Montpellier
Vorlage:Infobox französische Gemeinde Montpellier [ ] (Okzitanisch Montpelhièr) ist eine der größten Städte an der französischen Mittelmeerküste, gelegen in der Région Languedoc-Roussillon. Sie ist die Hauptstadt sowie Sitz der Préfecture des Départements Hérault. Die Einwohnerzahl lag 2004 bei 244.500 (1999: 225.392), zusammen mit den Vororten lag die Einwohnerzahl 1999 bei 459.916.
Die Stadt liegt in hügligem Gebiet etwa 10 km von der Mittelmeerküste entfernt am Fluss Lez. Der ursprüngliche Name Monspessulanus leitet sich entweder vom Mont Pelé (nackter Hügel, vegetationsarm) oder dem Mont de la Colline ab. Eine weitere Theorie ist die Namensgebung durch den Monte Pestelario. Die Stadt ist ein Industriezentrum und bekannt für Medizintechnik, Agrartechnik, Textilien, Metallverarbeitung, Wein, Druckindustrie und Chemikalien.
Geschichte
- 986 - Montpellier ist eine der wenigen bedeutenden französischen Städte ohne römischen Hintergrund. Montpellier wurde erstmals am 26. November 986 urkundlich erwähnt, als der Graf Bernard de Melgueil (Melgueil entspricht dem heutigen Mauguio) Wilhelm III. (Graf von Toulouse) Land zwischen der antiken Via Domitia, dem Fluss Lez und "La Mousson" für seine selbstlosen Verdienste überschrieb. Seine Erben konstruierten eine Burg, die ein Schloss und eine Kapelle beherbergte. Durch die hervorragende Lage zwischen Katalonien und Italien an der Via Domitia neben dem Hafen "Lattes" wurde Montpellier schnell ein Handelszentrum mit Verbindungen über das Mittelmeer, nach Spanien und nach Nordeuropa und entwickelte eine gemischte Bevölkerung mit Juden, Moslems und später auch Protestanten. Es siedelten sich Goldschmiede, Tuchmacher oder auch Händler an (noch heute erkennt man an den Strassennamen im historischem Zentrum, mit welcher Ware dort Handel getrieben wurde).
- 1202 - Am 9. November 1202 endete die Dynastie der Guilhelms (auf deutsch Wilhelm) mit dem Tod von Wilhelm VIII.
- 1204 - Montpellier kam über die Hochzeit von Marie von Montpellier mit Peter II. aus Aragon (1204) und deren Tod (1213) in den Besitz der Könige von Aragon. Montpellier erhielt 1204 die Stadtrechte und das Recht, jährlich zwölf regierende Stadträte zu ernennen. Die sehr weiträumigen Privilegien blieben bis zum Tod von Jakob II erhalten.
- 1220 - Im Mittelalter wurde der Via Domitia als Pilgerweg nach Santiago de Compostela benutzt. Die Kirche Notre-Dame-des-Tables in Montpellier war ein bedeutender Halt für die Jakobspilger. Durch den Pilgertourismus und durch die Vertreibung der Juden und Mauren aus Spanien entwickelte sich in Montpellier einige hospitale und karitative Einrichtungen. 1220 gründete Stadtrad Conrad - Legat des Papstes Honorius III - die medizinische Schule Montpellier. Ende des 13ten Jahrhunderts ist der Ruf der Schule schon legendär.
- 1289 - erhielt die medizinischen Schule vom Papst Nicolas IV den Status einer Universität. Die Universität wurde von der jüdischen, arabischen und christlichen Kultur gleichermassen geprägt. Anhänger aller genannten Kulturen studierten dort. Dies war ein geradezu revulutionärer Zustand, dem die Universität seine enorme Fortschrittlichkeit zu verdanken hatte.
- 1349 - wurde Montpellier von Jakob III. an den französischen König Philipp VI. von Frankreich verkauft, um die Kriegskasse im Kampf gegen Peter IV. von Aragón zur Rückeroberung von Mallorca zu füllen. Die Stadt war nach Paris die zweitwichtigste im französischen Königreich. Doch in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts verlor die Stadt mehr als ein Drittel seiner Bevölkerung durch Seuchen.
- 14xx - Anfang des 14.Jahrhundert erlebte die Stadt einen wirtschaftlichen Aufschwung dank seines Nachbarhafens „Lattes” und eines kaufmännischen Genies namens Jacques Cœur, Geldgeber des Königs von Frankreich Karl VII.. In dieser wirtschaftlichen Blütezeit leistete sich die medizinische Fakultät einen Pflanzengarten (Jardin des Plantes) den man noch heute besichtigen kann und der älteste seiner Art in Frankreich ist.
- 1536 - Nach weiterem Wachstum zog schließlich 1536 der Bischof von Maguelone in die Nachbargemeinde Montpelliéret, welches später von Montpellier vereinnahmt wurde (siehe Erzbistum Montpellier). Die Kathedrale Saint-Pierre wurde an der Stelle des Klosters Saint-Benoît (gegründet 1364) erbaut.
- 1598 - Im 16. Jahrhundert gewannen die Hugenotten immer mehr an Einfluss in der Stadt, bedingt auch durch die Hugenottenkriege die dazu führten, dass die Hugenotten Frankreichs in den Süden zurückgedrängt wurden. Nach 36 Jahren Krieg brachte das Edikt von Nantes 1598 der Stadt für die nächsten 20 Jahre Frieden.
- 1622 - Ludwig XIII. von Frankreich führte trotz des Ediktes von Nantes Krieg gegen die Hugenotten. Er liess die Stadt 1622 belagern und eroberte sie nach zwei Monaten. Doch durch den starken Widerstand der Hugenotten (La Rochelle, Montauban) erkannte der König schlussendlich im Frieden von Montpellier am 21. Okt. 1622 das Edikt von Nantes an. Um jeden zukünftigen Widerstand im Keim zu ersticken, ließ Kardinal Richelieu eine gewaltige Zitadelle direkt vor den Toren der Stadt errichten. Montpellier wird zum Verwaltungszentrum des niederen Languedoc.
- 1693 - Im Edikt von Fontainebleau wird 1685 das Edikt von Nantes widerrufen und die katholische Religion als einzige Staatsreligion festgelegt. Es kommt zu einer Massenflucht der Hugenotten aus Frankreich. 1693 wird der Arc de Triomph (Porte du Peyrou) zu Ehren Ludwig XIV. und dessen Sieg über die Hugenotten in Montpellier eingeweiht.
- 1962 - Die Industrialisierung machte im 19. Jahrhundert ein Industriezentrum aus der Stadt und in den 70ern sorgte die Einwanderung der französischen Algerier ("Pied-noir") für ein rasantes Wachstum (siehe Demografie).
- 1977 - Der Sozialist Georges Frêche wird zum Bürgermeister gewählt. Er beginnt mit dem Bau des Antigone, einer Sozialbau-Siedlung im römischen Stil in der Stadtmitte. Unter seiner Leitung ändert sich das Stadtbild rapide. Montpellier wandelt sich von einer verschlafenen südfranzösischen Stadt zu einer Metropole mit starkem internationalen Einfluss (Internationales Orchester, Zentrum des Modern Dance, Festival RadioFrance, Festival Montpellier Danse, Kongresszentrum Corum, Messegelände).
Demografie
Im Laufe der ersten Hälfte des 20ten Jahrhunderts verzeichnete Montpellier ein geringes Bevölkerungswachstum (im Schnitt 0,47% pro Jahr). Danach steigerte sich das Wachstum explosionsartig auf durchschnittlich 2,2% pro Jahr zwischen 1954 und 1999 mit einem Rekordwachstum von 5,3% zwischen 1962 und 1968. Dies waren die Jahre, in denen die "Pied-noir" aus Algerien nach Frankreich geflohen sind. Nach Hochrechnung des INSEE hatte Montpellier im Jahre 2004 244100 Einwohner. Dadurch wurde Montpellier die achtgrösste Stadt Frankreichs vor Bordeaux. Mit seinem enormen Bevölkerungswachstum belegt Montpellier seit Jahren die vordersten Plätze in Frankreich.
Nach der Volkszählung von 1999 setzt sich die Bevölkerung Montpelliers aus 20,9% Menschen im Alter von 0-19 Jahren, 60,7% im Alter von 20-59 Jahren und 18,4% im Alter von über 60 Jahren zusammen.
1806 | 1820 | 1876 | 1901 | 1911 | 1921 | 1936 | 1946 | 1954 | 1962 | 1968 | 1975 | 1982 | 1990 | 1999 | 2004 | 2008* |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
33264 | 35123 | 55258 | 75950 | 80230 | 81548 | 90787 | 93102 | 97501 | 118864 | 161910 | 191354 | 197231 | 207996 | 225392 | 244100 | |
0,39%** | 0,81%** | 1,28%** | 0,55%** | 0,16%** | 0,72%** | 0,25%** | 0,58%** | 2,51%** | 5,29%** | 2,42%** | 0,43%** | 0,67%** | 0,9%** | 1,61%** | ||
Anzahl rückläufig seit 1962 : Bevölkerung ohne Doppelzählung | ||||||||||||||||
* alljährliche Ermittlung(neue Methode der Volkszählung) **Steigerung Pro Jahr bezogen auf die letzte Zählung |
Bildung
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Montpellier ist heute neben Paris, Toulouse und Aix-en-Provence eine der größten Studentenstädte Frankreichs. Mit mehr als 60.000 Studenten ist jeder vierte Bewohner der Stadt an einer der zahlreichen Hochschulen eingeschrieben.
Heute gibt es drei Universitäten in Montpellier.
Darüber hinaus gibt es mehrere Grande écoles in Montpellier:
- École Nationale Supérieure de Chimie (Hochschule für Chemie)
- École Nationale Supérieure d'Agronomie (Hochschule für Agrarwissenschaften)
- École Supérieure de Commerce: Sup de Co (Hochschule für Betriebswirtschaftslehre)
Den Status einer unabhängigen Fakultät hat die Faculté de Théologie Protestante de Montpellier:
- Institut Protestant de Théologie (Hochschule für evangelische Theologie)
Sehenswürdigkeiten
Neben den Gebäuden der Universität gibt es im Stadtteil Antigone (östlich des Stadtzentrums) mehrere große Wohngebäude des katalanischen Architekten Ricardo Bofill, die im neoklassischen Stil gebaut sind.
Die Stadt beherbergt den ersten botanischen Garten Frankreichs, der 1593 gepflanzt wurde. Nahe der Universität ist die Kathedrale von Sankt Peter. Der Triumphbogen Porte du Peyrou steht in der Nähe, wurde 1691 im dorischen Stil gebaut und später zu Ehren von Louis XIV noch erweitert.
Im 17. Jahrhundert entstand der Aqueduc de Saint-Clément , der sich über 800 m im Stadtviertel Les Arceaux erstreckt. Er brachte Wasser von der 14 Kilometer entfernten Quelle St. Clément in die Stadt. Der Aquädukt füllte einen Wassertank nahe dem Triumphbogen, von wo aus Springbrunnen und öffentliche Wasserentnahmestellen befüllt wurden.
Das Musée Fabre, in Verbindung mit einer Kunstschule 1828 gegründet von dem Maler François-Xavier-Pascal Fabre, enthält eine der bedeutendsten öffentlichen Gemäldesammlungen Frankreichs.
Söhne und Töchter der Stadt
In Montpellier wurden geboren:
- Laure-Adelaide Abrantès, Hofdame am napoleonischen Hof und eine französische Schriftstellerin
- Didier Auriol (*1958) ,französischer Rallyeweltmeister.
- Frédéric Bazille (Maler des Impressionismus, 1841-1871)
- Antoine-Jérôme Balard (1802-1876), Chemiker
- Sébastien Bourdon (*1616; †1671 Paris) französischer Maler.
- Alexandre Cabanel (1823-1889), Maler
- Alfred Bruyas (1821-1876), Mäzen und Kunstsammler
- Jean-Jacques Régis de Cambacérès (1753-1824), Politiker und Staatsmann.
- Auguste Comte (1798-1857), einer der Gründer der Soziologie
- Jean Dauberval (* 1742, †1806) französischer Tänzer und Choreograf.
- Jean-Luc Dehaene (*1940), belgischer Politiker.
- François-Xavier-Pascal Fabre (1766–1837), Maler, Kunsthändler, Sammler und Gründer des Muée Fabre in Montpellier
- Stéphane Goubert (*1970) französischer Radrennfahrer.
- Juliette Gréco, französische Chansonsängerin und Schauspielerin
- Patrice Héral, Jazzmzusiker
- Jakob I. (Aragon) franz. Jacques I. d'Aragon, genannt Le Conquerant, spanisch Jaime I. el Conquistador, katalanisch Jaume I. el Conqueridor (* 2. Februar 1208; † 27. Juli 1276) König von Aragon
- Jakob II. Jaume II. de Mallorca (* 1243; † 1311) König von Mallorca.
- Louis Lepic (1765-1827), General Napoleons.
- Léo Malet, französischer Kriminalschriftsteller
- Guillaume Mathieu, comte Dumas
- Adolphe Nourrit (1802-1839), Tenor
- Charles Bernard Renouvier
- Max Rouquette (1908-2005), Schriftsteller
- Émile Saisset
- Edmond Séchan (*1919), Regisseur, Drehbuchautor und Fotograf
- Émilie Simon (*1978), Komponistin, Sängerin
- Francis Ponge (1899-1988), Dichter.
- Édouard Albert Roche, französischer Mathematiker
- Rochus von Montpellier (ca. 1295-1327), Heiliger der Pestkranken
- Jérôme Rota (*1972, Pseudonym "Gej"), Programmierer (Entwickler des Programmes DivX).
- Joseph-Marie Vien (1716-1806) Maler des Klassizismus.
- Hermann Wedel-Jarlsberg, norwegischer Politiker
Partnerstädte
- Louisville (Kentucky, USA) seit 1955
- Heidelberg (Baden-Württemberg, Deutschland) seit 1961 (vertreten mit dem Maison de heidelberg / Heidelberg-Haus - siehe Weblink Heidelberghaus)
- Barcelona (Katalonien, Spanien) seit 1963
- Chengdu (Sichuan, Volksrepublik China) seit 1981
- Tiberias (Israel) seit 1983
- Fès (Marokko) seit 2003
Verkehr
Montpellier hat einen internationalen Flughafen an der A 9 mit etwa 1,3 Millionen Fluggästen im Jahr 2004.
Die Eisenbahnschnelltrasse TGV verbindet Paris-Montpellier in 3:15 h. Der Abschnitt bis Avignon benötigt 35 Min. Eine Verbindung über Perpignan hinaus nach Spanien soll 2008 in Betrieb gehen.
Der ÖPNV wird durch die TaM durchgeführt. Sie betreiben eine Straßenbahnlinie und zahlreiche Buslinien in der Region. Eine zweite Straßenbahnlinie wird zur Zeit gebaut (voraussichtliche Fertigstellung Anfang 2007) und eine dritte ist in Planung.
Autobahn: A 9 und A 7 (via Rhonetal) oder A 75 (über das Zentralmassiv mit 9 km Teilstück noch im Bau; mit dem Viadukt bei Millau zwischen Clermont-Ferrand und Béziers)
Literatur
- Ralf Nestmeyer: "Languedoc-Roussillon", Michael-Müller-Verlag, Erlangen 2006, ISBN 3-89953-214-7
- Félix Platter et Thomas Platter, récits de voyages entre 1499 et 1628, édités par Emmanuel Le Roy Ladurie, Le Siècle des Platter, 2 tomes, éd. fayard, 1995 et 2000.
- Gérard Cholvy (dir.), Histoire de Montpellier, éd. Privat, 1984.
Weblinks
- Offizielle Homepage (französisch)
- Das Heidelberg-Haus in Montpellier