Anne Frank
Anneliese Marie Frank, verkürzt auch Anne, niederländisch Annelies (* 12. Juni 1929 in Frankfurt am Main; † Februar oder - wahrscheinlicher - März 1945 im KZ Bergen-Belsen), war ein jüdisches Mädchen, das in Deutschland geboren wurde, aber während des Zweiten Weltkriegs im niederländischen Exil ihre Staatsangehörigkeit verlor und kurz vor dem Kriegsende dem nationalsozialistischen Völkermord zum Opfer fiel. Zuvor hatte sie sich mit ihrer Familie in einem Hinterhaus in Amsterdam versteckt gehalten, wo sie ihre Erlebnisse und Gedanken in einem Tagebuch niederschrieb, das nach dem Krieg von ihrem Vater Otto Frank veröffentlicht wurde. Das Tagebuch der Anne Frank gilt heute als einzigartiges menschliches Dokument aus der Zeit des Holocaust und die Autorin als Symbolfigur aller unschuldig Verfolgten.

Leben
Kindheit in Frankfurt
Anne Frank wurde am 12. Juni 1929 als zweite Tochter von Otto Heinrich Frank und Edith Frank, geb. Holländer in Frankfurt am Main geboren. Die Familie lebte in einer assimilierten Gemeinschaft von Juden und anderen Bürgern und die Kinder wuchsen mit katholischen, protestantischen und jüdischen Freunden auf. Die Franks waren Reformjuden, die viele Traditionen des jüdischen Glaubens bewahrten, aber nur wenige Gebräuche pflegten. Edith war der gläubigere Elternteil, während Otto, der im Ersten Weltkrieg als Offizier aktiv war und nun als Unternehmer arbeitete, sich mehr um die Bildung seiner beiden Töchter kümmerte. Er verfügte über eine umfangreiche Bibliothek und animierte die Mädchen zum Lesen. Anne musste sich ständig mit ihrer drei Jahre älteren Schwester Margot vergleichen lassen. Margot galt als gutmütig, vorbildlich und zurückhaltend, während Anne vielseitig interessiert und lebhaft, aber auch oft extrovertiert und impulsiv war und sich gegenüber Margot benachteiligt fühlte. Bevor die judenfeindliche Politik der Nationalsozialisten ihr junges Leben in Unruhe brachte und schließlich völlig zerstörte, lebte sie unbeschwert mit ihrer Familie und ihren Freunden in Frankfurt. Sie konnte auch ihre Großmutter, Ottos Mutter, in Basel besuchen.
Als die NSDAP am 13. März 1933 – wenige Wochen nach Hitlers Machtergreifung – bei der Kommunalwahl in Frankfurt die Mehrheit erreichte, kam es gleich zu antisemitischen Demonstrationen. Otto Frank, der stets einen sicheren Blick für die Zukunft hatte, sah große Probleme auf seine Familie zukommen und die Eltern fragten sich besorgt, was wohl passiere, wenn sie weiter in Deutschland blieben. Später in diesem Jahr zog Edith mit den Kindern nach Aachen zu ihrer Mutter Rosa Holländer. Otto blieb zunächst in Frankfurt. Dann erhielt der Vater jedoch das Angebot, eine Firma in Amsterdam aufzubauen. Er zog in die Niederlande, um die Geschäfte zu arrangieren und alles für die Ankunft seiner Familie vorzubereiten.
Exil in Amsterdam
Edith und die beiden Töchter kamen im Februar 1934 nach und lebten in der Merwedeplein in einem Vorort der Stadt. Sie wollten in den Niederlanden bleiben, weil sie sich hier sicherer fühlten als in ihrer eigentlichen Heimat. In den nächsten Jahren gingen auch viele andere jüdische Familien im Nachbarland ins Exil.
Die Eltern kümmerten sich im Exil weiterhin um die Bildung ihrer Kinder. Margot besuchte eine öffentliche Schule, während Anne in einer Montessori-Schule angemeldet wurde. Während die ältere Schwester vor allem in der Mathematik glänzte, zeigte Anne ihre Fähigkeiten beim Lesen und Schreiben. Hannah Goslar erzählte später, wie Anne häufig heimlich schrieb und nichts über den Inhalt ihrer Schriften verraten wollte. Diese frühen Aufzeichnungen sind verloren gegangen, aber „Hanneli“, wie Anne ihre beste Freundin nannte, ist heute eine wichtige Zeitzeugin, deren Erinnerungen Alison Leslie Gold 1998 in einem Buch festhielt. Eine weitere wichtige Freundin, Jacqueline van Maarsen, berichtete einige Jahre später ebenfalls von ihren Erlebnissen mit Anne.
Otto Frank leitete die Firma Opekta, die das Geliermittel Pektin produzierte. 1938 gründete er zusammen mit dem Fleischer Hermann van Pels, der mit seiner ebenfalls jüdischen Familie aus Osnabrück geflohen war, eine zweite Firma namens Pectacon, die Gewürze verkaufte. Otto war sehr bemüht, dauerhaft seinen Lebensunterhalt zu sichern, da er miterleben musste, wie die Bank seines Vaters Michael in Aachen, die bereits durch die Weltwirtschaftskrise 1929 geschwächt war, von den Nationalsozialisten enteignet wurde.
1939 kam Ediths Mutter zu den Franks nach Amsterdam, wo sie bis zu ihrem Tod im Januar 1942 blieb. Wie rücksichtslos die Nationalsozialisten vorgingen, erfuhren die Franks aus erster Hand von Ediths Bruder Walter Holländer, der im Rahmen der Reichspogromnacht festgenommen und ins KZ Sachsenhausen gebracht worden war, bevor er mit einer Sondergenehmigung in die Niederlande reisen durfte. Otto Frank ließ sich jedoch durch die schockierenden Berichte über die brennenden Synagogen nicht von seiner optimistischen Einstellung abbringen. Er bezeichnete das Ereignis als „Fieberanfall“, der alle Beteiligten zur Vernunft bringen müsse. Die Hoffnung verwandelte sich jedoch in Angst, als mit dem Blitzkrieg gegen Polen im September 1939 der Zweite Weltkrieg ausbrach.
Die Juden im Exil fragten sich verunsichert, ob nun auch die Niederlande, die sich eigentlich neutral positionierten, von Hitlers Expansionsdrang gefährdet wären. Die Nationalsozialisten beantworteten die Frage, als sie im Mai 1940 einmarschierten und das Land besetzten. Sie präsentierten sich zwar zunächst relativ zurückhaltend, aber schnell wurde deutlich, dass den Juden in den Niederlanden das gleiche Schicksal bevorstand wie in den anderen besetzten Gebieten. Die Königin Wilhelmina ging nach London ins Exil, und ihr Land kapitulierte. Otto und Edith Frank konnten die politischen Probleme nicht länger von ihren Kinder verborgen halten. Bisher hatten die Eltern versucht, ihre Töchter abzuschirmen, um eine gewisse Normalität zu bewahren, aber Anne verstand nun die Welt nicht mehr. Aufgeben passte nicht zu ihrem kämpferischen Charakter; sie war es gewohnt, ihre Meinung durchzusetzen.
Immer neue Judengesetze nahmen ihnen zunehmend ihre Rechte. Sie wurden vom gesellschaftlichen Leben und allen öffentlichen Einrichtungen ausgeschlossen. Das Kino-Verbot traf Anne, die mit Begeisterung Fotos von Filmstars sammelte, besonders hart. Mit ihren jüdischen Mitschülern musste sie nun eine besondere Schule, das Lyzeum, besuchen, wodurch sie von vielen Freunden getrennt wurde. Alle Juden mussten sich und später sogar ihre Fahrräder registrieren lassen. Als sie durch die Verpflichtung, den Judenstern tragen zu müssen, gebrandmarkt wurden, solidarisierten sich viele Niederländer mit ihnen. Allerdings formierte sich auch eine niederländische Partei von Nationalsozialisten. Um seine Firmen vor den strengen Kontrollen der Wirtschaftsprüfung zu schützen, übergab Otto Frank die Leitung pro forma an seine arischen Mitarbeiter Johannes Kleimann und Victor Kugler.
Versteck im Hinterhaus

Die Lage der Familie Frank spitzte sich zu, als Margot am 5. Juli 1942 einen Aufruf von der Zentralstelle für jüdische Auswanderung erhielt, der die Deportation in ein Arbeitslager anordnete. Ihr Vater hatte jedoch für einen solchen Notfall bereits vorgesorgt und im Hinterhaus seiner Firma ein Versteck eingerichtet, wie es sein Mitarbeiter Kleimann vorgeschlagen hatte. Am nächsten Morgen bezogen sie bereits die rund 50 m² großen Räume in der Prinsengracht 263. Als Annes Freund Edmond „Hello“ Silberberg sie zuhause besuchen wollte, traf er sie nicht mehr an. Zur Tarnung hatten sie ihre bisherige Wohnung unordentlich zurückgelassen und einen Zettel hinterlegt, um eine plötzliche Flucht in die Schweiz vorzutäuschen. Da sie keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen durften und nicht mit Koffern Verdacht erregen wollten, gingen sie mit mehreren Schichten Kleidung am Körper durch die Stadt.
Das Achterhuis war ein dreistöckiger Raum an der Rückseite des Opekta-Gebäudes. Auf der ersten Etage gab es zwei kleinere Zimmer mit Bad und Toilette, darüber ein großes und ein kleines Zimmer; von letzterem führte eine Leiter auf den Dachboden. Die Tür zum Hinterhaus, das über einen Gang mit den Büro-Räumen verbunden war, wurde mit einem Bücherregal verdeckt. Das Hauptgebäude in der Nähe der Westerkerk war unauffällig, alt und typisch für dieses Viertel von Amsterdam. Otto Frank hatte seine Sekretärin Miep Gies (geb. Hermine Santrouschitz) zuvor um Hilfe gebeten. Obwohl sie wusste, dass ihr die Todesstrafe drohte, wenn die versteckten Juden entdeckt würden, sagte sie ohne Zögern zu und übernahm die schwierige Verantwortung. Zusammen mit ihrem Mann Jan Gies, Ottos Mitarbeitern Kugler und Kleimann sowie Bep Voskuijl half sie den Bewohnern des Hinterhauses. Dort suchte im Juli 1942 auch Ottos Geschäftspartner Hermann van Pels mit seiner Frau Auguste und dem 16-jährigen Sohn Peter Unterschlupf. Am 16. November kam schließlich noch Mieps Zahnarzt Fritz Pfeffer, der mit der Familie Frank befreundet war, hinzu.
colspan="4" align="center" Vorlage:Highlight3|Die Versteckten im Hinterhaus | |||
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Name | Pseudonym | geboren | gestorben |
Otto Frank | 12. Mai 1889 in Frankfurt am Main | 19. August 1980 in Basel | |
Edith Frank geb. Holländer | 16. Januar 1900 in Aachen | 6. Januar 1945 im KZ Auschwitz-Birkenau | |
Margot Betti Frank | 16. Februar 1926 in Frankfurt a.M. | (wahrscheinlich) März 1945 im KZ Bergen-Belsen | |
Anneliese Marie Frank | 12. Juni 1929 in Frankfurt a.M. | (wahrscheinlich) März 1945 im KZ Bergen-Belsen | |
Hermann van Pels | Hans van Daan (bei Anne) Hermann van Daan (im Buch) |
31. März 1890 in Gehrde | 6. September 1944 im KZ Auschwitz-Birkenau |
Auguste van Pels | Petronella van Daan | 29. September 1906 | zwischen dem 9. April und 8. Mai 1945 im Ghetto Theresienstadt |
Peter van Pels | Alfred van Daan (bei Anne) Peter van Daan (im Buch) |
8. November 1926 in Osnabrück | 5. Mai 1945 im KZ Mauthausen |
Fritz Pfeffer | Albert Dussel | 30. April 1889 in Gießen | 20. Dezember 1944 im KZ Neuengamme |
colspan="4" align="center" Vorlage:Highlight3|Die Helfer der Versteckten | |||
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Name | Pseudonym | geboren | gestorben |
Miep Gies-Santrouschitz | Anne van Santen (bei Anne) | 15. Februar 1909 in Wien | lebt in Amsterdam |
Jan Gies | Henk van Santen (bei Anne) | 18. Oktober 1905 | 26. Januar 1993 |
Victor Kugler | Harry Kraler (bei Anne) | 17. Juli 1900 in Hohenelbe | 16. Dezember 1981 in Toronto |
Johannes Kleimann | 1896 in Koog aan de Zaan (Niederlande) | 30. Januar 1959 in Amsterdam | |
Elisabeth „Bep“ van Wijk-Voskuijl | Elly Kuilmans (bei Anne) | 5. Juli 1919 in Amsterdam | 6. Mai 1983 in Amsterdam |
Miep Gies besorgte nicht nur Lebensmittel, sondern informierte die Juden auch über das aktuelle Kriegsgeschehen. Mittags trafen sich die Helfer mit den Versteckten zum gemeinsamen Mittagessen und abends, wenn die anderen Angestellten der Firma das Gebäude verlassen hatten, konnten Anne und die anderen ins Vorderhaus kommen. Dort hörten sie die Nachrichten des BBC-Hörfunks, die sie zunehmend verunsicherten. Am 17. Juli fuhr der erste Zug nach Auschwitz und den Juden wurde die Staatsbürgerschaft aberkannt.
Die anfängliche Hoffnung der Versteckten, nach ein paar Wochen oder Monaten wieder frei zu sein, erwies sich als vergeblich. Sie lebten etwas länger als zwei Jahre im Hinterhaus. Während dieser Zeit konnten sie nicht nach draußen und durften keine Aufmerksamkeit erregen (z.B. durch laute Geräusche), was ihr Leben stark einschränkte. Die angespannte Atmosphäre im Hinterhaus, wo die Versteckten in ständiger Angst und Ungewissheit lebten, führte immer wieder zu Unruhe und Spannungen zwischen den Juden. Je länger sie im Hinterhaus zusammenlebten, desto deutlicher kamen persönliche Konflikte zum Vorschein. So ärgerte sich Anne über Fritz Pfeffer, der mit ihr ein Zimmer teilte und damit ihre Privatsphäre störte. Sie benutzte für ihn deshalb das Pseudonym „Dussel“ (Dummkopf), ohne zu beachten, dass es auch für den Zahnarzt, dessen Partnerin Charlotte Kaletta als Christin nichts zu fürchten hatte, nicht einfach war. Anne geriet häufig in Konflikte mit ihrer Mutter, weil sich Edith zunehmend verzweifelt und hoffnungslos präsentierte, was nicht zum Charakter ihrer Tochter passte. Otto musste als geliebter Vater vermitteln. Für Anne war es besonders schwierig, weil sie ausgerechnet zu Beginn ihrer Jugend, die bei anderen von einer launischen und rebellischen Stimmung geprägt ist, mit ihren Eltern eingesperrt war und sich diszipliniert und angepasst verhalten musste.
Um sich die Zeit zu vertreiben und ihre Gefühle besser verarbeiten zu können, schrieb sie ihr Tagebuch (dazu gibt es einen eigenen Artikel). Sie vertraute ihrer imaginären Freundin die Gedanken eines heranwachsenden Mädchens an und äußerte sich später auch zu abstrakteren Themen wie Gott. Da sie selbst viele Bücher konsumierte (u.a. griechische Mythologie), wuchsen ihre schriftstellerische Fähigkeiten und ihr Selbstbewusstsein als Autorin. Sie äußerte sich auch zum Thema Liebe und Sexualität. Sie bezweifelte, dass Otto Edith wirklich liebte und vermutete, dass er sie eher aus Vernunft geheiratet habe. Anne selbst begann sich für den zunächst als zu schüchtern und langweilig beschriebenen Peter Pels zu interessieren, aber nach einem kurzen stürmischen Intermezzo mit einigen Zärtlichkeiten war die Beziehung schnell wieder beendet. Aus dem Tagebuch geht auch hervor, dass Anne über die Deportationen und das auf Juden ausgesetzte Kopfgeld Bescheid wusste, von denen sie wenige Tage nach ihrem letzten Eintrag selbst betroffen war.
Verrat
Es gilt als gesichert, dass das Versteck verraten wurde, nur der Täter ist noch nicht sicher identifiziert. Lange Zeit galt der Lagervorarbeiter Willem Gerard van Maaren als Hauptverdächtiger. Er hatte eine Geldbörse gefunden, die Hermann van Pels zuvor im Lager verloren hatte, und daraufhin Verdacht geschöpft. Jedoch konnten trotz zweier Untersuchungen keine ausreichenden Beweise beigebracht werden, so dass es nie zu einer Anklage kam. Van Maaren war kein Antisemit. Er selbst hatte seinen Sohn während des Krieges versteckt, weil dieser sich nicht zum Arbeitsdienst melden wollte. In der Firma galt er aber als gefährlich, weil er misstrauisch war und herumschnüffelte. Später stellte sich heraus, dass er stahl und wahrscheinlich durch sein Verhalten nur seine eigenen Taten zu vertuschen versuchte.
Die zweite verdächtigte Person war Lena Hartog, die als Putzfrau in der Firma arbeitete. Ihr Mann Lammert, der als Gehilfe unter van Maaren angestellt war, hatte von dessen Beobachtungen erfahren. Dazu passte die Aussage, dass die Meldung über die versteckten Juden von einer weiblichen Stimme gekommen sei. Aber auch ihr konnte keine Schuld nachgewiesen werden.
Die britische Historikerin Carol Ann Lee präsentiert in ihrem Buch The hidden life of Otto Frank einen neuen Namen, den niederländischen Juden-Kopfgeldjäger Anton Ahlers. Diese Kopfgeldjäger waren zur Zeit der Besatzung zahlreich und verdienten mit den Verhaftungsprämien ihren Lebensunterhalt. Lees Recherchen ergaben, dass der potenzielle Verräter den Vater Otto Frank erpresst haben soll. Allerdings ist die Theorie umstritten. Das Niederländische Institut für Kriegsdokumentation (Nederlands Instituut voor Oorlogsdocumentatie, NIOD) glaubt nicht daran, da die Vermutungen nur auf Aussagen von Ahlers selbst und seiner Familie beruhen. Da dieser nur mit dem Verrat des Verstecks geprahlt hatte, gibt es keinen gesicherten Beweis. Ahlers hätte allerdings die stärksten Motive für einen Verrat gehabt.
Verhaftung
Wer den entscheidenden Hinweis gab, ist noch nicht geklärt, aber sicher ist, dass die Nationalsozialisten am 4. August 1944 in der Prinsengracht erschienen, nachdem ein Anruf bei der Gestapo eingegangen war. Die Helfer konnten die Juden nun nicht mehr schützen und mussten dem aus Österreich stammenden SD-Beamten Karl Josef Silberbauer das Versteck zeigen. Kugler und Kleimann wurden in das SD-Gefängnis in der Euterpestraat gebracht. Sie kamen am 11. September 1944 ins Polizeiliche Durchgangslager Amersfoort. Kleimann wurde am 18. September 1944 aus gesundheitlichen Gründen entlassen, Kugler gelang am 28. März 1945 die Flucht. Miep Gies sammelte die auf dem Boden verstreuten Blätter mit Annes Aufzeichnungen und verwahrte sie in einer Schublade, um sie nach dem Krieg an Anne oder ihren Vater zurückzugeben.
Die Versteckten wurden zunächst bei der Gestapo verhört und über Nacht festgehalten. Am 5. August brachte man sie in das überfüllte Gefängnis Huis van Bewaring in der Weteringschans. Zwei Tage später kamen die Juden ins Durchgangslager KZ Westerbork. Da sie als Verbrecher galten, mussten sie in den Strafbaracken harte Arbeit verrichten. Die Frauen arbeiteten – von den Männern getrennt – in einer Batterien-Abteilung. Sie lebten in der Hoffnung, sich durch die Arbeit unentbehrlich zu machen und so einem noch schlimmeren Schicksal zu entgehen. Jedoch hörten sie nicht nur Gerüchte über die Fortschritte der Alliierten, sondern auch Nachrichten über Transporte in die Konzentrationslager im Osten. Anne wirkte nach Angaben der anderen Gefangenen in Westerbork wie gelöst. Nach der langen Zeit im Versteck holte sie sich ihre Zuversicht durch den Glauben an Gott. Damit konnte sie jedoch nicht verhindern, dass sie mit ihrer Familie und der Familie van Pels beim Appell am 2. September zum Transport ausgewählt wurde. Adolf Eichmann, der Leiter des Reichssicherheitshauptamtes, gab bei der Vernichtung der Juden strenge Quoten vor.
Tod im KZ
Am 3. September 1944 fuhr der letzte Zug nach Auschwitz, wo er drei Tage später ankam. An der Rampe sahen sich die Männer und Frauen zum letzten Mal. Es ist nicht eindeutig geklärt, ob alle Bewohner des Hinterhauses die „Selektion“ überstanden. Nach Aussagen und Nachforschungen des Roten Kreuzes wurde Hermann van Pels direkt nach der Ankunft vergast; allerdings behauptete Otto Frank, er sei erst einige Wochen später, also kurz bevor die Vergasungen eingestellt wurden, ermordet worden. Auguste van Pels wurde über das KZ Bergen-Belsen und KZ Buchenwald am 9. April 1945 ins Ghetto Theresienstadt gebracht. Sie starb während des Transports nach Theresienstadt. Peter van Pels wurde am 16. Januar 1945 auf einen Todesmarsch von Auschwitz zum KZ Mauthausen geschickt, wo er kurz vor der Befreiung starb. Edith Frank starb am 6. Januar 1945 in Auschwitz an Hunger und Erschöpfung. Zuvor hatte sich Rosa de Winter um Annes Mutter gekümmert und sie in eine Krankenbaracke gebracht.
Anne war drei Monate vor der Ankunft in Auschwitz 15 Jahre alt geworden und entging damit dem direkten Tod. 549 der 1019 Passagiere – darunter alle Kinder unter 15 Jahren – kamen direkt in die Gaskammern. Stattdessen musste sie die demütigende Prozedur mit Ausziehen, Desinfektion, Rasur und dem Einbrennen einer Nummer auf ihrem Arm über sich ergehen lassen. Tagsüber musste sie harte Arbeit verrichten und nachts in überfüllten Baracken frieren. Die anderen Häftlinge beschreiben sie als stark oder introvertiert. Ihr Sehnsucht und ihr Lebenswille erwiesen sich als treibende Kraft. Dennoch konnte sie den Krankheiten, die wegen der katastrophalen hygienischen Bedingungen im Lager grassierten, nicht entfliehen und infizierte sich mit Scabies. Wegen ihrer schlechten Gesundheit wurde sie zusammen mit Margot in den Krätzeblock verlegt.
Da die Alliierten immer näherrückten, entschlossen sich die Nationalsozialisten, Auschwitz allmählich zu räumen. Mehr als 8000 Frauen, darunter 1308 Jüdinnen wurden ausgewählt und am 28. Oktober ins KZ Bergen-Belsen deportiert. Dort brachte man Anne und Margot sowie die anderen Gefangenen in Zeltlagern unter. Die beiden Mädchen verlegte man im Januar 1945 in ein Schonungslager. Dort traf sie ihre Freundinnen Hannah Goslar und Nanette Blitz wieder, die seit Februar 1944 als „Austauschjüdinnen“ in einem anderen Lagerteil gefangen waren. Bei ihren Gesprächen am Zaun erzählte Anne, die wegen Läusebefalls nur mit einem Tuch bekleidet war, dass sie alleine seien, weil sie ihre Eltern für tot hielt. Hannah und Nanette beschrieben Anne als kahl, ausgemergelt und zitternd, aber Anne zeigte sich trotz ihrer eigenen Krankheit mehr um Margot besorgt.
Im März 1945 breitete sich eine Typhus-Epidemie im Lager aus, die geschätzte 17.000 Gefangene tötete und der auch Anne und Margot zum Opfer fielen. Laut Zeugenaussagen fiel Margot geschwächt von ihrer Pritsche und starb an dem Schock. Einige Tage später war auch Anne tot. Die genauen Daten wurden kurz vor dem Kriegsende nicht mehr notiert. Wenige Wochen später, am 15. April 1945 befreiten britische Truppen das Lager.
Otto Frank überlebte als Einziger der im Hinterhaus untergetauchten Juden. Nach der Befreiung des KZ Auschwitz-Birkenau durch die Rote Armee am 27. Januar 1945 wohnte er bis 1953 weiter in Amsterdam. Dann übersiedelte er in die Schweiz nach Basel, wo seine Schwester lebte. Dort heiratete er die gebürtige Wienerin Elfriede Markovits, die ihren ersten Mann, Erich Geiringer, und ihren Sohn ebenfalls im Konzentrationslager Auschwitz verloren hatte. Bis zu seinem Tod am 19. August 1980 lebte Otto Frank in Birsfelden bei Basel und widmete sich dem Tagebuch seiner Tochter Anne und der Verbreitung der darin enthaltenen Botschaft.
Heutige Spuren

Anne Franks Grab befindet sich auf dem Gelände der Gedenkstätte Bergen-Belsen. Angehörige haben dort nach der Befreiung des KZ einen Gedenkstein für Anne und ihre Schwester Margot errichtet. Der Stein markiert keinen exakten Beisetzungsort, da beide in einem der umliegenden anonymen Massengräber ruhen.
Anne-Frank-Haus
Am 3. Mai 1957 errichtete eine Gruppe um Otto Frank die Anne Frank Foundation, um das Haus in der Prinsengracht 263 vor dem Verfall zu retten und es der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Als primäres Ziel der Stiftung nannte Otto Frank den Kontakt und die Kommunikation zwischen jungen Menschen mit verschiedenen Kulturen, Religionen oder ethnischen Hintergründen, um Intoleranz oder rassistischer Diskriminierung entgegenzuwirken. Das Museum und Dokumentationszentrum im Anne-Frank-Haus wurde am 3. Mai 1960 eröffnet. Es besteht aus den Räumen der Firma Opekta und dem Hinterhaus. Alle Räume sind unmöbliert, so dass sich Besucher frei bewegen können. Einige persönliche Dinge sind noch zu sehen: Annes Sammlung von Fotos berühmter Filmstars, die Tapete, auf der Otto das Wachstum seiner Töchter markierte und eine Karte, auf der er den Fortschritt der Alliierten festhielt. Von dem kleinen Raum, in dem damals Peter van Pels lebte, führen Gänge in die ebenfalls von der Stiftung erworbenen Nachbarhäuser. Dort werden neben dem Tagebuch diverse Ausstellungen präsentiert, die verschiedene Aspekte des Holocaust und moderne Fälle von rassistischer Intoleranz dokumentieren. Das Anne-Frank-Haus ist heute eine der zentralen Touristenattraktionen von Amsterdam und wird jährlich von mehr als einer halben Million Menschen besucht.
Anne-Frank-Fonds
1963 gründete Otto Frank mit seiner zweiten Ehefrau in Basel den Anne Frank Fonds als Wohltätigkeitsstiftung. Er vermachte das Copyright am Tagebuch dem Fond mit der Auflage, dass die ersten 80.000 Schweizer Franken der jährlichen Einnahmen seinen Erben zukommen und das restliche Geld für Projekte eingesetzt werden, die die Verwaltung als würdig ansieht. Der Fonds finanziert die medizinische Behandlung der Gerechten unter den Völkern und kümmert sich um die Erziehung der Jugend gegen Rassismus. Er hat dem United States Holocaust Memorial Museum in Washington (D.C.) für eine Ausstellung 2003 einige Blätter von Annes Aufzeichnungen zur Verfügung gestellt. Der jährliche Report zeigt die Bemühungen auf globaler Ebene bei Projekten in Deutschland, Israel, Indien, der Schweiz, dem Vereinigten Königreich und den USA. [1]
Anne in Literatur und Film

Das Leben und die Schriften von Anne Frank wurden in zahlreichen Büchern, Filmen und anderen Werken dokumentiert und gewürdigt.
1959 wurde auf der Basis des Tagebuchs der Kinofilm Das Tagebuch der Anne Frank gedreht, der drei Oscars erhielt und für weitere fünf nominiert war.
- Regie: George Stevens
- Darsteller: Millie Perkins (Anne), Joseph Schildkraut (Otto Frank), Shelley Winters (Auguste van Pels)
1987 erschien der britische TV-Film Das Tagebuch der Anne Frank.
- Regie: Gareth Davies
- Darsteller: Katharine Schlesinger (Anne), Emrys James (Otto Frank), Elizabeth Bell (Edith Frank)
2001 entstand der Kinofilm Anne Frank - Die wahre Geschichte, der auf dem Buch von Melissa Müller (siehe Literatur) beruht.
- Regie: Robert Dornhelm
- Darsteller: Hannah Taylor-Gordon (Anne), Ben Kingsley (Otto Frank), Joachim Król (Hermann van Pels)
1995 entstand unter Regie von Jon Blair die Dokumentation Anne Frank - Zeitzeugen erinnern sich, in der neben Miep Gies auch Freundinnen und Überlebende der KZ Auschwitz und Bergen-Belsen zu Wort kommen. Der Film gewann bei der Oscarverleihung 1996 den Oscar in der Kategorie Bester Dokumentarfilm.
Daneben existiert noch der japanischer Zeichentrickfilm von 1995 mit dem Originaltitel Anne no Nikki von 1995, produziert von KSS, Studio Madhouse.
Sonstiges
Ein Asteroid bekam den Namen (5535) Annefrank. Er wurde 1942 entdeckt, in dem Jahr, als Anne ihr Tagebuch begann und ihr Versteck bezog.
Anne Frank ist auf der Frankfurter Treppe verewigt, dem Wandmosaik von Stephan Huber im Hauptfoyer des Maintower.
Viele Schulen in Deutschland und anderen Ländern sind nach Anne Frank benannt.
Im Zuge des „Karikaturenstreits“ veröffentlichte die Arab European League am 6. Februar 2006 eine Reihe antisemitischer Karikaturen. Darunter befand sich eine, die Anne Frank im Bett mit Adolf Hitler zeigt.
Würdigungen
Im Juni 1999 veröffentlichte das Magazin TIME eine Sonderausgabe mit dem Titel TIME 100: Heroes & Icons of the 20th Century. In der Liste der hundert einflussreichsten Politiker, Künstler, Erfinder, Wissenschaftler und Ikonen erscheint auch der Name Anne Frank. Roger Rosenblatt, der Autor von Children of War, schrieb in seinem Eintrag zu Anne Frank:
- „Die Leidenschaften, die das Buch entzündet, suggerieren, dass Anne Frank allen gehört, dass sie über den Holocaust, das Judentum, die Mädchenzeit und sogar die Tugend hinausgewachsen und zu einer Totemfigur der modernen Welt geworden ist – der moralische, individuelle Geist, der von der Maschinerie der Zerstörung besetzt ist und auf das Recht pocht, für die Zukunft der Menschen zu leben, zu fragen und zu hoffen.“ [2]
Miep Gies wehrt sich in einem Nachwort zu Melissa Müllers Biographie von Anne Frank jedoch gegen die Ansicht, dass Anne die sechs Millionen Opfer des Holocaust symbolisiere. Das Leben und der Tod des Mädchens seien ihr individuelles Schicksal. Dieses Schicksal könne jedoch helfen, das weltweite Leid durch den Holocaust zu fassen.
Melissa Müller selbst schreibt am Ende ihres Buches:
- „Die mordenden Nazis und ihre schweigenden Helfer konnten Anne ihr Leben nehmen, ihr Stimme jedoch nicht An Annes Glauben an sich selbst scheiterte der Nazi-Terror. Er sollte sie töten, machte sie aber nicht mundtot.“
Literatur
- Anne Frank et al. Geschichten und Ereignisse aus dem Hinterhaus. Frankfurt/M. Fischer 2002. ISBN 3596157773
- Miep Gies. Meine Zeit mit Anne Frank. Basel: Scherz 1987. ISBN 3502182663
- Willy Lindwer. Anne Frank, Die letzten sieben Monate. Frankfurt/M.: Fischer 2000. ISBN 3596116163
- Jacqueline van Maarsen. Ich heiße Anne, sagte sie, Anne Frank. Frankfurt/M.: Fischer 2004. ISBN 3100488229
- Alison L. Gold. Erinnerungen an Anne Frank. Ravensburger Buchverlag 2000. ISBN 3473581429
- Melissa Müller. Das Mädchen Anne Frank. Die Biographie. Claassen 1998. ISBN 3546001516
- David Barnouw. Anne Frank. Econ. ISBN 3612266209
- Carol Ann Lee. Anne Frank. Die Biographie. München: Piper 2000. ISBN 3-492-04152-3
- Carol Ann Lee. The hidden life of Otto Frank. William Morrow 2003. ISBN 0060520833
- In Anne Franks Haus. Eine bebilderte Reise durch Annes Welt. Herausgegeben von der Anne Frank Stichting Amsterdam. Frankfurt/M.: S. Fischer 2004. ISBN 3-10-076715-2
- Jürgen Steen/Wolf von Wolzogen: Anne aus Frankfurt. Leben und Lebenswelt Anne Franks. Frankfurt/M.: Historisches Museum 1990
- Marion Siems: Anne Frank Tagebuch. Erläuterungen und Dokumente. Stuttgart: Reclam 2003. ISBN 3-15-016039-1
- Matthias Heyl: Anne Frank. Reinbek: Rowohlt Taschenbuch 2002. (rm 50524. ISBN 3-499-50524-X
- Anne Frank Haus: ein Museum mit einer Geschichte. Amsterdam: Anne Frank Stichting 2002. ISBN 90-72972-56-2
- Anne Frank Stiftung, Amsterdam. Ruud van der Rol/Rian Verhoeven: Anne Frank. Hamburg: Oetinger 1993. ISBN 3-7891-7600-1
- Ernst Schnabel. Anne Frank. Spur eines Kindes. Frankfurt/M.: Fischer 1958. ISBN 3-596-25089-7
- Menno Metselaar, Ruud van der Rol. Die Geschichte der Anne Frank. Amsterdam: Anne Frank Stichting 2004. ISBN 90-72972-84-8
Weblinks
- Anne Frank-Haus, Amsterdam
- Anne-Frank-Zentrum, Berlin
- Anne Frank Fonds
- Jugendprojekt zu Anne Frank
- Anne Frank Guide
- Biographie bei Shoa.de
- einzige bekannte Filmaufnahme von Anne Frank (Quicktime-Video)
- Anne Frank Center, USA (englisch)
- Ausstellung Unfinished Story im United States Holocaust Memorial Museum (englisch)
Filme
Personendaten | |
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NAME | Frank, Anneliese Marie |
ALTERNATIVNAMEN | Frank, Anne |
KURZBESCHREIBUNG | jüdisches deutsches Mädchen, das bekannt wurde durch ihr Tagebuch |
GEBURTSDATUM | 12. Juni 1929 |
GEBURTSORT | Frankfurt am Main |
STERBEDATUM | Februar oder - wahrscheinlicher - März 1945 |
STERBEORT | KZ Bergen-Belsen |