Brusio
Vorlage:Ort Schweiz Brusio (dt. veraltet: Brüs) ist eine italienischsprachige Gemeinde im südlichen Graubünden (Schweiz). Zusammen mit der Nachbargemeinde Poschiavo bildet Brusio die Talschaft Val Poschiavo (deutsch: Puschlav) und den Bezirk Bernina.
Wappen
Beschreibung: In Rot ein durchgehendes silbernes (weisses) Kreuz. Gleich dem Wappen des Kreises Brusio, das die Umsetzung eines Siegels mit dem Begleittext sub hoc signo vinces vom Beginn des 17. Jahrhunderts ist, in den Farben der ehemaligen Gerichtsgemeinde Puschlav.
Geographie
Das Gemeindegebiet umfasst das untere Puschlav und erstreckt sich vom südlichen Ende des Lago di Poschiavo bis zur italienischen Grenze bei Piattamala, die mit 522 m ü. M. den tiefsten Punkt der Gemeinde markiert. Die höchste Erhebung bildet der 2901 m hohe Piz Combul.
Im Talboden liegen der Hauptort Brusio (780 m) und, unterhalb davon, die Dörfer Campascio (637 m) und Campocologno (553 m) sowie der Weiler Zalende. Auf schmalen Terrassen, oberhalb der von Geröllhalden und lockeren Kastanienhainen geprägten Talflanken, befinden sich die Dörfer Viano (1281 m) und - in extremer Steillage auf Höhen von 1300 bis 1550 m verstreut - Cavajone. Zur Gemeinde gehören auch ein Teil von Miralago sowie mehrere Maiensässe und Alpsiedlungen.
Im Jahr 1997 wurden 16.6 % der Gemeindefläche landwirtschaftlich genutzt, der Wald nahm 54.1 % ein, die Siedlungen 2.3 %. Als unproduktiv galten 27.0 %.
Die Gemeinde ist auf drei Seiten von italienischem Gebiet umgeben. Nachbargemeinden sind neben Poschiavo die zur Provinz Sondrio gehörenden Grosotto, Vervio, Tirano, Villa di Tirano, Bianzone, Teglio und Chiuro.
Geschichte
Brusio, im Jahre 1106 urkundlich erwähnt, wurde 1222 als eigenständige Gemeinde genannt. Seit dem 14. Jahrhundert bildete der Ort mit Poschiavo zusammen eine grosse Talgemeinde (Cumün), die 1408 dem Gotteshausbund beitrat.
Eine eigene Pfarrei besteht seit 1501. Nach der Reformation waren Katholiken und Protestanten etwa gleich stark vertreten; beide Konfessionen errichteten im 17. Jahrhundert eigene Kirchen. Durch Gegenreformation und vermehrte Auswanderung sank der Bevölkerungsanteil der Reformierten auf etwa 10 %.
Erst 1851 löste sich Brusio aus dem Verbund mit Poschiavo. Früheres Streben nach Autonomie entbehrte nicht einer gewissen unfreiwilligen Komik. So zeichneten die Brusiesi im Jahr 1615 mit einem neu angefertigten eigenen Gemeindesiegel, mussten sich aber umgehend vom Gotteshausbund darüber belehren lassen, dass ihnen ein solches gar nicht zustehe. Die Landesgrenze im Val dal Saent wurde erst 1863 und endgültig 1876 festgelegt. Seither gehört Cavajone zu Brusio.
Bevölkerung
Bevölkerungsentwicklung | |
---|---|
Jahr | Einwohner |
1850 | 1000 |
1880 | 1158 |
1900 | 1199 |
1910 | 1320 |
1941 | 1470 |
1950 | 1528 |
1980 | 1258 |
2005 | 1198 |
Sprachen
Umgangssprache der Bevölkerung ist seit jeher der alpinlombardisch e Dialekt Puschiavin. Er wurde im Jahr 1900 von 96,16 % der Bevölkerung gesprochen. Seither hat sich daran kaum etwas geändert, wie folgende Tabelle zeigt:
Sprachen in Brusio | ||||||
Sprachen | Volkszählung 1980 | Volkszählung 1990 | Volkszählung 2000 | |||
Anzahl | Anteil | Anzahl | Anteil | Anzahl | Anteil | |
Deutsch | 43 | 3,42 % | 45 | 3,69 % | 64 | 5,32 % |
Rätoromanisch | 15 | 1,19 % | 12 | 0,98 % | 8 | 0,67 % |
Italienisch | 1'191 | 94,67 % | 1'150 | 94,26 % | 1'111 | 92,43 % |
Einwohner | 1'258 | 100 % | 1'220 | 100 % | 1'202 | 100 % |
Einzige Amtssprache der Gemeinde ist das Italienische.
Herkunft und Nationalität
Von den Ende 2005 1'198 Bewohnern waren 1'108 (= 92,49 %) Schweizer Staatsangehörige.
Wirtschaft und Verkehr
In der Wirtschaftsstruktur der Gemeinde dominieren mehrere bekannte Weinkellereien, die den im nahen Veltlin - zum Teil auf eigenen Rebflächen - angebauten Rotwein abfüllen und in der Schweiz vertreiben. Ihre grossen Gebäude sind ebensowenig zu übersehen wie das Lagerhaus eines Obst- und Gemüseimporteurs. Das ortsansässige Natursteinwerk verarbeitet Granit und Metabasit aus den Steinbrüchen um Campascio.
Weitere wichtige Arbeitgeber sind die Kraftwerke, die Rhätische Bahn und die Zollverwaltung. Daneben gibt es einige kleinere Gewerbe- und Handwerksbetriebe, vor allem in der Baubranche, sowie mehrere Tankstellen. Um 1995 siedelte sich ein kleiner Betrieb der chemisch-pharmazeutischen Industrie an. Der Tourismus spielt in Brusio eine geringere Rolle. An den zeitweise bedeutsamen Schmuggel von Kaffee und Tabak erinnern nur noch einige Ausstellungsstücke im Ortsmuseum.
In der Landwirtschaft waren 166 Personen tätig, im produzierenden Gewerbe 178 und im Dienstleistungsbereich 333.
Durch Brusio, Campascio und Campocologno führt die Hauptstrasse vom Berninapass ins Veltlin. Schmale kurvenreiche Fahrstrassen erschliessen die hochgelegenen Dörfer Viano und Cavajone.
Auf Gemeindegebiet liegen zwei Stationen und eine Haltestelle der 1908 eröffneten Berninabahn. Insbesondere im Güterverkehr hat Campocologno grosse Bedeutung als Grenzbahnhof. Seit 1998 betreibt die Rhätische Bahn oberhalb der Station einen gesonderten Güterbahnhof, auf dem vor allem Mineralölprodukte und Stammholz umgeschlagen werden.
Sehenswürdigkeiten

Das Ortsbild prägen die barocken Türme der beiden Kirchen:
- katholische Pfarrkirche San Carlo Borromeo (1617)
- reformierte Pfarrkirche (1645), mit einer Rokoko-Orgel aus Bergamo
Im Dorfkern befinden sich mehrere stattliche Bürgerhäuser, darunter die als Museum eingerichtete Casa Besta. Nahe des einzigartigen Kreisviadukts der Berninabahn wurden drei Skulpturen des einheimischen Bildhauers Cristiano Paganini aufgestellt. Über die gesamte Gemeinde verstreut liegen die crotti oder scélé, Rundbauten aus Trockenmauerwerk, die als Kühlraum für Milch und Käse dienten.
Hoch über dem Lago di Poschiavo thront die Alp San Romerio mit der 1055 erstmals erwähnten Kapelle. Das Schiff des Kirchleins stammt wohl noch aus dem 11. Jahrhundert, Chor und Turm wurden im 15. bis 16. Jahrhundert angefügt. Von diesem in zweistündiger Wanderung ab Viano erreichbaren Aussichtspunkt geniesst man einen umfassenden Blick auf das Gemeindegebiet.