenden Krankheiten von einem Privatlehrer unterrichten. Auch als er eine höhere Schule besuchen sollte, ging er nur jedes zweite Jahr in eine Schule, da seine Mutter ihre Meinung oft änderte. Seine Mutter wurde unter der kurzen Herrschaft des kommunistischen Béla Kun (1919) Direktorin der Schule: zum Wohl der Kinder. Sie wurde deshalb unter der 1920 beginnenden Herrschaft von Admiral Miklós Horthy entlassen. Dieser schürte den Antisemitismus, woraufhin viele jüdische Wissenschaftler (z. B. Edward Teller, John von Neumann, Leo Szilard und Eugene Wigner) Ungarn verließen. 1920 kehrte sein Vater aus der Kriegsgefangenschaft zurück. Dieser hatte sich in der Kriegsgefangenschaft Englisch beigebracht und lehrte es Paul. Mit 17 Jahren (1930) schrieb sich Paul Erdős in der Universität ein: Dies war ihm nur möglich, weil der Numerus Clausus von 1920 im Jahr 1928 wieder gelockert wurde: Juden konnten als Gewinner nationaler Wettbewerbe wieder studieren. Nur vier Jahre später (1934) wurde ihm der Doktortitel in Mathematik verliehen. Da der Antisemitismus immer mehr zunahm, ging er noch im selben Jahr als Gastdozent nach Manchester.

1938 nahm er seine erste amerikanische Position, als Stipendiat, in Princeton (New Jersey) ein. Diese behielt er aber nicht lange, da ihn die Institutsleitung von Princeton für "eigentümlich und unkonventionell" hielt. Um diese Zeit begann er die Gewohnheit zu entwickeln, von Campus zu Campus zu reisen. Er hielt es nie lange an einem Ort aus und reiste bis zu seinem Tode zwischen mathematischen Instituten hin und her.

1941 machte Paul Erdős einen Ausflug mit seinen Kollegen Arthur Stone und Shizuo Kakutani. Sie wollten von einer Erhöhung mit einem Turm aus aufs Meer blicken. Nur über Mathematik nachdenkend, übersahen sie ein Schild "Zutritt verboten". Sie machten ein paar Erinnerungsphotos und wurden später wegen Spionage vom FBI verhaftet und verhört.

Als er im Dezember 1948 nach 10-jähriger Pause seine Mutter und Freunde (Paul Turan, Vera Sós, Miklós Simonovits u. a.) in Ungarn besuchte, gelang es ihm erst im Februar 1949 aus Ungarn zu entkommen, da Stalin anfing, die Grenzen abzuriegeln. Dann pendelte er drei Jahre zwischen England und den USA hin und her, bevor er 1952 eine Stelle an der amerikanischen University of Notre Dame annahm.

Als er 1954 zu einer Konferenz nach Amsterdam reisen wollte, wurde ihm nach einer Untersuchung vor einer McCarthy-Kommission erklärt, dass er, wenn er die USA verlassen würde, nicht wieder einreisen dürfe. Er verwirkte seine Greencard und fuhr zu dieser Konferenz.

Da ihm auch die Niederlande und England, wegen seiner Kontakte zu dem chinesischen Zahlentheoretiker Loo-Keng Hua, Reise- und Aufenthaltsbeschränkungen auferlegten, nahm er in den 60ern eine Stellung an der Hebräischen Universität Jerusalem an.

Diesen Posten hielt Erdős "offiziell" dreißig Jahre: Er reiste immer von Universität zu Universität, um mit Mathematikern zusammenzuarbeiten: er veröffentlichte ca. 1500 gemeinsame Artikel, soviel wie kein anderer. Daraus entstand auch die Erdös-Zahl. Er schlief nur 4–5 Stunden und putschte sich mit Benzedrin auf. 1979 bot sein Freund Ronald Graham eine Wette um 500$ an: ob er es schaffen würde, 30 Tage ohne Drogen zu leben. Er hielt durch, meinte aber, die Wette habe die Mathematik um einen Monat zurückgeworfen.

Paul Erdős führte ein einfaches Leben für die Mathematik und von den Preisgeldern, die er gewann, unterstützte er begabte Studenten, spendete sie oder setzte sie als Preisgelder für schwierige Aufgaben aus.

Literatur

  • M. Aigner, G. Ziegler: Das BUCH der Beweise. Heidelberg, Springer 2003, ISBN 3-540-40185-7.
    Ein Versuch, Erdős' Idee von Gottes BUCH Wirklichkeit werden zu lassen.
  • G. P. Csicsery: N is a Number. A Portrait of Paul Erdős. The Story of a Wandering Mathematician obsessed with unsolved Problems. (ein Video). Heidelberg, Springer (Springer VideoMATH) 2000, ISBN 3-540-92642-9.
    Ein Video über den Menschen Erdős und sein Werk. Enthält einige Computeranimationen, die seine Forschungsarbeiten verdeutlichen.
  • G. Halasz, L. Lovasz, M. Simonovits, V. Sos (Hrsg.): Paul Erdős and His Mathematics. 2 Bde. Heidelberg, Springer 2002, ISBN 3-540-42236-6.
    Erdős' wichtigste Originalarbeiten zusammengefasst in zwei Bänden.
  • Bruce Schechter: Mein Geist ist offen. Die mathematischen Reisen des Paul Erdős. Basel, Birkhäuser 1999, ISBN 3-7643-6083-6.
    Gilt als objektiver als die Biographie von Hoffman. (Die deutsche Ausgabe ist nur noch antiquarisch erhältlich, die englische hat die ISBN 0-6848-5980-7)
  • Paul Hoffman: Der Mann, der die Zahlen liebte. Ullstein 1998, ISBN 3-550-06978-2.
    Biographie von Erdős in Form eines Romans.

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