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Anne Boleyn

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Anne Boleyn

Anne Boleyn (Deutsch: Anna Boleyn; * 1501 oder 1507, wahrscheinlich in Blickling/Norfolk; † 19. Mai 1536 in London) war die zweite der sechs Ehefrauen von König Heinrich VIII. von England und Mutter der späteren Königin Elisabeth I.. Sie war die treibende Kraft hinter der Scheidung Heinrichs von seiner ersten Frau Katharina von Aragón und der damit einhergehenden Spaltung von der römisch-katholischen Kirche. Sie wurde wegen Ehebruchs und Verrats am 19. Mai 1536 enthauptet.

Leben

Jugend

Handschrift von Anne Boleyn 1514

Anne Boleyns Geburtsdatum ist umstritten. In einer 1614 erschienenen Biographie über ihre Tochter Königin Elisabeth I. wird es mit 1507 angegeben. Neuere Forschungen deuten aber eher auf das Jahr 1501 hin. So wurde ein von Anne Boleyn im Jahr 1514 verfasstes Schreiben eher einem 14 jahre alten Mädchen zugeschrieben. Ihr Geburtsort ist unbekannt. Anne Boleyn entstammte väterlicherseits dem niederen Adel, mütterlicherseits der englischen Hocharistokratie. Ihr Vater war Thomas Boleyn, der als Diplomat Karriere am Hof König Heinrichs VII. machte. Ihre Mutter, Elizabeth Howard, war die Tochter des Herzogs von Norfolk. Anne hatte zwei Geschwister, George und Mary. Als Botschafter bei Margarete von Österreich, der habsburgischen Statthalterin der Niederlande, gelang es Thomas Boleyn im Jahr 1513, seinen Töchtern als Hofdamen an Margaretes Residenz in Mechelen den Einstieg in die Adelskreise zu sichern. Beide verbrachten den Rest ihrer Kindheit zunächst in Flandern und anschließend am französischen Königshof, wo Anne Hofdame von Claude de France und Renée de France war. Sie erwarb sich dort eine ausgezeichnete Bildung und vermittelte später europäische Einflüsse in Kleidung und Kultur am englischen Hof.

Ein Jahr nach Mary Boleyn kehrte 1521 auch Anne nach England zurück, wo sie wie zuvor ihre Schwester zur Hofdame Katharinas von Aragón ernannt wurde, der ersten Gemahlin Heinrichs VIII. Ihr Debüt am Hof gab sie bei einem Maskeradenball im März 1522, wo sie mit der Schwester des Königs und ihrer eigenen Schwester Mary Boleyn einen kunstvollen Tanz vorführte. Anna Boleyn wurde schnell als die eleganteste und vollendetste Frau am Hof bekannt. Der König unterhielt damals eine Liebesbeziehung zu Mary Boleyn, die er jedoch 1525 beendete. Möglicherweise war er damals schon auf ihre Schwester aufmerksam geworden. Anne begann eine Liebesbeziehung mit Henry Percy, die jedoch von Kardinal Thomas Wolsey beendet wurde. Spätestens seit Ende 1526 war Anne Boleyn die Geliebte Heinrichs VIII. Aus den Jahren 1527 und 1528 sind 17 Liebesbriefe des Königs an sie erhalten geblieben. Anne verführte den König systematisch, denn sie wollte nicht irgendwann als abgelegte Geliebte enden, sondern sie war ehrgeizig und ihr Ziel war nichts Geringeres als die Krone Englands.

Da Katharina von Aragon ihrem Mann nicht den gewünschten männlichen Thronfolger schenkte, ließ dieser 1532 seine Ehe - gegen den Willen seiner Frau und ohne Zustimmung des Papstes - für ungültig erklären und heiratete im Mai 1533 Anne Boleyn. Das war bitter nötig, denn Anne hatte dem König endlich nachgegeben und war bei der Heirat bereits im fünften Monat schwanger. Die Hochzeit mit ihr führte zum Bruch mit der römisch-katholischen Kirche und zur Errichtung der anglikanischen Staatskirche.

Ehe mit Heinrich VIII.

Schon als Geliebte des Königs hatte sie sich viele Feinde gemacht, und es gelang ihr auch als Königin nicht, Verbündete zu gewinnen. Zudem scheint Anna Boleyn den zeitgenössischen Vorstellungen nicht entsprochen zu haben, nach denen von einer Ehefrau ein anderes Verhalten erwartet wurde als von einer Geliebten. Schon bald nach der Hochzeit soll es zu Eifersuchtsszenen und Streitigkeiten zwischen ihr und dem König gekommen sein. Statt Milde gegenüber seiner ersten Tochter Maria walten zu lassen, machte sie sie für ihre immer stärker werdende Unbeliebtheit verantwortlich und demütigte sie, wo sie nur konnte.

Nach der Geburt einer Tochter - Elisabeth kam am 7. September 1533 zur Welt - und einer Fehlgeburt (einem Sohn), fiel Anne Boleyn bei Heinrich endgültig in Ungnade. Mit Jane Seymour hatte er bereits die nächste Ehekandidatin ins Auge gefasst. Ironischerweise war ihr größter Schutz, dass Katharina von Aragon noch lebte, denn Heinrich befürchtete, wenn er die Ehe mit Anne für ungültig erklären würde, wäre die Ehe mit ihr automatisch wieder gültig.

Prozess und Hinrichtung

Als Katharina von Aragon im Januar 1536 starb, wurde Anne Boleyn des mehrfachen Ehebruchs sowie inzestuöser Beziehungen zu ihrem Bruder angeklagt. Obwohl diese Anschuldigungen unbewiesen blieben, wurde sie wegen Hochverrats zum Tode verurteilt. Kurz vor ihrer Hinrichtung wurde ihre Ehe mit dem König für ungültig und Elisabeth zum Bastard erklärt.

Zur Hinrichtung seiner Ehefrau am 19. Mai 1536 ließ Heinrich den französischen Henker Jean Rombaud aus Frankreich kommen, einer der wenigen Scharfrichter, die schnell mit dem Schwert statt mit dem Beil töteten. Eine Gruppe von Beamten hatte sich im Tower versammelt, um die Hinrichtung zu beobachten. Auf dem Schafott hielt sie eine kurze Rede. Sie gestand ihre Schuld nicht, vermied es aber auch den König anzugreifen. Anne Boleyn wurde kniend, mit erhobenem Kopf hingerichtet. Bereits elf Tage nach Annes Tod, am 30. Mai 1536, heiratete Heinrich seine dritte Frau, Jane Seymour.

An der Hinrichtungsstätte im Londoner Tower befindet sich eine Gedenktafel. Ihr Körper wurde ohne Erinnerungstafel unter dem Kirchenschiff der Kapelle des Towers begraben. Im Jahr 1876 wurden die sterbliche Überreste der dort liegenden Personen in die Gruft der Kapelle überführt.

Mythos

Um 1580 behauptete der Priester und Historiker Nicholas Sander als erster, Anne Boleyn sei vielfach deformiert gewesen; so habe sie drei Brüste (Polymastie) und an jeder Hand sechs Finger (Polydaktylie) gehabt. Es ist anzunehmen, dass Sander diese ansonsten unbelegten Dinge erfand, um sie damit als offensichtliche Hexe darzustellen.

Film

Im Jahr 1969 wurde Maxwell Andersons 1947 entstandenes Theaterstück Anne of the Thousand Days unter dem Titel Königin für tausend Tage von Charles Jarrott verfilmt. In dem Historiendrama um die Ehe zwischen Anne Boleyn und König Heinrich VIII. agierte die franko-kanadische Schauspielerin Geneviève Bujold als Titelfigur, während der renommierte britische Theater- und Filmschauspieler Richard Burton König Heinrich mimte. Der Film wurde im Jahr 1970 mit vier Golden Globes prämiert und für zehn Oscars nominiert.

2003 verkörperte Helena Bonham Carter Anne Boleyn im Film Henry VIII.

Mit Die Schwester der Königin schrieb Philippa Gregory 2002 einen Bestseller über die beiden Boleyn Schwestern. Der Roman wurde 2003 mit Natascha McElhone verfilmt. Für Ende2006 ist eine zweite Verfilmung mit Natalie Portman und Eric Bana geplant.

Literatur

  • Antonia Fraser: Die sechs Frauen Heinrichs VIII. Claassen Verlag, Berlin 1995 ISBN 3546000811
  • Retha M. Warnicke: The Rise and Fall of Anne Boleyn. Cambridge University Press,Cambridge 1989, ISBN 0-521-40677-3
  • Anka Muhlstein: Die Gefahren der Ehe- Elisabeth von England und Maria Stuart

Romane über Anne Boleyn

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