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Geschichte der Juden in Österreich

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Das Judentum in Österreich ist erstmals zu Beginn des 10. Jahrhunderts urkundlich in der Raffelstettener Zollordnung dokumentiert, wo Juden als Händler erwähnt werden.

Kaiser Friedrich II. erteilte 1338 ein Privileg für die Wiener Juden. 1244 stellte der Herzog von Österreich ein Judenprivileg für ganz Österreich aus.

1338 kam es zur Judenverfolgung, ausgehend von Pulkau (Beschuldigung einer Hostienschändung). Um die bedeutendste Gemeinde in Österreich zu retten, senkten die Wiener Juden den Zinsfuß der Darlehen.

Im Zuge der Hussitenkriege wurden die Juden aus Österreich vertrieben (1420/21), da Albrecht V. sie verdächtigte, dass sie mit den Hussiten zusammenarbeiteten. 1496 wurden die Juden auf Drängen der Stände von Maximilian I. aus der Steiermark und aus Kärnten vertrieben, durften sich aber am Ostrand des Reichs (Zistersdorf, Eisenstadt) ansiedeln. Ab 1551 mussten sie beim Aufenthalt in Städten und Märkten den "gelben Fleck" tragen. In Wien stieg die Zahl der Juden am Ende des 16. Jahrhunderts wieder an, ein neuer Friedhof (Seegasse, Wien 9) wurde angelegt, und 1624 erhielten die Juden von Kaiser Ferdinand II. ein Privileg und durften sich im heutigen Gebiet der Leopoldstadt ansiedeln. 1669/70 wurden die Juden neuerlich aus Österreich vertrieben. Doch schon rund 10 Jahre später kamen Samuel Oppenheimer und Samson Wertheimer nach Wien und wirkten als Hofjuden und erhielten Privilegien.

1752 betrug die Zahl der in Wien zugelassenen Juden 452. 1782 erließ Joseph II. das Toleranzpatent. Einigen Wiener jüdischen Familien gelang ein aufsehenerregender sozialer Aufstieg (Arnstein, Eskeles, Königswarter, Hönigstein), der zur Zeit der Napoleonischen Kriege beschleunigt wurde und im Salon der Fanny von Arnstein gipfelte. 1826 wurde der Stadttempel errichtet und Isaac Noa Mannheimer als Oberrabbiner und Salomon Sulzer als Chazzan (Kantor) nach Wien berufen.

1848 beteiligten sich die Juden an der Revolution. 1849 sprach Kaiser Franz Joseph I. das erste Mal von einer israelitischen Gemeinde in Wien. 1867 konnten sie die Gleichstellung durchsetzen. Ein eigenes Gesetz für die Regelung der Angelegenheiten der Kultusgemeinden (Israelitengesetz) wurde 1890 erlassen. Viele Juden wanderten aus den Ländern der Donaumonarchie, insbesonder aus Böhmen und Ungarn, nach Wien zu. Auch in Städten wie Graz, Linz, Innsbruck und anderen entstanden eigene Gemeinden. Da die erfolgreichen Juden deutsch-liberal gesinnt waren, verband sich die Liberalismuskritik mit einem stark christlich gefärbten Antisemitismus. Um dem entgegenzuwirken wurde 1885 die Union Österreichischer Juden gegründet. Um eine Assimilation zu verhindern, bildete sich auch eine jüdisch-nationale Partei und 1882 die jüdische nationale Studentenverbindung Kadimah. Die Antiassimilations- und nationale Bestrebungen wirkten mit der Begründung des theoretischen Zionismus durch Theodor Herzl zusammen. Unter der geistigen Führung von Zwi Perez Chajes, der ab 1917 Oberrabbiner in Wien war, setzten sich auch die Zionisten in der Leitung der Kultusgemeinde durch.

Während des 1. Weltkriegs flüchteten rund 36.000 Juden aus Galizien nach Wien. Die jüdische Gemeinde in Österreich zählte damals etwas über 200.000 Mitglieder.

Bei den Sozialdemokraten war eine Reihe von Juden in führender Position tätig (Otto Bauer, Julius Deutsch, Hugo Breitner, Julius Tandler und viele andere). Mit dem Anschluss Österreichs 1938 ans Deutsche Reich begann die Ausgrenzung der Juden. Erst wurden viele zur Emigration (Vertreibung) veranlasst, wobei dabei die Novemberpogrome ein wichtiger Einschnitt war. Ab 1941 begannen die Transporte in den Osten und in die Vernichtungslager. Am 1. November 1942 wurde die Wiener Kultusgemeinde aufgelöst. 60.000 Juden wurden ermordet und 120.000 Juden emigrierten. Nach dem Krieg kamen einige Tausend zurück und neben Wien bildeten sich israelitische Kultusgemeinden auch in Graz, Linz, Salzburg und Innsbruck. Die Zahl der Juden nahm bis in die 70er Jahre ständig ab; durch die Zuwanderung Jüdischstämmiger aus der Sowjetunion konnte dieses Problem gelöst werden.

Seit den 1980er Jahren blüht wieder ein vielfältiges, eigenständiges jüdisches Leben, das durch Schulgründungen, Gemeindezentren, Unterstützungsorganisationen, Sportvereine, zahlreiche kulturelle Aktivitäten etc. gekennzeichnet ist.

Siehe auch

Literatur

  • K. Lohrmann (Hg.), 1000 Jahre österreichisches Judentum, 1982
  • G. Wolf, Geschichte der Juden in Wien (1145-1876), Reprint 1974
  • K. Lohrmann, Judenrecht und Judenpolitik im mittelalterlichen Österreich, 1990
  • W. Häusler, Die Revolution von 1848 und die österreichischen Juden, 1974
  • G. Botz, I. Oxaal und M. Pollak (Hg.), Eine zerstörte Kultur. Jüdisches Leben und Antisemitismus in Wien seit dem 19. Jahrhundert, 1990
  • H. Tietze, Die Juden Wiens, Reprint 1987
  • M. Keil und K. Lohrmann (Hg.), Studien zur Geschichte der Juden in Österreich, 1994