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Patricia Highsmith

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Patricia Highsmith, US-amerikanische Schriftstellerin, (eigentlich Mary Elisabeth Plangman) * 19. Januar 1921 in Fort Worth, Texas, † 4. Februar 1995 in Locarno, Schweiz.

Patricia Highsmith schrieb vor allem anspruchsvolle, psychologisch tiefgründige Kriminalromane sowie Short Stories. Im Vordergrund ihrer Werke steht nicht die Aufklärung von Verbrechen, sondern die Umstände, die einen unauffälligen Durchschnittsmenschen zum Verbrecher machen. Moral spielt keine Rolle, nur das Innenleben der Figuren. Neben Ihrem erzählerischen Werk hat Highsmith 1966 den Essay "Plotting and writing suspense fiction" (eine Art Werkstattbericht) veröffentlicht. Die auch zeichnerisch begabte Highsmith fertigte 1958 die Illustrationen zu dem Kinderbuch "Miranda the Panda is on the Veranda", den Text schrieb ihre Freundin Doris Sanders.

Ihre Eltern, beide ausgebildete Grafiker, ließen sich neun Tage vor ihrer Geburt scheiden, Highsmiths Mutter heiratete 1924 Stanley Highsmith, auch er ein Grafiker.

Highsmith wurde von ihrer Großmutter in New York aufgezogen. Von 1938 bis 1942 studierte sie Englische Literaturwissenschaft und im Nebenfach Zoologie am renommierten Barnard-College, einem reinen Mädchen-College. Nach dem College-Abschluß arbeitete Highsmith in diversen Jobs, u.a. als Verkäuferin in der Spielzeugabteilung eines New Yorker Kaufhauses. Für das Schreiben hatte sie sich schon seit ihrer Jugendzeit interessiert und so bekam sie eine Stelle als Comic-Texterin und -Geschichtenentwicklerin.

Wesentliche Anregung bekam H. durch das Buch "The Human Mind" (nicht auf Deutsch erschienen) des deutsch-amerikanischen Psychiaters Karl Menninger, das sie im elterlichen Bücherschrank fand. In diesem Buch werden in einem populären Stil Personen mit den unterschiedlichsten psychischen Defekten geschildert. Ihre literarische Vorbilder sind u.a. Dostojewski, Nietzsche, Kafka, Julien Green, Sartre und Camus.

Ihre erste Kurzgeschichte wurde 1944 von der Zeitschrift Harper's Bazaar veröffentlicht. Gleich mit ihrem ersten Roman "Strangers on a Train" (1950) hatte sie großen Erfolg. Das Buch mit homoerotischen Untertönen wurde 1951 von Alfred Hitchcock verfilmt.

Ihre lesbischen Neigungen verarbeitete Highsmith in dem Roman "The Price of Salt" (Deutsch: "Carol"), der 1953 unter dem Pseudonym Claire Morgan veröffentlicht wurde und von dem fast eine Millionen Exemplare verkauft wurden. Highsmith hatte in ihrem Leben eine Vielzahl von Liebesbeziehungen mit Frauen, die meist ein bis zwei Jahre dauerten und fast immer mit völliger nervlicher Zerrüttung endeten. Sie suchte sich offensichtlich immer wieder den gleichen Typ Frau, der sie nach einiger Zeit völlig dominierte und herumkommandierte.

Highsmith wird vor allem mit der von ihr geschaffenen Figur Tom Ripley identifiziert. Ripley ist ein amoralischer hedonistischer Krimineller, der auch vor Mord nicht zurückschreckt. Der erste Ripley-Roman von 1955 (The Talented Mr. Ripley) war ein großer Erfolg bei Lesern und Kritik. H. erhielt mehrere Preise für dieses Buch, u.a. den Preis der Mystery Writers of America. Diesem mit Abstand besten und spannendsten Buch der Serie folgte 1970 der zweite und darauf noch drei weitere. Offensichtlich war es ursprünglich nicht geplant, Ripley zum "Serienhelden" zu machen. Leider wird die Gleichung Highsmith=Ripley immer wieder in den Medien oder der Werbung wiederholt, ohne dass sie dadurch wahrer würde, denn die Nicht-Ripley-Romane der Highsmith sind mindestens genauso hoch einzustufen und in puncto Abgründigkeit, Düsternis und Psychologie den Ripley-Romanen weit überlegen. Dagegen sind die Ripley-Romane vordergründiger, oberflächlicher (Konsum und ein verfeinerter Lebensstil spielen eine große Rolle) und actionhaltiger.

Highsmith galt als sehr zurückhaltende Persönlichkeit, die nur wenige Freunde hatte. Wohler schien sie sich in der Gesellschaft von Katzen zu fühlen. Auch an Schnecken hatte sie zeitlebens großes Interesse. Sie zog bereits in den fünziger Jahren nach Europa, wo sie es selten mehr als einige Jahre am gleichen Ort aushielt. Sie lebte zuerst in Großbritannien, dann in Frankreich und zuletzt in der Schweiz. In ihren späten Jahren soll sie zunehmend einsamer und misanthropischer geworden sein und sprach stark dem Alkohol zu. In den USA war sie trotz der frühen Erfolge nicht so geschätzt wie in Europa. Erst seit kurzem wird sie auch in den USA wieder von einem breiteren Publikum wiederentdeckt.

Im Jahr 2002 begann der Diogenes-Verlag, Zürich, eine komplette Neuübersetzung von H.'s Werk, die insgesamt 32 Bände umfassen wird und im Jahr 2005 abgeschlossen sein wird. Bei dieser Gelegenheit erfuhr man auch, dass fast alle Highsmith-Romane früher in gekürzten Versionen auf Deutsch publiziert wurden, u.a. von Diogenes und Rowohlt, wobei nicht auf die Kürzungen hingewiesen worden war. Beispielsweise wurde H.'s Erstling "Strangers on a Train" um ein Drittel gekürzt. Manche Romane waren auch in verschieden stark gekürzten deutschen Fassungen im Umlauf. Bestandteil der neuen Diogenes-Ausgabe sind auch zwei Bände mit bisher selbst auf Englisch unpublizierten Stories aus dem Nachlaß. Der Band "Die Stille Mitte der Welt" enthält die frühen, "Die Augen der Mrs. Blynn" die späteren Geschichten. Interessanterweise vertreibt Diogenes parallel die neuen, sehr gut edierten gebundenen Ausgaben und gleichzeitig die alten, unvollständigen Taschenbuchausgaben (also Obacht beim Kauf !). Erst nach und nach werden die Taschenbuchausgaben umgestellt.

Der Nachlaß von H. wird im Schweizerischen Literaturarchiv, Bern, verwaltet. 2003 veröffentlichte der britische Journalist Andrew Wilson eine umfangreiche Biographie unter dem Titel "Beautiful Shadow" (Deutsch: "Schöner Schatten", Berlin Verlag, 2003) Bis jetzt (April 2004) entstanden insgesamt 25 Kino- und Fernsehfilme nach Werken von Patricia Highsmith.

Bekannte Werke

  • Strangers on a train (1950, dt. 1967: Alibi für zwei, ab 1974 u.d.T.: Zwei Fremde im Zug)
  • The Blunderer (1954, dt. 1974: Der Stümper)
  • The talented Mr. Ripley (1955 dt. 1961: Nur die Sonne war Zeuge, ab 1979 u.d.T.: Der talentierte Mr. Ripley)(Neuübersetzung der Werkausgabe 2003)
  • Deep water (1957, dt. 1976: Tiefe Wasser)
  • Ripley under ground (1970, dt. 1972: Ripley under ground (Neuübersetzung der Werkausgabe 2003)
  • Ripley's game (1974, dt. 1977: Ripley’s Game oder Regel ohne Ausnahme)(Neuübersetzung der Werkausgabe 2003)
  • Edith’s diary (1977, dt. 1980: Ediths Tagebuch, 2003 vollst. Neuübersetzung in Werkausgabe bei Diogenes
  • The boy who followed Ripley (1980, dt.1980: Der Junge der Ripley folgte, vollst. Neuübersetzung 2004)
  • Ripley under water (1991, dt. 1991: Ripley under water) (vollst. Neuübersetzung im Rahmen der Werkausgabe 2004)

Bekannte Verfilmungen