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Piraterie

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Das Wort Piraterie stammt aus dem hellenistischen Griechisch Vorlage:Polytonisch, peiratés „Seeräuber“, bedeutet eigentlich „Angreifer“; über das lat. pirata und fr. pirate drang das Wort in das Deutsche und zahlreiche weitere europäische Sprachen. Es wurde ursprünglich ausschließlich in der Schifffahrt verwendet und bezeichnete zunächst Raubzüge zur See. Piraterie betreibende Seeleute wurden als Piraten oder Seeräuber bezeichnet. Piraterie ist im Laufe der Zeit ein allgemeines Synonym für die feindliche Aneignung von Personen, Schiffen, Gegenständen, Gebäuden oder in neuerer Zeit auch für Wirtschaftsunternehmen und für Ideen und Produkte geworden (s.o.).

Piraten überfallen ein Schiff

Geschichte

Seeschlacht zwischen: Seevölker und den Streitkräften Ramses III. (1198-1166 v. Chr.) Umzeichnung Wandrelief im Tempel von Medinet-Habu/Theben

Solange der Mensch Seehandel betrieben hat, war die Piraterie ein schwerwiegendes Problem und nicht etwa eine gelegentliche Ausnahmeerscheinung. Erst im 19. Jahrhundert ist die Piraterie nahezu verschwunden und stellt heute nur noch in wenigen Regionen der Welt eine ernsthafte Gefahr dar.

Altertum

Die bisher älteste bekannte Form der Piraterie stellt der Seevölkersturm dar. Ein Relief im Tempel von Medinet-Habu (Theben) und der Papyrus Harris aus der Zeit Ramses' III. berichten, dass sich hauptsächlich zur See operierende Völker zu einer Koalition zusammengeschlossen und im östlichen Mittelmeergebiet viele Städte und Reiche zerstörten. Die in weiten Teilen des östlichen Mittelmeerraums nachgewiesenen Zerstörungen um und kurz nach 1200 v. Chr. werden oft mit diesen „Seevölkern“ verbunden; z. B. soll Ugarit dadurch vernichtet worden sein, Zypern wurde etwa 200 Jahre lang durch die nördlichen Räuber bedrängt. Diese Seevölker jedoch als Piraten zu bezeichnen wäre historisch mehr als ungenau. Im Altertum war Piraterie vom Seekrieg, aber auch vom Seehandel, oftmals nicht zu trennen. Korrespondenzen des Herrschers von Zypern aus dem 14. Jahrhundert v. Chr. belegen Piraten an der kleinasiatischen Südküste. Ausgangspunkt soll vor allem Lykien in der heutigen Südwest-Türkei gewesen sein. Auch in vielen späteren antiken Quellen galt diese Region als Heimat von Piraten, die die Gewässer großer Teile des östlichen Mittelmeers unsicher machten.

Auch Homer schildert im 8. Jahrhundert v. Chr. in seinen Epen Kaperfahrten zum Haupterwerb. Thukydides nimmt an, dass sich Griechenland vor dem Trojanischen Krieg in einem permanenten Kriegszustand befunden hatte, der Seeraum miteinschloss. Um einen gewissen Schutz zu erlangen, wurden Städte meist in einiger Entfernung zum Meer angelegt. Manche Piraten arbeiteten nicht selten auch mit der küstennahen Bevölkerung zusammen, die das Strandrecht ausübte. Insbesondere die Küsten der Ägäis luden als Versteck und Schlupfwinkel geradezu ein. Die überhandnehmende Seeräuberei dort wurde – laut Herodot und Thukydides – erstmals durch die Kreter unter ihrem König Minos erfolgreich bekämpft. Piraterie wurde nicht als ein ehrenrühriges Gewerbe angesehen. Im Gegenteil, Seeraub galt als eine ehrenhafte Art, den eigenen Reichtum zu mehren. Selbst Odysseus rühmt sich bei Homer mehrerer eigener Raubzüge. In archaischer Zeit gingen die Korinther massiv gegen Piraterie vor.

Im westlichen Mittelmeer entwickelten sich die Phokaier zu einer regelrechten Seeplage. Durch die persische Expansion wurden sie aus Kleinasien vertrieben und siedelten sich auf Korsika an, wo sie den Handel der Etrusker und Karthager massiv störten. In einer gemeinsamen Aktion zwangen beide die Phokaier deshalb zur Aufgabe ihrer Niederlassungen.

Eine besondere Blüte erlebte die Seeräuberei in der Zeit von den Perserkriegen bis in die Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. Durch den nahezu permanenten Kriegszustand waren die Städte nicht in der Lage, für die Sicherheit der Seewege zu sorgen. In der Literatur finden sich des öfteren Stellen, wo der Autor über durch Piraten getötete, verschleppte und verkaufte Personen berichtet. Besonders problematisch war auch, dass sich die Piraten oft mit kriegsführenden Parteien verbündeten und damit die eigene Position stärkten. Die Duldung der Piraterie stand in einem Widerspruch zum Wunsch nach sicheren Seewegen. Trotzdem konnte die Piraterie den Seehandel in dieser Zeit nicht wirklich beeinträchtigen, war aber ein nicht zu vernachlässigender Wirtschaftsfaktor. So beherrschten Piraten beispielsweise den Sklavenhandel im östlichen Mittelmeer bis zur römischen Eroberung. Rhodos, wo sich einer der größten Sklavenmärkte der Antike befand, konnte seinen Ruhm am Ende des 4. Jahrhunderts v. Chr. mehren, indem es erfolgreich gegen die Seeräuber in seinen Gewässern vorging.

Auf Kreta wurden die vielen dortigen Seeräuber im 2. Jahrhundert v. Chr. von kilikischen Piraten verdrängt. Während des Niederganges des Seleukidenreiches und der Kriege des Mithridates wurden die kilikischen Piraten immer mächtiger. Ihr Zentrum war Delos, wo sie als Kontrolleure des Sklavenhandels einen großen Sklavenmarkt unterhielten.

Im Zuge ihrer Expansion, die sie im 3. Jahrhundert v. Chr. auch aus Italien hinausführte, wurden auch die Römer mit der Piraterie konfrontiert. Zuerst mussten sie illyrische Piraten in der Adria bekämpfen. Im Jahr 122 v. Chr. führten sie einen Krieg gegen die Seeräuber auf den Balearen. Versuche, die kilikische Seeräuberei im östlichen Mittelmeer zu unterbinden, scheiterten mehrfach. Marcus Antonius Orator scheiterte 102 v. Chr. im Osten, Marcus Antonius Creticus 74 v. Chr. auf Kreta. 75 v. Chr. wurde der junge Gaius Iulius Caesar bei der Insel Pharmakussa, südlich von Milet, während einer Studienreise von Piraten gefangen genommen. Gegen ein Lösegeld wurde er freigelassen und bekämpfte sofort, nachdem er in Freiheit war, die dortigen Piraten. 67 v. Chr. störten die Piraten nicht nur massiv die Getreideversorgung Roms, sondern überfielen als Zeichen ihrer Macht auch mehrere Städte Italiens. Als Reaktion darauf bekam Gnaeus Pompeius Magnus noch im selben Jahr ein außerordentliches imperium. Durch ein Gesetz (lex Gambinia) wurde er mit umfangreichen Kompetenzen ausgestattet. Innerhalb weniger Wochen konnte er die Sicherheit der Seewege wiederherstellen. Pompeius entwickelte eine geniale Strategie: Er zerteilte die römische Flotte in viele kleine Gruppen, die er im Mittelmeer verteilen ließ, um alle Piratenschiffe gleichzeitig zu verfolgen. Zwar war die Piraterie nicht vollständig auszurotten, aber die Organisationsstrukturen der damals großflächig und komplex durchorganisierten Seeräubergruppen konnten zerschlagen werden.

Die römische Flotte sorgte in der Zeit des Prinzipats dafür, dass eine organisierte Piraterie in größerem Umfang nicht mehr möglich war. Im dem Moment, wo Piraten aktiv wurden, griffen sofort die Statthalter der einzelnen Provinzen ein. Trotzdem bildete das Thema ein beliebtes Motiv in der zeitgenössischen Literatur, vor allem im Roman wurde sie wiederholt thematisiert. Selbst in den unsicheren Zeiten der Spätantike waren nicht Piraten schuld an den unsicheren Seewegen, sondern die Raubzüge der germanischen Stämme.

Piraterie in Mittelalter und Neuzeit

Byzanz, am Ende seiner Macht, wurde wiederum von arabischen Seeräubern beeinträchtigt.

Die staatlich geduldeten Piraten im Mittelalter und der frühen Neuzeit, (vor allem 16. und 17.Jh.), die auf Kaperfahrt gingen, nannten sich Freibeuter. Im französischen Raum und im Mittelmeerraum wurden sie oft als Korsaren bezeichnet.

Freibeuter/Flibuster

In seiner ursprünglichen Bedeutung war das Wort Freibeuter ein Synonym für Piraten und Seeräuber und bezeichnete eben das freie Beutemachen. Aus dem niederländischen Wort dafür, vrijbuiter, entstand im karibischen Raum das französische flibustier, das englische filibuster und das spanische filibustero. Die Flibustiers agierten mit Kaperbriefen lokaler Gouverneure und waren also eigentlich Kaperfahrer. Unter ihnen sind der Engländer Henry Morgan und der Franzose L'Ollonais (eigentlich 'Ollonois) als herausragende Beispiele zu nennen. Im Deutschen wird der Ausdruck Flibustiers oft mit Freibeuter übersetzt, wodurch eine gewisse Unsicherheit bei der Bedeutung des Wortes entsteht.

In Kriegszeiten versuchten die kriegführenden Parteien, nicht nur die gegnerischen Kriegsflotten zu besiegen, sondern vor allem die gegnerische Handelsschifffahrt zu stören. Im Mittelalter und besonders während des hundertjährigen Krieges (siehe hundertjähriger Krieg) entstand in Europa das Kaperwesen, da mangels königlicher Kriegsschiffe (Kriegsmarinen im modernen Sinne entstanden erst im Laufe des 16. Jahrhunderts) private Schiffe und Besatzung mit Hilfe von Kaperbriefen dazu ermächtigt wurden, feindliche Handelsschiffe während des Kriegs zu kapern. Die gekaperten Schiffe sollten dann, je nach Kaperbrief, einem Prisengericht in den Heimathäfen der Freibeuter übergeben werden. Nachdem ein Teil der Beute, meistens 10-20%, für den Kaperbrief an die Krone oder die Regierung abgeführt wurde, wurde die restliche Beute unter den Inhabern und Kapitänen der Schiffe aufgeteilt. Die Besatzungen bekamen meist keinen Lohn oder Sold, sondern waren ebenfalls an der Beute beteiligt.

Solange nur gegnerische Schiffe angegriffen wurden, waren die Überfälle durch den Kaperbrief gedeckt. Wurden aber eigene oder verbündete Schiffe überfallen, was vor allem in Friedenszeiten geschah, galten die Freibeuter ab diesem Zeitpunkt als gewöhnliche Piraten. Eine Reihe von Freibeutern wechselte auch das Lager.

Die berühmtesten Freibeuter der Nord- und Ostsee kamen im Mittelalter aus den Reihen der Vitalienbrüder.

Insbesondere die englische Königin Elisabeth I. unterstützte die Freibeuterei gegen die Spanier, teilweise sogar während offiziell zwischen beiden Ländern Frieden herrschte. Der bekannteste von ihr unterstützte Freibeuter ist Francis Drake.

Korsaren

Als Korsaren wurden Piraten und Freibeuter an der Küste Nordafrikas vom 16. Jahrhundert bis Anfang des 19. Jahrhunderts bezeichnet. Das Wort findet sich in den romanischen Sprachen des westlichen Mittelmeerraums (fr. corsaire, provenzalisch cursar, ital. corsale, corsare, span. corsario) und geht letztlich auf lat. cursus „Beutezug“, eigentlich „Lauf“ zurück; eine spätere Volksetymologie brachte die Korsaren fälschlich mit der Insel Korsika in Verbindung.

Gefecht zwischen der britischen Fregatte HMS Mary Rose und sieben algerischen Korsaren, 1669

Mit dem Niedergang der Wirtschaft in den Maghrebländern und der Vorherrschaft der christlichen Staaten im Mittelmeer seit dem 15. Jahrhundert entwickelte sich das Korsarentum in den Küstenstädten des Maghreb. Zentren waren dabei Algier, Tripolis und Tunis. Als Korsaren kämpften viele Muslime und Morisken, die seit 1492 aus Granada und Spanien nach Abschluss der Reconquista in den Maghreb geflohen waren. Die Raubzüge beschränkten sich nicht auf das Mittelmeer, sondern führten auch in den Atlantik und sogar bis nach Island.

Vor allem im Mittelmeer wurde der Seehandel erheblich beeinträchtigt, als die Korsaren 1529 den türkischen Sultan als Oberherren anerkannten und dafür militärische Unterstützung bekamen. Die bedeutendsten Korsaren waren Arudj, Turgut Reis und Cheir ed-Din Barbarossa. Mit deren Hilfe konnten die spanischen Versuche vereitelt werden, die Küstenstädte Nordafrikas zu erobern. Unter diesen Kämpfen bildeten sich die Machtzentren Algier, Tunis und Tripolis als die sog. Barbareskenstaaten, die teilweise schon die Grenzen der heutigen Staaten Algerien, Tunesien und Libyen besaßen, ohne allerdings das Hinterland im heutigen Umfang zu kontrollieren. Die Seeräuberei war die Hauteinnahmequelle dieser Staaten. Dieses Unwesen ging noch Ende des 18. Jahrhunderts so weit, dass einige europäische Länder, etwa die seinerzeit unabhängige Hansestadt Hamburg, aber auch die noch jungen USA sich zu regelmäßigen Zahlungen an die Regierungen der Barbareskenstaaten verpflichteten, damit ihre Handelsschiffe nicht behelligt wurden.

Im 17. Jahrhundert setzte der Niedergang der Korsarenflotten ein, als die europäischen Seemächte wie z. B. England, die Niederlande und Frankreich mit ihren Flotten mehrmals Algier, Tunis und Tripolis bombardierten. Die USA bauten die ersten Kriegsschiffe der US Navy, um die nordafrikanischen Korsaren in ihre Schranken zu verweisen, und erwarben im Kampf gegen diese (im sog. Ersten Barbareskenkrieg) ihre ersten Seekriegserfahrungen. Die Piraterie der Korsaren fand aber erst mit der Eroberung Algeriens durch Frankreich um 1830 ein Ende.

Bombardierung von Algier durch einen britisch-niederländischen Flottenverband, 1816

Bukanier

Als Bukanier werden die Piraten bezeichnet, die im 16. Jahrhundert ihr Unwesen in den karibischen Gewässern trieben. Sie selber bezeichneten sich als Brüder der Küste.

Datei:Buccaneer.JPG
Bukanier auf der Jagd

Das Wort ist vom französischen Begriff boucanier abgeleitet, was soviel wie „Fleischräucherer“ bedeutet, welches wiederum vom indianischen Wort mukem herührt. Damit wurde von den karibischen Arawaken eine Art Grill bezeichnet, auf dem sie unter Verwendung von Grünholz auf schwacher Flamme Fleisch räucherten und der von den Bukanieren übernommen wurde.

Die ersten Bukaniere gab es vermutlich auf der spanischen Insel Hispaniola ab Mitte des 16. Jahrhunderts. Wahrscheinlich waren es gescheiterte Freibeuter und abtrünnige spanische Matrosen, die sich nach und nach auf den dünn besiedelten Karibikinseln einfanden. Sie waren größtenteils friedlich lebende Herdenbesitzer, die die Art und Weise des Haltbarmachens von Fleisch von den Arawaken übernahmen und sich so den Namen gaben. Nebenbei begannen sie irgendwann, spanische Schiffe zu kapern, hielten dies aber nicht für einen Akt von Seeräuberei, sondern bestanden auf ihrer Meinung, das dies völlig legal sei, weil es sich ja gegen die spanische Krone richtete.

1606 gab der spanische König Philipp III. einen Erlass heraus, in dem er einigen seiner Siedlungen in der Karibik den Anbau von Tabak verbot, um die Preise in Europa in die Höhe zu treiben, wo dieser als Luxusartikel sehr begehrt war. Die Folge dieses wenig durchdachten Plans war ein wahrer Ansturm von Abenteurern und Glücksrittern auf die Inseln Hispaniola, Kuba, Jamaika und Puerto Rico, die dort den Massenanbau von Tabak betrieben, um ihn am spanischen Zoll vorbei gewinnbringend zu verkaufen.

Demzufolge stieg auch die Zahl der als Piraten fungierenden Bukaniere, die den Spaniern nicht geringen Schaden zufügten. Als im Jahre 1689 England mit Spanien Frieden schloss, ging auch die Ära der Bukaniere zu Ende. Einige wurden auf den Inseln sesshaft, andere waren schon seit geraumer Zeit von der Freibeuterei zur offenen Piraterie übergegangen.

Der vielleicht berühmteste Bukanier war Henry Morgan, der einige Zeit lang sogar Gouverneur von Jamaika war. Manche Bukanier waren für ihre Gelehrsamkeit und antifeudale Gesinnung bekannt. Der Hydrograph und Zoologe William Dampier (1651–1715) z. B., dessen umfangreiche Aufzeichnungen zu Land und Tierreich in der Südsee, u. a. auf den Galapagos, Charles Darwin als reiche Quelle diente, hatte hundert Jahre vor ihm bereits eine Vorahnung der Evolutionstheorie. Ihm fielen die regionalen Unterschiede auf und die offensichtliche Anpassung der Tierwelt an differenzierte Bedingungen. Hauptsächlich aber überfiel er die Städte an der Pazifikküste Südamerikas. In Bezug auf sein Kartenwerk sagte Alexander von Humboldt von ihm, dass der Arbeit dieses „bemerkenswerten Bucaneers“ die nachfolgenden Gelehrten wenig hinzuzufügen hätten.

Eine wichtige Quelle für die Geschichte der Bukanier sind die Bücher von Lionel Wafer (ca. 1660–1705).

Wōkòu

Wōkòu landen und greifen eine chinesische Stadt an, Blockdruck aus dem 14. Jahrhundert.

Die Wōkòu (chin.: 倭寇; japanische Aussprache: wakō; koreanische Aussprache: 왜구 waegu) waren Piraten, die vom 13. Jahrhundert an die Küsten von China und Korea heimsuchten. Sie bestanden zu großen Teilen aus japanischen Soldaten, Rōnin, und Händlern, später auch aus chinesischen Banditen und Schmugglern.

Die Frühphase der Aktivitäten der Wokou begann im 13. Jahrhundert und erstreckte sich bis in die 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts. Japanische Piraten konzentrierten sich auf die koreanische Halbinsel und breiteten sich über das Gelbe Meer nach China aus. Die zweite wichtige Phase lag im frühen bis mittleren 16. Jahrhundert. In dieser Zeit änderten sich Zusammensetzung und Führung der Woukou beträchtlich. Zu ihren Hochzeiten in den 1550er Jahren operierten die Wokou in den Meeren Ostasiens und segelten sogar große Flußsysteme wie das des Yangtze aufwärts.

Der Begriff "Wokou" ist eine Kombination von "Wo", das sich auf die Japaner bezieht und "kou" -"Bandit" oder "Brigant". "Wo" war eine abwertende Bezeichnung für die japanische Bedeutung "Zwerg" und wurde von den Chinesen mindestens seit Anfang des 1. Jahrtausends unserer Zeit verwendet. Die früheste schriftliche Quelle des Begriffes "Wokou" findet sich auf einer Stele, die von König Gwanggaeto des Reiches Goguryeo im Jahre 414 in der südlichen Mandschurei errichtet wurde.

Piraterie im süd-/osteuropäischen Raum

Siehe Hauptartikel Uskoken.

Entlang der kroatischen Adriaküste plünderten kroatische Uskoken die Schiffe der venezianischen Besatzungsmacht.

Festung Nehaj bei Senj (Kroatien)
Burghauptman Ivan Lenković, Uskokenführer

Als Uskoken bezeichnete man einen militärisch formierten Verband von Hajduken, der flüchtigen Bewohner osmanisch besetzter Gebiete Kroatiens, Bosniens und Serbiens, die infolge der osmanischen Eroberer Anfang des 16. Jahrhunderts ihr Heimatland verließen und sich in Senj niederließen. Von dort führten sie einen erbitterten Kampf sowohl gegen die Türken als auch gegen die Venezianer, besonders an der Küste von Zadar.

In Senj wurden die Uskoken schnell mit der Schifffahrt vertraut und verwandelten sich in Piraten, die mit ihren kleinen und wendigen Booten die ganze Adria unsicher machten und, unter wenigstens stillschweigender Einwilligung des Wiener Hofs, venezianische Schiffe überfielen.Venedig gelang es nicht, die Uskoken zu überwältigen.

Dies gab 1612 die Veranlassung zu einem Krieg zwischen Österreich und der Republik Venedig, infolge dessen die Uskoken Senj verlassen mussten. Ihre Schiffe wurden verbrannt und sie zogen 1617 in das Gebiet von Karlovac und an die Kupa.

Niedergang der "klassischen Piraterie"

Mit Erfindung und Verbreitung der Dampfschifffahrt und der zunehmenden Entwicklung und Durchsetzung des Internationalen Seerechts durch die Marinen der Überseehandel treibenden Nationen bzw. deren Kolonialismus und Imperialismus ist die klassische Piraterie seit dem ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert nahezu verschwunden. Die bis dahin dominierenden Segelschiffe benötigten keine Rohstoffversorgung, waren aber auf bestimmte windgünstige Passagen angewiesen. Beides leistete der Piraterie Vorschub, da autarke Segler an diesen Passagen auf Beute lauern und sich überallhin zurückziehen konnten. Die Dampfschiffe waren aber auf Kohlehäfen angewiesen, was ihre Eignung für die Piraterie nahezu unmöglich machte, da gesuchte Piraten diese Häfen schlecht anlaufen konnten. Ausserdem waren sie schneller und konnten eventuellen Angreifern leichter und unabhängig von den Windverhältnissen ausweichen.

Moderne Piraterie

In den Gebieten Süd- und Südostasiens im Südchinesischen Meer, in Teilen Südamerikas, der Westküste Afrikas und im Süden des Roten Meers über den Golf von Aden um die Insel Sokotra bis an den Indischen Ozean attackieren die Piraten heute die modernen Schiffe. Auch die Straße von Malakka und die Gewässer um Sri Lanka gelten als unsicheres Seegebiet. Müssen die großen Schiffe wegen Defekten, wegen der Wetterlage oder aus Zeitgründen in den Meerengen bzw. in Küstennähe fahren, verringern sie ihre Geschwindigkeit und können dann oft mit Schnellbooten leicht von Piraten geentert werden. Bei voller Fahrt ist dies wegen der Geschwindigkeit moderner Schiffe, der hohen Bordwänden und der Wellenbildung am und besonders hinter dem Schiff nicht möglich. Trotzdem gibt es auch Überfälle auf hoher See. Es wird vermutet, dass Mutterschiffe die Schnellboote in Position bringen. Die Piraten sind teilweise so stark bewaffnet, dass die Schiffe zum Anhalten gezwungen werden können.

Sollte die Gefahr eines Überfalls bestehen, so schließt die Besatzung alle offenen Türen und Luken, auf den unteren Decks werden Türen teilweise verschweißt. Die Abwehr erfolgt dann effektiv mit Wasserschläuchen, aus denen mit hohem Druck Wasser auf angreifende Piraten gespritzt wird. Es existieren auch Elektrozaun-Systeme, die das Erklettern von Bordwänden unmöglich machen sollen. Auch geben manche Reeder ihren Mannschaften die Anweisung, leere Flaschen auf dem Wetterdeck zu zerschlagen – viele Piraten entern die Schiffe barfuß.

In den meisten Fällen sind die modernen Piraten nicht an der Ladung interessiert, sondern eher am Inhalt des Schiffs-Safes, der häufig große Bargeldsummen enthält, die für die Bezahlung der Gehälter und der Hafengebühren bestimmt sind.

In einigen Fällen zwangen die Piraten die Besatzung, das Schiff zu verlassen, und fuhren mit dem gekaperten Schiff in einen Hafen, wo es falsche Papiere bekam und dann unter anderem Namen weitergenutzt wurde.

Im modernen Völkerrecht gelten als Piraterie nur Überfälle, die auf hoher See durchgeführt werden. Das folgt aus den Definition der Artikel 15 der Geneva Convention on the High Seas und Artikel 101 der United Nations Convention on the Law of the Sea. Angriffe von Piraten, die als Piraterie zu werten sind, können von jedem Land, das diese Konventionen unterzeichnet hat, bekämpft werden.

1992 wurde das Piracy Reporting Centre des International Maritime Bureau (IMB Piracy Reporting Centre) in Kuala Lumpur gegründet. Es sammelt Meldungen über Piraterie und wertet sie aus, um Schiffseigner warnen und schützen zu können. Außerdem hilft es bei der Suche nach geraubten Schiffen.

Im Jahr 2004 sind bei Seeräuberüberfällen mindestens 30 Menschen ums Leben gekommen, neun mehr als noch im Vorjahr, teilte das Anti-Piraten-Zentrum des IMB mit. Bereits 2003 hatte sich die Zahl der Todesopfer durch Piratenattacken mehr als verdoppelt. Gleichzeitig registrierte das IMB 2004 jedoch einen Rückgang der registrierten Überfälle von 445 auf 329. Brennpunkt der Seeräuberei sind den Angaben zufolge nach wie vor die Gewässer Indonesiens, wo es 2004 zu 93 bekannten Angriffen kam. Rang zwei belegt die Straße von Malakka zwischen der indonesischen Insel Sumatra und Malaysia mit 37 Überfällen.

2005 wurden insgesamt 274 Angriffe gemeldet. Dabei wurden 440 Besatzungsmitglieder gekidnappt, meist um Lösegelder zu erpressen. Das Zentrum ist weiterhin der Raum um Indonesien, doch vor der Küste Somalias hat sich die Lage besonders verschlimmert, auch durch stark erhöhte Lösegeldforderungen.

Bekannte Piratenorte

Die Piraten suchten sich nicht oft an entlegenen Stellen geeignete Plätze um sich niederzulassen. Die damit verbundenen Ideale und Utopien sind überraschend modern und nahmen, ohne es zu wollen, viele Ideen späterer Philosophen oder Denker wie Hegel oder Marx über den Aufbau idealer Staaten und Gesellschaftsstruktuten, vorweg.

Karibischer Raum

Die nördlich von Hispaniola gelegene Île de la Tortue (Tortuga) wählten vor allem französische Piraten der Karibik als Basis. Der geschütze Naturhafen und die nur schwach ausgeprägte französische Hoheit über die Insel boten einen guten Schutz vor dem Zugriff der Spanier, deren Gold- und Silbertransporte die Karibikpiraterie besonders lukrativ machten. Ausserdem liegt Tortuga günstig an der zwischen Kuba und Hispaniola gelegenen Windward-Passage, die von vielen Handelsschiffen benutzt wurde.

Amerikanischer Raum

Ab 1655 wurde Port Royal auf Jamaika zum zweiten Stützpunkt der Karibik-Piraten. Hier fanden vornehmlich englische Piraten ihren Stützpunkt, auf Île de la Tortue hauptsächlich französische. Port Royal wurde 1692 von einem Erdbeben und der nachfolgenden Flutwelle zerstört. Danach wichen die Piraten auf die Bahamas-Inseln (bis 1718) und nordamerikanische Häfen wie z. B. New York aus.

Afrikanischer Raum

Im zweiten Band seiner General History of the Pyrates erzählt Kapitän Charles Johnson 1728 die Geschichte eines gewissen Kapitän Misson und seiner Freunde. Johnsons Erzählung zufolge hatten sie auf Madagaskar eine utopische Republik errichtet, die den stolzen Namen Libertalia trug. Dieser kleine Staat war mit der Vergangenheit verknüpft, weil man damit die Vorstellung verband, das Paradies sei an der Ostküste Afrikas zu finden. Zugleich deutete er in die Zukunft und war für eine Gesellschaft, die sich in der Folge auf den Idealen von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit gründen sollten, eine Weissagung in sich selbst. Die Piraten von Libertalia sollten wachsame Hüter der Rechte und Freiheiten der Völker sein und eine Schutzmauer gegen die Reichen und Mächtigen ihrer Zeit. Indem sie um der Unterdrückten willen in den Krieg gegen die Unterdrücker zogen, wollten sie dafür sorgen, dass die Gerechtigkeit gleich verteilt wurde.

Libertalia

Misson und seine Kameraden verfolgten weitreichende Ziele. In puncto Selbstverwaltung orientierten sich Missons Piraten an einer demokratischen Form, bei der das Volk selbst Urheber und Richter seiner eigenen Gesetze war, als der Angemessensten von allen. Damit versuchten sie das Leben in Freiheit zu institutionalisieren. Die Monarchie, damals die vorherrschende Staatsform, lehnten sie ab und zogen es vor, ihre Führer durch Wahlen und für eine begrenzten Zeitraum zu bestimmen: Macht sollte nicht lebenslänglich verliehen werden, nicht erblich sein, sondern nach Ablauf von drei Jahren enden. Sie beschränkten die Befehlsgewalt ihrer Anführer, die sich selbst nie für besser als seine Kameraden halten sollten und ihre Macht, die ausschließlich für das öffentliche Wohl eingesetzt werden sollte. Der Rat, die höchste Autorität, setzte sich aus den Fähigsten zusammen, ohne Unterschied der Nationalität oder Hautfarbe. Missons Piraten waren Antikapitalisten und Gegner der Armut, die den Anstieg von Lohnarbeit und Kapitalismus begleitete. Sie bestanden darauf, dass jeder Mensch frei geboren wird und ein Recht auf Nahrung hat wie auf die Luft, die er atmet. Den Frevel, mit dem Verbrecher und mitleidlose Gläubiger unglaubliche Reichtümer anhäuften, während andere ins Unglück stürzten, verachteten sie und sprachen von einem Naturrecht auf einen Teil der Erde, der groß genug ist, um für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Die Piraterie war für sie ein Kampf zur Selbsterhaltung. Menschen, die ihres Geburtsrechts und der Freiheit beraubt waren, sollten in Libertalia ihre verlorene Freiheit und ihr Recht auf ein erträgliches Leben wiedergewinnen. Um das zu erreichen, definierten sie die Beziehung von Reichtum und Armut neu.

Dort, wo alles allen gehört und keine Hecken und Zäune den Besitz des Einzelnen abgrenzten, war Geld überflüssig. Sie beschlossen, dass die Reichtümer und das Vieh, dass sie besaßen, zu gleichen Teilen unter ihnen aufgeteilt werden sollten. Diese Piraten, ehemalige Seeleute und Lohnarbeiter, würden endlich einen Ort ihr eigen nennen können wo die Luft gesund war, der Boden fruchtbar, das Meer reich an Fischen und sie alle Notwendigkeiten des Lebens vorfanden. Wenn Alter oder Verletzungen es ihnen unmöglich machten, sich der Mühsal zu stellen, würden sie in Libertalia die Früchte ihrer Arbeit ernten und in Frieden ins Grab sinken können. Das Streben nach einem Geburtsrecht, der Wohltat der Freiheit und den Früchten der Arbeit war aufrichtig genug, um auch die Abschaffung der Sklaverei zu fordern. Denn kein Mensch hat Macht über die Freiheit eines anderen. Deshalb nahmen Misson und seine Männer die Sklaven auf den von ihnen gekaperten Sklavenschiffen als freie Menschen in ihre Gesellschaft auf. Misson und seine Männer schufen eine radikal demokratische Utopie, in der man Enteignung, Kapitalismus, Sklaverei und Nationalismus verdammte und für Gerechtigkeit und Freiheit eintrat. Die Historiker vertreten den Standpunkt, der Autor der General History of the Pyrates sei in Wirklichkeit Daniel Defoe, der unter dem Pseudonym Kapitän Charles Johnson geschrieben habe. Doch in einem historischen und politischen Sinn waren Misson und Libertalia nicht nur eine Erfindung eines Autors, denn Piraten haben sich nachweislich auf Madagaskar niedergelassen und haben ihrerer Siedlung den Namen Ranter Bay gegeben.

Die Ursprünge Libertalias

Das Entstehen der maritimen Utopie von Libertalia stellt einen in der Geschichte der Piraterie ungewöhnlichen Vorgang dar, während in der Arbeiterbewegung freiheitliche Gegenmodelle häufiger anzutreffen sind. Es dauerte lange, bis die Seeleute Entscheidungsmacht über sich selbst erhielten. Lange hatten die Piraten vor allem dessen Bedürfnissen des Staates und der Handelsgesellschaften gedient. Im Lauf der Jahrhunderten verlagerte sich die Kontrolle über die Seeräuberei allmählich von der oberen zu den unteren Gesellschaftsschichten, von den höchsten Funktionären des Staates (Ende 16.Jh.), zu bedeutenden Kaufleuten (Anfang des 17 Jh.), dann kleineren Kaufleuten (im späten 17. Jh.) und schließlich dem gemeinen Mann aus dem Volk (Anfang des 18. Jh.) Am Ende dieser Entwicklung, als die Piraten ihre eigene Gesellschaft abseits des Diktats merkantiler und imperialer Autorität organisierten und dazu nutzten, sich die Besitztümer der Kaufleute anzueignen (etwa um 1690 Jh.) griff der Staat zu massiver militärischer und strafrechtlicher Gewalt, um die Seeräuberei auszurotten. Libertalia symbolisiert den Prozeß, durch den die maritime Arbeiterklasse Kontrolle über die Piraterie erlangte. Die Quellen Libertalias waren vielfältig und hatten eine lange Tradition. Sie reichen von der alten bäuerlichen geprägten Utopie des Land of Cockaygne, in der die Arbeit abgeschafft, das Eigentum neu verteilt, soziale Unterschiede eingeebnet sowie die Gesundheit aller wiederhergestellt und Nahrung in Hülle und Fülle für alle bereitgestellt wird. Als die Oberschichten Englands, Frankreichs und der Niederlande die Piraterie als Instrument in ihrem Kampf gegen den gemeinsamen Feind Spanien diente, schufen die einfachen Seeleute eigene Traditionen. Eine davon wurde ‚Jamaica Discipline oder Gesetz der Freibeuter genannt, ein Kodex von Verhaltensregeln, der auf die Bukanier zurückgeht, die von etwa 1630 bis 1680 die Karibik unsicher machten. Dieser Kodex rühmt sich eines eigenen Gerechtigkeitsbegriffs und einer Art Klassenbewußtsein, das sich gegen die Großen richtet, gegen Kapitän, Schiffseigner. Darüber hinaus schrieb er eine demokratische Kontrolle der Macht und die Versorgung der Verletzten und Verstümmelten vor.

Der Krieg gegen Libertalia

Die utopischen Züge des Piratenlebens waren für die Rekrutierung neuer Mannschaftsmitglieder und die Ausweitung der Piraterie von zentraler Bedeutung. Sie führten aber auch zu deren Vernichtung, denn nicht nur die Piraten, sondern auch die herrschenden Klassen erkannten die Macht Libertalias und der alternativen Gesellschaftsordnung. Einige sorgten sich, die Piraten könnten dort, wo keine Staatsmacht in der Lage wäre, sie zu kontrollieren, eine Art Gemeinwesen errichten. Kaufleute und Repräsentanten des Staates glaubten, erste Anzeichen des Separatismus von Libertalia in Madagaskar, Sierra Leone, den Bermudas und der Bucht von Campeche erkennen zu können. Wenn Libertalia für die Arbeiterklasse ein Traum war, so war sie ein Alptraum für die Herrschenden. Die englischen Machthaber, Whigs wie Tories reagierten darauf. Kaufleute riefen nach immer schlimmeren Strafen. Zugleich entwickelte Premierminister Robert Walpole ein persönliches Interesse an der Vernichtung der Piraterie und mit ihm Dutzende von Beamten, Zeitungskorrespondenten und Geistlichen. Sie schrieben Berichte, Artikel und predigten über die blutrünstigen Monster, die sich auf See das Eigentum anderer aneigneten. Die von Gewalt geprägte Rhetorik forderte und legitimierte den Einsatz des Galgens und der Traum Libertalia wurde vernichtet.

Pirateninterne Gesetze und soziale Regelungen

Aufteilung der Beute unter den Piraten. Illustration aus Howard Pyle's Book of Pirates.

Auf den Schiffen herrschte eine gewisse Form der Demokratie. So wurden oft wichtige Entscheidungen durch Abstimmungen der Besatzung getroffen. Die Beute wurde gerecht unter der Gruppe verteilt. Ein Grund für den anfänglichen Zulauf zum Piratentum war die erbarmungslose Unterdrückung auf den offiziellen Handels- und Kriegsflotten der einzelnen Länder. Entgegen aller Klischees waren die Seeräuber überraschend sozial. In der klassenlosen Gesellschaft auf den Schiffen, in welchen entlaufene schwarze Sklaven mit Arabern und Europäern zusammenfuhren, war die medizinische Versorgung nicht selten besser als auf den normalen Schiffen, da die Besatzungen in Ermangelung anderer Alternativen keine Scheu hatten, arabische oder ägyptische Ärzte mit deren zur damaligen Zeit hochentwickeltem medizinischem Wissen mitzuführen und zu konsultieren, woran in der europäisch-christlichen Seefahrt nicht zu denken war. Die Seeräuber verteilten Gerechtigkeit, wählten ihre Offiziere, teilten die Beute zu gleichen Teilen unter sich auf und setzten ein anderes Strafsystem ein als auf Marine- oder Handelsschiffen. Sie begrenzten die Autorität des Kapitäns, enthielten sich der Praktiken der kapitalistischen orientierten Handelsschifffahrt und etablierten eine multikulturelle, multirassische und multinationale soziale Ordnung. Mit aller Deutlichkeit unterwanderten sie die herrschenden Normen und bewiesen, daß Schiffe nicht nach den brutalen und unterdrückenden Regeln der Handelsschifffahrt und Marine geführt werden mußten. Auf See wählten die Piraten ihre Anführer nach demokratischen Regeln. Bei der Verfolgung einer Prise und im Kampf hatte der Kapitän absolute Autorität, doch ansonsten wurde er durch die Mehrheit regiert. "Sie erlauben ihm Kapitän zu sein", bemerkte ein Zeitgenosse "unter der Bedingung, daß sie auch Kapitän über ihn sind". Er genoß kaum Privilegien: kein besseres Essen, keine Offiziersmesse, keine spezielle Unterbringung. Mehr noch, was die Mehrheit gab, konnten sie auch nehmen und daher Kapitäne absetzen, z.B. wegen Feigheit, Grausamkeit, der Weigerung bestimmte Schiffe zu kapern und zu plündern oder sogar wenn sie zu sehr Gentleman waren. Kapitäne, die es wagten, ihre Kompetenzen zu überschreiten, wurden hingerichtet. Eine weitere Einschränkung der Macht des Kapitäns garantierte der Maat, der gewählt wurde, um die Interessen der Mannschaft zu vertreten und zu schützen. Der Rat, eine demokratische Versammlung, bei der alle Männer eines Schiffes Mitspracherecht hatten, stellte immer die höchste Autorität dar. Wenn sie eine Prise gekapert hatten, verteilten die Piraten ‚Gerechtigkeit, indem sie die Mannschaft darüber befragten, wie der Kapitän seine Männer behandelt hatte. Jene gegen die Klage erhoben wurde, bekamen die Peitsche zu spüren oder wurden hingerichtet. Teilweise entwickelten die Piraten unter sich ein besseres soziales System als in der offiziellen Marine. So war es beispielsweise unter Kapitän Blackbeard üblich, daß Verletzte zum Piratenlohn eine zusätzliche Entschädigung bekamen, welche sich an dem Grad ihrer Versehrung maß, und "Piratenveteranen" sogar eine Altersversorgung.

Symbole und Klischees

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Das Zeichen der Piraten

Der Jolly Roger ist die schwarze Flagge (meist mit einem Totenkopf) von Piratenschiffen. Sie wurde erstmals 1700 am Mast des Piraten Emmanuel Wynne gesichtet, spielt aber in der weltweit verbreiteten Piraterie historisch keine große Rolle. Vor allem die bis heute verbreitete Küsten- und Gelegenheitspiraterie kam ohne Flaggen aus.

Zum Ursprung des Namens „Jolly Roger“ gibt es mehrere Versionen:

- Das Englische Roger bezeichnet sowohl einen Vagabunden als auch den Teufel (Old Roger).
- Französische Bukaniers nannten ihre ursprünglich rote Flagge joli rouge („schönes Rot“).
- Es gab einen indischen Piraten mit dem Namen Ali Rajah, von den Briten Olly Roger ausgesprochen.

Edward England war anfänglich der einzige Pirat, der in seiner Flagge den bekannten Totenkopf mit gekreuzten Knochen zeigte. Da die Flagge zur Identifikation der Piraten diente, hatte jede Mannschaft ein individuelles Zeichen. Kombinationen von Flaggen kamen ebenso vor, wobei die schwarze Flagge bei Bedarf zusätzlich zur Schiffsbeflaggung gehisst werden konnte.

Dass Piraten häufig Ohrringe trugen, kam daher, dass sie davon ausgingen, dadurch besser sehen zu können. Diesen Ansatz übernimmt auch die Auriculotherapie[1].

Bekannte Persönlichkeiten

Historische Piraten

Gepfählter Schädel eines in Hamburg Hingerichteten, um 1400, entdeckt 1878 beim Bau der Speicherstadt auf dem Grasbrook, diente als Grundlage der Rekonstruktion der Gesichtszüge, vermutlich ein Pirat, vll. Klaus Störtebeker

Berühmte Piratinnen

  • Anne Bonny (Karibik, 1700-?)
  • Grace O'Malley (eigentlicher Name Gráinne Ní Mháille, * 1530 auf Clare Islands im Westen Irlands; † 1603, Todesort unbekannt)
  • Mary Read (Karibik, 1690–1720)
  • Cheng I Sao auch Ching Shih (China, *1775 nach anderen Quellen 1785, †1844), chinesische Piratin, befehligte um 1807 sogar eine Flotte von 400 Piraten-Dschunken. 1810 handelte sie mit dem verängstigten Gouverneur von Kanton eine Amnestie für alle ihre 50 000 Piraten aus. Sie starb als reiche Frau.

Fiktive Piraten

  • Guybrush Threepwood, der unheldenhafte Held der Computerspiel-Reihe Monkey Island.
  • Geisterpirat LeChuck, der Bösewicht der Monkey Island-Spiele.
  • Pirate Jake, der Gegner von Captain Abercromby aus der BBC-Kinderserie
  • Captain Hook, der Schurke aus Peter Pan.
  • Long John Silver aus der Schatzinsel.
  • Feuerbart, einer der Piraten aus George MacDonald Frasers Roman „Die Piraten“.
  • Dotterbart (im Original „Yellowbeard“) aus dem gleichnamigen satirischen Film.
  • Captain Joshua Flint (Die Schatzinsel), evtl. nach unbekanntem historischen Vorbild.
  • „Der rote Korsar“ (Captain Vallo) aus dem gleichnamigen US-Film von 1952, gespielt von Burt Lancaster.
  • „Captain Blood“ aus dem gleichnamigen US-Film von 1935, gespielt von Errol Flynn (nach dem gleichnamigen Roman von Rafael Sabatini).
  • „Der rote Korsar“ aus der gleichnamigen französischen Comic-Serie, 1959 geschaffen von Jean-Michel Charlier und Victor Hubinon.
  • Captain Pugwash, britische Cartoonfigur.
  • Der einäugige Willy, aus dem Abenteuerfilm The Goonies.
  • Monkey D. Ruffy aus One Piece.
  • Die Wilde 13, eine recht bekannte schreckliche Piratenbande aus Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer von Michael Ende.
  • Eisenhand, Schwarzbart, die Teufelsmasken und andere meist skurrile Piraten aus der Comicreihe Phantom. Der maskierte Held hat sich u.a. dem Kampf gegen Piraten verschrieben.
  • Die ungenannte Piratencrew aus Asterix, deren Schiff beiläufig immer wieder versenkt wird. Eine Persiflage auf den „Roten Korsar“ von Charlier und Hubinon.
  • „Rackham der Rote“, Kapitän der Einhorn, schatzversteckender Pirat aus dem gleichnamigen Doppelband von Tintin bzw. Tim und Struppi.
  • Die Heftromanserie Seewölfe Korsaren der Weltmeere aus dem Pabel-Moewig-Verlag erzählt über annähernd 750 Bände die Abenteuer der Crew des Freibeuters Philip Hassard Killigrew, die mit ihren Schiffen zur Zeit Elisabeths I. die gesamte Welt bereist.
  • Captain Jack Sparrow, aus dem Spielfilm Fluch der Karibik, gespielt von Johnny Depp
  • Captain Sharingham aus der Fernsehserie Jack Holborn.
  • Captain Walker, Captain Bannon, Captain Tyrone, Captain Galliano, Captain Rouquette, Jolly, Griffin, Soledad, Buenaventure und Kenndrick aus Kai Meyers Romanen die Wellenläufer, die Muschelmagier und die Wasserweber.

Literatur

Quellen

  • William Dampier: Freibeuter. Erdmann-Verlag, Tübingen 1997, ISBN 3-522-61050-4 (Reiseberichte des Ozeanographen und Hobby-Freibeuters).
  • Alexandre Olivier Exquemelin: Das Piratenbuch von 1678 – Die Amerikanischen Seeräuber. Erdmann-Verlag, Tübingen 1983, ISBN 3-522-61120-9 (zeitgenössische Berichte über das Leben der Freibeuter der Karibik; unter anderem Beschreibung der Eroberung Panamas durch Henry Morgan).
  • August Niemann: Das Flibustierbuch. Erlebnisse eines jungen Deutschen unter den Freibeutern. Mit Bildern v. Joh. Gehrts. 4. Aufl. Paetel, Berlin 1935.

wissenschaftliche Literatur und Sachbücher

  • Frank Bardelle: Freibeuter in der Karibischen See. Zur Entstehung und gesellschaftlichen Transformation einer historischen Randbewegung. Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster 1986, ISBN 3-924550-20-4 (wissenschaftliches Werk mit umfangreicher Bibliographie).
  • Robert Bohn: Die Piraten. 2. Auflage. Beck, München 2005, ISBN 3-406-48027-6.
  • Douglas Botting u. a.: Geschichte der Seefahrt - Die Piraten. Bechtermünz, Eltville am Rhein 1992. ISBN 3-86047-029-9
  • Douglas Botting u.a.: Geschichte der Seefahrt - Abenteurer der Karibik. Bechtermünz, Eltville am Rhein 1992. ISBN 3-86047-025-6
  • David Cordingly: Piraten: Furcht und Schrecken auf den Weltmeeren. VGS Verlagsgesellschaft, 1999, ISBN 3802527089.
  • David Cordingly: Unter schwarzer Flagge. Legende und Wirklichkeit des Piratenlebens. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2001, ISBN 3-423-30817-6 (gute, einführende Vorstellung des Freibeuterwesens).
  • Hans Leip: Bordbuch des Satans. Geschichte der Piraterie. München 1959; Koehler, Herford 1977, ISBN 3-7822-0147-7.
  • Hartmut Roder (Hrsg.): Piraten. Die Herren der sieben Meere. Ed. Temmen, Bremen 2000, ISBN 3-86108-536-4 (Katalogbuch zu einer Ausstellung; darin u. a.: Detlef Quintern: Bremer Sklaven in Afrika? Zur Legende von den Piraten der Barbareskenküste.).
  • Douglas Stewart: Piraten. Das organisierte Verbrechen auf See. Mare-Verlag, Hamburg 2002; Piper, München 2004, ISBN 3-492-23968-4 (beschäftigt sich ausschließlich mit der modernen Piraterie).

Belletristik


Siehe auch

Commons: Piraterie – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten

  1. Ärzte Zeitung, 17.11.2005 Von der Lanze des Hieronimus Bosch zur modernen Ohrakupunktur