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Arik Brauer

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Arik Brauer in der Galerie Latal (Zürich 1991)
Arik Brauer (Wien 2009)

Arik Brauer, bürgerlich Erich Brauer (* 4. Jänner 1929 in Wien) ist ein österreichischer Maler, Grafiker, Bühnenbildner, Sänger und Dichter. Er gilt als einer der Hauptvertreter der Wiener Schule des Phantastischen Realismus.

Leben und Werk

Brauer wurde als Sohn eines aus Litauen stammenden jüdischen Schuhmachers in Ottakring geboren. Die Herrschaft der Nationalsozialisten beendete seine unbeschwerte Kindheit im Wien der 1930er Jahre. Brauers Vater starb in einem Konzentrationslager, er selbst überlebte in einem Versteck. Nach dem Krieg schloss sich der junge Brauer zunächst der KPÖ an, wandte sich aber bald enttäuscht von der kommunistischen Bewegung ab.

Gleich nach dem Krieg studierte Brauer bis 1951 an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Robin Christian Andersen und Albert Paris Gütersloh. Während dieser Zeit gründete er mit Ernst Fuchs, Rudolf Hausner, Wolfgang Hutter, Anton Lehmden und Helmut Leherb die Wiener Schule des Phantastischen Realismus. Ab 1947 studierte er zusätzlich Gesang an der Musikschule der Stadt Wien. Zwischen 1951 und 1954 reiste er mit dem Fahrrad durch Europa und Afrika, was er später im Lied Reise nach Afrika verarbeitete. 1954/55 lebte er als Sänger und Tänzer in Israel und trat 1956 als Tänzer im Raimundtheater in Wien auf. Im Jahr darauf heiratete er die aus Israel stammende Jemenitin Naomi Dahabani in Israel und zog mit ihr nach Paris, wo das Paar als israelisches Gesangsduo Neomi et Arik Bar-Or seinen Lebensunterhalt verdiente. In Paris hatte er seine erste erfolgreiche Einzelausstellung.

Als Brauer 1964 die Pariser Bohème verließ und wieder nach Wien zurückkehrte, genossen die Künstler der Wiener Schule des Phantastischen Realismus bereits große Popularität, und es gab von 1953 bis 1965 eine Weltwanderausstellung. Neben Wien ist Brauer seit dieser Zeit auch im Künstlerdorf En Hod in Israel ansässig, wo er aus einer Ruine ein künstlerisch gestaltetes Haus schuf. Brauers Lied Glaub nicht an das Winkelmaß und wohn in einem runden Haus resumierte dazu die den Auffassungen Friedensreich Hundertwassers nahestehende Position Brauers in Sachen Architektur. Zu dieser Zeit begann er auch Bühnenbilder für die Wiener Staatsoper (Medea von Luigi Cherubini, 1972; Regie August Everding), das Opernhaus Zürich[1], das Theater an der Wien und die Pariser Oper (Die Zauberflöte von Wolfgang Amadeus Mozart, 1977; Regie Horst Zankl, Dirigent Karl Böhm) zu gestalten.

Brauers Gesangskarriere erreichte in den 1970er Jahren ihren Höhepunkt: Mit seinen Liedern im Wiener Dialekt wie Sie hab’n a Haus baut und Sein Köpferl im Sand („Hinter meiner, vorder meiner“) auf der Langspielplatte Arik Brauer, 1971 (zweimal Gold), oder der Langspielplatte Sieben auf einen Streich 1978 wurde Brauer zu einem der Väter des Austropop, in dessen politisch engagierter Ausrichtung. Seit 2000 tritt er immer wieder mit seinen Töchtern und Elias Meiri als Die Brauers auf.[2]

1986 bis 1997 war Arik Brauer ordentlicher Professor an der Akademie der bildenden Künste in Wien.[3]

1991 begann er mit der künstlerischen Gestaltung des 1994 fertiggestellten Arik-Brauer-Hauses im 6. Wiener Gemeindebezirk Mariahilf.

2002 erhielt er den Auftrag der Botschaft Österreichs in Berlin zur Gestaltung des österreichischen United Buddy Bears.

2018 richtete Brauer einen Antisemitismusvorwurf an Flüchtlinge und Muslime („von denen gibt es viele, die hier einwandern und das ist eine Gefahr“). Unter Anspielung auf die „Liederbuch-Affäre“ einer Burschenschaft meinte Brauer: „Wenn mich jemand auf der Straße umbringt, dann ist das ganz bestimmt nicht einer dieser Fechter, die da so ein Lied singen.“ Damit löste er eine öffentliche Debatte über Antisemitismus unter Geflüchteten sowie über die Frage, ob es „gefährliche“ und „ungefährliche“ Antisemiten gibt, aus. Als 2018 das Mauthausen Komitee anlässlich der Internationalen Befreiungsfeier des KZ Mauthausen, zu der gewöhnlich die österreichische Regierung geschlossen erscheint, die FPÖ-Vertreter ausgeladen und sich auf einen Beschluss aus den 1960er-Jahren berufen hatte, kritisierte Brauer diesen Boykott und nannte ihn einen „großen Fehler“. Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien Oskar Deutsch begrüßte hingegen diese Entscheidung.[4]

Kennzeichnend für das künstlerische Werk Brauers sind die farbenfrohen Flächen, die detaillierte Kleinarbeit und die Einbindung aktueller politischer Ereignisse in Bilder mit traum- und märchenhafter Atmosphäre, wobei Einflüsse von Pieter Bruegel dem Älteren sowie orientalischer Miniaturmalerei zu verzeichnen sind.

Arik Brauer ist Vater von Timna Brauer, Ruth Brauer-Kvam und Talja.

Auszeichnungen

Ausstellungen

  • 2003: Schieß nicht auf die Blaue Blume ...! KunstHausWien, 11. September 2003 – 18. Januar 2004
  • 2009: Arik Brauer und die Bibel – Zum 80. Geburtstag, Dommuseum Wien[9]
  • 2014: Von Generation zu Generation. Die neue Haggada von Arik Brauer, Jüdisches Museum Wien, 22. Jänner 2014 – 9. Juni 2014
  • 2014/15: Arik Brauer - Gesamt.Kunst.Werk Leopold Museum, 14. November 2014 – 16. Februar 2015
  • 2019: Arik Brauer. Alle meine Künste, Jüdisches Museum Wien, 3. April 2019 – 20. Oktober 2019[10]
  • 2019: Arik Brauer. Phantastisch-Realistisch. Ein Lebenswerk, Kunsthalle Erfurt, 4. August 2019 – 27. Oktober 2019[11]

Werke (Auswahl)

Bildende Kunst

Arik-Brauer-Haus
  • Vogelfang, 1962
  • Turm aus gebrannter Erde, 1962/63
  • Der Regenmacher vom Karmel, 1964
  • Die Verfolgung des jüdischen Volks, Zyklus, ab 1973
  • Menschenrechte, 1975 (Zyklus von Farbradierungen)
  • Bühnenbilder und Kostüme zur Zauberflöte von Wolfgang Amadeus Mozart an der Pariser Oper, 1975
  • Mein Vater im Winter, 1983
  • Sesam öffne dich, 1989 (Fernsehspiel mit Tochter Timna Brauer)
  • Arik-Brauer-Haus in Wien 6, Gumpendorfer Straße 134/136, fertiggestellt 1993
  • Fassade der Pfarrkirche Am Tabor in Wien 2, 1996
  • Fassade der Zwi-Perez-Chajes-Schule in Wien 2, Castellezgasse 35 (am Augarten)
  • Fassade des Rathauses in Voitsberg (Steiermark) 2002
  • Schieß nicht auf die blaue Blume, 2003
  • Friedensverhandlung, 2003
  • Adam im Feuerwind, 2003
  • Sommernacht, 2003

Buchveröffentlichungen (Auswahl)

  • A Jud und keck a no, Amalthea Signum Verlag, Wien 2019, ISBN 978-3-99050-148-1.
  • Franz Smola, Alexandra Matzner (Hrsg.): Arik Brauer - Gesamt.Kunst.Werk (Ausst.-Kat. Leopold Museum, Wien 14. November 2014 – 16. Februar 2015), Wien 2014.
  • Arik Brauer: Die Farben meines Lebens. Erinnerungen. Amalthea, Wien 2014, ISBN 978-3-85002-893-6.
  • Arik Brauer: Die Farben meines Lebens. Erinnerungen. Amalthea, Wien 2006, ISBN 3-85002-562-4.
  • Arik Brauer: Der Teufel und der Maler. Signierte Vorzugsausgabe. Ein Satyrikon (Zeichnungen). Amalthea, Wien 2000, ISBN 3-85002-453-9.
  • Arik Brauer: Arik Brauer (Bildband). Brandstätter, Wien 1998, ISBN 3-85447-810-0.
  • Arik Brauer: Werkverzeichnis. Harenberg Komm., Dortmund 1992, ISBN 3-88379-427-9.
  • Arik Brauer: Die Ritter von der Reuthenstopf (Kinderbuch). Betz, München 1986, ISBN 3-219-10366-9.
  • Arik Brauer: Die Pessach-Haggada/„Seder haggada sel pesah“. Piper, München 1979, ISBN 3-492-02502-1 (deutsch/hebräisch).
  • Martin Buber, Arik Brauer: XX Chassidische Erzählungen (Ausstellungskatalog). Sydow Fine Art, Frankfurt am Main 1978, ISBN 3-921520-04-5.
  • Brauer. Jugend und Volk, Wien 1972. („Die schönsten Bücher Österreichs 1972“)

Diskografie

Arik Brauer - Signatur der Langspielplatte Arik Brauer (1971)
  • um 1960 Chants d’Israel par Neomi et Arik Bar-Or, disques BAM, Paris, LP
  • 1965 Brauer singt seine Malerei. Galerie Peithner-Lichtenfels, Single
  • 1968 Brauers Liedermappe, Galerie Sydow, LP – unter Erich Brauer erschienen
  • 1971 Arik Brauer, Polydor in Coproduktion mit dem ORF, LP
  • 1973 Alles was Flügel hat fliegt, Polydor, LP
  • 1973 Petroleumlied / Das goldene Nixerl, Polydor, Single
  • 1978 7 auf einen Streich, LP
  • 1984 Poesie mit Krallen, Joram Harel Management, LP – zusammen mit Tochter Timna
  • 1985 Au – Lieder von Arik Brauer begleitet von Toni Stricker, Hanniphon, LP – zu Hainburg
  • 1987 Schattberglied / Schattbergsong, Amadeo, Single
  • 1988 Die Ersten, Polydor, CD-Wiederveröffentlichung von Arik Brauer
  • 1988 Geburn für die Gruam?, Amadeo, LP, CD, MC
  • 1989 Farbtöne, CD
  • 1994 Von Haus zu Haus, Dino Music, CD – mit Timna Brauer und Elias Meiri
  • 1998 Master Series, Polydor/PolyGram, CD
  • 1999 Die Brauers, „Adam & Eve“ Studio, CD – Die Brauers
  • 2000 Motschkern Is Gsund, Timna Brauer, CD

Literatur

Commons: Arik Brauer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. kulturspiegel (…) Erich Brauer hat für die europäische (…) In: Arbeiter-Zeitung, 26. November 1970, S. 9, unten rechts.
  2. a b "Amadeus Awards": Arik Brauer wird für sein Lebenswerk geehrt. Die Presse, 9. März 2015, abgerufen am 5. April 2019.
  3. Arik Brauer und Wolfgang Hutter erhielten hohe Wiener Auszeichnung. APA, 29. März 2011, abgerufen am 5. April 2019.
  4. Helga Embacher, Bernadette Edtmaier, Alexandra Preitschopf: Antisemitismus in Europa. Fallbeispiele eines globalen Phänomens im 21. Jahrhundert. Böhlau, Wien 2019, S. 219 f., 263 f.
  5. a b Arik Brauer feiert 90. Geburtstag. ORF.at, 3. Januar 2019, abgerufen am 5. April 2019.
  6. Rathauskorrespondenz vom 29. März 2011
  7. orf.at: Großes Goldenes Ehrenzeichen für Arik Brauer. Artikel vom 20. November 2018, abgerufen am 21. November 2018.
  8. Fritz-Csoklich-Preis für Arik Brauer: Preis für die "Stimme der Vernunft". 8. Juli 2019, abgerufen am 10. Juli 2019.
  9. Dommuseum Wien – Arik Brauer und die Bibel (Memento vom 1. Juni 2008 im Internet Archive), abgerufen am 1. Juli 2009
  10. Michael Wurmitzer: Der Wiener Mister Fantastisch: Schau zu Arik Brauers 90er. Der Standard, 5. April 2019, abgerufen am 5. April 2019.
  11. dpa: Österreicher Arik Brauer mit Ausstellung in Erfurt. Süddeutsche Zeitung, 1. August 2019, abgerufen am 8. September 2019 (deutsch).
  12. Walter Schurian: 1900 bis 2010: Phantastische Kunst aus Wien, ISBN 9783938049174, Hanno Karlhuber: Seiten 137–138, 159