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Überfall auf Polen

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Der Polenfeldzug gilt als Beginn des Zweiten Weltkrieges in Europa.

Unter dem Decknamen Fall Weiß griff die deutsche Wehrmacht am 1. September 1939 ohne vorherige Kriegserklärung Polen an. In der populären deutschen Literatur ist deshalb auch oft vom „Überfall auf Polen” die Rede, obwohl dieser Begriff umstritten ist.

In der Geschichtswissenschaft wird die Bezeichnung Polenfeldzug von einigen Wissenschaftlern kritisch betrachtet, da er nach ihrer Argumentation den Charakter des Angriffs nicht genau wiedergibt und den polnischen Widerstand verharmlost. In vielen aktuellen Publikationen wird daher der Begriff Septemberfeldzug verwendet.

Vorgeschichte

Vorlage:Schlacht

Seit dem Ende des Ersten Weltkrieges waren Polen und das Deutsche Reich Gegner. Die Polen fühlten sich nach der Erfahrung von drei Teilungen sowohl von einem starken Deutschland im Westen als auch von der Sowjetunion im Osten bedroht. Zwischen diesen Ländern herrschten Streitigkeiten über die jeweiligen Grenzverläufe, die durch die Bestimmungen des Versailler Vertrages entstanden waren. Auch in Deutschland fühlte man sich durch die verbündeten Länder Frankreich und Polen aus zwei Richtungen bedrängt. Nach der Wahl Adolf Hitlers zum Reichskanzler kam jedoch 1934 ein Nicht-Angriffspakt zwischen Polen und dem Deutschen Reich zustande. In den folgenden Jahren intensivierte sich die wirtschaftliche Zusammenarbeit beider Länder und die Regierungen standen sich wohlwollend gegenüber. Noch während der Münchener Krise im Jahre 1938 hatte die polnische Regierung die Gelegenheit genutzt, um den tschechischen Teil der Stadt Teschen zu besetzen.

Im Oktober 1938 begannen, auf Initiative der Deutschen Regierung, Verhandlungen zur „Lösung” aller strittigen Fragen zwischen Polen und dem Deutschen Reich. Diese Verhandlungen zogen sich fast sechs Monate hin. Hitler ging es in erster Linie um die Wiedereingliederung der Freien Stadt Danzig in das Deutsche Reich. Die Stadt war nach dem Ersten Weltkrieg unter Verwaltung des Völkerbundes gestellt worden, in dem jedoch Polen ihre Interessen vertrat. Des Weiteren sollte eine Autobahn und ein Schienenweg durch den polnischen Korridor die Landverbindung zur Provinz Ostpreußen herstellen. Im Gegenzug stellte Hitler die Anerkennung der übrigen deutsch-polnischen Grenzen in Aussicht sowie ein gemeinsames Bündnis gegen die UdSSR. (Ein weiteres Thema waren die in ihren Rechten beschränkte deutsche Minderheit in Westpolen.) Da der polnischen Regierung die Unterstützung Großbritanniens und Frankreich zugesagt worden war, weigerte sie sich, den Forderungen Hitlers entgegenzukommen. Sie stellte klar, dass jede einseitige territoriale Veränderung als Casus belli (Kriegsgrund) behandelt würde. Nach der offiziellen Ablehnung der Forderungen am 23. März 1939 leitete die polnische Regierung erste Maßnahmen zur Mobilmachung ein. Dies lag zum einen darin begründet, dass auch die Slowakei unter deutschen Einfluss geraten war und sich Polen nun auch im Süden durch das Deutsche Reich bedroht sah. Zum anderen erfolgte nur zwei Wochen später der Abschluß eines unter starkem politischem Druck zustande kommenen Vertrages zwischen Litauen und dem Deutschen Reich, der die Rückgabe des nach dem Ersten Weltkrieg abgetrennten Memellandes regelte und daran anschließend der Einmarsch deutscher Truppen in das Memelland. Einem ähnlichen, handstreichartigen Vorgehen Deutschlands auf Danzig wollte Polen deshalb durch militärische Vorbereitungen vorbeugen.

Hitler kündigte daraufhin den Nichtangriffspakt aus dem Jahre 1934 und befahl der Wehrmacht am 4. April, Angriffspläne vorzubereiten. Während der folgenden fünf Monate versuchte die britische Regierung mehrfach, zwischen den Parteien zu vermitteln, um einen Krieg zu vermeiden, obwohl bereits am 31. März eine Garantieerklärung Frankreichs und Großbritanniens für Polen erfolgt war. Durch diese Garantieerklärung bestärkt, sah auch die polnische Führung keinen Grund mehr für weitere diplomatische Bemühungen. Auch der mit Hitler verbündete italienische Duce Benito Mussolini versuchte (sogar noch nach Ausbruch des Krieges) zu vermitteln. Hitler hatte allerdings inzwischen in der polnischen Weigerung eine Möglichkeit gefunden, seine weitreichenden territorialen Pläne zur Eroberung von Lebensraum im Osten zu verwirklichen, weshalb er an einem Ausgleich mit der polnischen Regierung nicht mehr interessiert war. Bis in den August hinein erweckte er den Anschein Verhandlungen anzustreben, obwohl die militärischen Vorbereitungen bereits abgeschlossen waren. Die Verständigung mit der UdSSR im Deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt vom 23. August 1939 verschaffte ihm die Gelegenheit, den polnischen Staat zu zerschlagen, nachdem bereits mehrere bewaffnete Grenzzwischenfälle propagandistisch ausgeschlachtet worden waren (siehe Sender Gleiwitz). Am 29. August leitete die polnische Regierung die Generalmobilmachung ein. eingeleitet.

Die polnische Abwehrplanung

Das polnische Oberkommando war sich bewusst, dass die Verbände der Wehrmacht den polnischen Streitkräften materiell überlegen waren. Polen verfügte über 39 Infanteriedivisionen, elf Kavalleriebrigaden, zwei motorisierte Brigaden und einige Truppen des Grenzkorps (umgerechnet etwa 44 Divisionen), denen etwa 57 deutsche Divisionen gegenüber standen. Weitere Divisionen befanden sich in der Aufstellung. Bei einem Vergleich von Ausrüstung und Bewaffnung verschlechterte sich das Bild aber zuungunsten der Polen: 3.200 deutschen Panzern standen nur 600 qualitativ unterlegene polnische Panzer gegenüber - Panzerdivisionen nach deutschen Muster gab es bis auf eine motorisierte Brigade nicht; den deutschen Luftflotten 1 und 4 mit zusammen 1.929 einsatzbereiten Flugzeugen, zum Teil modernster Art, konnten die Polen lediglich 842 meist veraltete Maschinen entgegenstellen.

Doch in den Verträgen mit den Westmächten hatte Frankreich der polnischen Regierung versichert, dass es spätestens 10 Tage nach der Kriegseröffnung mit dem Großteil seiner Divisionen Deutschland angreifen würde. Dementsprechend kam es für die polnische Armee darauf an dem Angreifer zunächst 4 Wochen lang hinhaltenden Widerstand zu leisten bis die französische Offensive Polen entlasten würde. Danach plante man in einer zweiten Phase zum Gegenangriff überzugehen. Die günstigste Verteidigungslinie für diesen Zweck verlief entlang der Flüsse Narew-Bug-Weichsel-San mitten durch Polen, doch es bestand das Problem, dass die meißten Reservisten und die unersetzliche Rüstungsindustrie zum größten Teil westlich dieser Linie in Oberschlesien und Posen lagen. Der polnische Generalstab fasste daher den Entschluss den deutschen Angriff schon an den Grenzen zu empfangen und sich erst später auf die eigentliche Verteidigungslinie zurückzuziehen. So hoffte er Westpolen möglichst lange zu behaupten.

Wegen der Aufgabe schon die Grenzen des Landes zu verteidigen wurden die polnischen Streitkräfte regelrecht verzettelt. Am äußersten rechten rechten Flügel stand Operationsgruppe Narew, um Ostpreußen zu bedrohen und gegen Litauen zu sichern. Daran schloss sich die Armee Modlin an, die in ausgebauten Befestigungen, der Mlawa-Stellung stand, um einen nördlichen Angriff auf Warschau abzuwehren. Im polnischen Korridor stand die Armee Pomerellen und südlich davon die Armee Posen. An der schlesischen Grenze stand mit der Armee Lodz und Armee Krakau die Masse des polnischen Heeres. Aufgrund der feindlichen Haltung der Slowakei musste später noch im Süden die Armee Karpaten aufgestellt werden. Im Hinterland marschierten die Reserve-Verbände auf.

Die deutschen Angriffsvorbereitungen

Datei:Polenfeldzug 1939.jpg
Ausgangsstellungen der Heere und geplante Hauptstoßrichtungen

Die Planungen des Oberkommandos des Heeres waren bis zum 15. Juni 1939 abgeschlossen. Die Mobilisierung und der Aufmarsch der Truppen erfolgte ohne offizielle Generalmobilmachung unter Vorwänden (Manöverübungen, Bau von Grenzbefestigungen) und in möglichst verdeckter Weise. Bis zum 25. August befanden sich die Truppen in ihren Bereitstellungsräumen.

Da das deutsche Hoheitsgebiet Polen von drei Seiten her umfasste, befanden sich die deutschen Streitkräfte in einer vorteilhaften Lage. Für den Angriff waren die deutschen Truppen in zwei Heeresgruppen unterteilt worden: Die Heeresgruppe Nord (630.000 Mann unter Generaloberst Fedor von Bock) mit der 4. Armee in Ostpommern und der 3. Armee in Ostpreußen sollte zunächst die polnischen Streitkräfte im „Korridor” zerschlagen, um eine Verbindung zwischen Ostpreußen und dem Hauptgebiet des Deutschen Reiches herzustellen. Danach sollte sie direkt auf Warschau vorstoßen, um damit den Hauptangriff, der im südlichen Polen stattfinden sollte zu entlasten. Die Heeresgruppe Süd (886.000 Mann unter Generaloberst Gerd von Rundstedt) verfügte über drei Armeen. Die 14. Armee sollte von Schlesien und der Slowakei aus die polnischen Grenzbefestigungen in Ostoberschlesien einnehmen und danach die deutschen Operationen nach Galizien hin decken. Diese Aufgabe sollte sie angriffsweise erfüllen und auf den San vorgehen. Die 10. Armee, (mit 300.000 Mann und der Masse der Panzerdivisionen die stärkste Armee im Polenfeldzug) unter General der Artillerie Walter von Reichenau, sollte den Hauptangriff auf Warschau führen. Zu diesem Zweck waren ihr die Masse der motorisierten verbände zugeteilt worden. Auf ihrer linken Flanke sollte die 8. Armee die Operationen nach Posen hin abschirmen. So hoffte die deutsche Führung die Masse des polnischen Heeres noch westlich der Weichsel zum umfassen und zu vernichten.

Militärischer Verlauf

Nachdem der ursprünglich für den 26. August gegebene Angriffsbefehl wieder zurückgenommen worden war, begann der militärische Angriff in den Morgenstunden des 1. September 1939 mit Luftangriffen auf Wielun und dem Beschuss der Westerplatte in Danzig durch das deutsche Schulschiff Schleswig-Holstein. Hitler verkündete, dass „seit 5.45 Uhr [...] zurückgeschossen” würde. (Der Angriff hatte allerdings schon gegen 4.45 Uhr begonnen.) Am Abend wurde der englischen Regierung von der deutschen Seite mitgeteilt: „Der Führer ist bereit, aus Polen wieder herauszugehen und Schadensersatz für bereits angerichtete Schäden anzubieten unter der Voraussetzung, dass wir Danzig und die Straße durch den Korridor erhalten, wenn England im deutsch-polnischen Konflikt die Vermittlung übernimmt.” Frankreich und Großbritannien stellten ein Ultimatum an das Deutsche Reich, in dem sie den sofortigen Rückzug aller deutschen Truppen aus Polen forderten. Als Hitler dies ablehnte erklärten beide Staaten dem Deutschen Reich am 3. September den Krieg. Eine große Offensive der Westmächte blieb trotz der Verträge mit Polen aus und es kam an der Westgrenze Deutschlands zum sogenannten "Sitzkrieg".

Die Entwicklung der Lage bis zum 6. September

Lageentwicklung bis zum 14.September

Der Angriff der Heeresgruppe Nord kam in den ersten Tagen des Feldzuges zumindest im Bereich der 4. Armee planmäßig voran. Im Korridor wurden Teile der polnischen Armee Pomerellen während der Schlacht in der Tucheler Heide bei Graudenz eingeschlossen und zerschlagen. Nur zwei ihrer Divisionen entkamen der Niederlage und schlossen sich der Armee Posen an. Gleichzeit blieb der Angriff der 3. Armee vor der Mlawa-Stellung liegen. Die dort kämpfende Armee Modlin zog sich erst zurück, als die deutschen Kräfte ihre rechte Flanke umgangen hatten. Sie sammelte sich jedoch wieder in der Festung Modlin und am Bug. Die Armeen der Heeresgruppe Süd drängten unterdessen die polnischen Verbände in Richtung Warschau zurück. Allerdings gelang es ihnen nicht, die polnischen Truppen aufzureiben oder zu umfassen. Erst am 6. September gelang der 10. Armee ein tiefer Einbruch in die polische Abwehrfront. Am gleichen Tag besetzte die 14. Armee Krakau. Das Ziel, die polnische Armee Krakau einzukreisen, gelang ihr jedoch nicht.

Die Planung der polnischen Führung war überholt und so erteilte sie schon nach 5 Tagen den Befehl zum Rückzug hinter die Linie Narew-Bug-Weichsel-San. Die polnische Regierung selbst setzte sich nach Brest-Litowsk ab. Der Rückzugsbefehl war jedoch zu spät erteilt worden, denn es war unwahrscheinlich, dass die polnischen Infanterie-Verbände die Flüsse noch vor den Panzern der Wehrmacht erreichen würden. Auf der deutschen Seite hingegen kam man im OKH zu dem Schluss, dass es wohl nicht mehr gelingen würde die Masse des polnischen Heeres westlich der Weichsel zu zerschlagen, weshalb nun Befehle an die 3. Armee und 14. Armee ergingen ihre Kräfte nun östlich der Weichsel für eine Umfassungsschlacht zu konzentrieren.

Die Entwicklung der Lage bis zum 17.September

Lageentwicklung nach dem 14.September

Die Heeresgruppe Süd nutzte ihren Durchbruch, um ein ein Panzerkorps auf die polnische Hauptstadt anzusetzen. Bereits am 8. September erreichten dieses Korps die Vorstädte von Warschau, doch da ein blutiger Häuserkampf vermieden werden sollte, drangen die Panzer nicht weiter vor. Nur einen Tag später gelang dem rechten Flügel der 10. Armee das Überholen und Einkesseln von starken polnischen Kräften, die versuchten sich über die Weichsel zurückzuziehen, woraus sich die Schlacht bei Radom entwickelte. Doch zeitgleich kam es auf dem linken deutschen Flügel bei der 8. Armee zu einer Krise. Unbemerkt von der deutschen Aufklärung war die polnische Armee Posen aus Westpolen herangekommen und war dem deutschen Vormarsch nördlich von Kutno überraschend in die Flanke gefallen (siehe: Schlacht an der Bzura). Dies blieb der einzige polnische Gegenschlag des Feldzuges, der jedoch die Heeresgruppe Süd stark bedrängte, weilsie nun bei Radom, vor Warschau und an der Bzura gleichzeitig kämpfen musste. Der Angriff der Armee Posen konnte unter schweren Verlusten abgewehrt werden und die polnischen Truppen im Kessel bei Radom kapitulierten am 12. September (ca.60 000 Gefangene). Mit den nun freigewordenen Verbänden konnte die Heeresgruppe Süd danach auch die Armee Posen einschließen und bis zum 17. September aufreiben (170 000 Gefangene).

Die Führung der polnischen Armee befahl am 12. September, nach der Schlacht bei Radom, allen Truppen sich eigenständig nach Südosten zurückzuziehen. In dem unwegsamen Gelände hoffte man sich noch länger halten zu können, während man über Rumänien Nachschublieferungen der Westalliierten erwartete. In diesem Gebiet kämpfte bisher nur die deutsche 14.Armee, die allerdings nach Nordosten eingeschwenkte, um sich hinter dem Bug mit den Kräften der Heeresgruppe Nord zu vereinen. Gemäß dem Befehl des OKH zur Umfassung der polnischen Streitkräfte östlich der Weichsel musste die Heeresgruppe Nord, die bereits am Narew und am Bug stand starke Kräfte (die Masse der 4.Armee) durch Ostpreußen an ihren linken Flügel verlegen, was einige Tage in Anspruch nahm. danach aber schloss sie am 9. September die Festung Modlin und Warschau von Norden her ein. östlich des Bug stießen starke Panzerkräfte nach Süden vor und vereinigten sich südlich von Brest-Litowsk am 18. September mit den Truppen der 14. Armee. Damit war die Masse der polnischen Kräfte umfasst worden. Die polische Regierung hatte sich zuvor bereits nach Rumänien begeben.

Die Entwicklung der Lage bis zum 6. Oktober

Am 17. September zerschlug sich die polnische Hoffnung, wenigstens den Osten des Landes verteidigen zu können. Entsprechend dem geheimen Zusatzprotokoll des Hitler-Stalin-Paktes marschierte die Rote Armee in Ostpolen ein, das fast völlig von der polnischen Truppen entblößt war.

Die Kämpfe konzentrierten sich nun auf das Gebiet zwischen Weichsel und Bug, wo die Reste des polnischen Heeres eingeschlossen waren. Im Südosten des Landes wurden polnische Truppen, die sich nach Rumänien zurückziehen wollten in den Schlachten bei Lwow, Lemberg und Rawa Ruska aufgerieben. Nach der Kapitulation der Masse der verbleibenden polnischen Streitkräfte am 23. September nach der Schlacht bei Lublin endete der organisierte Widerstand der polnischen Armee. Die seit dem 9. September eingeschlossen polnische Hautstadt wurde bis zum 28. September belagert (siehe: Belagerung von Warschau 1939). Die Stadt wurde heftig beschossen und bombardiert. Bis zu 26 000 Zivilisten kamen dabei ums Leben. Einen Tag später kapitulierte auch die Festung Modlin, gefolgt von der Besatzung der Halbinsel Hel am 1. Oktober. Die letzten Feldtruppen Polens kapitulierten am 6. Oktober nach der Schlacht bei Kock, was seither als das Ende des Septemberfeldzuges gilt. Eine Kapitulation des polnischen Oberkommandos, Staates oder der Regierung hat es jedoch nie gegeben.

Der Seekrieg

  Typ   Kriegsmarine Polnische Marine
Schlacht-/Linienschiffe 1 0
Leichte Kreuzer 3 0
Zerstörer 11 4
Minensuchboote 30 6
U-Boote 10 5

Im Gegensatz zu den Landstreitkräften war die polnische Marine der Kriegsmarine auch zahlenmäßig stark unterlegen. Das polnische Oberkommando erkannte diesen Fakt an und evakuierte im Rahmen der Operation Peking schon Ende August drei Zerstörer nach Großbritannien. Bei Beginn der Kampfhandlungen standen einem deutschen Linienschiff, drei Leichten Kreuzern, 11 Zerstörern, 4 Tendern, 30 Minensuchbooten, 10 U-Booten und diversen U-Jägern auf polnischer Seite lediglich ein Zerstörer, ein schwerer Minenleger, fünf U-Boote und mehrere kleinere Einheiten wie Kanonenboote und Minensucher entgegen. (siehe: Kräfteverhältnis der Seestreitkräfte zu Beginn des Krieges)

Zu ersten Kampfhandlungen kam es am 1. September, als deutsche Stuka die verbliebenen beiden großen polnischen Einheiten ORP Gryf und ORP Wicher in der Danziger Bucht angriffen. Die erste Seeschlacht fand am 3. September vor Hel statt. Die Kriegsmarine musste ihre schwer beschädigten Zerstörer Z 1 Leberecht Maass und Z 9 Wolfgang Zenker zurückziehen. Am selben Tag wurden die Reste der polnischen Überwasserstreitkräfte im Hafen von Hel mehrfach bombardiert und vernichtet.

Alle 5 polnischen U-Boote konnten entkommen, erzielten aber, wenn man von einer erfolgreich verlegten Seemine des U-Bootes ORP Żbik, auf die am 1. Oktober der deutsche Minensucher M85 lief, absieht, keine Kampferfolge gegen feindliche Schiffe. Die zwei U-Boote ORP Wilk und ORP Orzeł konnten sich nach Großbritannien absetzen. Die restlichen drei U-Boote ließen sich in Schweden internieren. Die Marinebasis auf der Halbinsel Hel verteidigte sich noch bis zum 1. Oktober und fiel als eine der letzten polnischen Stellungen.

Verluste

Die Verluste der Wehrmacht im Polenfeldzug beliefen sich (nach amtlichen deutschen Angaben) auf 10.572 Gefallene, 3.409 Vermisste und 30.322 Verwundete. (1944 stellte das OKW bei Nachforschungen allerdings bereits eine Zahl von 16.269 Toten im Polenfeldzug (nur Heeresangehörige) fest).Die Wehrmacht verlor desweitern ca. 30-40% der eingesetzten Panzer. Es zeigte sich schon in diesem Feldzug, dass die deutschen Panzermodelle veraltet waren. Für die Rote Armee wurden 737 Gefallene angegeben.
Genaue Zahlen der polnischen Verluste wurden nicht ermittelt. Die polnische Armee hatte ungefähr 70.000 Gefallene zu beklagen. 133.000 wurden verwundet. Als sicher gilt, dass 694.000 polnische Soldaten in deutsche und 217.000 in sowjetische Gefangenschaft gerieten. Unbekannt ist auch die Zahl der zivilen Opfer der Kampfhandlungen.

Kriegsverbrechen

Im Verlauf des Polenfeldzuges kam es zu massiven deutschen Kriegsverbrechen gegen die polnische Zivilbevölkerung. So wurden, meist unter dem Vorwand der Partisanenbekämpfung, zahlreiche Zivilisten erschossen. Auch Angehörige des sogenannten Selbstschutzes Westpreussen (später ein Teil der SS), des SD und der SS verübten derartige Verbrechen. Der deutsche Historiker Jochen Böhler schätzt die Zahl der zivilen Opfer, die bei solchen Erschießungen getötet wurden, allein für den Zeitraum von September-Oktober 1939 auf mindestens 16.000 Menschen, mit regionalem Schwerpunkt in Westpreussen. Nach der nicht unumstrittenen Ansicht Böhlers sei mindestens die Hälfte von Angehörigen der Wehrmacht und nicht nur durch SS und SD, wie man bis dato glaubte, hingerichtet wurden. Die kriegsgerichtliche Untersuchung und Bestrafung der Täter blieb im Wesentlichen aus.

Folgen

Am 8. Oktober teilten sich das Deutsche Reich und die Sowjetunion im Abkommen von Brest-Litowsk das polnische Gebiet durch eine Demarkationslinie – die Vierte Teilung Polens. Nicht nur die nach dem Versailler Vertrag abgetretenen Gebiete wurden wieder in das Reich eingegliedert, sondern darüber hinaus weite Bereiche Zentralpolens einschließlich der Stadt Lodsch. Der Rest Polens wurde deutsches Generalgouvernement.

Die anschließende Besatzungszeit war von Repressalien der Deutschen und Sowjets gegen die Zivilbevölkerung geprägt. Willkürliche Massenerschießungen insbesondere polnischer Juden im deutschen Besatzungsgebiet und politischer-gesellschaftlicher Gegner des Kommunismus im sowjetischen Besatzungsgebiet. Im deutschen Besatzungsgebiet wurde ein ganzes Netzwerk von Zwangsarbeits- und Konzentrationslagern errichtet. Im weiteren Verlauf der deutschen Besatzung wurde das Gebiet Polens zum Schwerpunkt des Holocaust an den Juden. Im Zuge der Aktion Reinhardt im Jahre 1942 wurden im Süden und Osten Polens eine Reihe von Vernichtungslagern errichtet. Sie bildeten das Zentrum des Holocaust in Europa.

Polen verlor im Zweiten Weltkrieg bei Kampfhandlungen und durch Maßnahmen der deutschen und sowjetischen Besatzungsmacht zwischen 4,5 und 6 Millionen Einwohner. Die größte Zahl der Opfer stellten hierbei die polnischen Juden mit weit mehr als 3 Millionen Opfern. Die slawische Mehrheit der Bevölkerung in Polen (das vor dem 2. Weltkrieg ein Vielvölkerstaat war) galt den Nazis als rassisch minderwertige Untermenschen und war langfristig zur Vernichtung oder vollständigen Assimilation bestimmt. Angefangen hatte die Vernichtung bereits am Anfang der Besatzung Polens mit der gezielten Aussonderung und Ermordung der gebildeteren Schichten der Bevölkerung - bekannte Beispiele sind die Verhaftung und Erschießung der Professoren der altehrwürdigen Jagiellonen-Universität in Krakau (Sonderaktion Krakau) und der Katholischen Universität Lublin im November 1939. Die Sowjets verhafteten massenhaft die bürgerlichen „Klassenfeinde” und führten generell im großen Umfang Deportationen polnischer Bevölkerungsteile durch - zwischen 1939 und 1941 in Richtung Sibirien und Kasachstan. Nach 1945 wurde ein Großteil der verbliebenen ostpolnischen Bevölkerung, rund 1,5 Millionen Menschen, in die früheren deutschen Ostprovinzen verschoben, aus den zuvor rund 12 Millionen Deutsche vertrieben worden waren. Des Weiteren vertrieb die polnische Armee im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg rund eine Million Ukrainer und Weisrussen aus den nunmehr neuen Grenzgebiet zur Sowjetunion in diese. Rund 200.000 Ukrainer aus dem Gebiet der Südbeskiden wurden in das südliche Ostpreussen und in das Gebiet um Stettin zwangsumgesiedelt (Aktion Wisla). Durch diese „ethnischen Säuberungen” entstand ein homogener polnischer Nationalstaat, in dem rund 98 % der Einwohner ethnische Polen sind, im Gegensatz zu einem Anteil von 65 % auf dem polnischen Staatsgebiet in den Grenzen von 1939.

Rund 140.000 polnische Militärangehörige flüchteten nach Rumänien, Ungarn oder Littauen, wo sie interniert wurden. Vielen gelang es jedoch weiter nach Frankreich zu fliehen. Dort war auch die polnische Exilregierung, die aus den Soldaten neue Truppenverbände aufstellte, die an allen wichtigen Operationen des Zweiten Weltkrieges teilnahmen. Ein Teil derjenigen, die die sowjetischen Gulags überlebten, bildete 1941 während der zeitweisen Zusammenarbeit mit Stalin (die auf Drängen Englands zustande kam) die Armee des General Anders. Auf dem Umweg über Persien und Palästina nahm diese Armee den Kampf gegen die Deutschen wieder auf, sie wurde in Nordafrika und in Italien eingesetzt. Weitere Polen wurden ab 1943 in die von den Sowjets aufgestellte Armee des General Berling integriert und kämpften ab 1944 an der Ostfront.

Siehe auch

Commons: Polenfeldzug 1939 – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

  • Jochen Böhler (Hg.): „Größte Härte…”. Verbrechen der Wehrmacht in Polen September - Oktober 1939, Osnabrück: Fibre 2005, ISBN 3938400072. Es handelt sich hierbei um einen Katalog zur gleichnamigen Ausstellung. In ihm finden sich alle Fotos und Beschreibugen nebst 2 weiteren Aufsätzen.
  • Jochen Böhler: Auftakt zum Vernichtungskrieg. Die Wehrmacht in Polen 1939. Frankfurt a.M.: Fischer TB 2006, ISBN 3596163072. Das Buch thematisiert die Rolle der Wehrmacht bei Kriegsverbrechen während des Krieges. Kampfhandlungen werden nicht direkt untersucht.
  • Rolf Elble: Die Schlacht an der Bzura im September 1939 aus deutscher und polnischer Sicht. Freiburg 1975. ISBN 3793001741 Das Buch gibt einen guten Einblick in die Unterschiedlichkeit der gegnerischen Heere und ist die gelungene Beschreibung einer polnischen Operation whrend des Krieges.
  • Walther Hofer: Die Entfesselung des Zweiten Weltkrieges, Frankfurt/Main 1960. Ein nicht unumstrittenes Buch über die internationalen diplomatischen Beziehungen im Sommer 1939.
  • Janusz Piekałkiewicz: Polenfeldzug. Hitler und Stalin zerschlagen die Polnische Republik. Augsburg 1998. ISBN 3860479075 Eine populäre und wenig zusammenhängende Darstellung des Feldzuges. Allerdings wird die polnische Seite auch dargestellt. Ebenfalls findet man viele unveröffentlichte Bilder und Auszüge aus den verschiedensten damaligen Medien und Berichten.
  • Horst Rohde: Hitlers erster "Blitzkrieg" und seine Auswirkungen auf Nordosteuropa, in: Klaus A. Maier/Horst Rohde/Bernd Stegemann/Hans Umbreit: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Bd. 2: Die Errichtung der Hegemonie auf dem europäischen Kontinent, hg. v. Militärgeschichtlichen Forschungsamt, Stuttgart: DVA 1979, ISBN 3421019355, S. 79–156. Amtliche deutsche Darstellung des Feldzuges. Sie behandelt die Planungs- und Aufmarschphase sehr detailliert, während die Kampfhandlungen eher oberflächlicher beschrieben sind.
  • Herbert Schindler: Mosty und Dirschau 1939 - Zwei Handstreiche der Wehrmacht vor Beginn des Polenfeldzuges, Freiburg 1971. ISBN 3793001512 Der Autor untersucht zwei Kommandounternehmen, die "versehentlich" bereits am 26.August 1939 stattfanden.
  • Bertil Stjernfelt/Klaus-Richard Böhme: Westerplatte 1939, Freiburg 1978. ISBN 3793001822 Dieses Buch gilt als Standartwerk für die Thematik rund um die Westerplatte in Danzig.
  • Vormann, Nikolaus von: Der Feldzug 1939 in Polen, Weissenburg 1958. Vormann war 1939 Referent in Hitlers Hauptquartier. Sein Werk ist die einzige umfassende Darstellung sämtlicher Kampfhandlungen während des Feldzuges. Die von ihm behandelte Vorgeschichte ist jedoch sehr polenfeindlich.

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