Alte Eidgenossenschaft

Überblick
Als Alte Eidgenossenschaft bezeichnet man die schweizerische Eidgenossenschaft in der Form, wie sie vom Zusammenschluss der Urkantone Uri, Schwyz und Unterwalden 1291 bis zum Einmarsch der Franzosen und dem Beginn der Helvetik 1798 bestand.
Die Alte Eidgenossenschaft war weder ein Nationalstaat noch ein Staatenbund, sondern ein lockeres Bundesgeflecht, welches stark von den Machtinteressen der einzelnen Mitglieder geprägt war. Sie bestand aus den eigentlichen Mitgliedsstaaten (ab 1513 dreizehn Orte) mit ihren jeweiligen Untertanengebieten sowie den zugewandten Orten und den gemeinen Herrschaften.
Als politisches und militärisches Bündnis richtete sich die Eidgenossenschaft zunächst gegen die Habsburger, die schließlich aus dem Gebiet der heutigen Schweiz vertrieben wurden. Die weitere kriegerische Expansion wurde 1515 mit der Niederlage in der Schlacht bei Marignano gestoppt. Innere Konflikte führten auch zu Kriegen unter den Eidgenossen, so zum Alten Zürichkrieg (1436–50), zum Ersten (1529) und Zweiten Kappelerkrieg (1531) und zum Ersten 1656 und Zweiten Villmergerkrieg 1712.
In der Entstehung der Alten Eidgenossenschaft unterscheidet man verschiedene Perioden, die sich nach der Anzahl der beteiligten Orte (Stände, Kantone) orientiert.
- die 3 Orte 1291–1332 (Uri, Schwyz und Unterwalden)
- die 8 Orte 1353–1481 (Luzern, Glarus, Zürich, Zug, Bern)
- die 10 Orte 1481–1501 (Freiburg, Solothurn)
- die 12 Orte 1501-1513 (Basel, Schaffhausen)
- die 13 Orte 1513-1798 (Appenzell)
1648 erhielt die Eidgenossenschaft im Westfälischen Frieden ihre Unabhängigkeit vom Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation.
Umkehr der Ständeordnung
Zum Ende des Mittelalters waren die alten Eidgenossen überzeugt, dass sie von Gott auserwählt worden waren. Die Umkehr der "Christliche Ständeordnung" durch die Schweizer (z.B. in der Schlacht bei Sempach) wo der vom Heiligen Römischen Reich eingesetzte Leopold III. "auf dem Seinen, um das Seine, von den Seinen" umgebracht wurde, bestärkte ihr Glauben noch mehr. Die Folge war Österreichische anti eidgenössische Propaganda.
Ein Traktat resümierte den eidgenössischen Standpunkt im Jahre 1504 folgendermassen: Wir sind jenes auserwählte Volk, das vom Volke Israel präfiguriert wurde, welches der allmächtige Gott gegen Könige und Fürsten verteidigte, da es seinen Gesetzen und seiner Gerechtikgkeit gehorchte. Gesandte entgegneten z.B. auch bei dipolomatischen Verhandlungen gegenüber Karl dem Kühen selbstbewusst: Wäre dan der fürst von Österreich in sinem schirm, so wären aber die loblichen eidgenossen in des almechtigen gottes schirm. Die Passionsverehrung (Christi) kam in der Schweiz erstauntlich früh und "Das Beten mit zertanen (ausgestreckten) armen" war zu Ende des Mittelalters zu einer geläufigen Gebetsgeste geworden.
Quelle: Innerschweiz und frühe Eidgenossenschaft, Die alten Eidgenossen im Wandel der Zeit. "Gott had die unedlen usserwält " Guy Marchal
Die Bestandteile der Alten Eidgenossenschaft
Dreizehn Orte
Folgende unabhängige Orte oder Stände (Kantone) bildeten mit ihren komplizierten Bündnissen untereinander die eigentliche Eidgenossenschaft. Die Reihenfolge entspricht der traditionellen Zählung. In Klammer die Jahreszahl des Beitritts.
- Stadt Zürich (1351)
- Stadt Bern (1353)
- Stadt Luzern (1332)
- Land Uri (1291)
- Land Schwyz (1291)
- Land Unterwalden (Ob- und Nidwalden) (1291)
- Land Glarus (1352/86)
- Stadt Zug (1352)
- Stadt Fribourg (1481), seit 1454 Zugewandter Ort
- Stadt Solothurn (1481), seit 1353 Zugewandter Ort
- Stadt Basel (1501)
- Stadt Schaffhausen (1501), seit 1454 Zugewandter Ort
- Land Appenzell (1513), seit 1411 Zugewandter Ort
Zugewandte Orte
Die Zugewandten Orte waren Staaten oder Gebiete, die mit der Eidgenossenschaft oder Teilen davon verbündet waren. Sie hatten zwar Einsitz in der Tagsatzung und mussten Truppen stellen, hatten aber keine politische Mitsprache.
Die Verbündeten der 13 Orte:
- Freistaat der Drei Bünde (1497/99)
- Wallis (1416/17)
Die Verbündeten einer Gruppe von Orten:
- Fürstabtei St. Gallen (1451) (mit Zürich, Luzern, Glarus und Schwyz)
- Stadt St. Gallen (1454)
- Abtei Engelberg (1420) (mit Uri, Schwyz und Unterwalden)
- Stadt Biel (1353) (Bern, Freiburg, Solothurn)
- Stadt Rapperswil (1458)
- Stadt Genf (1526)
- Fürstentum Neuenburg-Valangin (1406/1529)
- Stadt Mülhausen (1515/86)
Die Verbündeten einzelner Orte:
- Dorf Gersau (1332) mit Schwyz
- Stadt Payerne (1353–1536) mit Bern
- Probstei Moutier-Grandval (1486) mit Bern
- Herrschaft Erguel (1388) mit Bern
Zeitweise verbündete Orte:
- Fürstbistum Basel (1579–1735) (mit den 7 katholischen Orten)
- Freiherrschaft Sax (1458–1615) mit Zürich, dann zu Zürich
- Grafschaft Greyerz (1403/75–1555), dann aufgeteilt zwischen Bern und Freiburg
- Grafschaft Sargans (1437–1460) mit Schwyz und Glarus
- Grafschaft Toggenburg (1436–1468), dann zur Fürstabtei St. Gallen
- Stadt Stein am Rhein (1459–1484)
- Vogtei Weggis (1332–1380), dann zu Luzern
- Talschaft Urseren (1317–1410), dann zu Uri
- Stadt Rottweil (1519–1632)
- Stadt Murten (1353–1475), dann Gemeine Herrschaft
- Talschaft Bellinzona (1407–1422)
Gemeine Herrschaften

Die Gemeinen Herrschaften wurden von mehreren Orten gemeinsam als Untertanengebiete verwaltet. Ihre rechtliche Stellung ist nicht einheitlich. Die Gemeinen Herrschaften im heutigen Tessin waren auch bekannt als Ennetbergische Vogteien.
- Freien Ämter (1415), 8 Orte ohne Bern
- Grafschaft Baden (1415), 8 Orte
- Herrschaft Grasburg (1423), Bern und Freiburg
- Grafschaft Uznach (1437), Schwyz und Glarus
- Herrschaft Windegg (1438), Schwyz und Glarus
- Grafschaft Sargans (1460), Uri, Schwyz und Glarus, ab 1462 8 Orte ohne Bern
- Landgrafschaft Thurgau (1460), 8 Orte
- Murten, Grandson, Orbe und Echallens (1475), Bern und Freiburg
- Herrschaft Freudenberg/Abtei Pfäfers (1482), 8 Orte ohne Bern
- Herrschaft Rheintal (1490), 8 Orte ohne Bern aber mit Appenzell
- Herrschaft Hohensax/Gams (1497), Schwyz und Glarus
- Talschaften Blenio, Riviera und Bellinzona (1500), Uri, Schwyz und Unterwalden
- Talschaften Maggiatal, Lugano, Locarno und Mendrisio (1512), 12 Orte
- Talschaften Travaglia, Cuvio und Eschental (1512–15), 12 Orte
- Fürstentum Neuenburg (1512–1529), 12 Orte
Untertanengebiete von einzelnen Orten
Die folgenden Untertanengebiete waren keine gemeinen Herrschaften, da sie nur einem der Alten Orte unterstellt waren:
- Waadt ohne Orbe und Echallens (zu Bern, heute eigener Kanton)
- Aargau (zu Bern, heute eigener Kanton)
- Sax (zu Zürich, heute St. Gallen)
- Werdenberg (zu Glarus, heute St. Gallen)
- Livinen (Leventina) (zu Uri, heute Tessin)
- Küsnacht, Einsiedeln, March und die Höfe (zu Schwyz, kurzzeitig Kanton Ausserschwyz, heute wieder zu Schwyz)
Daneben war in allen Stadtkantonen eigentlich das ganze Kantonsgebiet ausser die herrschende Stadt Untertanengebiet. Ob jemand in der Stadt zur herrschenden Schicht gehörte oder nicht, hing wiederum von der Familienzugehörigkeit ab. Die Rechte und Privilegien einzelner Gebiete konnte jedoch deutlich variieren. So waren beispielsweise die Städte Winterthur und Stein am Rhein der Stadt Zürich untergeben, hatten aber ihrerseits ebenfalls ein kleines Untertanengebiet und ihre eigene Schicht von herrschenden Stadtbürgern.
Ausserdem waren Worms (Bormio), das Veltlin und Cleven (Chiavenna) gemeinsame Untertanengebiete der Drei Bünde, die heute den Kanton Graubünden bilden und zu den zugewandten Orten der Eidgenossenschaft gehörten. Diese Gebiete gingen 1797 an die Cisalpinische Republik und sind heute Teil von Italien. Die sieben Zehnden des zugewandten Ortes Wallis verwalteten das Unterwallis als Untertanengebiet, zudem war das Lötschental Untertanengebiet der fünf oberen Zehnden.
Literatur
- Peyer, Hans Conrad, Verfassungsgeschichte der alten Schweiz, (Zürich 1978).
- Aubert, Jean-François, Petite histoire constitutionelle de la Suisse, 2.Aufl. (Bern 1975).
Siehe auch
Bundesbrief von 1291, Stanser Verkommnis, Pfaffenbrief, Sempacherbrief, Goldener Bund, Bundesprojekt von 1655, Geschichte der Schweiz, Liste von Schweizer Schlachten.